Hesinde-Vademecum

»Verdammt sei dein Wirken vor Varsinor, Mada und Nandus!
Verdammt seist du, der du Madas Gabe
nicht mit der Weisheit ihrer Muttere Hesinde verbindest!
Vergehen soll dein Zauberwerk, wie der Körper ohn Geist vergeht!
Vergehen sollst du im Angesicht von Varsinors Wahrheit!
Arcana Magica inutilis est!«

—Anrufung zum Schutz vor unheiliger Magie,
Vers des Heiligen Argelion, Garether Fassung
(Wege der Götter, S.84)

 

Die Vademecum-Reihe von Ulisses geht weiter und präsentiert uns den zweiten Band , der sich rund um die Kirche und die Geweihten der Alveransschlange dreht. Das Hesinde-Vademecum ist eine professionsspezifische Spielhilfe, die sich nicht nur an die Spieler, sondern auch an den Spielleiter richtet. Das kleine grüne Büchlein soll beiden einen tieferen Einblick in die Gedankenwelt und in das Handwerkszeug des oder der Hesinde-Geweihten geben.

Da zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Rezension entstand, bereits weitere Bände der Vademecum-Reihe angekündigt sind, zerstreuen sich die in der Rondra-Vademecum-Rezension angebrachte und berechtige Sorge um Bewertet die Spielhilfe im Forum von dsa4.dedie Aufnahme und Rezeption einer so spezifischen Spielhilfe. Mitnanduriat krassling erkannte aber auch sehr richtig, dass andere Systeme (z.B. D&D) mit solchen Produkten nicht nur auf die Nase gefallen sind.

Im A6-Format aufgelegt ist die Spielhilfe, wie ihr Vorgänger, ein in Kunstleder geschlagenes Hardcover-Bändchen. In hesindegefälligem Grün und mit dem Schlangensymbol der Kirche auf dem Cover, besticht die Spielhilfe durch ihr Understatement und gute Verarbeitung. Das Hesinde-Vademecum umfasst 160 Seiten mit ca. 147 Seiten Text. Dieser Band, geschrieben von Daniel Simon Richter, erschien am 5. Januar 2012 unter der Redaktion von Eevie Demirtel, Alex Spohr und Daniel Simon Richter. Die Cover- und Innenillustrationen stammen von Tristan Denecke.

Der Inhalt des Vademecums ist als „In-Game“-Spielhilfe geschrieben. Die Texte wenden sich persönlich an den Spiel-Charakter. Bis auf das letzte Kapitel enthält die Spielhilfe daher nur Texte, die so wie sie sind innerhalb des Immerwährenden Hortes der Hesindianischen Gaben kursieren könnten. Der Inhalt ist in elf Kapitel unterteilt, wovon sich zehn in drei größere Themen zusammenfassen lassen: 1. Der spielpraktische Teil, 2. der inhaltliche Teil und 3. der unterstützende Teil. Das elfte Kapitel bietet dem Spieler (bzw. seinem Charakter) einige freie Seiten in denen er/sie Ideen, Erlebnisse und Erkenntnisse festhalten kann.

1. Der spielpraktische Teil
Der erste Teil beschäftigt sich ausschließlich mit der praktischen Seite des Geweihten-Daseins. In vier Kapiteln werden allgemeine und spezifische Gebete, Lieder, Choräle und Rituale an die Göttin Hesinde vorgestellt. Eines der Kapitel beschäftigt sich mit den hesindianischen Liturgien und zwei kleinen Segnungen, dem Weisheitssegen und dem Grabsegen. Ein weiteres Kapitel widmet sich dem Gottesdienst und einigen Ritualen. Die meisten der Gebete in den vier Kapiteln werden von einer allgemeinen Erklärung begleitet, die Aussage über das Wie, Wann, Wo und Warum des Gebets geben. Diese Erklärungen sind ebenfalls aus einer subjektiven Ansicht geschrieben.

2. Der inhaltliche Teil
Dieser Teil befasst sich in fünf Kapiteln inhaltlich mit der Hesinde-Kirche. Kleine Texte beschäftigen sich mit der Göttin und ihre Alveraniaren, mit wichtigen Heiligen und mit den heiligen Gegenständen der Kirche. Die Prinzipien, Strömungen und Zirkel werden ebenfalls in diesem Teil vorgestellt und zeichnen ein Bild von der Glaubensstruktur und dem Wesen der Hesinde-Kirche.

3. Der unterstützende Teil
Dieser kleine Teil befasst sich in einem Kapitel mit Anregungen und Hinweisen zum Spielen eines Hesinde-Geweihten. Auch werden Regelausprägungen wie z.B. das Konzept des Forschers oder Mystikers genauer mit Hinweisen zu Vor- und Nachteilen, Liturgien und Talenten vorgestellt.

Als kleines Extra wurde in das Vademecum eine neue Liturgie aufgenommen, die bisher nur in der Abenteueranthologie A164 Pilgerpfande (S.78) zu finden war: „Auge Xeledons“. Diese neue Liturgie wurde als Beispiel für die Rekonstruktion archaischer Liturgien in der Kirche angegeben. Das Wissen um diese Liturgie besitzt aber bisher nur der Erzabt Wulfhelm Tannhauser aus Festum. (Danke an Robak und Joerg für die Klarstellungen und zusätzliche Infos in Kommentaren.)

‚Hesinde‘ im Holzschnitt-Stil von Tristan Denecke

Pro & Contra
Das Hesinde Vademecum ist ein schöne und praktische Spielhilfe für jeden, der seinem/ihrem Hesinde-Geweihten am Spieltisch oder unter freiem Himmel ein tolles Extra verpassen will. Die vorgeschriebenen Gebete machen es jedem leicht, auch an einem schlechten Tag ohne viel Inspiration ein stimmiges Gebet vorzubringen. Das ist auf jeden Fall um einiges schöner als nur zu hören: „Also, mein Geweihter würde jetzt ‚Blick der Weberin‘ anstimmen. Ich würfle mal die Probe, was sind denn die Erschwernisse?“ Außerdem erzeugen die Gebete eine gute Grundstimmung, auf der jeder seine eigenen Gebete etwas leichter selbst kreieren kann.

Bei den Liturgien bin ich etwas hin- und hergerissen. Besonders praktisch hätte ich es natürlich gefunden, wenn die Liturgien zusätzlich mit Regeltechniken angegeben gewesen wären. Für das Gesamtkonzept wäre das natürlich weniger hübsch gewesen, wenn zwischen „In Game“-Texten kleine Kästchen mit Wirkungsdauer und RkP* aufgetaucht wären. Ich weiß auch immer noch nicht so recht, was ich besser gefunden hätte.

Die Texte über Hesinde und die Alveraniare fand ich etwas kurz. Gerade über die Göttin selbst und ihr Wesen wäre vielleicht etwas mehr angebracht gewesen. Auch hätte ich mir zusätzlich zu den Zitaten aus berühmten Büchern über die Alveraniare noch etwas mehr „In-Game“-Text gewünscht.

Im Gegensatz dazu sind die Texte über die Prinzipien, Strömungen und Zirkel der Kirche gut gelungen und vermitteln in wenig Text ein gutes und stimmungsvolles Bild. Auch die Hilfestellungen zum Spielen eines/einer Hesinde-Geweihten erklären einige Punkte noch einmal sehr gut. Hier hätten sich vielleicht einige etwas mehr gewünscht, denn die zehn Seiten sind im Großen und Ganzen nicht unbedingt viel. Persönlich finde ich es aber ganz gut, dass auf zu spezifische Tipps und auch zu viele Hinweise verzichtet wurde. So bleibt das Bild des Hesinde-Geweihten weiterhin in seinen Regularien locker genug für eigene Interpretation und Spielideen.

Diese Art der Spielhilfe (oder besser gesagt: dieses Gadget) ist sicher nicht jedermanns Sache. Wer sich aber über jedes Bisschen zur Charakterergänzung freut und sich auch gerne mit „In -Game“-Texten beschäftigt, ist bei dem Hesinde-Vademecum genau richtig. Vor allem denke ich, dass jeder Larp-Spieler mit einem Hesinde-Geweihten die Spielhilfe sehr zu schätzen wissen wird. Persönlich bin ich ein großer Fan von Spielhilfen, die einen stärkeren „In-Game“-Bezug haben und nicht nur regel- oder konzepttechnische Fragen klären sollen. Ich selbst werde in dieser Woche wieder mit einer Hesinde-Geweihten spielen und freue mich schon, einige der Gebet am Spieltisch auszuprobieren. Außerdem haben mir die Texte weitere Ideen für meinen Charakter in Bezug auf ihren Glauben und ihr Verhalten vermittelt. Alles in einem halte ich das kleine grüne Büchlein für eine schöne Ergänzung für jeden, der an solchen Dingen ebenfalls Spaß hat. Ein wirkliches Muss zum Spielen ist das Vademecum aber sicher nicht.

Unser hesindianische Einhorn-Nonett hat stundenlang Aspekte des Hesinde-Vademecums durchdiskutiert. Als sich das Ende des Disputes ankündigt, halten noch sieben der neun Einhörner das kleine grüne Büchlein für eine hesindegefällige Anschaffung.

