Im Lande des Thearchen

Im-Lande-des-Thearchen-CoverIm Lande des Thearchen ist als Begleitband zur Spielhilfe Unter dem Sternenpfeiler konzipiert und führt die Helden in drei Abenteuern in verschiedene Regionen des nördlichen Myranors. Bereits im ersten Abenteuer finden sich die Helden in der Stadt des Sternenpfeilers Dorinthapolis wieder, während sie in den anderen beiden dem Horasiat Cranarenius und der Kentori-Steppe einen Besuch abstatten können.

Der Band erscheint äußerlich wie die vorherigen Myranor-Anthologien, so dass ich inzwischen von einem Myranor-Standard sprechen kann: Einige hübsch anzuschauende Bilder, farbige Handouts (zusätzlich als Kopiervorlage in schwarz-weiß) und ein praktisches Lesebändchen. Mir gefallen vor allem die farbigen Handouts sehr gut und ich freue mich sehr, dass sie offenbar zum Ojo’Schombri gefälligen Standard für Myranor dazugehören. An dieser Stelle könnte sich das Tsa gefällige Aventurien ein paar Farbtupfer abschauen. Einziges kleines Manko: Drei der vier Seiten des Handouts werden von dem letzten der drei Abenteuer beansprucht, obwohl es das klar schwächste der drei Abenteuer ist.

Noch eine kurze

SPOILERWARNUNG – ENTHÄLT MASSIVE SPOILER

und es geht mit den eigentlichen Abenteuern weiter.

Stehlen wir eine Magofaktur!

In Erschütterung der Macht von Stefan Unteregger werden die Helden in Dorinthapoles beauftragt, in eine Magofaktur (eine Art Manufaktur für Tinkturen und Artefakte) einzudringen und sie zu sabotieren. Lichtschwerter gibt es dabei trotz des Titels leider nicht zu finden. Nachdem die Helden den Auftrag erledigt haben, zeigt sich allerdings, dass sie in ein Spiel zweier Optimaten-Häuser geraten sind, das ihnen ein paar Triopta-Nummern zu groß sein dürfte. Erschütterung der Macht überzeugt vor allem durch die hervorragend gelungene Ausarbeitung, mit der die Helden sich in Planung und Durchführung dieses Auftrags austoben können. Dazu ist das Abenteuer auch bis zum Ende so variabel gehalten, dass die Helden den Handlungsverlauf selbst in der Hand haben.

Karte Magofaktur

Es fehlen noch die Positionsmarker für Wärmebildkameras und Bewegungsmelder … arcanomechanische, versteht sich – von N.N.

Die eigentliche Handlung ist dabei kurz erzählt: Die Helden werden von einer Mittelsfrau des Hauses Tharamnos für die Sabotage einer Magoaktur des Hauses Quoran angeworben. Tatsächlich spielt ein höherer Optimat des Hauses ein größeres Spiel, und durch weitere Sabotage soll über die Helden ein Großteil des Astralnetzes von Dorinthapoles lahmgelegt werden. Die Helden werden nach der Sabotage von verschiedenen Parteien verfolgt und müssen … – so eine Handlung schon einmal gehört? Natürlich, die von ihrem Auftraggeber verratenen Helden sind Teil einer geradezu klassischen Handlung. Aber gerade an dieser Stelle zeigt das Abenteuer seine Stärke – wie es nun weitergeht, hängt allein davon ab, wie die Helden bis zu diesem Punkt agiert haben und weiter agieren werden. Vielleicht haben die Helden auch schon geahnt, was kommt.

Schon direkt nach der Anwerbung der Helden durch eine inkognito Mittelsfrau erhält der Spielleiter viele Information zur eigenen Recherchemöglichkeit der Helden. Dort, wo in den meisten Abenteuern erklärt wird, warum die Helden unmöglich mehr über den Auftraggeber erfahren können, wird hier erklärt, wie sie es tun können. Die Helden haben damit von Anfang an die Möglichkeit, die Identität der Mittelsfrau und deren Hintermann herauszufinden. Auch das Herzstück des Abenteuers, der Einbruch, ist bis ins letzte Detail beschrieben und bietet den Helden damit viele verschiedene Möglichkeiten. Neben dem Plan des Gebäudes sind die Unterschiede bei Tag oder Nacht geschildert, wer welchen Schlüssel mit sich führt und wie die Arbeiten im Einzelnen ablaufen. Ob nun durch Einbrechen, Einschleichen, Angreifen – Planung, Erkundung und Ausführung bieten verschiedenen Heldentypen Gelegenheit zum Handeln und lassen die Herzen jedes Leverage-Fans höher schlagen. Gleichzeitig hat der Spielleiter genug Hintergrundinformationen, um die Aktionen der Spieler zu begleiten.

