Schattenlande

 

 

Cover Schattenlande

„Warum ich hier bin? Ich komme aus einem kleinen Weiler in der Nähe der Beilunker Berge. Zuerst kamen die Schergen des Dämonenmeisters, die sich nahmen, was sie wollten. Danach dann die Knochenvögte aus Warunk, die die Gebeine unserer Ahnen aus dem Boronsacker rissen. Der Bucklige presste die letzten Taler aus uns raus und meine Brüder wurden irgendwo an die Piratenküste verschleppt. Aber wir blieben. Was dann kam, übertraf aber alles. – Schwarze Amazonen? Lebende Tote? Bluttempler? – Nein, die Praioskirche.“

– neulich in einer Taverne in Mendena aufgeschnappt

„Was führt dieser unsägliche Fischer den Namen derunbarmherzigen Ersäuferin im Munde? Swafnirs Flukenschlag! Das sei das einzige, was seine Reuse füllte? Wir sollten ihn ersaufen, den Hundsfott… doch halt, nein. Ich werde eine Flussweih‘ vornehmen und ihm zeigen, dass allein der Segen des Herrn Efferd ihm seinen Fisch zuteil lassen wird.“

– Jakureff, reisender Efferd-Geweihter

Bewertet die Spielhilfe im Forum von dsa4.deManchmal im Leben muss man Entscheidungen treffen. Sieht man sich bei der Projektwoche lieber den renaturierten Schulgarten oder die Leute mit den seltsamen Würfeln an (Die Natur ist ja auch morgen noch da, bei den Würfeln war ich mir da nicht so sicher)? Wenn man die erste Frage richtig beanwortet hat: Spielt man den schwertschwingenden Krieger oder den wörterschwingenden Streuner? Besonderer Besitz oder zäher Hund? Ferdoker Helles oder ein guter Yaquirtaler? Und zu guter Letzt meditiert man über die Frage: Möchte ich eigentlich einen menschlichen Spielstil wählen, bei denen die Figuren auch Fehler machen und Glaubensgrundsätze nicht in Koschbasalt gemeißelt sind oder wähle ich den heroischen Spielstil, bei dem es keine Selbstzweifel gibt und die Helden nur darüber nachdenken, ob sie den Schwarzmagier erst mit einer Schmähung oder doch gleich mit einem Flammenstrahl begrüßen.

DSA lässt dabei vieles unklar. Auf der einen Seite werden Spieler oft schon in Abenteuern auf die Seite der Helden gerechnet, die sich natürlich ihrer Verantwortung für das Gute nicht entziehen sollen, auf der anderen Seite werden aber manchmal auch moralische Entscheidungen in Grauzonen gefordert.

Ein kleine Farbenlehre – Wie die Schwarzen Lande zu den Schattenlanden wurden

Arngrimm von Ehrenstein (Caryad)

Was hat das mit Schattenlande zu tun? Schattenlande ist der Nachfolger der mittlerweile 12 Jahre alten Box Borbarads Erben. Borbarads Erben beschäftigte sich mit den Hinterlassenschaften des Dämonenmeisters und führte mit den Schwarzen Landen das neue Setting des Horrors in Aventurien ein. Geht man von den damaligen Beschreibungen aus, war das dauerhafte Überleben als Heldengruppe kaum möglich. Zwar waren schon damals Abstufungen von megamordstödlichem giftigem Schlangengezücht (maraskanischer Dschungel), über hypermordstödliche Untotenhorden (Warunkei) und doppelplustödlichen Dämonen (Transsylien) bis hin zu ‚eigentlich ganz in Ordnung, wenn man es mit den Zwölfen nicht ganz so eng sieht‘ (Piratenküste), vorhanden. Dennoch stellte sich, wenn man die Beschreibungen ernstnahm, weniger die Frage, ob die Spielercharaktere sterben, sondern ob sie zuerst von ihrem eigenen Lagerfeuer verbrannt, von einem schlechtgelaunten Dämonenbaum gefressen oder doch nur von Menschenjägern gefangen und für makabre Experimente verkauft werden. Außerdem ist es uns damals schwer gefallen, plausibel zu erklären, dass diese Möchtegernstaatsgebilde aus Versorgungs- und Loyalitätsproblemen nicht in sich zusammenfallen. Kurzum: Irgendwie haben die Schwarzen Lande nie so richtig nach Aventurien gepasst. Zu Zeiten von DSA3 konnte man sich die Örtlichkeiten östlich der Schwarzen Sichel noch als Spielplatz für hohe Stufen vorstellen, eine Möglichkeit, die mit DSA4 nicht mehr funktionierte. Angesichts dessen hat unsere Gruppe die Schwarzen Lande nach anfänglichem Interesse mit einem Schulterzucken links liegen lassen.

Schattenlande setzt sich schon durch die Namensgebung vom in Schwarz-Weiß-Gegensätzen arbeitenden Vorgänger ab. Die Fronten sind hier fließender und die Herrschaft der Nachfolger Borbarads, die Anwesenheit von den Dämonen und die Veränderungen des Landes haben einige Narben bei den Bewohnern hinterlassen. Schauen wir uns dazu die einzelnen Landstriche an, um zu sehen, wie plausibel das Ganze integriert wurde.

Transsylien

Das Geschichtskapitel zu Tobrien hält sich im Gegensatz zu Im Bann des Nordlichts nicht lange mit der mystischen Frühgeschichte auf. Nach nur 2 ½ Seiten gelangt die Übersicht bei der Invasion der Horden des Dämonenmeisters an, die den Landstrich stark verändern sollen. Was dann folgt, ist ein ziemliches Klein-Klein, bei dem ich nicht immer die Übersicht behalten konnte, wer da jetzt im Einzelnen wo gegen wen gekämpft hat.

Die landschaftlichen Veränderungen wurden zurückgefahren. So gibt es neben gefährlichen verseuchten Zonen mit mutierter Vegetation und umherstreifenden Dämonen Bereiche, in denen sich die Natur ihren Bereich zurückerobert. Auch die Machthaber Transsyliens haben eingesehen, dass Sicherheit für Reisende und Händler auch für ihren eigenen Machterhalt wichtig ist und sorgen deswegen vermehrt für Ordnung. An vielen Stellen unterscheidet sich die Herrschaft daher kaum von der im freien Mittelreich und ist so zunehmend von Normalität geprägt. Diese Normalisierung hat sich manchmal bis auf die Regeln niedergeschlagen. In der Würfeltabelle zu Widharcals Wahn (shriiekk!), auf die man einmal pro Abenteuer würfeln soll, sind gar schröckliche Auwirkungen vorgesehen:

Spielleiter (gewürfelte 20): „Eure Nägel werden spröde, eure goldenen Locken bekommen Spliss und als ihr dachtet, es könnte nicht schlimmer kommen, schreitet ein Eichhörnchen mit flammenden Augen aus dem Halbschatten und zwickt euch mächtig in den kleinen Finger!“

Spieler (einhellig): „Wir sind verloren…“

Dämonologe bei der Arbeit (Fufu Frauenwahl)

Das danach folgende Kapitel beschäftigt sich mit der Entwicklung der Religion in Schwarztobrien. Der Borbaradianismus, den ich für eine wirkliche Bereicherung der Spielwelt halte, hat sich von einer zentralisierten Kirche unter Xeraan zu einem in kleinen Zellen organisierten Geheimkult entwickelt. Mit dem Versprechen, mittels der borbaradianischen Magie Freiheit zu erlangen und somit den Zwängen von Göttern und weltlichen Herrschern entziehen, entwickelt der Kult eine Anziehungskraft, von der sich gerade auch Anhänger Nandus‘, Ilaristen und Magierphilosophen nicht ganz befreien können. Somit fällt die einfache Gut-Böse-Kategorie hier weg. Die Borbaradianer gebären sich auch gern als Schutz gegen die dämonischen Einflüsse des Landes, was zu einem gewissen ‚Volksborbaradianismus‘ führt. Gerade wenn man auch einen Blick auf das Ideal des ‚neuen Menschen‘ wirft, fällt auf, das die Religion Borbarads eine starke sozialrevolutionäre Prägung hat, die eine sehr moderne Denkweise von Selbstverwirklichung und Freiheit nach Aventurien transportiert. Anhänger der Kirche Bobarads werden so zu interessanten Gegenspielern und Borbaradianer in der Form, wenn man den Gedanken interessant findet, sogar plausibel spielbar macht.

Der Borbaradianismus bietet damit einen Gegenpol zur eigentlichen Dämonenverehrung in den schattigen Landen. Die Existenz der Dämonenanbetung lässt sich ziemlich einfach erklären: Sie sind durch ihre nicht zu leugnende Existenz und ihren nachweisbaren Einfluss auf das Leben und Überleben des gemeinen Bauern ohne Zweifel mächtige Wesenheiten. Dabei wurde das fremdartige Konzept der Dämonen in ein verstehbares überführt, dass auch einfachen Leuten vertraut vorkommt. Mit der ‚jenseitigen Familie‘ werden die zentralen Bereiche von Heim, Herd und Ernte abgedeckt. Indem der agrimothsche Feldsegen den Menschen auch tatsächlich bei der Ernte hilft, wird die Besänftigung der Dämonen durch Gebete und Opfer für viele Menschen in Transsylien überlebenswichtig.

Den größten Zulauf in Schwarztobrien bekommen aber die ‚Alten Kulte‘. Gerade in abgelegenen Gegenden beten die Menschen noch alhanische, altbosparanische oder gar goblinische und trollische Götter und Heilige an. Diese naturverbundenen Weltbilder, die sich in der Erdmutter personifizieren, werden insbesondere von den als spirituelle Führer angesehenen Hexen und Druiden aufgegriffen. Diese haben sich dem harten Kampf gegen die dämonischen Mächte angepasst und sind in der Wahl ihrer Mittel auch nicht mehr zimperlich.

Nimmt man dazu noch die Zwölfgötter dazu, die durch die langsame Rückeroberung wieder an Einfluss gewinnen, ergibt sich gerade durch die Religionen vielfältige Spielansätze. Vorbei die Zeiten, als tobrische Bauern schüchtern ihre Mütze kneteten und sofort freudig zum Zwölfgötterglauben zurückkehrten, wenn die Helden gnädigerweise einen der freien Dämonen wieder zurück in die Niederhöllen geschickt haben.

Auch die neue Machtstruktur in Transsylien gefällt mir sehr gut. Mit Arngrimm, der sich als normaler weltlicher Herrscher präsentieren will, Balphemor von Punin, der seine ganz eigenen Ziele verfolgt und Leonardo, der in Yol-Ghurmak zunehmend dem Konstruktionswahn erliegt, teilen sich drei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten die Macht.

Warunkei

Besonders schön dürfte eine Reise durch das ehemalige Reich des Untoten Drachen nicht sein. Schädelpyramiden, Knochenzäune und ähnliche Absonderlichkeiten bestimmen das Bild dieses Landstrichs. Viele Menschen sind nicht dort geblieben und ihre Existenzgrundlage ist mager. Vereinzelt gibt es immer noch Nekromanten, die den Menschen den Zehnt in Knochen und Kadavern abverlangen. Leider kann ich zu beidem keine Angabe in Handelsherr und Kiepenkerl finden, weswegen mein Handelsimperium Klapperkopp wohl oder übel auf eine Errata warten muss.

Nakika Bärenfang (Melanie Maier)

Zentrum des beschriebenen Gebiets ist Warunk, das ein Bollwerk gegen die Finsternis und Ausgangspunkt für zwölfgöttergetreue Helden ist. Falls man mal nicht vor die Stadtmauern möchte: Der Molchenberg in Warunk scheint in seinen Ausmaßen eine perfekte Beschäftigungstherapie für gestandene Heldengruppen zu sein. Dieses Konzept einer zentralen beschriebenen Stelle, eines point of light in der Wildnis, weiß zu gefallen. Um den Rest der Warunkei streiten Kriegsfürsten, die Grenzen sind dementsprechend fließend. Schön, dass man damit das beliebte Setting der Wildermark nach und nach in die Schattenlande verlegt. Man hat sich die Kritik an Von eignen Gnaden zu Herzen genommen und die Kriegsfürsten näher beschrieben. Wir erfahren so Genaueres zu Zielen, möglichen Verbündeten, Feinden und den eigenen Ressourcen. Die Ressourcen werden in drei Kategorien dargestellt, die auch definiert werden. Damit wurde glücklicherweise das Phänomen der ‚durchschnittlich großen Infantrie‘ vermieden, bei der man nicht wusste, ob das jetzt 50 oder 500 Fußsoldaten sein sollen. Leider sind die Parteien sehr schwarz-weiß angelegt und wie bei Bundestagswahlen weiß man schon vorher, wer nun gut mit wem kann. Da wären mehr Grauschattierungen und damit weitere kleinere Parteien wünschenswert gewesen. Es ist auch irritierend, dass ausgerechnet die Warunkei Kriegsfürsten anzieht. Nimmt man die Beschreibungen des Gebiets ernst, gibt es da eigentlich nichts, worum es sich zu kämpfen lohnte. Somit ist eine Warlordisierung für die verschiedenen Gruppierungen hier ähnlich attraktiv wie in der Khomwüste oder im Totenmoor. Ich würde anraten, die Beschreibung des Landes hier anzupassen und eine Normalisierung der Natur und des starken Bevölkerungsschwundes einzuleiten. Damit würde man auch eine Motivation für Kriegsfürsten schaffen, die nicht ins Schema Kirche-Dämonenbündler passen. Sonst könnten sich auch Golgariten und Praioten irgendwann die Frage stellen, warum sie eigentlich dort sind. Wer, außer einem Nekromanten, möchte schon Herr von einem einem entvölkerten Dorf in einem toten Land sein?

Insgesamt bleibt die Warunkei, passend zu den wandelnden Toten, eher blass. In Bereichen, in denen die anderen Landstriche punkten können (interessante Mysterien, Meisterpersonen und Machtkonstellantionen) bleibt Warunk zurück. Leider gibt es neben ein paar Vignetten, Wappen und einer Stadtansicht auch keinerlei Bilder in diesem Teil des Buches.

Piratenküste

Verglichen mit Transsylien und der Warunkei hat die Piratenküste viel mehr an unversehrter Natur zu bieten. Mit den Beilunker Bergen, die zu großen Teilen unerforscht sind, gibt es auch einige Geheimnisse zu entdecken, die nichts mit Tentakeln und wankenden Untoten zu tun haben.

Balphemor zum Gruseln… (Caryad)

Hier herrscht ein bunter Glaubensmischmasch, bei dem Zwölfgötter gleichgestellt mit Insektengöttern und Echsengötzen angesehen werden. Das macht die Piratenküste zu einem perfekten Einstiegsgebiet für Kampagnen in den Schattenlanden. Seit der Eroberung wird die Piratenküste unter einer Militärdikatur von Helme Haffax verwaltet. Militärdiktatur trifft es aber nicht ganz, denn solange niemand Haffaxen macht, mischt sich der neue Herr nur selten ein. Er konzentriert sich auf Grenzsicherung und die Kontrolle einiger zentraler Punkte und schmiedet an seinen Racheplänen dem Mittelreich gegenüber. Was er jetzt in der nächsten Zeit mit seinen Truppen von knapp 10‘000 Köpfen treibt, ist mir auch nach dem sehr diffusen Blick in die Zkunft schleierhaft geblieben. Hier fehlen die klaren Ambitionen, die zwar viel Freiraum abseits der Machtzentren lassen, aber für langfristige Kampagnen schwierig sind. Dafür gibt es aber, wie der Name schon naheliegt, Piraten und das bunte Völkergemisch und damit auch Ansätze für Abenteuer ohne Dämoneneinfluss. Mit der Blutigen See, deren Verseuchungen auch zurückgegangen sind und der schwimmenden Heptarchie hat man aber auch Bedrohungen eines ganz anderen Kalibers (Bahamuth, ick hör dir rufen), womit eine Seekampagne hier einen düstereren Einschlag hat, als im Südmeer. Und in der Fürstkomturei gibt es Schwarzamazonen auf Zantim! Yeah!

Maraskan

Maraskan und die bisweilen verschrobenen Eigenheiten seiner Kultur wurden mit großer Sorgfalt in den Band eingefügt und auch die Illustrationen (die Frisuren!) unterstreichen diesen Aspekt. Damit kann ich mich den Ausführungen von Praioschziber dem Geschwätzigen und Renajida der Scharfzüngigen anschließen.

Bilder und Aufmachung

… und zum Lieb haben. (Melanie Maier)

Mit der Anstellung von Melanie Maier als Art Director verfolgt Ulisses das Ziel, den Produkten einen einheitlicheren Look zu geben. Das ist in Schattenlande sehr gut gelungen. Es gibt generell keine Verwendung von Uraltbildern und auch viele neue Zeichnungen. Die verschiedenen Künstler finden einen sehr einheitlichen Stil, was dem Buch merklich gut tut. Schaut man sich die Bilder im Einzelnen an, gibt es doch gravierende Unterschiede in der Umsetzung.

Die schon bekannten Bilder von Bernfried, Azaril Scharlachkraut und Arngrimm sind sehr gut gelungen, bei den neuen stechen insbesondere Rondradan von Streitzig, Milhibethjida und die maraskanische Kulturtafel positiv hinaus. Aber: Wir befinden uns hier in den Schattenlanden und nicht auf einem Ponyhof. Blättert man durch den Band, findet man den dunklen Aspekt der Schwarzen Lande zu wenig betont. So ist die Anführerin der Schwarzen Amazonen, Nakika Bärenfang, in ihrem einschüchternden Äußeren eigentlich gut getroffen. Denkt man jedoch die schiefen Zähne weg, könnte es sein, dass die Helden sie doch eher auf einen Kaffee einladen, als sie einen Kopf kürzer machen wollen. Das kann gut sein, um Grauzonen zu betonen, aber damit geht das Andersartige verloren. So ist die Thargunitoth-Paktiererin auf Seite 24 eben eine dünne, gutaussehende junge Frau, die zu lange feiern war, der Druide auf S. 28 ein junger Mann mit Bart und Leonardo sieht, ganz entgegen dem Text, auch mit seinen 84 Jahren noch quietschfidel und gesund aus. Torxes von Freigeist, der schon in Stadtstreicher ein aus meiner Sicht geniales Bild hatte, sieht jetzt aus wie eine Mischung aus Heath Ledger in Christopher Nolans Batman-Verfilmung und dem jungen Campino von den Toten Hosen.

Den größten Bruch stellt aber Balphemor von Punin dar, der ausschaut, als sei er das uneheliche Kind von Oma Rübenfein und einem Waldschrat. Auf jeden Fall sollte man seiner Gruppe dieses Bild vorenthalten, sonst müsste man das Nahkampftalent ‚knuddeln‘ per Erratum einführen. Dafür fügen sich die Bilder der anderen Illustratoren gut ins Bild ein. Besonders muss ich hier Fufu Frauenwahl loben, der mit seinen Beiträgen stilistisch eigenständig sehr gut die Atmosphäre einfängt. Schmunzeln musste ich vor allen Dingen auf Seite 133, auf der der Zeichner geschickt mit dem Betrachter spielt, indem man von der Soldatin angezwinkert wird. Dieser kleine ironische Bruch der Perspektive zwischen Darstellung und Zuschauer lockert die oft eher biederen Illustrationen bei DSA etwas auf. Von Fufu wollen wir in Zukunft mehr sehen! Optisch ist der Band also gelungen und weiß in seiner Gesamtheit zu gefallen, aber es wäre mit mehr Andersartigkeit noch deutlich Luft nach oben gewesen. Zu erwähnen ist noch, dass viele Bilder in dem Buch zweimal genutzt werden. Das ist zwar optisch nett, da so Textwüsten vermieden werden, aber in dieser Häufigkeit ein absolutes No-go.

Loben möchte ich die Entscheidung, den Band mit 253 Seiten zu veröffentlichen, um so nicht an den falschen Stellen kürzen zu müssen. Trotzdem war Reich des Horas mit ähnlichen Seitenzahlen 5 Euro günstiger, zumal auch die Kartentasche mit schwarz-weißen Stadtplänen von Warunk, Mendena, Boran und Jergan, sowie farbigen Karten von Tuzak, Yol-Ghurmak und Marakan sehr dürftig ausfällt. Das Geld wurde übrigens nicht in ein verbessertes Lektorat investiert. Die Qualität der Karten geht in Ordnung, die Ausschnitte direkt im Buch sind aber kaum lesbar. Eine aktuelle politische Karte der Schattenlande sucht man vergebens, da ist man auf Schild des Reiches angewiesen oder darf sich auf den Aventurischen Atlas freuen. Liebe Leute bei Ulisses! Ich weiß, dass ihr irgendwo auf euren Servern ein wunderschönes PDF mit den Baroniegrenzen der Schattenlande zu liegen habt, das ihr bestimmt ohnehin in den nächsten Tagen nachreichen wolltet. Danke, dass finden wir echt knorke von euch. Ohne die Sektoren und Einflussgebiete würde das Leben als Kriegsherr doch keinen Sinn machen.

Torxes von Freigeist im Wandel der Zeit: Vom Narren im Spielkartenformat (Caryad), über den fortgeschrittenen Wahnsinn (Fufu Frauenwahl) bis hin zur jüngeren Version mit dem bösen Lächeln (Melanie Maier)

Fazit

Mit Schattenlande haben es die Autoren geschafft, die ehemals sehr eintönigen Schwarzen Lande zu einem ausdifferenzierten und interessanten Landstrich zu machen. Die Grenzen zu den freien Gebieten sind durchlässiger und man kann sehr offene Kampagnen gestalten. Mit annähernd 40 Seiten Mysteria und Arcana sind auch vielfältige Ansätze für eigene Abenteuer und Kampagnen vorhanden. Endlich wurde auch beachtet, dass sich die Erfolge der freien Lande gegen die Heptarchien auswirken und auch die Finsterlinge in den vergangenen Jahren ihren Blutzoll lassen mussten, weswegen an mehreren Stellen betont wird, dass Beschwörer im Vergleich zu früher seltener geworden sind. Vorher konnte man den Eindruck haben, die wüchsen auf Bäumen.

Es werden wirklich sehr viele Meisterpersonen vorgestellt, auch wenn manche nur in ein paar Zeilen Erwähnung finden. So gibt es auch genügend Wesen und Nichtspielercharaktere, mit denen sich die Heldengruppe anlegen kann. Der Ausblick in die Zukunft bei den Meisterinformationen ist zwar vorhanden, aber meist so vage, dass ich persönlich nicht viel damit anfangen kann.

Die Schwarzen Lande waren statisch und per übermächtigem Artefakt vor Veränderungen geschützt. Demgegenüber ist das neue Konzept wesentlich offener und lässt den Helden viel Handlungsfreiheit. Die Zersplitterung in verschiedene Interessengruppen (Zwölfgöttliche Kirchen, Borbaradianer, Dämonenanbeter, Druiden, Dorfgemeinschaften, Fürstkomturei, Shîkanydad, Piraten…), die sich teilweise bekämpfen, bisweilen fragile Allianzen eingehen, aber auf jeden Fall immer für Bewegung sorgen, tun den Schattenlanden gut und machen sie interessanter, vielfältiger und bespielbarer.

Die Frage vom Anfang, ob jetzt der sehr heroische oder menschliche Stil bevorzugt wird, beantwortet der Band eindeutig. Mit einem einfachen Begriff von Moral wird man in den Nachfolgern der Dämonenreiche nicht weit kommen. Gleichzeitig schafft man es aber auch durch die Beibehaltung von verseuchten Zonen, dämonischen Plagen und willkürlicher Herrschaft einzelner Potentaten sich vom restlichen Mittelreich, das in den vergangenen Jahren auch grauer geworden ist, abzugrenzen. Und so finden sich auch in dunklen Kavernen immer noch genügend Monstren, denen man zeigen darf, wo der Warunker Hammer hängt.

Eines unserer Einhörner hat sich an Balphemor von Punin festgeknuddelt, ein weiteres ist Kriegsfürst in der Warunkei geworden. Somit bleiben 7 von 9 Einhörnern, die fest in ihrem Glauben sind und Schattenlande für einen rundum gelungenen Band halten, der mit einem besseren Lektorat und mehr Sorgfalt bei Bildern und Karten noch weitaus höher hätte kommen können.

Schattenlande ist seit dem 07. Juli 2011 als Regionalspielhilfe Nummer G13 erhältlich.

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2 Antworten zu Schattenlande

  1. Pingback: Neue Rezension der “Schattenlande” | Nandurion

  2. Josch sagt:

    Eine aktualisierte, offizielle Legende für Jergan sowie einen Kommentar von Alex Spohr zu den fehlenden Karten findet Ihr inzwischen übrigens hier: http://blog.ulisses-spiele.de/2011/09/die-gebaude-jergans/

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