Von Hannah Möllmann für den Nandurion-Adventskalender
Tatsache, bald ist Weihnachten! Was wäre passender, als am Beispiel der geheimen Zentrale des Weihnachtsmannes zu erklären, wie man ein kleines Dorf zu Papier bringt. Natürlich ein recht unaventurisches Beispiel, aber die Fragen, die ich mir im Vorfeld dieses Örtchens gestellt habe, lassen sich problemlos auf jedes x-beliebige Dorf in Aventurien übertragen.
Denn bevor man blindlings zum Stift greift, ist es sehr wichtig sein Gehirn aus dem Standby-Modus zu holen um das ganze Konstrukt stimmig zu entwerfen.
Also, hier zunächst die heiligen Punkte zur Erstellung eines Dorfes:
Wo sind wir eigentlich? – In was für einer Umgebung befindet sich das Dorf? Eisige Klippen, sanfte Hügel, unwegsamer Dschungel? Wie hat sich der Architekturstil an diese Umgebung angepasst?
Wohin des Weges? – Führen Straßen und Wege zum Dorf? Gibt es einen Hafen oder gar eine Landebahn für den Rentierschlitten?
Zensus! – Wie viele Bewohner gibt es? Wie viele Elfen stehen in einem Beschäftigungsverhältnis, und haben sich andere Leute im Umfeld des dicken bärtigen Mannes angesiedelt? Ich habe mal gelesen, dass man in einem klassischen mittelalterlichen Setting von etwa 10 Bewohnern pro Haus ausgehen kann, aber man sollte sich da nicht scheuen auch mal Fünfe gerade sein zu lassen.
Unter Feinden! – Ist das Dorf befestigt? Gibt es Sippenviertel, Palisaden, Hecken, Gräben oder gar eine Stadtmauer? Gibt es überhaupt einen Schutz gegen den Grinch?
Ich glaube ich stehe nicht im Wald! – So ein Dorf muss versorgt werden. Gibt es Felder, Plantagen, Weiden, Fischgründe, und welche Art von Bebauung wird dadurch provoziert? Wald ist natürlich auch möglich, falls die Bevölkerung jagen darf. Man sollte die Wasserversorgung nicht vergessen. Dort wo es keinen Fluss gibt, sollten Zisternen oder Brunnen vorhanden sein.
VIBs – Wo ist die größte Macht des Dorfes ansässig? Welche besonderen Gebäude gibt es? Im klassischen Aventurien sind Schreine & Tempel, Verwaltungsgebäude, Handelsplätze und Ähnliches von so wichtiger Bedeutung. Bei diesem Beispiel ist sicher die Weihnachtsbäckerei von größter Relevanz : )
Falls das Dorf größere Ausmaße annimmt, sollte man sich überlegen, ob sich bereits deutlich unterscheidbare Viertel ausgebildet haben. Meistens geschieht dies nach Profession (z.B. Handwerker- oder Bauernviertel) oder nach Einkommen (schäbige Baracken, prächtige Villen)
Für unser weihnachtliches Beispiel habe ich diese Fragen folgendermaßen beantwortet:
- Mein Weihnachtsmann wohnt natürlich im hohen Norden. Ich will Schnee und Eis auf meiner Karte. Um der Schneelast besonders in den Wintermonaten Herr zu werden, bieten sich spitzgieblige Häuser an, die dicht zusammenstehen, um die Wege im Falle eines Schneesturms kurz zu halten.
- Das Weihnachtsdorf liegt sehr abgeschieden. Deshalb führt nur ein schmaler Pfad ins Hinterland, über den im kurzen Sommer einige Lebensmittel und Rohstoffe für die Werkstatt eingeführt werden, die das kleine Dorf nicht selbst produzieren kann. Wichtiger ist die Landebahn für den Schlitten.
- Mit seiner gutmütigen und ebenso kugelrunden Frau, die die Oberaufsicht über die Weihnachtsbäckerei hat, lebt der Chef in einem Haus, das direkt an die große Werkstatt mit Nebengebäuden angeschlossen ist. Hinzu kommen etwa 130 fleißige Elfen (nein, keine Baumkuschler), die in kleinen Häuschen unweit der Werkstatt wohnen. In meiner ganz persönlichen naiven Vorstellung leben auch etwa 200 Menschen seit Generationen in der Nähe des Weihnachtsmannes, die ihre eigene kleine Gemeinschaft bilden und mit Fischfang, Jagd, Rentierpflege, Viehzucht und aller Art Handwerk ihren Lebensunterhalt bestreiten und bei der Versorgung von Father Christmas helfen.
- Die unwirtliche Umgebung des Dorfes soll an dieser Stelle Schutz genug sein. Es weiß ohnehin kaum jemand um seine Position, und ein fähiger Grinch lässt sich nicht von einer Palisade fernhalten
- Das kühle Klima verbietet großflächige Felder und Plantagen. Ein großer See mit Anlegestelle bringt frischen Fisch auf den Tisch und sorgt für genügend Frischwasser. Der umgebende Wald sorgt auch für etwas Fleisch auf der Speisekarte. Kleinere Weiden und wenige Felder zeugen von bescheidener Viehzucht und minimaler Landwirtschaft.
- Das allerwichtigste Gebäude des Dorfes ist natürlich die gigantische Werkstatt des Weihnachtsmannes, an die sein Wohnhaus angeschlossen ist. Hinzukommen eine Menge kleine Wohnhäuser für die fleißigen Elfen und die deutlich davon unterscheidbaren Wohnhäuser der Menschen in der Nähe des Sees. Aufgrund des Klimas erscheint eine große Versammlungshalle sinnvoller als ein Platz.
Nach dem strategischen Abarbeiten dieser Punkte kann es also mit der handwerklichen Arbeit losgehen. Eine Skizze muss her, auf der die Lage der natürlichen Strukturen und die der Gebäude zueinander festgelegt wird.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die theoretischen Überlegungen und das Anfertigen einer Skizze ein wechselseitiger Prozess sind, die sich gegenseitig ergänzen. Beim Zeichnen selbst fallen mir oft Dinge auf, die der Autor des Textes (der im seltensten Falle ich selbst bin) vergessen hat. Deshalb sollte man seine niedergeschriebenen Gedanken nie als in Stein gemeißelt betrachten und coole Ideen, die man beim Zeichnen bekommt, unbedingt einfügen.
Außerdem sollte man sich immer den Begriff Skizze vor Augen führen und an dieser Stelle nicht allzu viel Zeit verplempern. Vielleicht wird das anhand dieses Beispiels deutlich.
Nicht besonders hübsch, aber zweckmäßig. Die wichtigsten Gebäude sind schon deutlich unterscheidbar und auch die Menschensiedlung und die Elfenhäuschen, die die Straße zur Werkstatt säumen, sind gut auseinander zu halten. Auch die ungefähre Größe der Gebäude liegt bereits fest, ist aber zu diesem Zeitpunkt nur geschätzt. Auffallend ist das besonders bei den bescheidenen Fischerbooten, die im Vergleich zu den Häusern doch relativ groß sind. Wie trifft man also den richtigen Maßstab? Digital ist das ganze recht einfach, indem man einfach ein Raster über das Bild legt. Da die meisten aber per Hand zeichnen, ist es praktisch, immer ein Lineal zur Hand zu haben und für einen Zentimeter eine gewisse Anzahl von Metern festzulegen, damit man seine Reinzeichnung immer wieder überprüfen kann.
Ja, die Reinzeichnung. Jetzt geht es also los. Ich empfehle einen Bleistift, ein leistungsfähiges Radiergummi und einen ordentlichen Fineliner. Nicht jede Linie muss mit Bleistift vorgezeichnet werden. Da genügen die Außenlinien der Häuser und die der Landschaft. Details wie Giebel, Erker und so weiter können später auch freihand mit dem Fineliner eingefügt werden.
Giebelhäuser sind im Grunde sehr einfach zu zeichnen. Ein Rechteck mit einem oder zwei zu den langen Seiten parallelen Querstrichen als First sind die einfachste Möglichkeit. Abzweigende Flügel, abgetrennte Giebel, Erker und angefügte Schuppen machen die Häuser individueller und die Karte realistischer. In so einem kühlen Klima darf natürlich ein Schornstein an jedem Haus nicht fehlen.
Seht euch diese Zeichnung an um zu verstehen, wie ein Tannenwald aussieht und wie die Linien gesetzt werden müssen, um eine Steigung anzudeuten.
Was auf keiner Karte fehlen darf, sind Nordung und Maßstab. Eine Windrose ist recht schnell gezeichnet und einen Balken mit Unterteilungen sollte auch jeder hinbekommen.
Wenn die Linien fertig sind, sollte man sich entscheiden, ob man der Karte etwas Farbe geben sollte. Meistens ist das jedoch für ein schönes Spielerlebnis nicht nötig, und irgendwann muss man ja auch noch das eigentliche Abenteuer vorbereiten. Was jedoch relativ schnell geht und der Karte sehr viel Lebendigkeit und Tiefe verleiht, ist das Setzen von Schatten. Nachdem man sich einen Sonnenstand überlegt hat (Hier natürlich im Süden, wo soll denn das Licht sonst auch herkommen?) setzt man zwei Arten von Schatten. Zum einen den Schatten, den die Gebäude werfen und zum anderen den auf ihrer der Sonne abgewandten Seite. Gewässer sollten zur besseren Unterscheidung vom Land auch immer etwas dunkler gestaltet werden.
Wer jetzt immer noch Lust hat, den Stift zu schwingen, kann sich natürlich ans Farbige wagen. Monotone Flächen und allzu satte Farben wirken oft sehr comicartig und sind für ein Setting wie DSA eher unangebracht. Tipps in diesem Bereich zu geben ist meiner Ansicht nach wirklich schwierig, da jeder auf Dauer seinen eigenen Stil entwickelt. Learning by Doing und Learning bei Abgucking sind hier die besten Wege zum Ziel.
Weil es doch recht selten vorkommt ein verschneites Dorf zeichnen zu müssen (zumindest für Leute wie mich, deren Aventurien bei Almada beginnt…), habe ich neben der Christmas-Edition auch noch eine Sommer-Version gemalt. Die untere Hälfte kann man doch eigentlich schon für jedes x-beliebige Dorf am Wegesrand benutzen.
Ich hoffe allerdings, dass ich euch mit diesem höchst weihnachtlichen Workshop ein paar Tipps geben, damit ihr auch selbst einmal zum Stift greift und eure eigenen Karten zeichnen könnt!
Als kleine Inspiration für andere Gegenden und Gebäude hier noch eine kleine Auswahl an Häusern, Mauern, Türmen, die einige vielleicht schon aus meinem Workshop kennen.
Ich wünsche euch eine schöne Adventszeit mit enorm vielen Keksen und hoffe ihr habt weiterhin viel Spaß mit dem Adventskalender von Nandurion!
Hannah
Hossa,
wenn Euer Adventskalender so weiter geht, dann: ganz, ganz großen Respekt.
Also, eigentlich nach dem ersten Tor schon: ganz, ganz großen Respekt 🙂
Gefällt mir sehr gut
Andy
Sehr schön. schließe mich meinem Vorredner an.
Oh man,
ihr habt ja den Knall nicht gehört 😉
Ist trotzdem ne echt schöne Karte geworden.
Ich freu mich schon auf die nächsten Tage^^
Super Hannah!
Gute Idee, richtig lustig und wie immer qualitativ hochwertig!
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Awesome Hannah is awesome!
„Bei diesem Beispiel ist sicher die Weihnachtsbäckerei von größter Relevanz.“
Herrlich! xD
Vielen Dank für dieses tolle erste Türchen an Hanna und Nandurion. <3
Uwaaaah.. das zweite H, wo ist es?! O_O
Wunderbar! Ist der Weihnachtsmann Mittelländer?
Bei dem Bart wohl eher ein Zwerg.
Der ein Vermögen dafür investiert, Sachen zu verschenken?
http://www.ttc-neuhausen.ch/ttcneuha/images/stories/101223_weihnachten_2010.jpg