Noch ohne Mindestlohn: Myranische Magofakturarbeiter – von N.N.

Nach der Sabotage werden die Helden dann Zeuge der dramatischen Tragweite ihres Auftrages und müssen sich vor Garden der Tempel, des Hauses Quoran und sogar vor Insektoptern des Sternenpfeilers durch ein im Chaos versinkendes Stadtviertel flüchten. Dabei könnten sie eine Agentin ihres Auftraggebers dabei haben, einige Arbeiter retten oder dem Magotechniker helfen oder ihn entführen. Ob und wie die Flucht gelingt, hängt davon ebenso ab wie von der Vorbereitung der Helden. Und ob die Helden nun Rache nehmen, sich ihr Schweigen erkaufen lassen oder gar vom Sternenpfeiler geschnappt und befragt werden, hängt ganz von ihnen ab. Dabei haben Helden, die von Beginn an gründlich recherchiert haben, natürlich bessere Karten, als Helden, die weder Namen ihrer Auftraggeber noch deren Ziele vorweisen können. Das Abenteuer bietet für jede Variante Informationen und Abschnitte, die sich zu verschiedenen Ergebnissen zusammensetzen lassen.

Das Abenteuer ist damit für alle Gruppen, die sich schon einmal im Stadtdschungel myranischer Metropolen austoben wollten, sehr zu empfehlen. Negativ aufgefallen sind mir nur der Hintergrund des Astralnetzes mit seinen Pylonen, die für meinen Geschmack etwas zu sehr als SciFi daherkommen, sowie die teilweise unnötig hohen Kampffertigkeiten „ziviler“ NPCs. Den sehr guten Gesamteindruck des Abenteuers kann das aber nicht schmälern.

Am seidenen roten Faden

Das zweite Abenteuer, Rote Flammen und blauer Stahl von Niklas Forreiter, führt die Helden ins nördliche Horasiat Cranarenius, genauer gesagt in die Hauptstadt Balan Cranyar. Das Abenteuer beginnt mit knapp sechs Seiten Informationen zu dem Horasiat und seiner Hauptstadt inklusive einer mehr als halbseitigen grauen Box mit den wichtigsten Fakten, einer Beschreibung der einzelnen Stadtviertel und einer Seite Zufallsbegegnungen zum Auswürfeln. Kurzfassung: Balan Cranyar ist mit Recht für Verbrechen und Korruption berühmt. Zwischen den Beschreibungen irgendwo finden sich ein paar Anregungen, warum die Helden dorthin reisen könnten, sowie ein etwas deplatzierter Vorlesetext zur Ankunft im Hafen. Im Grunde ist damit das Setting für ein Stadtabenteuer aufgestellt – nur folgt kein Stadtabenteuer.

Die ausführlichen Beschreibungen am Anfang spielen für die eigentliche Handlung nahezu keine Rolle. Die Helden sollen auf irgendeine passende Weise dazu gebracht werden, dem in der Stadt ansässigen Zirkel der roten Flamme zu helfen. Der Zirkel soll dabei als einflussreich und wichtig dargestellt werden, was spätestens bei Helden von höherem Stand schwierig werden dürfte. Darüber hinaus haben reisende Helden eher wenige Vorteile durch einen in genau einer Stadt ansässigen Zirkel zu erwarten. Aber wer eine Gassenwissen-Probe schafft, der weiß, dass ein gutes Verhältnis zu dem Zirkel mehr Wert ist als Goldmünzen. Nachdem die Helden für den Zirkel eine Aufgabe in einem Konflikt mit einem anderen Zirkel als Test bestanden haben, sollen sie der Matronin des Zirkels einen heiligen Hammer aus einem einige Tagesreisen entfernten Dorf bringen. Von dem Hammer hat sie von einigen Durchreisenden gehört. Er soll dabei legal erworben werden, da man ihn anschließend dem AEngrom-Tempel spenden will. Die Helden lassen damit sowohl die Diebes-Thematik und den Zirkel als auch die Stadt hinter sich, und machen sich an die Quest ihre Aufgabe, den Hammer zurück zu bringen.

Für den Weg zum Dorf gibt es eine Zufallstabelle für Begegnungen unterwegs. Sumpflöcher, Raubaffen, Moorleichen, Eisenwölfe und mehr – sie alle liegen auf der Lauer, um den Helden die Reise etwas schwerer zu machen. Ich mag Abenteuer mit stimmungsvollen Reiseabschnitten, in denen man einzelne Regionen Deres näher kennen lernen kann. Ein täglicher Würfelwurf, durch den dann Untote und Räuber wahllos auftauchen, um die Helden zu beschäftigen, trägt aber kaum zur Vermittlung der Region bei und lässt darüber hinaus den ohnehin dünnen roten Faden im Moor versinken.

Schau mir in die Augen, Kleiner! Der Gorgone – von N.N.

Im Dorf angekommen müssen die Helden feststellen, dass inzwischen eine drachenreitende Anhängerin Yalsicors im Dorf eingetroffen ist, die ebenfalls den Hammer fordert. Außerdem hat sich der Schmied, der den Hammer haben soll, in seinem Schrein eingeschlossen, da er den Hammer heimlich benutzt hat, um bessere Waffen zu schmieden. Tatsächlich wurde der Hammer aber bereits vor einigen Tagen von einem Gorgonen erbeutet – aber das finden die Helden erst später heraus. Es folgen sieben Seiten, in denen das Dorf sowie die einzelnen Bewohner detailliert vorgestellt werden. Dazu gibt es konkrete Regelvorschläge, mit welchen Talentproben die Bewohner beeinflusst werden können. Das Dorf ist damit insgesamt schön vorgestellt, und spätestens die Unterhaltung mit dem eher einfältigen Sturmwinddrachen sollte für einigen Spaß am Spieltisch sorgen. Leider hängt auch hier der rote Faden durch, denn das Abenteuer erklärt nicht so recht, warum die Helden sich ausführlich über alle Einzelheiten bei den Dorfbewohnern informieren sollen. Irgendwann sollen sie irgendwie mitkriegen, dass der Hammer nicht mehr da ist und mit der Hilfe oder gegen den Willen des Schmiedes erfahren, dass ein Gorgone ihn mitgenommen hat, als er den Schmied und seinen Kumpanen überfiel.

Angesichts der eigentlichen Aufgabe, für den Zirkel diesen Hammer als Tempelspende zu erwerben, könnten die Helden an dieser Stelle auch guten Gewissens abbrechen, anstatt ohne Not ihr Leben zu riskieren. Wenn sie sich aber weiterhin von dem seidenen roten Faden führen lassen, können sich durch weitere Reisetage mit Zufallsbegegnungen (Berglöwen, Panzerköpfe und Schneepardir, diesmal ohne Auswürfeln) in die Türme des Morgens aufmachen. Durch Zufallsbegegnungen oder viel Suchen werden sie dabei früher oder später die Höhle des Gorgonen finden.

Die Gorgonen haben ihren Weg nach Myranor bereits mit dem Codex Monstrorum gefunden, auch wenn sie sich leider nicht im Myranische Monster finden. Die Idee der Gorgonen sowie ihr Hintergrund und ihre Fähigkeiten waren damit bereits vor dem Abenteuer gesetzt. Die Höhle des Gorgonen ist für mich der klar stärkste Teil des Abenteuers. Die wahnwitzigen Schöpfungen des Gorgonen, die Sklaven und die Höhle selbst sind gut beschrieben und sollten sowohl für starke Atmosphäre als auch gegebenenfalls für spannende Kämpfe sorgen. Hier wirkt sich die Handlungsfreiheit der Helden sehr positiv aus, denn sie können selbst entscheiden, ob sie nur den Hammer stehlen, die Sklaven des Gorgonen retten oder gar heroisch den Gorgonen zur Strecke bringen wollen. Die enthaltene Übersicht für den Spielleiter, mit welchen Talentproben die Helden welches nützliche Wissen über Gorgonen haben können, dürfte bei der Planung der Helden sehr hilfreich sein. Das gilt auch für die Karte der Höhle als Handout, die hier für die nötige Übersicht sorgt. Auch die Einträge „zu leicht?“ und „zu schwer?“ bei den Werten des Gorgonen finde ich gut, diese Option hat mir schon bei Mutterglück sehr gut gefallen.

Höhle des Gorgonen

Was für ein Aufriss! – von N.N.