Addendum: Wie üblich hat Nandurion seine Reporter unter die Hesindianischen Einhörner ausgeschickt, um einem Gerücht nachzugehen. Unser Reporter berichtete, dass der Druck des Hesinde-Vademecums unter hohen Repräsentanten der Kirche für Aufruhr gesorgt hat. Einige dieser hohen Herrschaften fordern, so das Gerede, den Ausschluss des für den Druck des Buches verantwortlichen Schriftsetzers aus der Gilde. Ihm wird unsaubere Arbeit vorgeworfen.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

Dieser Beitrag wurde unter 7 Einhörner, Aventurien, DSA4, Rezension, Spielhilfe abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

11 Antworten zu Hesinde-Vademecum

  1. Pingback: Rezension zu: “Hesinde-Vademecum” | Nandurion

  2. Fieser Meister sagt:

    Das Wort „Holzschnittstyle“ in der Bildunterschrift tut aber ein wenig in den Augen weh… Nicht gerade hesindegefällig.

    Um auch noch etwas konstruktives beizutragen, wüsste ich gerne, wie umfangreich die Bebilderung des Bandes geraten ist? Dass alle Illustrationen aus einer Hand stammen, ist ja an sich sehr schön. Aber bedeutet das, dass der Band spärlich bebildert ist, oder sind viele Bilder drin?

    • Fenia sagt:

      Hallo, ^^
      da habe ich das schlimme Wort gleich mal geändert.

      Zu den Bildern. Im HES-Vademecum gibt es 5 ganzseitige Illustrationen(Personen) und 10 ungefähr halbseite Illustrationen (Gegenstände).

      Grüße

  3. Ich wusste bei diesem Büchlein nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Habe ich damals auch in meiner Kurzrezension geschrieben. Als Gebetbuch fürs LARP leuchtet mir das ein, aber fürs P&P fehlt mir irgendwie die Anwendungsmöglichkeit – Gebete gibt es auch woanders und man kann sie vorbereiten. Als Nachschlagewerk zu Alveraniaren finde ich es zu dünn. Wären die Liturgien enthalten, würde es Arbeit sparen – hätte man mehr Vakatseiten, könnte man ein schönes Tagebuch im Stil des Buchs der Schlange führen. (Und Ulisses würde mehr davon verkaufen, weil man ja für jeden Geweihten ein neues braucht;).)

    • Fenia sagt:

      Mehr Infos zu den Alveraniaren und der Göttin habe ich, wie geschrieben, auch vermisst. Letzten Endes muss man aber sagen, das Vademecum ist KEINE Spielhilfe oder Nachschlagewerk. Es ist eigentlich ein Gadget wie das „Kleine Brevier des Zauberers“. Aufgezogen wie ein Buch das man vielleicht wirklich als Hesinde-Novize in Aventurien bekommen würde. Ich glaube „offizieller Fan-Artikel“ trifft es ganz gut.
      Im Endeffekt ist das kleine grüne Büchlein nicht jedermanns Sache.

  4. Robak sagt:

    Bist du sicher, dass die Liturgie „Xeledons Auge“ in der Bornland Spielhilfe zu finden ist?

    Gruß Robak

    • Fenia sagt:

      Hallo Robak,
      danke für deinen Hinweis. Das habe ich total falsch gelesen und das auch gleich in der Rezension korrigiert. Die Liturgie ist bisher nur einem NSC aus der G10 Spielhilfe bekannt. Vielen Dank für deinen Hinweis, das hätte ich ansonsten nicht bemerkt. Dann sind die Spezifikationen dieser Liturgie nur im Hesinde-Vademecum zu finden.
      Grüße

      • Joerg sagt:

        Hallo Fenia,

        die Liturgie wurde erstmals im Abenteuer „Spiegelseelen“ im Sammelband 164 „Pilgerpfade“ erwähnt und im Einsatz beschrieben.

        • Fenia sagt:

          Hallo Joerg,
          Danke für den Hinweis, dann hat sie auch diese Kleinigkeit geklärt. Ich habe deine Info auch gleich in der Rezi verarbeitet. Danke noch mal für die Info.
          Grüße
          Fenia

  5. Nobbi sagt:

    Also an sich finde ich das Buch echt gut, allerdings stören mich die zT doch sehr „unhesindianischen“ Fehler. Bestes Beispiel „die schlangenleiche“.
    Man sollte da vielleicht im Lektorat nochmal was genauer hinschauen.

    • Josch sagt:

      „Schlangenleiche“ ist gut. Aber vielleicht hat da ja auch ein verkappter Ilarist die Larve des Geweihten aufgesetzt und klandestin okkultes Wissen vermittelt. Könnte man doch super als Ingame-Vorlage für einen Verschwörungsplot nehmen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert