Verschworene Gemeinschaften

„Ich glaube, Judiths Gesichtspunkt ist sehr stichhaltig, vorausgesetzt,  die Bewegung vergisst niemals, dass es das unveräußerliche Recht eines jeden Mannes ist…  – Oder Frau! – …oder Frau, daß er sich selbst ver-… – Oder sie sich selbst! – …oder sie sich selbst. – Einverstanden. – Danke Bruder…. – Oder Schwester!… – …oder Schwester.
Volksfront von Judäa, Das Leben des Brian

Einleitung

 

Mit Verschworene Gemeinschaften erhält die Blaue Reihe der DSA-Quellenbände erneut Verstärkung. Bislang fand man hier Geniales (Efferds Wogen, Hallen arkaner Macht) nebst Solidem (Katakomben und Kavernen, Patrizier und Diebesbanden) und Kuriositäten, deren Mehrwert nur knapp über dem rangiert, was die Katze reinschleppt (Ausrüstungsband). Nun also ein Hintergrundband zu Gemeinschaften aller Art, wobei hierunter erst einmal grundsätzlich jede Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel und mehr als drei Mitgliedern zu fallen scheint.

Stellen wa uns doch ma janz dumm: Wat soll ein solcher Band überhaupt leisten? Laut Einleitung hat er das Ziel, Informationen, die bislang über zahlreiche Publikationen verstreut waren, zusammenzutragen und dabei Organisationen so vorzustellen, dass man sie am Spieltisch einsetzen kann. Das klingt gut, und soweit ich betroffen bin, müssten da nicht alle Details aufgenommen werden, die irgendwann mal irgendwo publiziert wurden. Auch dürfte im Sinne einer Aufarbeitung ruhig etwas angepasst werden, Bewertet die Spielhilfe im Forum von dsa4.dewenn‘s denn der Spielbarkeit dient. Zugleich würde ich aber erwarten, dass sich gerade dort, wo die Darstellungen ins Detail gehen, auch einiges an neuen Ideen findet, die bisherige Setzungen ergänzen oder gründlicher ausgestalten. Wenn die Spielhilfe dann auch noch nett zu lesen ist und einem Lust darauf macht, die eine oder andere Gruppe in das eigene Spiel einfließen zu lassen, hat sie meine Ansprüche vollends erfüllt.

Bevor ich den geneigten Leser nun darüber informiere, was die Lektüre des Bandes ergeben hat, möchte ich zunächst zwei potentielle Reizthemen ansprechen und zugleich beiseite schieben:

Preis: Ich werde den Band nicht unter Preis/Leistungs-Gesichtspunkten bewerten, weil Aussagen hierüber vor allem Auskunft über mich und mein Kaufverhalten geben würden. Tatsache ist, dass Verschworene Gemeinschaften mit 30 Euro für ungefähr 150 Seiten unter den Publikationen der letzten Jahre einen neuen Preisrekord aufstellt. Ob sich hier, zusammen mit Grabräuber am Mhanadi, ein neuer Trend ankündigt oder ob es sich nur um vereinzelte Ausschläge nach oben hin handelt, wird die Zukunft zeigen. Ich werde versuchen, euch einen Einblick in Vor- und Nachteile des Bandes zu vermitteln, so wie ich sie sehe. Ob ihr, liebe Leser, ihn dann kauft oder die 30 Silberlinge lieber in Wudu-Puppen der Verlagsleitung investiert, ist euer Ferdoker.

Überschneidungen zwischen Publikationen: Das Konzept des Bandes schließt die Wiederverwertung von Inhalten mit ein. Auch ist zu hoffen, dass einige der beschriebenen Organisationen im Rahmen anderer Publikationen (wie bspw. der Gareth-Box) wieder auftauchen. Das ist ärgerlich für alle, die in die Kategorie der Alleskäufer mit exzellentem Gedächtnis und der Bereitschaft zum häufigen Nachschlagen gehören. Je weniger man sich dieser Gruppe zugehörig fühlt, desto weniger sollte einen die Mehrfachverwendung von Inhalten beunruhigen. Da ich mir hier Gedanken zur Qualität von Verschworene Gemeinschaften mache und nicht die Publikationsstrategie von Ulisses kommentiere, wird es im Weiteren auch keinerlei Bemerkungen zur Mehrfachverwendung von Inhalten geben. Dass ich die Idee, die Amazonen aus Schattenlande auszulagern und kurz nach Beginn des zugehörigen Wettbewerbs in einem anderen Band zu aktualisieren, nicht gerade für einen Geniestreich halte, steht dabei auf einem ganz anderen (Gulmond-)Blatt.

Jetzt aber genug hin und her manövriert: Auf ins Getümmel!

[Hinweis der Redaktion: Geschwätzigkeit ist ein schwer abzulegendes Laster. Wir möchten den eiligen Leser daher darauf hinweisen, dass diesem Text ganz am Ende eine zl;bt (zu lang; bitte twidjan) Fassung angehängt wurde, die sich anschickt, alles Wesentliche dieser Besprechung in 16 Wörtern zusammenzufassen.]

Ein allgemeiner Überblick

Auf 150 Seiten präsentiert uns der Band folgendes:

Ergänzt wird deren Darstellung durch einen ausführlichen Anhang, auf den neun Seiten entfallen. Dieser teilt sich auf in vier Seiten Index, drei Seiten Beispielwerte und zwei Seiten Erläuterungen der verwendeten Begriffe und Kategorien.

Die meisten Beschreibungen der einzelnen Gruppen folgen in der einen oder anderen Form diesem Schema:
Einleitendes Zitat, Kurzcharakteristik, Geschichtlicher Abriss, Die Gemeinschaft heute, Feinde und Verbündete, Symbole und Erscheinungsbild, Die Struktur der Gemeinschaft, Die Gemeinschaft als Feind oder Verbündeter, Was denken … über…. ?,  Die Gemeinschaft im Spiel, Geheimnisse und Beispielwerte für Mitglieder. Gelegentlich wird dies ergänzt durch Beschreibungen von besonderen Personen und Örtlichkeiten, Karten oder durch Hinweise darauf ergänzt, in welchen Abenteuern oder Publikationen die jeweilige Gruppe auftaucht.

Hierfür schon mal ein erstes Lob! Die weitgehend einheitliche Struktur sorgt im Großen und Ganzen für Übersichtlichkeit und Nutzbarkeit und der Band dient somit als ein Beispiel für Spielhilfen, die beim Spiel helfen. „Im Großen und Ganzen“ deshalb, weil die Einteilung nicht in allen Fällen stringent befolgt wird und insbesondere deftige Meisterinformationen gerne auch mal in die allgemeine Beschreibung eingeflochten sind. Daher gibt es leider keine Garantie, dass man als Spieler die Beschreibungen jeweils sorgenfrei bis zum markierten Punkt lesen kann. Dafür einen ersten Tadel!

Angesichts von über 20 Organisationen und der Tatsache, dass ich den geneigten Leser nicht mit seitenlangen Zusammenfassungen von deren Inhalt in Borons Arme rezensieren möchte, gehe ich zunächst allgemein auf Tugenden und Laster dieser Darstellung aventurischer Netzwerke  ein und präsentiere dann meine persönlichen Listen von Tops und Flops.

Mir gefällt das:

Als allererstes fallen mir beim Durchblättern die wirklich schönen (und auch überwiegend neuen) Illustrationen ins Schwarzauge, was diesmal vor allem Verena Schneider zu verdanken ist, die mit zahlreichen Bildern über sich hinaus gewachsen ist. Wer’s selbst überprüfen möchte, findet in ihrem Blog eine Auswahl zur Ansicht.

‚Kaiserlich Derographische Gesellschaft‘ von Verena Schneider

Auch Diana Rahfoth steuert Illustrationen in gewohnter Qualität bei und zu den beiden Bildern von Caryad – von denen ich vermute, dass sie für VRuN geplant waren – braucht wohl lobend nichts mehr gesagt zu werden. Die waren gut. Mein persönliches Highlight ist jedoch das Portrait des gealterten Cuanu ui Bennain von Patrick Soeder, in dem man den alten König Albernias um Jahrzehnte gealtert wieder-erkennen kann. Die Welt ist schön, und hier ist es auch ihre Abbildung.

Gar nicht gefallen wollten mir alleine die Illustrationen zur Bruderschaft vom 2. Finger Tsas.  Die Darstellung lässt mich zu sehr an Ninjas denken, und der Tai-Chi Mönch im Pyjama meiner Exfreundin hatte mir schon in Schattenlande die Misosuppe versalzen. Bruderschwestern in der Redaktion! In Bruder Praios‘ Namen! Wie soll man denn so aufklärerisch unter den Fremdijis tätig werden? Dass an mehreren Stellen kleinere Bildchen von Boros & Szikszai teilweise halbseitenfüllend wiederverwendet wurden, löste bei mir auch nicht unbedingt Begeisterungsstürme aus (da man den hierfür verwendeten Platz deutlich sinnvoller hätte nutzen können), macht sich ansonsten aber ganz hübsch.

Nicht nur der erste Blick, auch der erste Leseeindruck ist positiv. Spaß beim Lesen hatte ich durchaus. Insgesamt bietet die Spielhilfe eine bunte und tendenziell ausgewogene Auswahl, nur ein merkliches Ungleichgewicht zugunsten von Organisationen in Gareth ist auszumachen, auch fehlen leider Zusammenschlüsse von Geweihten. Manche der behandelten Gemeinschaften ergänzen sich gut: Die Garether Banden passen zur Garether Criminal-Kammer und bei Aventurischem Boten und Kaiserlich Derographischer Gesellschaft bieten sich viele Schnittstellen. Die Hand Borons und die Bruderschaft vom Zweiten Finger Tsas sind potentielle Antagonisten und, ebenso wie die beiden Criminal-Kammern, unterschiedliche Ausgestaltungen einer ähnlichen Grundidee.

Die Beschreibungen habe ich ausreichend oft als anregend und inspirierend empfunden, um sagen zu können, dass ich den Band insgesamt mit Gewinn gelesen habe. Nach der Lektüre ist der Pool von Ideen, die ich bei Gelegenheit am Spieltisch einmal einzusetzen hoffe, auf jeden Fall merklich größer als vorher. Zumindest was mich betrifft, hat Verschworene Gemeinschaften seine Ziele also nicht verfehlt, was aber auch daran liegen kann, dass ich mit einem selemferkelmiesen Gedächtnis ausgestattet bin und sonst eher selektiv lese. Zu vielen der hier dargestellten Gemeinschaften wären mir vor dem Durcharbeiten des Bandes vermutlich höchstens ein, zwei Sätze eingefallen.

Mir missfällt das:

Soweit die Lobhudelei. Erste Rezensentenpflicht ist es aber stets, alle Haare und Vinsalter Perücken in der angerührten Suppe zu suchen, weshalb ich jetzt mal behutsam damit beginnen werden, mich ein wenig warmzulästern. Falls der geschätze Leser sich ebenfalls schon mal in Missstimmung bringen möchte, habe ich folgendes Empörungstraining im Angebot:

Skandal! | Gereizt!

Los geht‘s!

Sprachliche Gestaltung

Was Rechtschreibung und Syntax betrifft, liegt der Band um Längen über dem, was man uns in der Vergangenheit teils zugemutet hat. Ein expressionistischer Umgang mit der deutschen Sprache, wie streckenweise in Schattenlande mit Leidenschaft praktiziert, bleibt uns diesmal überwiegend (wenn auch nicht durchgängig) erspart. Der Band enthält dafür jedoch Passagen, in denen kategorisch auf eine ansprechende sprachliche Ausgestaltung des dargebotenen Materials verzichtet wird. Denn dann kommt immer Satz an Satz. Und es wird oft dasselbe Wort aus dem Satz davor noch mal verwendet. Manchmal kommt aber im Satz auch plötzlich eine Klammer (In der dann gerne noch mal ein weiterer Satz steht. Oder noch ein Satz, kann man doch von selbigen nie genug haben), und am Ende weiß man gar nicht mehr, wie selbiger Satz ursprünglich mal angefangen hat.

Opfer dieser Askese wurden insbesondere die Amazonen und das Handelshaus Stoerrebrandt, aber auch an manch anderen Stellen findet man hin und wieder Abschnitte, wo der Text nicht unbedingt durch sorgfältig gesetzte Worte berauscht.

Bruderschwestern! Mir ist doch auch klar, dass Spielhilfen vor allem Informationsmaterial enthalten und keine Bewerbungsschreiben für den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb sind. Ein bisschen mehr Liebe zum geschriebenen Wort kann aber manchmal nicht schaden.

Fehlende Erläuterungen und Kartenmaterial

‚Hexenfest‘ von Verena Schneider

Gerade weil die Spielhilfe das Ziel verfolgt, übersichtliche und anwendbare Beschreibungen zu liefern, sollten Anlässe zum Nachblättern in anderen Publikationen sich auf ein Minimum beschränken. An zahlreichen Stellen werden jedoch beim Leser Grundkenntnisse der DSA-Welt vorausgesetzt, die  nicht selbstverständlich sind. Nicht jeder potentielle Käufer dieses Bandes wird wissen, wer oder was Pandlaril, die letzte Schwadron, die Ritterschaft des alten Weges, ein Alicorn, das Tridecarion oder Luzelins Grotte ist. Im Zweifelsfall wäre ich dafür, hier lieber zu viel als zu wenig zu erklären.

Und man mag über Ugo Korninger denken, was man will, aber dessen Motto „Karten, Karten, Karten und an die Leser denken!“ möchte ich der Redaktion des nächsten Orga-Bandes ins Stammbuch schreiben. Ausführliche Orts- oder Gebäudebeschreibungen, die nicht zumindest mit einer kleinen Skizze flankiert werden, sind wenig ersprießlich (Beispiele:  Die Hexenburg, das Stoerrebrandt-Kontor in Lowangen, die Gladiatorenschule, die Insel Cèalan).

Verwendbarkeit am Spieltisch

Gerade wenn es um den Einsatz der Organisationen im Spiel geht (Verbündete, Gegner, Auftraggeber, Helden als Mitglieder), verlieren sich manche der Beschreibungen streckenweise in Gemeinplätzen, die auch dort stören, wo es dann doch noch etwas konkreter wird. Der wirkliche Mehrwert einer Sammlung von Organisationsbeschreibungen liegt in den konkreten Details. Je spezifischer, desto besser. Dass jede Organisation als Feind und Verbündeter auftreten kann und dass es meist keine gute Idee ist, sich eine mächtige Organisation zum Feind zu machen, kann sich jeder denken, der in der Lage ist, bis drei zu zählen. Dass bspw. das Handelshaus Stoerrebrandt gerne Abenteurer auf wagemutigen Expeditionen unterstützt, die zwar wenig Geld, aber oft gute Kontakte einbringen, ist zwar schon ein wenig informativer, bleibt aber dennoch viel zu wolkig. Warum gibt es keine Liste mit Vorschlägen für derlei Expeditionen? Und wenn eine volle Mitgliedschaft in einer Organisation samt Mitgliedsausweis und Betriebsrente für Helden sehr unwahrscheinlich ist, dann würde ich mir zumindest konkretere Anregungen dazu wünschen, wie man trotzdem eine engere Verbindung herstellen kann, die über gelegentliche Kontakte hinausgeht.

Nichts spricht dagegen, in einen Band wie diesen auch einige reine Stimmungstexte einzuflechten, die nicht darauf ausgerichtet sind, Spielern und Spielleitern schnell einsetzbares Material zu liefern. Positives Beispiel in dieser Hinsicht ist die Beschreibung der Menacoriten: zurückhaltend, aber dennoch inspirierend.  Knapp fünf Zeilen zum Thema „Die Verwendung im Spiel“ wie bei den Kindern der Nacht oder der komplette Verzicht auf entsprechende Hinweise (Alte Gilde, Almadaner, teils Zünfte) lassen mich dann aber doch eher ratlos zurück. Insgesamt gibt es kaum eine Beschreibung, bei der ich mir am Ende nicht gewünscht hätte, noch vier bis sechzehn Zeilen mehr mit konkreten Informationen und Anregungen zu lesen.

Zum Thema Abenteueraufhänger stelle ich mir ganz allgemein die Frage: Warum hat nicht jede Organisationen eine Handvoll Sternchen-Mysterien bekommen? Davon kann es doch wirklich nie genug geben! Ganz ohne (*) auskommen mussten nach meiner Zählung knapp die Hälfte der vorgestellten Organisationen (wobei das im einen oder anderen Fall allerdings auch ein typographischer Fehler sein kann). Mir fällt auch nach langem Nachdenken kein guter Grund ein, einen Band wie diesen nicht bis zwischen die Buchdeckel mit (*) vollzustopfen.  Da dies hier eine interaktive Rezension ist, möchte ich an dieser Stelle aber dem Leser ebenfalls die Gelegenheit geben, diese Frage gedanklich zu erörtern. Man höre derweil etwas entspannende Musik

Na gut, einverstanden, einen Grund gäbe es schon: Platzmangel. Dass der hier aber nicht durchgeht, liegt an …

 

Platzverschwendung

Die bisher bemängelten Punkte fallen vor allem deshalb ins Gewicht, weil der Band mit bestimmten Inhalten zwar geizt, dafür aber teils verschwenderisch mit dem zur Verfügung stehenden Platz umgeht:

Kleinere, wiederverwertete Bildchen füllen teils halbe Seiten.

Der vierseitige Index hätte angesichts der großzügigen Formatierung locker auf zwei Seiten eingedampft werden können. So sieht‘s nach mehr aus als letztendlich drin ist (ein Test-Durchlauf lässt einige relevante Begriffe vermissen).

Gegen Beispielwerte will ich gar nichts sagen. Die sind, zusammen mit den vorgeschlagenen Modifikatoren, durchaus nützlich (auch wenn anscheinend einige Fehler in die Berechnung der Werte eingeflossen sind). Aber auch nicht immer – der Botenschreiberling, der Gemeine Zünftling oder der Agentzubi der Hand Borons beweisen eher das Gegenteil. Bei den Kindern der Nacht wird dafür seltsamerweise auf WdG verwiesen. Dass man alle Werte im Anhang dann auf drei Seiten nochmals abgedruckt findet, wäre bei mehr Seiten und ansonsten reichhaltigeren Beschreibungen ein schöner Service gewesen, hier hat es mich eher gestört.

‚Redaktion des Aventurischen Boten‘ von Verena Schneider

In die Beschreibung des Aventurischen Boten wurde der gesamte Bestellcoupon fast ganzseitig zum Ausschneiden oder Kopieren eingefügt. Dazu ist hiermit eigentlich alles gesagt.

Das Erläuterungsverzeichnis im Anhang geht in seinem Informationsgehalt teils nur knapp über  „Abk.“ ist Abk. für „Abkürzung“ hinaus.

Streckenweise finden sich dieselben Informationen mehrfach im selben Kapitel. Ärgerlich wird dies insbesondere dann, wenn die Darstellung eh recht kurz geraten ist und im Extremfall Kurzcharakteristik und Beschreibung fast deckungsgleich werden.

Gerade weil umfangstechnisch diesmal Schmal-Alrik Layout-Meister war, fällt ein derartig großzügiger Umgang mit dem zur Verfügung stehenden Platz negativ auf, da manch anderes in dem Band vermisst wird. Etwas zugespitzt formuliert: 10 Seiten mehr Umfang und ein ökonomischer Einsatz des Platzes, und der Band hätte gefühlt 50% mehr Inhalt gehabt.

So, jetzt aber endlich genug gemosert. Kommen wir zu Joschs persönlichen Top 5 Listen:

Joschs Top 5 der Verschworenen Gemeinschaften

  1. Die Garether Criminal-Kammer: Verhält sich zur (natürlich in allen Belangen überlegenen) CCC wie Kieler Tatort zu CSI Miami, gewinnt den direkten Vergleich aber trotzdem um Längen: Die GCK kommt sympathischer rüber, die Zusammenarbeit mit Helden gestaltet sich deutlich unkomplizierter und in Kombination mit den Garether Banden gibt es deutlich mehr Material für die Ausgestaltung von Abenteuern.
  2. Der Orden vom Auge:  Hielt ich zwar zunächst für einen bloßen Lückenfüller, aber gerade hier sind die Hinweise zum Einsatz im Spiel gut (und mit am besten) gelungen.
  3. Die Bandiera Bianca: Die steht vor allem deshalb auf der Liste, weil sie mit der Darstellung des Trosslagers zugleich als generische Beschreibung einer Söldnereinheit herhalten kann (was deutlich eingeschränkter auch für die Elburumer Stadtgarde und die Gladiatorenschule gilt). Das Mysterium hinter dem gegenwärtigen Anführer der Truppe hat mich begeistert.
  4. Die Seher des Vergangenen: Eine mystische Gemeinschaft, die dazu einlädt, eine eigene Kampagne um eine Heldengruppe zu spinnen, da manche der Seher nicht festgesetzt werden.  Auch hier hätte zwar noch vieles konkreter ausfallen können, die Beschreibung liest sich aber für mein Empfinden sehr inspirierend. Zudem gibt‘s eine hilfreiche Karte des Tals der Schleier. Feine Sache!
  5. Der Bund der Bewahrer der Neun Splitter Siebenstreichs: Hier gilt Ähnliches wie bei den Sehern des Vergangenen.

    ‚Tochter Niobaras‘ von Verena Schneider

    Die Positionen vieler Splitterträger bleiben frei, und es werden einige Hinweise für Abenteueraufhänger geboten.Mit noch mehr Material oder der ausführlichen Beschreibung einer Antagonisten-Gruppe hätte man zwar Ideen für eine ganze Kampagne liefern können, es liest sich aber auch so sehr gefällig.

Nicht ganz auf die Liste geschafft haben es: Die Qabalyim (zusammen mit dem allgemeinen Teil hilfreiches Hintergrundmaterial), der Zirkel des Abendrotes (schöne Mysterien), die Menacoriten (stimmungsvolle Beschreibung, die das Geheimnis wahrt, ohne in Beliebigkeit abzudriften).

Josch Top 5 der Verschwendeten Gemeinschaften

  1. Die Amazonen: Mag sein, dass hier die Erwartungen am größten waren, aber irgendwie haben die mich enttäuscht. Sprachlich ist der Text kein Quell der Freude; der Kasten zum Glauben der Amazonen erscheint mir wirr; für meinen Geschmack wird zu wenig zu Kultur und Alltagsleben der Amazonen gesagt (gerade die Unterschiede zwischen den verschiedenen Fraktionen hätte ich mir stärker ausgebaut gewünscht). Es gibt kaum Szenario-Ideen und bei sechs Geheimnissen der Amazonen kein einziges (*). Dass Hinweise auf Karfunkelspalter fehlen und in der allgemeinen Beschreibung der Ausgang von Donner und Sturm gespoilert wird, empfinde ich als echte Ausrutscher.
  2. Das Handelshaus Stoerrebrandt: Macht wenig Spaß zu lesen und allgemein gibt es kaum Konkretes zur Umsetzung am Spieltisch oder um das Verhältnis der Helden zu den Stoerrebraendern auszugestalten. Gerade Anregungen für verschiedene Weisen, in denen man dem Haus verpflichtet sein kann, wären schöne Aufhänger gewesen. Dafür bekommen wir aber das grandiose Kartei 42 Mysterium! Ich zitiere: „Unter den Kontorleitern des Handelshauses kursiert das Gerücht einer Kartei, die Antwort auf alle Fragen bieten soll.“  Na gut, es stehen dann doch noch ein paar Zeilen zu Schuldscheinen und Überresten von KGIA-Akten da, aber trotzdem: Wenn mich in Zukunft irgendwer nach dem Namen dessen ohne Namen, dem 8. Zeitalter, den 64 Fragen des Seins oder dem Sinn von HuK fragt, weiß ich, worauf ich verweisen kann. Ist übrigens kein (*)-Mysterium. Was soll das? Was – soll – das …? Je, den Düwel ook, das ist hier wirklich die Frage, Bruderschwester!
  3. Die Kinder der Nacht: Es ist doch eigentlich ganz einfach: Lestat statt Louis! (Auch wenn ich die dösigen Weichei-Wampiere mal gegen den Vorwurf in Schutz nehmen muss, sie wären nur als Treibgut auf der aktuellen Zwielicht-Welle an Land gespült worden. Wie ein Blick in Kartei 42 zeigt, gehen die KdN nämlich weitaus länger zurück). Der eigentliche Grund, warum die KdN auf Platz drei meiner Flop-5 gelandet sind, hat aber hiermit gar nix zu tun. Neben dem vollkommenen Fehlen von Hinweisen zur Umsetzung am Spieltisch (und fetten MI im Beschreibungstext) geht mir hier vor allem tierisch auf den Sarg, dass der Text zunächst so wirkt, als würde er einem verschiedene Deutungsoptionen zu Ursprung und Wesen der KdN bieten, sich dann aber doch für ziemlich konkrete Setzungen entscheidet und gerade hiermit Verwirrung stiftet. (Es gibt Kinder der Nacht, die nie dem Namenlosen zugetan waren und auch solche, die sich später losgesagt haben. Aber wieso fließt auch von solchen, die sich losgesagt haben, später Sikaryan an Marbo? Wieso fließt überhaupt Sikaryan an Marbo? Was ist hier eigentlich los?) Selbst Kartei 42 hilft hier nicht mehr weiter. Vermutlich ist es am besten, die konkreten Setzungen samt KdN gleich auf dem Friedhof der Kuschelvampire zu Grabe zu tragen.
  4. Die Hand Borons: Keine wirklich hilfreichen Hinweise zum Einsatz am Spieltisch. Keine (*)-Mysterien und durch den Kasten zu den Geheimnissen der Hand Borons bin ich auch nach wiederholtem Lesen nicht wirklich durchgestiegen.
  5. Die Garether Banden mit Ausnahme der Tobrier: Der recht dürftige Informationsgehalt (bloße Infokästen hätten‘s auch getan) und der nahezu vollkommene Verzicht auf Hinweise zum Einsatz am Spieltisch entwerten diese Beschreibungen merklich. Wenn diese Informationsarmut dem Versuch geschuldet war, einen Kompromiss zwischen einer Veröffentlichung in Verschworene Gemeinschaften und der Gareth-Box zu finden, dann war das eine ziemliche Schnappesidee.

Josch Top 5 der Verschwundenen Gemeinschaften

Abschließend fünf Organisationen, die den Band jeweils hätten abrunden können und die ich vermisst habe:

  1. Die Mactaleänata: Als der zentrale Gegenspieler eigentlich unverzichtbar. Hätte schön mit der Beschreibung der Amazonen verzant werden können.
  2. Überreste der KGIA / Die letzte Schwadron: An sehr vielen Stellen wird hierauf verwiesen, so dass sie gut hineingepasst hätten. Sehr gut sogar.
  3. Die Nachtwinde: Wollen Magier ausrotten. Das wären eine schöne Ergänzung des Qabalya-Teils gewesen.
  4. Die Schnitte(r): Als Gegenspieler zum Orden der Hüte(r) die ideale Ergänzung mit Potential für eine größere Kampagne zum Selbermachen.
  5. Irgendein kirchlicher Orden: Ich weiß nicht genau, wieso, aber ich hätte die Noioniten passend gefunden. Dafür hätte ich auch gerne auf die Kinder der Nacht verzichtet.

Fazit

Es ist seltsam: Beim ersten Lesen des Bandes hatte ich einen überwiegend positiven Eindruck, doch je länger ich über den Band sinniere, desto mehr Nachteile fallen mir auf. Aber sobald ich den Rezensentenhut wieder ablege und einfach nur ein wenig zum Vergnügen in der Spielhilfe blättere, lese ich wieder sehr gern darin (zumindest außerhalb der inzwischen bekannten Gefahrenzonen). Der erste Orgaband ist weißpraios kein Meisterwerk, sondern eher ein recht ungeschliffener Edelstein. Die gesalzene Kritik, die teils in den Foren geäußert wurde, hat er aber nicht verdient. Gerüchten zufolge soll es ja sogar schon zu Vergleichen mit dem Entrüstungsband gekommen sein. Dem möchte ich hier mit Nachdruck entgegentreten und solcherlei Verharmlosungen von HuK aufs Schärfste verurteilen!  An der Spielhilfe stört mich vor allem,  dass sie nicht so gut ist, wie sie locker hätte sein können. Ich hoffe, dass bei den Folgepublikationen mehr aus dem Konzept herausgeholt wird, denn dass es sich hierbei um ein lohnendes Unterfangen handelt, steht für mich inzwischen außer Frage.

Gelegenheitsspieler und DSA-Fans, die nicht mit einer äußerst ausführlichen Sammlung und einem bombastischen Gedächtnis gesegnet sind, können trotz aller monierten Punkte immer noch relativ bedenkenlos zuschlagen, wenn sie an ein paar Hintergrundtexten zum Schmökern mit eingestreuten Ideen zur Umsetzung am Spieltisch interessiert sind.  Komplettisten und allen, die vor Allem nach der definitiven Beschreibung ihrer Lieblingsorganisation lechzen, rate ich hingegen, vorher beim Händler ihres Vertrauens einmal probezulesen.

Was bleibt also? Zwei Einhörner wurden von mir zwangsverpflichtet, das Amazonen- und Stoerrebrandt-Kapitel ins Reine zu schreiben. Zwei weitere sind infolge von Schmähungen, die in der finalen Fassung der Rezension aus Sicherheitsgründen getilgt wurden, leider auf unschöne Weise der Schwester begegnet (auch wenn die offizielle Verlautbarung weiterhin die ist, dass sie Urlaub auf dem Süßwarenhügel machen). Fünf weitere schmuggeln sich derweil auf das Beweisbild des Tatorts, das just in diesem Moment vom freundlichen CCC-Visitatoren eures Vertrauens skizziert wird.

zl;bt: Hübsche Bilder, wenig (*), nächstes Mal bitte konkreter. Kann man haben, muss man nicht. Probelesen empfohlen.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.


Dieser Beitrag wurde unter 5 Einhörner, Aventurien, DSA4, Rezension, Spielhilfe abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

8 Antworten zu Verschworene Gemeinschaften

  1. Vibarts Voice sagt:

    Josch, du bist mein Lieblings-Nanduriat: Dir gelingt es in der Regel, gleichzeitig informativ und unterhaltsam zu schreiben, so dass man auch lange Texte gerne bis zum Ende liest. VG werde ich wohl weder kaufen noch lesen, die nächste Rezension von dir jedoch immer wieder gerne.

  2. rillenmanni sagt:

    Lieber Josch,
    vielen Dank für dieses: „Gar nicht gefallen wollten mir alleine die Illustrationen zur Bruderschaft vom 2. Finger Tsas. Die Darstellung lässt mich zu sehr an Ninjas denken, und der Tai-Chi Mönch im Pyjama meiner Exfreundin hatte mir schon in Schattenlande die Misosuppe versalzen. Bruderschwestern in der Redaktion! In Bruder Praios‘ Namen! Wie soll man denn so aufklärerisch unter den Fremdijis tätig werden? „
    Mit Schattenlande hätte man endlich das Asiatische aus Maraskan kehren können, und ich habe meinen Teil dazu beigetragen, aber wenn man hinterher das Buch aufschlägt und die Bebilderung doch wieder auf Asien schließen lässt, dann rollt der Zug wohl unaufhaltsam.

  3. FJ sagt:

    Wunderschöne Rezension! Macht großen Spaß zu lesen.
    Kurze Bemerkung zur Letzten Schwadron: Ich war langsam. Zumindest für Band 1 🙁

  4. Dom_Ansvin sagt:

    Auch von mir ein Dankeschön für die Eindrücke sowie für Lob und Tadel!

  5. Eckart sagt:

    gut geschrieben, aber der Layoutscherge „Schmal-Alrik“ sollte doch eher „Schmalrik“ heißen 🙂

  6. Sturmfelz sagt:

    Huhu,

    das war ein spassiges Lesevergnügen, bitte mehr interaktive Rezensionen 😉
    Ansonsten kann ich nur beipflichten, dass bessere Verwendung des Layouts und mehr spieltischrelevanter Kram im Band ihn für mich brauchbarer gemacht hätten,
    allerdings muss ich sagen, dass ich wider Erwarten tatsächlich schon mehrfach die Wertekästen verwendet habe, da sie sich oft sehr gut auch als generische Werte verwendenlassen, auch wenn ich der Meinung bin, dass Angaben wie Körperbeherrschung 2 ein wenig sehr überflüssig sind. Auch wäre wohl Ausrüstung bei den Wertekästen ganz nett gewesen.

    Wie auch immer schöne Rezi zu einem mittelmäßigen Band,

    grüße Sturmfelz

  7. Anton Weste sagt:

    Lesenswerte Rezension, gerade auch mit schönem Feedback für die Macher. Danke sehr. 🙂

  8. Josch sagt:

    Bruderschwestern!

    Vierfachen Dank für all die netten Worte und das wohlmeinende Feedback, das spornt an!

    @Rillenmanni: Ja, das war wirklich eine verpasste Gelegenheit. Ich würde aber sagen, wir lassen sie mit diesem Quadj einfach nicht durchkommen und missionieren fröhlich weiter. Die Wahrheit ist schön und wird sich durchsetzen – notfalls mit gehöriger Nachhilfe 😉 Kaiser Hal hatte ja schließlich auch mal einen Bart.

    @Fran Janson: Dann bin ich schon mal sehr gespannt auf Band II!

    @Eckart: Schmalrik ist großartig. Zusammen mit Efferdo Rakel dürfte der ein wirklich gutes Gespann abgeben. Den Namen werde ich mir auf jeden Fall merken, danke!

    @Sturmfelz: Ich denke auch, dass Werte grundsätzlich ’ne sinnvolle Sache sind, in VG wurde das für mein Empfinden aber nur semi-erfolgreich gelöst. Ein paar Hinweise zu Besitz und Ausrüstung wären in manchen Fällen in der Tat eine feine Sache gewesen.

Schreibe einen Kommentar zu Josch Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert