Aventurische Namen

“Jetzt lach’ nicht so blöd, Nadjescha! Woher hätte meine Mutter denn ahnen sollen, dass der Kerl alles andere als tot war?”
– Borbarad von Krempelow, genannt Borbo

Alles und jeder braucht einen Namen. Schließlich heißt es nicht umsonst, nomen est omen. Um einen Überblick an typischen Namen der aventurischen Bevölkerung und Hintergrundinformationen zur Namensgebung geht es in den vor einiger Zeit erschienen Aventurischen Namen. Damit sollen Spieler wie Meister eine ausreichend große Auswahl an Namen an die Hand bekommen, dass nicht hinter jeder Ecke ein Alrik lauert. Wie gut dies dem 96-seitigen Werk für 24,95 € aus der Hand von Eevie Demirtel gelingt, untersuchen im Namen unserer Redaktion die Nanduriaten Cifer und Derya Eulenhexe.

Aufbau und Struktur

Derya: Bevor ich auf den eigentlichen Namenspart eingehe, muss ich leider anmerken, dass ich diesmal das vorangestellte Inhaltsverzeichnis so überhaupt nicht übersichtlich finde. Der Band selber ist in regionaltypische Menschennamen, Zwölfgötternamen, die Namen weiterer Spezies  und einen Abschnitt über Regeln & Anhänge unterteilt. Dazwischen eingestreut finden sich immer wieder thematische Einschübe und bei den dazu passenden Regionen nicht nur die Namen des modernen Aventuriens sondern auch jene der Dunklen Zeiten. Allerdings gehen gerade diese Einstreuungen innerhalb der Gliederung des Inhaltsverzeichnisses unter und ihre schnelle Wiederauffindbarkeit ist nicht wirklich gegeben. Das war in den vorherigen Bänden besser gelöst. Eine schöne Idee finde ich dagegen die Abbildungen der Aventurienkarte, auf der einmal in groß die Regionen mit der entsprechenden Seitenzahl des Buches zu finden ist und dann klein bei den Regionen, das behandelte Gebiet farblich markiert ist. Die zahlreich vorhandenen Bilder wissen großteils zu gefallen und auch wenn etliche davon schon aus anderen Werken bekannt sind, finden sich doch auch einige neue Illustrationen. Besonders das Cover gefällt mir in Anbetracht des Themas ziemlich gut.

Namen nach Kultur und Spezies

Cifer: Nach dem obligatorischen Vorwort geht das Buch gleich los mit den Namen, die hier sinnvoll nach kulturellen Regionen geordnet sind. Ist man also gerade in Al’Anfa, schlägt man das Buch auf Seite 9 auf und hat erstmal eine dicke Liste vor sich, die Vor-, Nach- und Familiennamen sowie berühmte Namensträger (in anderen Regionen auch noch typische Namenssilben und gemeine versus adlige Namen) präsentiert. So weit, so gewöhnlich und vermutlich aus drölfzig Namenslisten auch aus dem Netz zu ziehen. Interessanter ist da die vorangehende Seite, die die Prinzipien der südländischen Namensgebung beschreibt, nach denen zum Beispiel ein Name vor allem gut klingen muss – und im Zweifel auch gern mal gewechselt wird, wenn ein geborener Herr Kuttelsieder gerade zu 5000 Dukaten gekommen ist und ab jetzt in besseren Kreisen verkehrt. Insofern habe ich auch das Gefühl, dass es dem Buch zum allergrößten Teil gut gelungen ist, an den Regionen jeweils einen bestimmten Stil der Namensgebung herauszuarbeiten, anhand derer man einen Namen als “typisch Weiden” oder “typisch bornisch” identifizieren kann. Namen für die Nichtmenschenkulturen folgen etwas weiter hinten im Buch nach ähnlichem Muster.

Derya: Da hat mein Kollege mit dem wohlklingenden Namen ja schon die wichtigsten Informationen geliefert. So einige der Hintergrundinformationen über die regionale Namensgebung kommen einem schon aus vorherigen Regionalbänden bekannt vor, wurden teilweise aber noch vertieft und vor allem mit den Aventurischen Namen in einem Band gebündelt. Gefreut hat mich, das dann bei den Namenslisten endlich mal zwischen bürgerlichen Familiennamen und Adelsnamen getrennt wird. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Charakter, die Eulenhexe Derya Sturmfels, wo ich erst Monate später erfahren habe, dass der Name Sturmfels auch derjenige einer bedeutenden Adelsfamilie ist. Ebenfalls gefallen haben mir bei entsprechenden Regionen die aufgeführten Ruf- und Sippennamen. Sie können damit gut als Inspiration für regional passende weitere Namen herhalten. Allerdings habe ich den Eindruck, dass dabei leider in einige Kulturen mehr Liebe fürs Detail geflossen ist als in andere. Aber vielleicht fehlte dort auch einfach die Erleuchtung über weitere passende Namen. Dennoch schade um die verpasste Gelegenheit. Besonders gefallen haben mir hierbei die Abschnitte über die Waldmenschen und die Gebiete der befreiten Schattenlande, um einiges weniger die doch noch immer recht knappen Trollzacker. Schön sind auch die Aussprachehilfen hier und dort und die angelegten Tabellen über Namensbedeutungen bei einigen fremdländischen Menschen- wie Speziesnamen, gerade in Anbetracht des Spiels mit sprechenden Namen hätten sie aber ruhig ausführlicher sein können.

Einschübe & Götternamen

Will die Bardenkarriere nicht? Vielleicht ist es Zeit für einen Künstlernamen, Herr Gümpelhufer … (Bild von Lukas Banas)

Cifer: Zwischen den einzelnen Kulturen finden sich immer mal wieder auch Einschübe wie z. B. “Alles über Alrik”, “Bühnen- und Künstlernamen” oder “Sprechende Namen”. Stellenweise frage ich mich hier, warum die nicht ans Ende gerückt wurden, denn mit den sie umgebenden Kulturen haben sie nur selten etwas zu tun. Interessant finde ich vor allem die Abschnitte, die wie zum Beispiel bei “Sprechende Namen” den Schritt zurück auf die Metaebene machen und sich mit der Frage beschäftigen, wie Namen bei den Spielern ankommen.

Derya: Cifer sagte es ja schon, diese Einschübe hätten auch aus meiner Sicht lieber einen eigenen Abschnitt bekommen sollen. Wahrscheinlich sollen sie als Einschub zwischendrin immer wieder mal der Auflockerung dienen, aber darunter leidet ihre spätere Wiederauffindbarkeit enorm, zumal sie auch noch in der Inhaltsangabe komplett untergehen. Dort hätte ich mir dann zumindest einen separaten Kasten gewünscht, der dann auf den Standort dieser Abschnitte hinweist. Teilweise sind gerade diese Einschübe die interessanten, Potential für die ein oder andere nette Inspiration oder Information über den Hintergrund und die Geschichte des Schwarzen Auges.
Allerdings fehlen mir auch ein paar Themen, die ich in diesem Bereich im Zusammenhang mit der Namensthematik gerne behandelt gesehen hätte. Da wären zum einen die Wahren Namen, die tragischerweise nur ganz kurz in einem Kasten bei den Elfen erwähnt werden. Dies hätte man wirklich ausbauen können, mit der Magie darum, Vorkommen bei Völkern und magischen Wesen, sich darum rankenden Glauben und Aberglauben etc. Ein weiterer Aspekt der mir fehlte, war ein Abschnitt über ‘Pseudonyme und falsche Namen’. In anderen Abschnitten klingt immer mal wieder das wie an, aber am Ende fehlen mir die vielfältigen Gründe für das Warum und Wieso. Und irgendwie als dritter Punkt bei einem Buch, wo sich alles um Namen dreht, fehlt mir auch ein kleiner mythologischer Abschnitt, weshalb der Namenlose jetzt als Gott ohne Namen dasteht. Gerne als Ingame-Mythos eines Zwölfgötter-Geweihten oder aus der Sicht verschiedener Kulturen erzählt.

Cifer: Beim Kapitel Zwölfgötternamen (das tatsächlich hinter den Menschenkulturen steht) findet man zwar einige wenige Heiligennamen, aber die größere Liste enthält dann wirklich nur Namen, die vom Namen der Gottheit abgeleitet werden. Das macht es nicht unbedingt leichter, ein Abenteuer im Umfeld einer Kirche abwechslungsreich zu gestalten – denn welche der Hesindenonnen Esindora, Hesindiane, Hesindite und Hesindeliebe jetzt die scharfsinnige Büchernärrin, die naive Novizin, die frühere Ketzerin und die undurchsichtige Äbtissin ist, merkt sich von meinen Spielern keiner. Hier hätte man über etwas Kreativität mit den jeweiligen göttlichen Attributen meines Erachtens mehr herausholen können. Was spräche zum Beispiel gegen die praiosinspirierten Namen Sonnfried, Daraborn, Grifhold und Falkwart? Der Bezug zur Gottheit ist in jedem Fall noch erkenntlich und man hat etwas mehr hilfreiche Abwechslung.

Derya: Nun, sofern man nicht gleich ein Dutzend Varianten eines Zwölfgötternamens zugleich sucht, sondern eher die typische Anzahl, bietet dieses Kapitel dann doch eine schöne Auswahl. Allerdings hat Cifer schon recht, entsprechend von den Göttern inspirierte Namen wären dort ebenfalls interessant gewesen, obwohl man gerade solche Namen auch oft in den einer Gottheit zugetanen Regionen vorfindet. Nur muss man dann natürlich wissen, welche dies sind und zudem vielleicht auch durch mehrere Kulturen blättern. Schade finde ich auch ein wenig die geringe Anzahl der Heiligen und der den weiteren Göttern assoziierten Namen.

Regeln

DSA5 macht alles einfacher? Von wegen! Gestatten,  Shszs’Nht. (Bild von Lukas Banas)

Derya: Wie oft habe ich eigentlich schon über einen ebensolchen Nachteil für einen meiner Charaktere nachgedacht, wenn mich mein eigenes schlechtes Namensgedächtnis mal wieder im Stich gelassen hatte? Hier wäre er jetzt zu finden, genauso wie der ein oder andere Vor- und Nachteil oder auch Sonderfertigkeit in Bezug um das Thema der Namen. Einige sind ganz lustig gemacht und sicher auch gut anwendbar, während andere aus meiner Sicht ihren Platz eher in bestimmten Szenarios oder von der Dauer der Anwendbarkeit höchstens in Kurzabenteuern finden dürften. Beim vorhandenen Ideensteinbruch zum Aberglauben rund um Namen bin ich mir zudem nicht sicher, ob es in dieser Variante oder in einer anderen Darreichungsform als Einschub zu Glauben und Aberglauben rund um Namen besser gekommen wäre. Vielleicht aber auch als eine sich ergänzende Kombination.

Cifer: “Ganz lustig” trifft auf einige der Vorteile sicherlich zu, “gut anwendbar” … sehe ich noch nicht so recht. Im Gegenteil erscheinen sie mir ähnlich wie die Wesenszüge aus dem Nostergastband dazu geeignet, mit einem “Warte mal, hab ich da nicht noch irgendeinen Minibonus?” in erster Linie das Spielgeschehen zum Erliegen zu bringen  – und etliche Nachteile lassen sich über die Verwendung eines Künstlernamens ohnehin umgehen. Der einzige wirklich spaßige Nachteil, den ich hier sehe, ist der “böse Namensvetter”: Ein Typ mit dem Namen des Helden, der regelmäßig Unfug stiftet und so den SC in Schwierigkeiten bringt. Aber ob das eine ganze Kampagne lang durchzuhalten ist …?

Nutzen & Fazit

Cifer: Ich hatte zwei Visionen für das Werk bei seiner Ankündigung: Entweder eine absolut dröge Namensliste mit dem Charme eines Telefonbuchs oder eine interessante Abhandlung über Namensherkünfte, Genealogie und Adelshäuser mit guten Spielanwendungen jenseits von “und euer Kutscher heißt … ähh … Balrik?”. Erfüllt hat sich keine davon, wiewohl sich manchmal Anzeichen von letzterem einstellen. Zum Beispiel wird darauf verwiesen, dass in den befreiten Teilen der Schattenlande zwar die erzdämoneninspirierten Namen geächtet wurden, deren Kurzformen aber noch immer in Gebrauch sind – wer dann weiß, dass Gindel eigentlich die Kurzform von Thargindel ist, hat schonmal eine wesentliche Information über die Trägerin mehr. Und in einer vergangenen Kultur war es üblich, dass Menschen im Laufe ihres Lebens bestimmte Namensteile wechselten. Will man also Recherchen über Mikaildir den legendären Krieger anstellen, sollte man wissen, dass er möglicherweise sein Leben als Mikaili begonnen hat und sich dann im Alter als Mikailon zur Ruhe setzte. Leider finden sich solche schönen Details, die eigentlich “Plothook!” schreien, insgesamt zu selten. Deshalb muss sich wohl letztlich jeder selbst die Frage beantworten, ob das Buch seinen nicht ganz geringen Preis wert ist. Unter Ausklammerung der Eurozahl schauen unter der Prämisse “Was kann das Buch, was eine x-beliebige Namensliste nicht kann?” jedenfalls 5 von 9 Einhörnern nach, weshalb “Charlie” so ein beliebter Einhornname ist. Ist man hingegen genau auf eine Namensliste scharf, empfiehlt es sich, eher Deryas Ausführungen zu folgen, denn diesen Zweck erfüllt das Buch durchaus gut – das PDF gehört mittlerweile zu den Werken, die ich bei fast jeder Rundenvorbereitung rauskrame.

