Im Feuer der Esse

Zita aus Zweimühlen schlägt sich mehr schlecht als recht in der Schmiede von Thorn Eisinger, dem Meisterschmied von Gareth herum. Liebend gern würde sie hier die höheren Geheimnisse der Schmiedekunst lernen, doch Eisinger bleibt hart und will sie nicht bevorzugen. Zudem kommt sie nicht mit den anderen Gesellen klar.
Und auch für Ulfberth von Moorauen läuft es nicht gut. Er schlägt sich als Schwertgeselle durch, was ihm nicht immer leicht fällt. Die angespannte Situation führt dazu, dass Beide mit sich und den Göttern im Unreinen sind und sich trennen.
Ulberth nimmt an einem Kriegszug in die Wildermark teil, während Zita sich wenig später auf die Suche nach einer gestohlenen Reliquie aufmacht. Beide hätten wohl kaum geahnt und noch weniger gewünscht, dass sie ihre Wege dabei nach Yol-Ghurmak führen.

Im Feuer der Esse von Judith C. Vogt ist die Fortsetzung von Im Schatten der Esse. Und um es vorweg zu sagen, der Roman ist „gemein, fies und krank“. Dieser „netten“ Einschätzung der Autorin kann man eigentlich nichts mehr hinzufügen.

Na gut, ein wenig schon noch.

Die Autorin schließt mit ihrem Roman lose an den Vorgänger an. Dabei muss man jedoch Im Schatten der Esse nicht gelesen haben. Die wenigen Bezüge zum ersten Teil erklären sich meist von selbst. Die Handlung des Buches ist flott und nimmt im Lauf der Zeit noch an Tempo zu. Ein Pageturner könnte man sagen, denn obgleich das Buch mit seinen knapp 400 Seiten recht dick (und mit 11.95 € auch recht teuer) geworden ist, liest es sich schnell und gut.

Eine Schmiedin und ein Junker, der sein Schwert beherrscht … wunderbar, wenn die Autorin und mitwirkender Helfer und Ehemann Christian Vogt diese Themen nicht nur theoretisch beherrschen. Immer wieder flechten beide Szenen und Beschreibungen ein, die klar zeigen, dass sie sich mit Schmieden und Schwertkampf auskennen. Leider übertreiben sie dies zuweilen. Denn auch wenn es am Ende des Buches eine kurze Erklärung für die etlichen Fachbegriffe der beiden Themen gibt, bleibt man beim Lesen der Szenen doch hängen, weil man als Laie mit den Begriffen leider wenig anfangen kann. Insofern sind diese Szenen lobenswert und für manch Eingeweihten sicher auch spannend, für den Schmiede/Schwertkampflaien jedoch zu viel.

Die Hauptfiguren Zita und Ulfberth hingegen sind wunderbar gelungen. Selbst wenn man sie aus Im Schatten der Esse noch nicht kennen sollte, werden sie einem mit all ihren Fehlern und Schwächen schnell ans Herz wachsen. Leider verhalten sich beide zuweilen etwas seltsam. Nicht immer sind ihre Entscheidungen nachvollziehbar. Das trifft aber nicht nur die Beiden, auch Handlungen anderer Charaktere scheinen oftmals mehr vom Autor gesteuert als von sich selbst. Der „Gott aus der Maschine“ zeigt sich hier leider ein ums andere Mal.

Ein weitere Auffälligkeit des Buches ist die etwas merkwürdige Perspektive. Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht von Zita und von Ulfberth erzählt. Beide Male aus der Ich-Perspektive. Der Unterschied zwischen beiden, über den wohl der ein oder andere stolpern wird, ist die Zeitform. Zita erzählt aus der Vergangenheit heraus („Ich schmiedete den Hammer.“), Ulfberth hingegen in der Gegenwart („Ich pariere den Schlag.“). Dieser Wechsel der Zeitform ist natürlich nicht falsch oder negativ. Es ist einfach nur ungewohnt und merkwürdig. Hier muss wohl jeder Leser selbst schauen, ob ihm das gefällt.

Aber genug der negativen Dinge. Kommen wir zurück zu „gemein, fies und krank“. Das ist es nämlich, was das Buch ausmacht und die negativen Scharten fast auswetzt. Denn mit jedem Schritt, den sich die Protagonisten Yol-Ghurmak nähern wird die Geschichte gemeiner. Die Autorin stürzt ihre beiden Helden in immer fiesere Situationen. Dabei gelingt es ihr gut, den inneren Kampf ihrer Figuren darzustellen, wenn diese sich mit Dämonenanbetern auseinandersetzen und doch ihre wahren Gefühle mit sich selbst ausmachen müssen, um nicht als Zwölfgöttergläubige enttarnt und getötet zu werden. Der innere Kampf um den eigenen Glauben und die Unversehrtheit der eigenen Seele, der Kampf gegen Versuchung und Verlockung der Dämonenpaktierer ist glaubwürdig. Allein das ist ein großes Lob wert, denn dies darzustellen war sicher nicht einfach.

Doch das Highlight des Buches ist einfach krank. Torxes von Freigeist, der berüchtigte Schwarzschelm, ist DER Antagonist des Buches. Und die Autorin hat es geschafft, diesem Wesen nicht nur Leben einzuhauchen, sondern es dem Leser auf eine kranke Art sympathisch zu machen und gleichzeitig eine echte Abscheu gegen Torxes zu entwickeln. Natürlich ist es für einen Autor ein Geschenk, wenn er solch eine Figur in seinem Buch mit Leben füllen darf. Doch es ist auch echtes Können, wenn man dies auch vermag. Und Judith C. Vogt hat es vermocht.

Ohne Torxes von Freigeist und die kranke Welt von Yol-Ghurmak wäre das Buch sicher nicht so gut geworden wie es ist. Das Zuviel an Fachwissen über Schmiede- und Schwertkunst und die oftmals zu gesteuert aussehende Handlung werden durch den gemeinen, fiesen und kranken Teil des Buches wettgemacht. Wer sich also immer schon mal als „Lesetourist“ nach Yol-Ghurmak verirren wollte und keine Angst vor dämonischen Einflüsterungen hat, sollte sich das Buch besorgen und lesen.

Sieben von neun Einhörnern sind froh den Niederhöllen von Yol-Ghurmak entkommen zu sein.

Über Goswin

Ich heisse Christian, komme aus Magdeburg. DSA spiele ich seit 1993, meist bin ich der Meister unserer Runde. Zu Nandurion bin ich im Juni 2011 gestossen und widme mich vor allem den Rezensionen von Romanen.
Dieser Beitrag wurde unter 7 Einhörner, Aventurien, Rezension, Roman abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert