Giftige Schönheit

Wenn man nach den zentralen Elementen des Schwarzen Auges mit hohem Wiedererkennungswert fragt, dann wird man vermutlich neben dem klassischen Logo eines schwarzen Auges vor allem auf den berühmt-berüchtigten Würfelmechanismus treffen. Eines der zentralen, unverkennbaren, ja sogar einzigartigen Merkmale des Schwarzen Auges ist die 3-W20-Probe, welche ein Alleinstellungsmerkmal des Schwarzen Auges nahezu seit Anfangstagen ist. Doch auch die Spielwelten des Schwarzen Auges haben Merkmale, welche sie von anderen abgrenzen und als eindeutig aventurisch erkennbar machen. Im Rahmen meiner Beschäftigung mit den Miniaturen des Schwarzen Auges ist natürlich insbesondere das optische Erscheinungsbild von Bedeutung. Eine Kreatur, welche für mich originär mit dem Schwarzen Auge verbunden ist und somit als ikonischer Vertreter zählen kann, ist die Maraskantarantel.

Das Gift von der Insel

Diese Kreatur findet bereits in den Publikationen des Jahres 1985 ihren Platz und stellt eine der ersten Zuschreibungen für das verfluchte Eiland Maraskan dar. Auch wenn die phantastische Kreatur mit Merkmalen von Spinnen und Skorpionen zu Kaiser Hals Zeiten bereits einen Migrationshintergrund hatte, gibt das giftige Untier ein zentrales Thema für die östlich von Aventurien gelegene Insel vor. Die erste offizielle Begegnung mit der Maraske, wie sie auch genannt wird, fand in dem Abenteuer Strom des Verderbens von 1985 statt. Neben ihrer namensgebenden Herkunft sind dort der furchterregende Giftstachel und eine Diät aus hochgiftigen Pilzen ihre besonderen Charakteristika. Auch der gelbe Leib mit roten Punkten ist von Anfang an gesetzt. Mechanistisch zeichnet sich die Tarantel durch ihre starkes Revierbewusstsein und eine altersabhängige Gefährlichkeit aus. Beides Merkmale, die das giftige Monstrum variabel einsetzbar für den Meister des Schwarzen Auges (der zu dieser Zeit bekanntlich noch eine schwarze Plastikmaske trägt) machen.

So illustrierte Ina Kramer seinerzeit die Maraskantaranteln. Passend zum damaligen Design gehörte auch der „Seitwärtsangriff mit Drehung“ zum Repertoire der achtbeinigen Kreatur.

Diese wunderbaren Eigenschaften machen die Maraskantarantel zu einem langlebigen Antagonisten aventurischer Helden mit hohem Wiedererkennungswert. Im Lauf der Zeit verändern sich die sekundären Merkmale ein wenig. Die unterschiedlichen Aspekte von Spinnen und Skorpionen werden hervorgehoben. Der Stachel ändert seine Form zu einem echten Skorpionstachel. Irgendwann taucht auch ein alternatives Farbschema auf. Als die aventurische Geschichte dichter wird, muss die Maraskantarantel es gar erdulden als Resultat chimärischer Experimente deklariert zu werden. Der Kern als giftige Todbringerin bleibt jedoch bestehen. Selbst die Erkenntnisse maraskanischer Philosophen und die Dressur der Maraske durch maraskanische Mönche in postborbaradianischer Zeit kann dem keinen Abbruch tun.

Über die Schönheit der Welt lässt sich nicht streiten.

Während Swen Papenbrocks Covergirl aus dem Jahr 2005 in Gelb und Schwarz auf dem Roman Maraskengift noch sehr nah am ursprünglichen Design ist, zeigt das Cover der 3. Auflage der ZoBot bereits einen Stachel im späteren Skorpion-Design. Interessanterweise findet sich dieses Element bereits an der von mir bemalten Miniatur aus den 90ern.

Idee

Nachdem mir die gelben Räuber aus meiner Reihe zur Schlacht der Dinosaurier noch gut in weniger guter Erinnerung waren, gefiel mir der Gedanke an gelbe Riesenspinnen nicht so sonderlich. Die Umsetzungen aus den offiziellen Publikationen, welche zu Zeiten des DSA-Tabletops Armalion kursierten, wirkten auf mich wie quietschgelbe Gummispinnen. Interessanterweise hatte Diana Rahfoth seinerzeit im Aventurischen Boten 147 ein Exemplar mit anderer Färbung präsentiert. Auf ihrem Blog berichtet die Künstlerin von ihren Recherchen und den teilweise widersprüchlichen Merkmalen in den verschiedenen Beschreibungen. Da mir die dort präsentierte Darstellung wesentlich besser gefiel, beschloss ich mich für meine Bemalung daran zu orientieren.

Bemalung

Die über 20 Jahre alte Miniatur, welche ich vor einiger Zeit im Keller meiner Eltern wiederentdeckt hatte, war bereits schwarz grundiert und so beschloss ich darauf aufzubauen. Rückblickend wäre eine weiße Grundierung vermutlich besser gewesen. Ich beschränkte mich jedoch darauf meinen gewünschten Lichteinfall mit dem Aufsprühen weißer Grundierung vorzubereiten. Ich wollte die Unterschiede in der Belichtung deutlich herausarbeiten und nahm das Kontrastphoto immer wieder zur Hand um die Verläufe zu prüfen.

Erst nachdem ich die Grundfarbe aufgetragen hatte, fiel mir auf, dass die Miniatur im Gegensatz zu Rahfoths Zeichnung über gepanzerte Beine verfügte. Damit finden sich die Elemente des Skorpions nicht nur im Stachel sondern auch an den Beinen wieder. Im weiteren Verlauf versuchte ich diesen Unterschieden durch verschiedene Techniken Rechnung zu tragen. Während der behaarte Körper überwiegend gebürstet wurde, wollte ich den Extremitäten durch geschichtete Farben ein glatteres Aussehen verleihen. Auf diesen Oberflächen arbeitete ich die Belichtung zudem deutlicher heraus als auf dem Fell, welches einfallendes Licht breiter streuen würde.
Meinen Versuch die Beingelenke mit Tusche abzudunkeln musste ich aufgeben. Die Modellierung lieferte mit diesem Ansatz kein zufriedenstellendes Ergebnis. Statt dessen wurden die Fugen von Hand nachgezogen.

Die vielfachen schwarzen Augen, zu denen auch ein Paar Facettenaugen gehört, erhielten einfache Lichtreflexe und erzielten damit schon große Wirkung. Bevor ich eine Miniatur abschließe, versuche ich immer die farbliche Wirkung des Bases abzuschätzen und gestalte zumindest die Grundfarben. Da das Base hier, wie bei allen Miniaturen dieser Generation, angegossen ist, konnte ich direkt loslegen. Ich entschied mich für ein einfaches grünes Schema. Auch wenn die bevorzugte Umgebung der Maraskantarantel vermutlich mehr totes Holz und andere Grundlagen für Pilze enthält, wollte ich in dem Base einen klaren Kontrast zur Miniatur schaffen, der auch das Thema maraskanischer Dschungel reflektierte.

Die Miniatur sah nun schon ziemlich komplett aus. Den Abschluss sollten nun die charakteristischen Punkte bilden. Diese gestalteten sich als unerwartet schwierig. Anstatt einfach den Pinsel zu nehmen und die Tupfen aufzutragen, experimentierte ich mit einer Schablone und dem Airbrush an Nüssen, war jedoch nicht wirklich zufrieden. Am Ende arbeitete ich die Ansätze freihändig mit Airbrush und Pinsel weiter. Der Kontrast war nicht so stark wie ich ihn mir vorgestellt hatte, passte aber irgendwie gut zu dem organischen Ansatz aus meiner Vorlage. Unwillig das Thema Punkte noch weiter zu strapazieren, beschloss ich das Projekt abzuschließen. Die Miniatur erhielt eine Schutzschicht aus widerstandsfähigem Glanzlack und wurde danach ein weiteres Mal mit Mattlack überzogen.

Fazit

Die Maraskantarantel ist ein dankbares Modell, das nicht zu komplex ist, aber gleichzeitig genug Abwechslung bietet. Je nach Geschmack können die Unterschiede zwischen den haarigen Spinnensegmenten und dem Skorpionpanzer betont oder verwischt werden. Ich bin mit meinem Ergebnis durchaus zufrieden, auch wenn es insgesamt etwas dunkel geraten ist. Eine weiße Grundierung hätte hier vermutlich schon etwas unterstützt. Beim Aufbringen der Punkte würde ich vermutlich nächstes Mal direkt einen freihändigen Ansatz mit der Airbrush versuchen.

Auch in der Wirkung gefällt mir die Mini sehr gut. Der Größenvergleich mit dem Druiden von Westfalia zeigt eindrucksvoll wie sich die achtbeinige Grundform mit dem aufgerichteten Skorpionschwanz zu einer furchteinflößenden Erscheinung verbindet. Die Beschwerden meiner Frau über das widerliche Spinnending sprechen im Übrigen für sich.

In der nächsten Episode zu den Miniaturen des Schwarzen Auges wagen wir erneut einen Ausflug zu einer der ältesten Miniaturen für das Schwarze Auge. Auch wenn dieser Meister des Dungeons bereits sehr früh seinen Weg nach Aventurien fand, fristete er dennoch über viele Jahre hinweg ein Schattendasein ehe er unverhofft zu neuem Ruhm fand.

Referenzen

 

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4 Antworten zu Giftige Schönheit

  1. Pingback: Einmal Maraske in bunt | Nandurion

  2. Pingback: Nandurion blickt auf die Maraskenminiatur – Nuntiovolo.de

  3. Alrik vom Fluß sagt:

    Preiset die Schönheit, Bruderschwestern! Wie schön, dass sich noch jemand der alten 90er Zinnminiaturen annimmt. Das Ergebnis kann sich echt sehen lassen und hat mir genug Ideen und Motivation gegeben, demnächst meine beiden Marasken anzugehen. Die stehen seit Monaten grundiert auf dem Schreibtisch und schauen mich aus ihren vielen Augen traurig an, weil ich mich nicht um sie kümmere.

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