Die Fähigkeiten des Gorgonen sind dabei im Abenteuer regeltechnisch näher ausgestaltet, wobei die Werte fast vollständig zu denen im Codex Monstrorum passen. Allein der Versteinernde Blick ist näher in das myranische Magiesystem eingepasst. An sich ein guter Schritt, wobei diese markante Fähigkeit zu stark an Effekt verliert, da sich die Reichweite halbiert, die Zauberdauer verdoppelt und eine Probe +8 +MR gelingen muss – das ist selbst für einen erfahrenen Gorgonen kaum im Kampf zu schaffen. Da es sich hierbei aber um die Fähigkeit der Gorgonen schlechthin handelt, wäre es besser gewesen, die Versteinerung als besondere magische Gabe zu belassen. Auch Basilisken müssen schließlich nicht für die Versteinerung zaubern. Daneben gibt es für mich aber nur noch ein kleineres Manko an diesem Abschnitt: Die im Codex Monstrorum noch sehr vage gehaltene Anlehnung an einen Metallschild zum Zurückwerfen der Versteinerung und das Erschaffen einer Aegis aus dem Schädel sind mir etwas zu viel aus der griechischen Mythologie übernommen. Im Grunde ist die Wirkung von reinem Metall gegen die Aggari-Magie des Gorgonen aber eine sehr gute Erklärung im Rahmen der derischen Kosmologie, doch das Aufhalten des Blickes hätte wohl auch gereicht. Die Möglichkeit, den Hammer zur Herstellung eines solchen Schildes zu nutzen, bietet außerdem tatsächlich noch eine mögliche Funktion für das fragwürdige Werkzeug.

Damit findet dann auch das Abenteuer mehr oder weniger sein Ende. Die Helden können den Hammer nun zurück zum Dorf schleppen. Um die Drachenreiterin loszuwerden, können sie entweder nachweisen, dass das gar nicht der Hammer ist, den sie sucht. Oder sie kämpfen mit ihr um den Hammer. Anschließend kann er bei der Auftraggeberin abgeliefert werden.

Insgesamt wirken die drei Settings dieses Abenteuers (Stadt, Dorf, Höhle) sehr künstlich verbunden. Die Handlung um den Hammer ist spätestens dann zu dünn, wenn die Helden deswegen in die Gorgonenhöhle laufen sollen. Die einzelnen Settings dagegen, vor allem die detailliert beschriebene Stadt und die Gorgonenhöhle, sind gut gelungen und können bei Interesse auch gut zu zwei verschiedenen Abenteuern ausgestaltet werden.

Was nicht passt …

… wird passend umgeschrieben. In Ross und Reiter von Dominic Hladek können die Helden mit einer Herde von Kentori über die gleichnamige Steppe ziehen. Leider hat mich bei diesem Abenteuer schon die Zusammenfassung der abstrusen Handlung derart geärgert, dass ich dieses Problem kurz vorweg nehmen möchte: Der Hintergrund des Abenteuers passt hinten und vorne nicht.

Die Handlung des Abenteuers lässt sich so zusammenfassen: Die Helden werden in den Angriff der Kentori auf einige Ashariel verwickelt, und anschließend springt ein stellar Genius auf einen der Helden über. Die Kentori bemerken irgendwie, dass ihr „Gott“ Avarastar hier am Werk ist, und bitten die Helden, sie zu begleiten. Die Helden ziehen daraufhin ca. drei Monate (!) mit den Kentori durch die Steppe. Das Abenteuer stellt einige Mitglieder der „Herde“ und ein paar Besonderheiten vor, ansonsten „gilt alles, was Sie in Unter dem Sternpfeiler 109 über die Kultur der Kentori nachlesen können“ (Urton). Dieser Verweis wird die meisten Spielleiter zumindest noch darauf aufmerksam machen, dass die Angaben zu den Kentori im Abenteuer mit den übrigen Beschreibungen zu guten Teilen inkompatibel sind.

Die Helden sind dann also mit einer Herde von ca. 100 Kentori unterwegs, die üblicherweise etwa die zehnfache Anzahl an Pferden begleitet. Hierfür gibt es eine große Hexfeldkarte zum Reisen, dazu Würfeltabellen für das Wetter und Zufallsbegegnungen und Regeln zu Reisegeschwindigkeit und Jagd. Die Helden können dabei allerlei Monstern begegnen, auf eine andere Kentori-Sippe treffen, in einen Krieg zweier Arten von Nymphen hineingezogen werden und sich mit Fraßmoos, Blütenfeen und Fungoiden herumschlagen. Dabei soll sich der „Sternenträger“ aufgrund des Stellaren natürlich besonders nützlich machen können. Die Ideen sind dabei ganz nett, wobei einige der Ereignisse aufgrund der Größe der Herde schwer umzusetzen sein dürften. Der Sinn der Karte erschließt sich mir nicht, weil es kaum einen Grund gibt, warum ausgerechnet die ortsunkundigen Helden entscheiden sollten, wo die Reise hingeht. Und selbst dann müssen die Spieler nicht unbedingt wissen, was drei Tagesreisen entfernt auf sie wartet.

Archoliphant

Bald auch auf Kinderkassetten? Der Archoliphant – von N.N.

Irgendwann stoßen die Helden ohnehin an die Stammesgrenze einiger böser, Naggarach verfallener Wolfsalben, die natürlich mit magischen Naggarach-Pfählen und anderen Zaubern gespickt ist. Die Handlung Der Stellar aber führt die Helden direkt hier hinein, damit sie deren geplantes finsteres Ritual durchkreuzen können. Die Helden gehen dann im Gebiet der Wolfsalben mit den Kentori auf Mammutjagd, geraten dabei an die Wolfsalben, die so böse sind, dass sie die Mammuts einfach sinnlos abschlachten. Zum Glück erreicht die Herde bald darauf ohne es zu wissen das Gebiet des mächtigen Archoliphanten, eines supermächtigen, fünf Schritt großen Riesen mit Mammutkopf, der mit seiner Magie seltsame Erdverwerfungen in der Gegend hervorruft und alle Mammuts hier für sich beansprucht. Archoliphanten sollen allgemein legendär, stark, unbezwingbar und supermagisch sein und alle Mammuts für sich beanspruchen. Der stellare Genius wird die Helden dorthin lotsen und dann aus dem Helden aus- und in den Archoliphanten einfahren. Dabei findet er auch spontan seine Sprachfähigkeit wieder, bedankt sich bei den Helden und schickt ihnen noch schnell ein paar wirre Gedankenbilder, aus denen die Helden schließen können, wo das Abenteuer weiter geht. Anschließend können sie sich mit dem Archoliphanten unterhalten, der ihnen auch erklären kann, worum es in dem Abenteuer eigentlich geht (dazu weiter unten). Er ist zwar so supermächtig, dass er die Wolfsalben eigentlich locker selbst erledigen könnte, aber dabei würde zu viel zu Bruch gehen, deshalb müssen die Helden und die Kentori das für ihn machen.

Die Naggarach-Wolfsalben haben sich natürlich stilecht in einem Mammutfriedhof eingerichtet, durch den die Helden sich nun durchschlagen müssen. Nach einem kurzen Intermezzo mit einem Totengenius müssen sie aber feststellen, dass zumindest einige Bösewichte bereits ihren Mammutknochen-Golem (!) fertiggebaut haben und aufgebrochen sind. Auf die eine oder andere Weise werden die Helden dann zum Ritualplatz der bösen Wolfsalben in einer verfallenen Stadt geführt, von deren Ruinen nach fast 3000 Jahren in Wind und Wetter noch recht viel übrig geblieben ist. Das Tor in die stellare Sphäre, das die Wolfsalben mit ihrem Ritual öffnen wollen, ist jedenfalls noch intakt und kann auch nicht als magisch erkannt werden (!). Die unwissende Herde wird nun die in der Nähe lagernden 250 Wolfsalben samt Mammutknochengolem nicht bemerken und sich spontan das Tor in die stellare Sphäre als Rastplatz aussuchen. Als das Ritual der Wolfsalben beginnt, erweist sich dieser Umstand natürlich als ungünstig, und die Kentori und Helden müssen nun den Ort verteidigen. Wieso nicht zuerst Kundschafter in die Stadt geschickt werden und weshalb die 250 Wolfsalben + Riesenknochengolem in der Nähe nicht bereits vorher bemerkt werden, bleibt offen. Weshalb das Sphärentor nicht als magisch erkannt werden kann und wo derweil die ca. 1000 Pferde der Kentori abgeblieben sind, auch.

Die Feinde haben zwar wie gesagt bis zu 250 Kämpfer zu Verfügung, werden die Helden und die Kentori aber nur nach und nach mit kleineren Trupps angreifen, denn ansonsten würden die Wolfsalben den Kampf vermutlich recht schnell gewinnen. Erst wenn das Ziel des Rituals, ein Archont der Quelle Wahnsinn, über die Sternentreppe kommt, werfen sich die restlichen Wolfsalben mit dem Knochengolem mit in den Kampf. Der Knochengolem namens Naggaroth hat dabei genau so wenig mit den Regeln für Knochengolems zu tun (Gezielter Stich + Ausfall) wie der Archont mit den Regeln für stellare Archonten (4 Aktionen, 80 LeP). Untermalt wird der Finalkampf noch von einem Daily-Soap-Element, da die Geburt der Nachkommen der Zentauren-Frau des Häuptlings natürlich genau bei Kampfbeginn einsetzt. Wenn die Helden den Archonten nicht aufhalten, werden alle dem Wahnsinn anheimfallen und sterben, anderenfalls haben sie gewonnen. In jedem Fall ist das Abenteuer damit (endlich) vorbei.

Mammut-Knochengolem

Filigran und präzise: Das Naggaroth mit Ausfall und Gezielter Stich – von N.N.

Der Hintergrund des Abenteuers wird bereits auf der zweiten Seite folgendermaßen erklärt: In diesem Abenteuer kämpfen im Grunde zwei stellare Domänen miteinander. Die Domäne der Erkenntnis will verhindern, dass die Domäne des Wahnsinns zu mächtig wird. Bitte, was? Die stellaren Domänen sind an sich Quellen der Zauberei (und regeltechnische Namen), die bestimmten Prinzipien zugeordnet sind. Diese Quellen sind den myranischen Zauberern allgemein bekannt, werden mit bestimmten Sternen assoziiert und nach diesen Sternen benannt. Die Quelle Erkenntnis beispielsweise (um die es in diesem Abenteuer geht) wird von den Optimaten nach dem Stern Balathandis benannt – in Aventurien kennt man diesen Stern als Nandus. Das passt ja auch gut zusammen. Dass die stellaren Domänen einen eigenen Willen hätten und gar irgendeine Art von Gleichgewicht bewahren wollen, ist hingegen vollkommen neu. Als Teil des Hintergrundes macht das auch wenig Sinn, da sich „Stellare“ nicht ohne weiteres in den Kosmos aus Göttern, Dämonen und Co. einfügen lassen. Nandus hingegen ist eine Karma spendende Entität und schickt auch keine stellaren Wesen nach Dere. Selbst wenn die Setzung des derischen Kosmos irgendwann so geändert werden sollte, dass die stellaren Quellen die ersten überderischen Wesen eigener Art (mit einem Bewusstsein) werden und gegeneinander kämpfen, wird das sicherlich nicht in der Einleitung eines Anthologie-Abenteuers geschehen. Man gewinnt schon an dieser Stelle des Abenteuers den Eindruck, dass versucht wird, den Hintergrund zugunsten der Handlung zurechtzubiegen. Das macht jeder Gruppe, die Wert auf den entsprechenden Hintergrund legt, beim Spielen des Abenteuers entweder sehr wenig Freude, oder deren Meister sehr viel Aufwand beim Umschreiben des Abenteuers.

Entsprechend geht es weiter: Die Kentori-Herde, um die sich die Handlung dreht, verehrt die Quelle der Erkenntnis als Gottheit namens Avarastar (aus den Kentorigöttern Astar und Avasar vermischt). Und nein, mit Nandus oder Erkenntnis hat diese Gottheit nichts zu tun. Der Stern, den die Kentori mit Avastara assoziieren, findet sich laut Abenteuer im klar erkennbaren Sternbild von Ross und Reiter. Der Stern der Domäne Erkenntnisse (Balathandis bzw. Nandus) ist hingegen auf beiden Kontinenten als Wandelstern bekannt, die vor allem durch ihre verwirrenden Bahnen auffallen und daher in keinem Fall innerhalb eines Sternbildes bleiben. Ein Sternbild von Ross und Reiter ist auch weder in Aventurien noch in Myranor bekannt. In Aventurien ist das Sternbild der Stute bekannt, das die Myraner gemeinhin als der Tänzer kennen. Hier hätte man sicherlich eine entsprechend andere Deutung der Kentori einbauen können, allerdings hätte man sich dafür erst einmal mit dem Sternenhimmel Deres beschäftigen müssen.

Diese Domäne der Erkenntnis jedenfalls hat sich „verselbstständigt“ (Urton), ist in Form eines stellaren Genius in einen Priester der Kentori eingefahren und hat diesem eine Prophezeiung eingegeben. Dieser hält die Erkenntnis für seinen Gott Avarastar, wird von ihr inspiriert, versteht die Prophezeiung falsch, führt den Stamm in die falsche Richtung und greift deshalb fanatisch und bis zum Tod einige Ashariel an, die nichts mit der Handlung zu tun haben. Weshalb der Genius seine Fähigkeit zu sprechen nicht zur Aufklärung der Sache nutzt, bleibt unklar. Die Quelle der Erkenntnis steht übrigens für stete Vorsicht und nochmalige Überlegung – so jedenfalls der erste Satz dazu im Myranische Magie.

Eigentlich wollte der Genius den Priester warnen, dass die Sippe der Naggarach-Wolfsalben vorhat, den Archon der Domäne Wahnsinn in einen geeigneten Körper zu rufen, um eine unbesiegbare Waffe zu erhalten. Wolfsalben sind an sich nicht sehr dämonenaffin, diese spezielle Sippe ist allerdings schon immer Naggarach verfallen gewesen. Als Erklärung wird im Anhang angefügt, es hieße, dass diese Sippe anstatt Lichtelfen Nachtalben in ihren Vorfahren hätte. Weshalb die Pardona/dem Namenlosen zugehörigen Shakagra hierfür eine sinnvolle Erklärung sein sollen, erschließt sich mir nicht so ganz. Jedenfalls ist dieses spezielle Volk finster, vollführt Naggarach gefällige Rituale und schlachtet sinnlos die armen Mammuts ab, ohne die Beute zu verwerten.

Der Archont des Wahnsinns (der die Erkenntnis zum Handeln zwingt), lauert hinter einer um 1900 IZ konstruierten Pforte in die stellare Sphäre und hat damals alle Bewohner der dort gelegenen Stadt dazu gebracht, sich in einem Alptraum aus Irrsinn gegenseitig zu zerfleischen. Damals wusste man halt noch nicht so viel über die stellaren Domänen. Weshalb das Wissen um die Stellare damals geringer gewesen sein soll („erst“ 400 Jahre nach dem Sterben der Archäer) und welches Haus für diesen Schlamassel verantwortlich gewesen sein könnte, bleibt offen. Dass Stellare im nordwestlichen (ehemaligem) Imperium eigentlich als Musen bezeichnet und weit mehr mit Kunst in Verbindung gebracht werden (so Myranische Magie), macht die Sache nicht besser. Wichtiger ist aber eigentlich, dass die Domäne Wahnsinn keineswegs böse ist, sondern auch positiv sein kann und vor allem keinerlei Intention in ihrer Wirkung hat. Das unterscheidet sie gerade von den dämonischen Quellen. Entsprechend passt auch die Beschreibung des Alptraums aus Irrsinn nicht so recht, als Erklärung wäre hier die Quelle Iryabaar besser gewesen. Ein Archont dieser Quelle wäre wohl auch tatsächlich eine große, überderische Gefahr – ein stellarer Archont ist es mangels böser Absichten nicht.

Änderungsvorschlag für DSA5: Größenklassen als Aufschlag für Betören-Proben (Bild von Björn Lensig aus Jenseits des Horizonts)

Auch bei den Kentori passen einige Dinge nicht zusammen: Neben den schon geschilderten Besonderheiten mit den Gottheiten werden die Kentori an sich in acht Stämme eingeteilt, die jeweils auf einen der Hauptgötter zurückgehen und aus mehreren Sippen bestehen. Die Sippe in dem Abenteuer scheint zu keinem der acht zu gehören und stattdessen gleich zwei der Gottheiten in Gestalt von einer besonders zugehörig fühlen. Ganz besonders irritiert hat mich die Beschreibung, nachdem die Kentori (Mensch oder Zentaure) jeweils von einem Menschen und einem Zentauren abstammen (inklusive einer bevorstehenden Geburt von einem Menschen-Zentauren-Zwillingspaar). Bei den menschlichen Kentori (=Dorinther) und den Zentauren handelt es sich um zwei verschiedene Rassen. Sie leben zwar zumeist in Paaren aus einem Menschen und einem Zentauren zusammen, die Komponente der Fortpflanzung findet sich aber anderswo nicht wieder – angesichts der Anatomie halte ich das auch für eher abwegig. Im Myranor HC war noch davon die Rede, dass die Kentori keine Ehe kennen, und es wurde über die Zeugung des Nachwuchses auf irgendwelchen Fruchtbarkeitsfesten spekuliert. Das wäre wohl die sinnvollere Variante. Ein Zentaure bringt um die 400 Stein auf die Waage, Dorinther sind etwa 1,65 Schritt groß. Mehr soll an dieser Stelle nicht gesagt sein.

Das Abenteuer konnte mich insgesamt in keiner Weise überzeugen. Die Handlung bietet zwar einige nette kleine Erlebnisse in der Kentori-Steppe, ist aber insgesamt alles andere als originell. Eine seltsame Vision, ein finsteres Ritual, das im letzten Moment verhindert wird, und ein supermegaübermächtiger NPC, der den Helden zwischendrin die Handlung erklärt. Dafür ist sowohl der hier angepeilte kosmologische Hintergrund unpassend, ebenso stimmt vieles bei den Kentori und den Wolfsalben nicht. Das hätte während des Entstehungsprozesses dieses Bandes irgendwann einmal auffallen müssen, und kann keinesfalls allein am Autor gelegen haben. Zugegeben: Die Kosmologie und Magie in Myranor ist gerade durch die Überschneidungen mit Aventurien wirklich komplex geworden. Aber wer kein Interesse hat, sich hiermit in der Tiefe zu befassen, sollte dies auch nicht zum Thema eines Abenteuers machen.

Und nun? Fazit?

Im Lande des Thearchen umfasst in der Gesamtwertung die denkbar größte Bandbreite. Das erste Abenteuer ist ein Volltreffer, beim zweiten finden sich Licht und Schatten, und das dritte Abenteuer ist ein Totalausfall. Auch dem Ziel, eine Anthologie zu Unter dem Sternenpfeiler zu sein, werden die Abenteuer sehr unterschiedlich gerecht. Während das erste Abenteuer direkt im Herzen des Imperiums spielt und sich durchaus auch in andere Metropolen verlegen lässt, spielt das zweite Abenteuer weitgehend abseits der imperialen Kultur und das dritte Abenteuer nahezu vollständig in der Kentori-Steppe. Auch diese Regionen gehören natürlich zum Imperium, aber insgesamt vermisse ich in diesem Band die Thematisierung einiger typischer Besonderheiten Myranors, etwa die Wasserwege des Orismani, die Luftschiffe oder die größeren Konflikte mit Chrattac, Ban Bargui oder Draydal. Sehr schön finde ich hingegen, dass die Abenteuer dafür in bisher kaum thematisierten Regionen spielen und nicht wieder in Cantera oder um das Meer der schwimmenden Inseln angesiedelt sind.

Da man die Abenteuer dieses Bandes aber leider nicht einzeln erwerben kann, will ich mich auch nicht um eine Gesamtwertung drücken. Drei von drei Einhörnern haben die Erschütterung der Macht gespürt, eines jagt den Gorgonen mit seinem spiegelnden Horn, und eines erfreut sich an der guten Aufmachung des Bandes sowie den universell verwendbaren Hintergrundbeschreibungen im zweiten Abenteuer. Daran vermag auch der Wahnsinn in der Steppe nichts zu ändern.

Bewertung Einhorn 5

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1 Antwort zu Im Lande des Thearchen

  1. ChaoGirDja sagt:

    Hum…
    Das die stellaren Domänen, ähnlich wie elementaren und dämonischen, durchaus eine Art „eigenen Willen“ haben können, habe ich zumindest ich bisher auch immer exakt so angenommen.
    Es sind eben nicht nur Quellen der Magie, sondern eben auch Domänen. Genauso wie die der Elemente und der Dämonen.
    Mir ist idT auch schleierhaft wieso du (Sedef) anscheinend von etwas anderem ausgehst… Gut, nach der alten Beschreibung hätte man so was noch annehmen können. Aber seit MyMa mEn nicht mehr. Da reihen sich die Stellare absolut sauber in die Riege der Domänen ein. So das ich hier jetzt keine Neusetzung sehe, sondern schlicht und ergreifend ein Aufgreifen einer selten bedachten Setzung.
    Beim Rest dieses Kentori-ABs ergreift mich allerdings bei deiner Schilderung auch das kalt Schaudern.
    Zwar weiß ich woher dieses „Kind von Mensch und Pferd“ stammt (die alte Beschreibung konnte so gelesen werden und hat sich auch ein Stück weit in der Form verselbstständigt), aber sich der Autor in dem AB offenkundig so garnicht an die, doch eher wenigen harten, Hintergrundfakten gehalten hat, das empfinde ich als ziemlich ziemlich… „nicht schmeichelhaft“.
    Man hat die Kentori in WnM (und vorher schon in MyGö) mit einem sehr schönen und stimmigen Hintergrund versehen. Warum kann sich ein Autor nicht einfach mal dran halten?
    Muss denn diese Unsitte aus Aventurien nach Myranor unbedingt Rüberschwappen? Myranor hat nun wirklich mehr als genug Freiheiten, da muss man sich nun wirklich nicht mit den Ellenbogen einen Schaffen…
    Ich Frage mich in dem Zug auch, wie das AB in der Form hat überhaupt angenommen werden können…

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