Aventurisches Jahrbuch 1037 BF

Aventurisches Jahrbuch 1037 CoverAller guten Dinge sind drei -- es sei denn, man stammt von der Insel der Verrückten. So gesehen, erschien im März die 1037er Ausgabe des Aventurischen Jahrbuchs für alle Nichtmaraskaner unter einem guten Stern. Doch Aberglaube ist ein GP-werter Nachteil und damit nachweislich ein schlechter Ratgeber. Für diese Rezension gelten deshalb ganz unabergläubisch nur Fakten, Fakten, Fakten. Oder so ähnlich.

Der erste Blick gilt deshalb den reinen nanduesken Zahlen: Vom Umfang her ist der Band schmaler als sein Vorgänger. Der reine Inhalt (ohne Inhaltsverzeichnis, Vorwort etc.) umfasst 128 Seiten gegenüber den 171 Seiten Anno 1036 BF. Im Gegenzug ist der Band 5 € günstiger zu haben. Pro Seite gerechnet bedeutet das dennoch einen Preisanstieg.

Das Jahrbuch gliedert sich, wie seine Vorgänger, in zwei Teile: Zum einen ist es eine Abenteueranthologie mit drei Szenarien des Lebendigen Aventuriens, zum anderen eine Spielhilfe mit einem Regional-Update und der aventurischen Jahreschronik für 1037 BF. Hier zeigt sich auch, wo der im Vergleich zu den früheren Ausgaben geringere Umfang herkommt: statt drei oder mehr Regionen ist diesmal nur das Südmeer mit neuen Informationen enthalten.

Noch ein Wort zur Form meiner Rezension: Um den Lesern entgegen zu kommen, die nur zu einem bestimmten der verschiedenen Teile des Bandes eine Information suchen, sind diese explizit ausgewiesen und per unter diesem Absatz befindlicher Linkliste auch direkt zu erreichen. Damit außerdem auch potenzielle Spieler und Spielleiter sich einen Eindruck von den Abenteuern machen können, habe ich deren Rezension nach bestem Wissen jeweils in einen spoilerfreien und einen spoilerhaltigen Teil getrennt. Wer also keine geheimen Hintergrundinfos haben möchte, überspring einfach die grauen Kästen, alle anderen können diese Kästen problemlos lesen.

Abenteuer: Wogenbund

Autorin: Annelie Dürr
Ort/Region: Nordthorwal
Zeit: Frühjahr 1035 BF
Der Blick ohne Spoiler

Wogenbund spielt im Vorfeld des Abenteuers Friedlos. Genauer gesagt, ist es sogar als Einstieg für diesen Band gedacht. Die Heldengruppe sammelt im Auftrag von Marada Gerasdottir Freiwillige, die diese bei einer neuen Herferd begleiten sollen. Die Wölfin hat in letzter Zeit einige herbe Rückschläge erlitten, weshalb die Aufgabe eine überzeugende Gruppe benötigt. Damit ist das Szenario im Grunde nur etwas für von Thorwalern -- bzw. zumindest von Marada -- respektierte Charaktere. Diese sind damit auf jeden Fall auch für Friedlos geeignet, andererseits ist aber nicht jede für Friedlos geeignete Gruppe auch für den Wogenbund einsetzbar, was bei der Planung bedacht werden sollte. Friedlos hat kaum Einschränkungen bei der Charakterwahl, da sind sogar Orks denkbar, im Wogenbund hingegen definitiv nicht. Für potenzielle Spielleiter sei noch angemerkt, dass das Szenario, nicht ganz unerwartet, deutliche Spoiler für Friedlos enthält.

Row, row, row your boat... thorwalscher geht es wohl nicht: die Heldengruppe kommandiert ihr eigenes Schiff (Bild: Nadine Schäkel).

Row, row, row your boat... thorwalscher geht es wohl nicht: die Heldengruppe kommandiert ihr eigenes Schiff (Bild von Nadine Schäkel).

Die große Stärke des Abenteuers ist das Erleben der thorwalschen Kultur und ihrer Bräuche. Wer die nordischen Rauhbeine überzeugen will, sollte auch als Spieler wissen, wie er mit ihnen am besten umgeht. Dem Spielleiter werden zur Darstellung und Vermittlung dieser Eigenheiten viele Hilfen gegeben, wobei die Kenntnis von Unter dem Westwind dennoch angeraten ist. Als Spieler sollte man sich natürlich auch darauf einlassen. Tut man dies, wird die Belohnung mit Sicherheit ein sehr stimmungsvolles Spielerlebnis sein.

Die Handlung selbst scheint sich auf den ersten Blick etwas in Wiederholungen zu verlieren: Die Gruppe fährt die Küste entlang von Ort zu Ort und muss jeweils möglichst viele Thorwaler überzeugen, sich ihnen anzuschließen. Glücklicherweise bekommt der Spielleiter genügend Hinweise und Ansätze, damit jeder Ort sein eigenes Gesicht bekommt und auch auf See Abwechslung herrschen kann. Grundsätzlich ist hier in der Praxis das Gespür des Meisters für die eigene Gruppe gefragt. Die Anforderungen an die Helden sind breit gefächert, so dass für jeden Spieler etwas dabei sein sollte -- egal ob Ansprache an die Mannschaft, Saufspiel mit Interessierten, Steuern des Bootes oder der Umgang mit der Waffe. Andererseits gibt es beim Plot und der Hintergrundbeschreibung auch ein paar Schwachpunkte, die vom Spielleiter ausgebügelt werden müssen. Mehr dazu unten, denn dies zu erklären bedingt einige inhaltliche Spoiler.

Der tiefere Blick (Achtung: Spoiler!)
Ecke links oben Charlie Nandus V2Ecke unten rechts Charlie Nandus V2

Die Handlung enthält, grob gesagt, vier Anforderungsbereiche für die Spieler: Da ist einmal die Thematik des Bootsfahrt, bei der seefahrerisches Können gefordert ist, um Stürmen, Nebel und Angriffen die Stirn zu bieten. Hinzu kommt die fast schon diplomatische Mission, freie Thorwaler zu überzeugen, der zuletzt glücklosen Marada zu folgen, ohne zu wissen, was diese plant -- das erfährt man schließlich erst in Friedlos. Als drittes benötigt die Gruppe Fingerspitzengefühl, wenn sich in einer immer größer werdenden Gruppe von leicht erzürnbaren und abergläubischen BarbarenThorwalern (wahrscheinlich sogar inklusive einiger Walwütiger) Spannungen aufbauen.

Schließlich noch der kniffligste Part: Im Hintergrund läuft die Intrige eines Gefolgsmanns Iskir Ingibjarssons ab. Die Aktionen des Verräters mit Namen Brynjar Olafson lassen die Fahrt am Ende sehr wahrscheinlich scheitern, wenn sie nicht aufgedeckt werden. Beim Einsatz des Schurken muss der Spielleiter viel Augenmaß beweisen, damit das Ganze nicht zu offensichtlich ist, aber auch nicht zu perfekt abläuft. Der Bösewicht genießt nach Darstellung im Abenteuer einige Privilegien, die sein Aufdecken erschweren sollen, die ich aber andererseits für nicht wirklich passend halte. Er ist kein Paktierer und zeigt keine magisch nachweißbare dämonische Verseuchung, hat sich aber Hranngar aka Charyptoroth verschrieben, die er in Gedanken um Hilfe bitten kann, so dass diese beispielsweise einen Geisternebel oder einen Krakenmolch schickt. Das ist mir dann doch etwas viel Macht für jemanden, der nicht mit seiner Seele dafür bezahlt hat. Man spürt, dass diese Vorschläge vor allem dazu dienen, dass der Verräter nicht frühzeitig durch Hellsicht enttarnt wird. Ich käme mir als Spieler allerdings unfair behandelt vor, wenn ich am Ende erführe, dass der Antagonist auf derlei Möglichkeiten zurückgreifen konnte, ohne dämonisch gezeichnet zu werden. Da fände ich das klassische Schutzamulett gegen magische Hellsicht dann doch passender.

Was andererseits sehr schön und durchdacht wirkt, ist die Ressourcenskala für die Hoffnung und Qualität der Mannschaft. Beide werden direkt von den Aktionen der Helden und des Saboteurs beeinflusst und haben Einfluss auf den Stand der Helden und die Funktionsfähigkeit der Mannschaft, sprich: die Talentproben zum Führen des Kahns. Die Spieler erhalten so einen direkten Gradmesser für ihre Aktionen.

Was ein wenig konfus wirkt, ist die zeitliche Komponente. Das Abenteuer spielt laut Angabe im Frühjahr 1035 BF, soll aber auch direkt nach dem Hjalding losgehen, bei dem Marada vergeblich auf das von ihr geforderte Erscheinen von Tula von Skerdu wartete und in der Folge gegen Jurga den Kürzeren zog. Problem: Der Aufruf zum Erscheinen fand laut Aventurischem Boten schon 1031 BF statt (AB 133). Weitere Verwirrung: Die Angabe einer Quelle im Abenteuer datiert das Hjalding auf 1036 BF. Das ist unschön, da im Abenteuer häufiger gesagt wird, dass die Helden in den angelaufenen Orten nach den Ergebnissen des Hjaldings gefragt werden. Als Spielleiter kann man selbst beim Recherchieren nicht wirklich erkennen, welches Hjalding da überhaupt gemeint ist. Dazu kommt, dass Friedlos im Phex 1036 BF beginnt, also ein gutes Jahr nach dem Szenario. Als Spielleiter muss man die Handlung somit zeitlich für die eigene Runde etwas zurechtbiegen, wenn man sich an den offiziellen Quellen orientieren will.

Eine zweites Manko betrifft meiner Ansicht nach das Finale: Dieses schlägt als zwei der Hauptbedrohungen dämonischen Nebel und den Angriff eines Krakenmolchs vor. Die Helden werden mit beiden Gefahren jedoch schon kurz vorher konfrontiert, und die Wiederholung nimmt dem Ende einiges von der gebührenden Eskalation. Hier würde ich empfehlen, den früheren Einsatz des Krakenmolchs durch eine kleinere Gefahr zu ersetzen, um so noch eine Steigerungsmöglichkeit im Hintertentakel zu haben.

Fazit

Ein stimmungsvolles Abenteuer, das sich zwar an eine spezielle Klientel richtet -- eine in der Regel reine Thorwaler-Gruppe, die Friedlos spielen will -- diese aber mit jeder Menge Thorwal-Stimmung belohnt. Dem Spielleiter werden dazu viele schöne Elemente und Hilfen an die Hand gegeben, allerdings gibt es auch ein paar Punkte, die je nach eigener Anforderung an Metaplot-Stimmigkeit und Plot-Logik angepasst werden müssen. Insgesamt gibt es von mir 6 von 9 Drachenschiffen, mit ein wenig Arbeit kann man aber auch 7 oder 8 daraus machen.

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Abenteuer: Zukunft im Sand

Autorin: Annelie Dürr
Ort/Region: Khôm und ein wenig Almada
Zeit: Jahreswechsel 278/279 nRE (1037 BF)
Der Blick ohne Spoiler

Zukunft im Sand gehört zu den speziellsten Abenteuern, die es für DSA gibt. Vermutlich wird es nur sehr, sehr, sehr wenige Runden geben (wenn überhaupt), die bereits eine Gruppe von Charakteren haben, mit denen man das Abenteuer spielen könnte. Grund dafür: Die Handlung ist speziell und ausschließlich für rastullahgläubige Novadis gedacht. Für eine faire Bewertung sollte man diese Prämisse beachten und auch akzeptieren.

Das WahreTM Himmelszelt: Für viele nur eine Wolke, für Novadis der Ort von Rastullahs Offenbarung (Bild von NN).

Das Wahre™ Himmelszelt: Für die meisten Aventurier nur eine komische Wolkenillusion, für Novadis hingegen der Ort, an dem Rastullah selbst residiert (Bild von Sebastian Watzlawek).

Die Handlung dreht sich um eine Art Pilgerreise (mehr dazu im Spoilerteil), in der es ausschließlich um die Herausforderungen geht, die die berühmten 99 Gesetze für das gottgefällige Leben so mit sich bringen. Für Spieler bietet das eine sehr stimmungsvolle und intensive Möglichkeit, die Kultur der Novadis und den Glauben an Rastullah ernsthaft kennen zu lernen, jenseits des Bildes der verbohrten Randgruppe, wie wohl häufig im sonstigen Heldendasein.

Ein meiner Meinung nach sehr interessanter Aspekt der reinen Novadi-Gruppe besteht darin, dass man als Spieler die typischen Reaktionen von nicht-rastullahgläubigen Helden auf den Glauben an den All-Einen von der anderen Seite kennenlernt. Das bereichert das möglicherweise stereotype eigene Bild auch fürs zukünftige Spiel. Wer das Abenteuer übrigens zum Reinschnuppern als One-Shot erleben will und sich dafür keinen eigenen Helden erstellen möchte, der kann auf die Heldenbögen und Hintergründe der offiziellen Charaktere für das Abenteuer zurückgreifen, die sich auf der Produktseite finden.

Das Abenteuer hält außerdem noch einen durchaus größeren Hammer für den künftigen Metaplot bereit, der für die Wissenden manche künftige Botenmeldung möglicherweise in einem eigenen Licht erscheinen lassen wird. Das erklärt auch, warum Zukunft im Sand Teil des lebendigen Aventuriens ist. Mehr dazu im grauen Kasten, da diese Informationen große Spoiler enthalten.

Der tiefere Blick (Achtung: Spoiler!)
Ecke links oben Charlie Nandus V2Ecke unten rechts Charlie Nandus V2

Das Abenteuer beginnt als Pilgerfahrt in Keft, wo die Helden eine Vision haben, die einen Fingerzeig Rastullahs darstellt: Sie sollen zum Schlachtfeld der Zweiten Dämonenschlacht bei Brig-Lô pilgern. Die Herausforderungen des Abenteuers sind dabei sehr speziell. Es gibt keinen klassischen Gegenspieler, die grundsätzlichen Problemstellungen sind vor allem spirituell-philosophischer Natur, denn im Grundsatz geht es darum, dass Rastullah die Helden prüft, ob sie würdige Propheten seiner Sache sein können. Als Spielleiter muss man sich hier gut in die eigene Gruppe einfühlen und schauen, bis wohin Hilfen nötig sind. Die Charaktere sammeln mit ihren Aktionen Punkte an, die zeigen, wie rastullahgefällig sie sich verhalten haben. Die Richtschnur bildet dabei die harte Kefter Auslegung, die liberale Unauer Linie ist höchstens akzeptabel. Fairerweise sollte man gerade zu Beginn sicherstellen, dass die Spieler auch verstanden haben, was von ihnen erwartet wird. Andererseits sollte man die Hilfen auch nicht übertreiben, denn dann nimmt man Raum für die gewünschten Diskussionen der Spieler. Das Optimum dürfte man wohl erreicht haben, wenn die Spieler untereinander ernsthaft die Auslegung der 99 Gesetze für ihre jeweilige Situation diskutieren. Das Abenteuer bietet hier zum Glück viele Hilfestellungen, dazu steigert sich die Problematik der Entscheidungen auch erst nach und nach.

Wer Sorge hat, dass das Szenario zu sehr im theoretischen Diskurs hängen bleibt, der sei versichert, dass es auch handfester zugeht: Kämpfe sind durchaus mehrere vorgesehen, und am 5. Rastullahellah sind eine ganze Reihe von Spielen eingebaut, in denen sich die Helden beweisen können. Dennoch schwebt die Frage: "Wie möchte Rastullah, dass wir uns hier verhalten?" in all diesen Situationen über dem Plot. Spieler, die auf eine eher gradlinige und vor allem weniger zu Diskussionen einladende Handlung stehen, werden es daher wohl eher schwer haben, hier ihren Spielspaß zu finden.

Das Finale beinhaltet auch keine Konfrontation mit dem sonst so üblichen Endgegner. Auch hier ist vielmehr das spirituelle Eintauchen in Rastullahs Wesen die eigentliche Herausforderung. Das Abenteuer läuft als Clou auf eine zweite Vision zu, mit der die Charaktere von Rastullah selbst einen Hinweis darauf erhalten können, dass in der Zukunft eine erneute Offenbarung des All-Einen erfolgen wird. Wie ein- oder mehrdeutig diese Erkenntnis für die Helden ist, hängt stark davon ab, wie weit die Helden sich auf der Reise rastullahgefällig verhalten und dabei im besten Fall auch erkannt haben, auf welch subtile Weise seine Fingerzeige sich offenbaren.

Die erreichbaren Hinweise am Ende sind so gestaltet, dass sie viel Spielraum für Spekulationen lassen. So tauchen beispielsweise die Zahlen 2, 7 und 7 auf. Alleine schon die Zahlen aus den Hinweisen zu ziehen, ist nur eine mögliche Interpretation der jeweiligen Hinweise. (Zu erkennen, dass die Nummer 277 in etwa die Zahl der Jahre seit Rastullahs Erscheinen ist, scheint dann schon naheliegender.) Weitere zahlenmystische Überlegungen, die sich aus Quersummen, Summen, Differenzen etc. ergeben können, führen aber schnell in Bereiche, die alles und nichts bedeuten können. Andererseits lieben manche Spieler ja gerade solche Diskussionen besonders, und vom Hintergrund her passend sind sie auch.

Fazit

Ein sehr spezielles Abenteuer für eine reine Novadi-Gruppe, das direkt zu einem One-Shot-Erlebnis einlädt. Neben der besonderen Gruppenkonstellation sind auch die Herausforderungen für DSA wohl einzigartig. Wer sich darauf einlässt, wird aber mit einem Erlebnis belohnt, das jedem Spieler die Möglichkeit bietet, tief in den Hintergrund der Novadis und des Rastullahglaubens einzutauchen und es außerdem erlaubt, einen Blick auf die Dinge-die-da-kommen-werden zu erhaschen. Von mir gibt es dafür 8 von 9 Wüstenschiffen.

P.S.: Wer übrigens wissen will, wie Steffen Brand die enthaltene Karte der Khôm gezeichnet hat, findet auf seiner DeviantArt-Präsenz ein Zeichen-Tutorial genau zu diesem Werk. Dort kann man sich auch ansehen, wie das gute Stück in Farbe aussieht. Die Schwarz/Weiß-Version findet sich zum Vergleich in den Handouts, die man von der Produktseite herunterladen kann.

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Abenteuer: Rondras Wille und Kors Beitrag

Autorin: Tim Damm
Ort/Region: Mhanadistan und Gorien (Fasar bis Zhamorrah)
Zeit: Rondra 1037 BF
Der Blick ohne Spoiler

Zhamorrah - das klingt nach verbotenen, alten Geheimnissen, gepaart mit Verderbnis und Wahnsinn. Und genau darum geht es im Abenteuer auch: Die Helden begleiten eine in Fasar startende Expedition, die im Auftrag der Kaiserlich-Derographischen Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Rondra-Kirche die nahe des gorischen Samra liegenden Ruinen untersuchen soll. Ziel ist die Erforschung der sogenannten Zze-Tha-Chuchas-Glyphen, von denen es dort viele geben soll.

Mehr Sheik geht nicht: Rashtul al'Sheik, der Eroberer Zhamorrahs, kannte vermutlich viele echsische Geheimnisse, die heute vergessen sind.

Sheik it, baby: der Sheik'al'Sheik Rashtul al'Sheik, menschlicher Eroberer Zhamorrahs, kannte vermutlich viele echsische Geheimnisse, die heute vergessen sind (Bild von Tristan Denecke).

Im Original-Alveraniars-Abenteuer können die Helden einige wichtige offizielle Charaktere übernehmen, darunter den offiziellen Vertreter der Rondrakirche und den (zu diesem Zeitpunkt) Anwärter auf den Satrapentitels von Fasar. Grundsätzlich lässt sich das Abenteuer aber auch gut mit eigenen Helden spielen. Bei Bedarf und Notwendigkeit können die nicht bespielten Figuren auch als NPC mitlaufen. Insgesamt hat auch dieses Abenteuer als Element des Lebendigen Aventuriens einige Anknüpfungspunkte an den Metaplot, die beim Spielerlebnis einen besonderen Reiz ausmachen können. Wer diese andererseits nicht mag, kann sie größtenteils -- ähnlich wie die offiziellen NPC -- problemlos ignorieren.

Wer ansonsten bei der Thematik an Indiana Jones oder Die Mumie denkt, der liegt schon ganz richtig: Das Abenteuer bietet vom Hintergrund her etwas für Charaktere, die Interesse an der Urzeit der Tulamidenlande oder den sagenumwobenen Hinterlassenschaften der dort einst herrschenden Echsen haben. Aber ganz Indy-mäßig kommt es bei so einer Expedition auch immer wieder zu handfesten Problemen (wenn auch ohne Nazis), die Charakteren mit profanerer Gesinnung etwas zu tun geben.

Was mich an dem Abenteuer stört, sind immer wieder auftauchende kleine Fehlerchen (oder zumindest Unklarheiten). Auch die eine oder andere Plotidee oder regeltechnische Umsetzung scheint mir nicht ganz ausgereift. Die jeweiligen Stellen sind allerdings keine wirklich kritischen Stellen, sondern leicht zu umschiffen oder zu ignorieren. Mehr dazu im grauen Kasten, da zur Erklärung einige Spoiler unvermeidlich sind.

Der tiefere Blick (Achtung: Spoiler!)
Ecke links oben Charlie Nandus V2Ecke unten rechts Charlie Nandus V2

Der Titel des Abenteuers birgt in sich einen gewissen, wenn auch für die Spieler höchstwahrscheinlich nur sehr milden Spoiler: Vordergründig dient die Expedition nur der Erforschung der Zze-Tha-Chuchas-Glyphen. Im Hintergrund geht es aber auch um Visionen, die Rondra und Kor ihren jeweiligen Geweihten geschickt haben und die diese nach Zhamorrah führen. Der Plot sieht dabei eine durchaus aggressive Konkurrenz zwischen der von der Rondra-Kirche gestützten Expedition der Helden und einer überraschenden Konkurrenz-Expedition mit Korgeweihten vor. Ganz am Ende müssen beide für den Erfolg aber auf jeden Fall kooperieren. So ein wenig scheint mir der Titel dies bereits anzudeuten, weshalb man diesen den Spielern u. U. eher vorenthalten sollte.

Ein weiteres Element im Abenteuer ist ein geheimer, Famerlor verehrender Wächterorden, der beiden Expeditionen zunächst unerkannt das Leben schwer macht. Er schützt die Ruinen vor Plünderern, die die dort liegenden Schrecken freisetzen könnten. Klingt sehr nach die Mumie? Stimmt, aber derlei Anspielungen sind gute DSA-Tradition. Es muss natürlich jeder für sich entscheiden, ob das gefällt oder nicht. Ein für den Metaplot relevantes Ergebnis des Abenteuers beinhaltet auf jeden Fall die Möglichkeit der künftigen Integration des Ordens in die Rondrakirche.

Weder die Korgeweihten noch der Orden sind jedoch das eigentliche Problem, der Hauptgegner ist vielmehr eines der alten echsischen Übel, die in den Ruinen lauern - in diesem Fall eine magiebegabte Ssrkhrsechu-Mumie, die mit von ihr erhobenen Untoten angreift. Ihre überraschende Attacke bildet am Ende das Ereignis, das die möglicherweise übel zerstrittenen Gruppen zur Kooperation bringen soll.

Von der Stimmung und dem eigentlichen Setting her weiß das Abenteuer zu gefallen. Dennoch, wie oben angedeutet: Es gibt auch einige Punkte, die ich für nicht gelungen halte. Dazu gehören vor allem kleine, wenn auch leicht behebbare Fehler oder Unstimmigkeiten. Drei Beispiele dafür:

  • Die Korgeweihten bestechen Stadtwachen von Floeszern, um die Expedition der Helden beim Betreten der Stadt durch eine sehr genaue Kontrolle aufzuhalten. Da die Gruppe aber so oder so in der Stadt übernachtet, ist das eigentlich ein völlig überflüssiges Manöver. Dennoch geht das Abenteuer davon aus, das aus diesem Grund die ebenfalls dort lagernden Korgeweihten früher aufbrechen. Sinnvoll wäre hier wohl, die Stadtwachen zu bestechen, um den Aufbruch der Karawane zu verzögern.
  • Beim Einstieg in die Finalruine gibt es die Angabe: "Ein Misslingen der Probe bedeutet Sturzschaden von bis zu 6W6–1 durch den Sturz in knapp 20 Schritt Tiefe." Das erscheint mir dann doch etwas wenig bei der Höhe.
  • In der Ruine kann man an verschiedenen Stellen Zze-Tha-Chuchas-Glyphen in Form von Zauberzeichen finden. Diese mit entsprechendem Hintergrundwissen zu untersuchen, wird regeltechnisch über drei aufeinander folgende Proben abgehandelt: Erkennen der Form, Erkennen der Bedeutung, zeichnerische Fixierung des Abbilds. Soweit, so gut. Je mehr TaP* dabei übrig bleiben, umso wahrscheinlicher ist die spätere Entwicklung einer Übersetzungsmatrix. Das ist auch sinnvoll. Da das Abenteuer sich nun aber nur auf die Summe der ganzen Proben bezieht, reicht u.U. die Analyse einer einzigen Glyphe als Vorarbeit für die Entwicklung der Matrix aus. Das ist mir dann doch zu wenig, zumal ich nur die schlechteste Probe der drei Stufen jeweils zum Aufsummieren zulassen würde, da diese die Gesamtqualität der einzelnen Glyphenanalyse bestimmen dürfte.

Auch der Finaldungeon ist so eine Sache. Grundsätzlich schön beschrieben und stimmungsvoll, aber gerade die ersten drei Ebenen enthalten viele relativ unspektakuläre Räume. Da lohnt sich für den Spielleiter auf jeden Fall, noch Zeit in die Ausarbeitung zu investieren.

Fazit

Ein insgesamt stimmungsvolles Abenteuer, das im tulamidischen Flair abwechslungsreiche Herausforderungen bietet. Auch wenn es für offizielle Charaktere geschrieben wurde, steht dem Spiel mit eigenen Helden nichts entgegen. Ein paar Ecken und Kanten sind vorhanden, die bei der Vorbereitung vom Spielleiter allerdings ohne größere Probleme abgeschliffen werden können. In dieser Form gibt es 6 von 9 Zauberzeichen von mir.

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Spielhilfe: Südmeer-Update und Chronologie

Der Nordrand des Südmeers: Die Südküste Aventuriens und der Waldinseln ().

Der Nordrand des Südmeers: Die Südküste Aventuriens und der Waldinseln (Karte des Ulisses-Kartenpakets, zur Verwendung siehe die Kartenpaket-Lizenz).

Der Spielhilfenanteil macht diesmal einen eher kleinen Teil des Bandes aus. Zur Chronik ist dabei nicht viel zu sagen: Sie ist, wie auch in den Vorgängerbänden, die Auflistung der zentralen Ereignisse des Jahres (inkl. Spoiler).

Was das Südmeer-Update angeht: Die Entwicklung gefällt mir gut und der Band gibt insgesamt einen informativen Überblick. Verschiedene Mächte streiten um die Vorherrschaft, was Personen mit Geschäftssinn viele Möglichkeiten eröffnet. So sind neben Kolonialmächten und Ureinwohnern auch Piraten und Kaperfahrer zugegen. Heldengruppen können in diesem Setting auf beliebiger Seite eingreifen, fast alle haben irgendwo Dreck am Stecken, und Sympathien sind hier meist eher Geschmackssache.

Inhaltlich werden die wichtigsten Personen zumindest kurz beschrieben, dazu auch die Stützpunkte der Gruppierungen und ihre Absichten. Was dem Ganzen noch gut getan hätte, wäre eine schematische Übersichtskarte gewesen. So ist die Lage von Efferds Tränen, dem Archipel der Risso oder von Cháset im Verhältnis zu Uthuria oder Aventurien nicht wirklich leicht erkennbar. Der Fokus der Beschreibungen liegt insgesamt weniger auf dem Festland, sondern vor allem auf den Inseln. Für Inselliebhaber gibt es von mir deshalb 8 von 9 Inseelen, für Kontinentalfreunde wegen der knapperen Informationen nur 6 von 9 schwarzen Perlen.

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Gesamtfazit

Das Jahrbuch ist in diesem Jahr ein echter Exot: Ein reines Thorwaler-Abenteuer, ein reines Novadi-Abenteuer und die Beschreibung des uthurisch-aventurischen Grenzgebiets sind vermutlich nicht für jeden Spieler interessant. Das dritte Abenteuer dürfte für deutlich mehr Charaktertypen von Interesse sein, bleibt damit aber in der Minderheit.

Qualitativ sind die Materialien äußerst solide. Vor allem im Stimmungsbereich punktet der Band durch die Bank, allerdings gibt es auch schwächere Stellen, die einer Überarbeitung durch den Spielleiter bedürfen. Nehme ich all das zusammen, bekommt der Band von mir deshalb 7 von 9 Einhörnern.

Bewertung Einhorn 7

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
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Über Salaza

Salaza heisst im wirklichen Leben Thorsten und spielt mit wenigen Unterbrechungen seit 1985 DSA. Er beschäftigt sich mit dem aventurischen Kartenwerk und mit der Erstellung von DSA-Schriftarten und tut gerne seine Meinung kund, wenn ein Produkt in seinen Augen blöde Fehler oder tolle Ideen hat.
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