Derya: Das Buch ist eindeutig in erster Linie ein Liebhaberstück. Freunde wird es wohl vor allem unter den Spielern finden, die eh Ewigkeiten in allen möglichen Büchern und Orten nach Inspiration für den richtigen Namen ihrer Charaktere suchen. Solche Leute finden neues, aber vor allem viel gebündeltes Material für ihre Zwecke. Für andere Spielergruppen wird die Abwägung aus meiner Sicht schon schwerer und da wird am Ende wohl jeder selbst entscheiden müssen, ob das Preis-/Leistungsverhältnis einen Kauf rechtfertigt. Einsteiger können noch eine relativ große Ausweitung der Namenslisten und dazugehörigen Hintergrundinformationen bekommen, zumindest solange es an den entsprechenden Regionalbänden fehlt. Bei Veteranen mit einem entsprechenden Bücherstapel daheim, dürfte der neue Informationsgehalt zudem auch entsprechend geringer sein, wurden die dargebotenen Informationen zwar oft gebündelt und erweitert, waren aber doch auch oft schon zumindest teilweise in früheren Büchern zu finden.
Meine Einhornherde gehört wohl eher zur erwähnten Sorte der Namensverrückten, die die Aventurischen Namen regelmäßig zwischen ihren Hufen halten dürften. Solltet ihr als weniger starke Liebhaber dieser doch recht speziellen Thematik an das Buch herangehen, könntet ihr euch durchaus eher bei der Wertung von Cifer wiederfinden. Jedenfalls grübeln aktuell sieben Einhörner über tolle Eigennamen und suchen für die Einhornherde nach einem möglichst klingenden Namen mit hohem Wiedererkennungswert. Das Achte brummelt zwar lautstark in seinen Bart, ist am Ende aufgrund der Bündelung der Informationen dann doch dabei. Nur Einhorn Neun stört sich am Ende dann doch zu sehr an der nicht optimalen Struktur und dem ein oder anderen zusätzlich gewünschten Inhalt. Darum bleibt es lieber Ein(h)o(r)nymus und trabt in die dunklen Wälder davon. So bleiben am Ende 8 von 9 Einhörnern in unserer Runde und setzen ihren Alrik als Empfehlung unter das vorliegende Werk.

Weitere Rezensionen im Limbusnetz

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

Über Derya Eulenhexe

Derya wird auch über den Namen Milena gerufen und durchstreift seit dem Herbst 2010 Aventurien. Dabei war der nanduriatische Bote bisher ihr ständiger Begleiter und seit Anfang 2016 ist sie nun ebenfalls als Schreiberin dabei. Im wirklichen Leben verdient sie ihre Hartwurst als Bibliothekarin.
Dieser Beitrag wurde unter Aventurien, Das Schwarze Auge, DSA5, Passierschlag, Rezension, Spielhilfe, W6 Einhörner abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

9 Antworten zu Aventurische Namen

  1. Anton sagt:

    Ist dieser Band nicht maßlos überteuert und liegt im komplett falschen Format vor? Sieht ja hübsch im Regal aus, aber um mal eben am Spieltisch einen Namen zu improvisieren, ist ein A4-Band mit einem relativ ungünstigen Inhaltsverzeichnis eher nicht so toll. Aber vielleicht ist es ja auch nicht das Ziel des ganzen.

    Ach ja: Ich selbst betreibe seit langem einen recht beliebten,,frei zugänglichen DSA-Namensgenerator (http://dsa.itemcards.com), für dessen Erstellung ich mich natürlich auch auf diverse offizielle Publikationen bezogen, aber diese im Impressum erwähnt. Leider scheint Ulisses den Umgang mit solchen Dingen etwas anders zu sehen, schade. Aber nicht so tragisch. Mein Generator ist ja keine Konkurrenz, sondern eher für Spielleiter am Spieltisch gedacht, die mal eben was brauchen. 🙂

    • Thorjin sagt:

      Was hätte Ulisses deiner Meinung nach im Impressum erwähnen sollen?

    • Cifer sagt:

      Den Preis klammern wir bei Rezensionen eigentlich grundsätzlich aus, weil es einfach extrem subjektiv ist, was man für ein Produkt ausgeben möchte – für den Studenten am Rande des Existenzminimums kann ein Produkt noch so toll sein, wenn es 100+ € kostet, ist es außer Reichweite; wer sich hingegen seine DSA-Werke per Kurierdienst in die Villa liefern lässt, hat vielleicht andere Ansichten.

      Wo ich dir aber rechtgebe, ist das Format. Ich verwende zur Rundenvorbereitung das PDF und habe es bei Onlinerunden auch auf der passenden Seite offen, für Offlinerunden würde ich mir wahrscheinlich einfach einen Teil der für die aktuelle Kultur relevanten Namen auf ein Blatt Papier copy/pasten und dann das mitnehmen. Ein zusätzliches aufgeschlagenes Buch am Spieltisch, aus dem ich nur eine Seite brauche, ist tatsächlich eher … mäßig sinnvoll.

  2. Sharkie sagt:

    In der DSA-affinen Bloglandschaft wurde, wenn es um Produkte mit zumindest fragwürdigem spielerischen und settingtechnischen Mehrwert ging (Rahjasutra, Kleines Brevier des Geweihten/Zauberers sowie aktuell Aventurische Namen), zuletzt ja häufig ein Erklärungsmuster bemüht, das solche Produkte mit dem schulterzuckenden Argument „Ist halt für Hardcore-Fans“ oder alternativ „…für Leute mit besonderem Interesse an dieser sehr speziellen Thematik“ rechtfertigt. Ich finde diesen Ansatz offen gesagt ziemlich unkritisch (bitte nicht falsch verstehen – dieser Vorwurf bezieht sich einzig und allein auf die oben skizzierte Rechtfertigungsstrategie, nicht etwa auf den Artikel als ganzen oder auf die restlichen Ausführungen der beiden Autoren, denn jene enthalten ja durchaus viel Kritik).

    Natürlich wäre es Kappes, über eine „Daseinsberechtigung“ solcher Publikationen zu diskutieren – die will ich ihnen gar nicht absprechen, darüber hinaus ist das nebulöse Konzept der „Daseinsberechtigung“ an sich schon ziemlicher Quatsch. Und klar, wem es gefällt, dem gefällt’s, da gibt es selbstredend nichts dran zu nörgeln oder zu relativieren.

    Dennoch muss der Verlag sich vor dem Hintergrund des sich aktuell (in meinen Augen recht schleppend) vollziehenden Editionswechsels schon die Frage gefallen lassen, inwieweit reine Fluff-Produkte mit thematisch arg speziellem Nischenfokus aktuell eine sinnvolle Veröffentlichung darstellen, wenn gleichzeitig in den Bereichen Regelwerk, Settingbeschreibung und vor allem Abenteuer (letzterer Bereich scheint zugegebenermaßen aktuell etwas an Fahrt aufzunehmen) große Lücken klaffen. Ob solche Bände nun erscheinen „sollen“ oder nicht, würde ich gar nicht infragestellen wollen – ob sie in Zeiten eines Editionswechsels, dessen Gelingen für ein Rollenspiel überlebenswichtig ist, eine langfristig kluge Veröffentlichungsstrategie sind, hingegen sehr wohl.

    • Thorjin sagt:

      Die Antwort darauf ist dehr simpel: Das Erscheinen von Aventurische Namen hat für die Veröffentlichung von keiner der heiß erwarteten Regel- und Regionalbände auch nur 1 Tag Verzögerung bedeutet, da keine der kritischen (Autoren-)Ressourcen für diesen Band benötigt wurden.

      • Sharkie sagt:

        Nun, einerseits würde ich hier ganz naiv darauf verweisen, dass solche Bücher sich ja nicht von selbst schreiben (zumal Eevie Demirtel ja schon eine gefragte DSA-Autorin ist), andererseits kann ich mangels Kenntnis entsprechender Ulisses-Interna natürlich nicht beurteilen, inwieweit solche Veröffentlichungen jetzt Ressourcen beanspruchen oder nicht. Kannst Du es denn (keine rhetorische, sondern ernst gemeinte Frage)?

        So oder so ist die Frage nach Ressourcen für mich auch gar nicht des Pudels Kern: Ich möchte meinen Standpunkt insofern präzisieren, als es mir weniger um Ressourcenverteilung, sondern vielmehr um die Zusammensetzung der DSA-Produktpalette geht – auch und insbesondere hinsichtlich der Frage, was für eine Außenwahrnehmung des Systems DSA diese Produktpalette nahelegt und wie sie aktuelle, aber auch potentielle/interessierte Spieler anzusprechen vermag. Es verhält sich leider so, dass ein nicht unerheblicher Teil des DSA-Portfolios aus Büchern mit Themen besteht, die zwar als Gimmick für den involvierten Vollblutfan taugen, aber eben auch wirklich nur dazu. Ein Kochbuch, ein Kamasutra-Verschnitt, ein Notizbuch, dazu kommt noch eine breite Auswahl von Merchandise-Artikeln wie Würfel, Würfelbecher und Konsorten, sogar Schmuck.

        Dieser (man entschuldige die Wortwahl) Nippes prägt in meiner Wahrnehmung zu stark das Bild des Rollenspiels DSA und nimmt gegenüber den eigentlich essenziellen Dingen wie Abenteuern und Settingpublikationen zu viel Raum ein. Wie gesagt, wem es gefällt, dem werde ich sein aventurisches Kochbuch oder Rahjasutra sicher nicht madig machen – bin selbst begeisterter Hobbykoch, weswegen ich noch nichtmal ausschließe, besagtes Kochbuch meinem Bücherregal irgendwann mal hinzuzufügen. Nur tragen Kochbücher & co für mich nicht zur für dieses Hobby grundlegenden Sehnsucht bei, in einer fantastischen Welt große Abenteuer erleben zu wollen. Viele Menschen, die mit DSA „nur“ liebäugeln (also potentielle Neukunden) wird man damit sicherlich auch nicht gewinnen.

        Lange Rede, kurzer Sinn: Ein gutes Rollenspielprodukt ist keines, welches nur auf absolute Superfans abzielt, sondern eines, das besonders eingefleischte ebenso wie „normale“ Fans bedient. Das ist bei Aventurische Namen oder den oben angesprochenen Publikationen leider nicht der Fall.

        • Eismann sagt:

          So weit ich das weiß hat Eevie Demirtel mit der Erstellung der Regelwerke für DSA5 bisher recht wenig zu tun gehabt.

        • Derya Eulenhexe sagt:

          Nun muss man aber auch dazusagen, dass ein ganzer Teil dieses „Nippes“ noch zu DSA4-Zeiten entstanden ist und eben weil es editionsunabhängig ist, im Portfolio verblieben ist. Diese übertragenen Sachen kann sich ein DSA5-Einsteiger bei Interesse somit zulegen, der interessierte Alt-DSAler hat sie dagegen wahrscheinlich schon. Bei den neu produzierten, systemunabhängigen Sachen bekommen somit neben Ein- und Umsteigern zumindest auch diejenigen DSAler etwas Futter, die keinesfalls auf DSA5 umsteigen wollen. Oder bei Nichtinteresse auch nicht.

          Natürlich sollte bei einer neuen Edition die Welt durch wichtige Büchern zu Regeln und Hintergrund wachsen, aber man sollte durchaus auch systemunabhängige Produkte bringen, die Neu- wie Alt-DSAler anspricht. Zudem hängt die Nützlichkeit auch immer am Auge des Betrachters und die Schnittmenge kann je nach Produkt durchaus variieren.

          Was die nicht relavante Ressourcenbindung anbetrifft, so wurde dies von Seiten Ulisses übers Forum und eventuell auch andere Kanäle so kommuniziert. Zumindest kann ich mich an entsprechende Informationen erinnern.

        • Thorjin sagt:

          Ich finde spannend, was da prägend zu sein scheint. Regelwerk, Almanach, Kompendium, Aventurische Magie, Aventurisches Bestiarium, Aventurische Rüstkammer, Die Streitenden Königreiche, Offenbarung des Himmels, Der Vampir von Havena, Unheil über Arivor, Der weiße See, Das blaue Buch, Der schwarze Forst, Der grüne Zug, Die silberne Wehr, Drachenwerk & Räuberpack, Neue Band & Uralter Zwist, Klingen der Nacht…
          Irgendwie will sich mir nicht so ganz erschließen, wie bei DSA5 sogenannter „Nippes“ so dominant sein soll.
          Abgesehen davon, dass Sachen wie der Meisterschirm oder halt auch Aventurische Namen anscheinend auch einigen Leuten fürs Spiel eine Bereicherung darstellen, ebenso wie das Travia-Vademecum, das Boron-Vademecum oder das Kor-Vademecum (auch alle drei aus der DSA5-Zeit).

Schreibe einen Kommentar zu Sharkie Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert