Schon bald — genauer: im Januar des neuen Jahres — startet das erste offizielle DSA-Browser-MMORPG Herokon Online in die Betaphase. Zu diesem Anlass haben wir die Mitarbeiter im Team der Silver Style Studios, die bereits vorher als DSA-Autoren bekannt waren, zu einem Interview gebeten. Die beiden, Lena Kalupner und Matthias Freund, gehören zum Entwicklerteam des Spiels und geben euch hier gemeinsam einen Einblick in ihre Arbeit, DSA am Computer für jeden erlebbar zu machen.
Die Autoren und das Browsergame
Nandurion: Wie seid ihr als DSA-Autoren zu Herokon Online gekommen?
Matthias: Silver Style war auf der Suche nach DSA Autoren, die sich auch mit CRPGs auskennen und hat Stefan Blanck um Unterstützung hierbei gebeten. Stefan war dann so nett, eine Empfehlung für mich auszusprechen.
Lena: Mir erging es ganz ähnlich wie Matthias. Als klar war, dass noch Platz für einen zweiten Autor vorhanden ist, habe ich mich beworben und es hat geklappt.
Nandurion: Welche Erfahrung habt ihr bisher mit Browsergames gemacht? Was ist eurer Meinung nach das Neue und Besondere an Herokon Online (außer natürlich, dass es in Aventurien spielt)?
Matthias: Ich habe bereits eine ganze Reihe eher einfacher Browsergames gespielt. Angefangen mit Galaxy Wars, das seinerzeit keine Grafik und jede Menge Bugs hatte, über Insel Monarchie – mit etwas mehr Grafik und etwas weniger Bugs – bis hin zu vielen Jahren Freewar. Letzteres hat auch kaum Grafik, macht aber durch die beständige Weiterentwicklung nach wie vor viel Spaß. Etwas Erfahrung habe ich auch mit den typischen Vertretern des MMORPG Genres wie WoW oder LotR.
Das Besondere an Herokon Online ist sicherlich der allgemein unheimlich hohe Qualitätsanspruch. Ich habe noch kein Browsergame gesehen, dass in den Bereichen Gameplay, Grafik und Sound solch eine Qualität besitzt. Das ist schon etwas Besonderes. Außerdem mag ich den visionären Gedanken, über einen langen Zeitraum eine vollständige (Spiel)Welt abzubilden. Wir achten sehr auf Details und ich denke, das werden die Spieler merken und zu schätzen wissen.
Lena: Meine spielerische Erfahrung mit Browsergames hält sich in Grenzen. Mit MMORPGs kenne ich mich hingegen recht gut aus, auch wenn ich von den meisten Vertretern nicht gänzlich überzeugt bin. Mich stören der Abo-Zwang und die riesigen Downloads. Die Quests sind mir i. d. R. auch zu simpel gestrickt. Herokon Online hat mit Aventurien eine sehr detaillierte Hintergrundwelt, die wir auch entsprechend für unsere Questen nutzen. Da haben wir einen echten Vorteil gegenüber anderen Spielen. Außerdem wird es das erste Browserspiel sein, das mit hochwertiger audiovisueller
Präsentation daher kommt, ohne dass man gigabyteweise Daten herunterladen oder eine Box kaufen muss.
Nandurion: Was ist bezeichnend für die Arbeit am Spiel und wie unterscheidet es sich zu euren bisherigen Beiträgen?
Lena & Matthias: Bezeichnend ist, dass wir Herokon Online nicht ausschließlich für DSA-Spieler entwickeln. Das heißt, wir machen uns viele Gedanken darüber, wie wir DSA-fremden Spielern die ‚Mechanismen‘ der Hintergrundwelt vermitteln, damit diese ebenso gut in das Spiel eintauchen können wie langjährige DSA-Kenner. In vielen Punkten muss ein guter Kompromiss zwischen ‚Hardcore‘-DSA und den Ansprüchen eines MMO gefunden werden. Uns liegt auch am Herzen, über Herokon Online neue Spieler für DSA im Allgemeinen zu begeistern.
Hauptsächlicher Unterschied beim Schreiben ist, dass in Herokon Online fast alle Informationen über Dialoge vermittelt werden, während man für ein P&P-Abenteuer oder einen Hintergrundband vor allem beschreibende Texte nutzt. Außerdem ist natürlich das Zeichenlimit beim Schreiben wesentlich härter: Viele Texte dürfen nur wenige hundert Zeichen haben, sollen dabei alle relevanten Informationen vermitteln und auch den Hintergrund und das Flair von Aventurien transportieren. Das ist nicht immer einfach.
Nandurion: Wie aufwändig sind eure Recherchen? Fandet ihr es bereichernd oder sogar einschränkend, eine derart detaillierte Welt für ein Browsergame umzusetzen?
Lena & Matthias: Der Aufwand für die Recherchen unterscheidet sich kaum vom normalen Schreiben für DSA – wir haben ja den Anspruch, Aventurien so korrekt wie möglich umzusetzen. Witzigerweise merkt man bei einem Projekt wie Herokon Online erst einmal, dass Aventurien gar nicht so detailliert beschrieben ist, wie man immer denkt. Wenn man eine ganze Stadt mit NSCs füllen muss, stellt man schnell fest, dass es gar nicht so viele beschriebene Einwohner gibt. Hin und wieder schränkt die Hintergrundwelt natürlich auch ein, da man für den Bau von Questen viele Details beachten muss – was sich aber nicht sehr vom Schreiben für das Pen & Paper-DSA unterscheidet.
Nandurion: Welche typischen DSA-Elemente waren/sind/werden sein besonders schwer umzusetzen? Welche sind eurer Meinung nach schlicht nicht umsetzbar und warum?
Lena & Matthias: Die Regenerationszeiten von LeP/AsP sind so nicht umzusetzen – wer die alte Nordland-Trilogie gespielt hat erinnert sich vielleicht daran, wie lange man zum Teil rasten musste (und nicht konnte), um wieder halbwegs für den nächsten Kampf gerüstet zu sein.
Sehr schwer umsetzbar sind fast alle Sachen, die mit vielen Sonderregeln und Ausnahmen daher kommen: Ritualgegenstände, Beschwörungen/Herbeirufungen von Dämonen und Dschinnen, Vor- und Nachteile, um nur ein paar zu nennen. Auch eine ganze Reihe von Zaubern ist wegen ihrer hohen Einsatzfülle so nicht zu verwirklichen – man denke da nur an den AURIS NASUS oder den MOTORICUS.
Was es wahrscheinlich nie geben wird, ist der Flug mit dem Hexenbesen – ein Traum für Abenteuer-Autoren, die sich über dieses spezielle Gimmick nicht mehr den Kopf zerbrechen müssen.
Nandurion: Wofür genau seid ihr im Herokon-Team zuständig? Wie viel Gewicht hat euer Wort als „DSA-Profis“ bei der Spielkonzeptionierung?
Lena & Matthias: Unser Hauptgebiet ist natürlich die Entwicklung der Questen, die einerseits den ‚Look & Feel‘ von Aventurien vermitteln, andererseits aber auch den Ansprüchen eines MMORPGs genügen sollen. Was den Hintergrund von DSA betrifft, werden wir sehr viel um Rat gefragt und haben auch recht großen Einfluss darauf, wie es umgesetzt wird. Hier darf man aber auch nicht vergessen, dass diverse Regeln der Spielwelt erst nach und nach Eingang in Herokon Online finden können – zum Beispiel, dass Untote nicht am Tag unterwegs sein können und ähnliches. Dafür braucht es halt erst mal einen Tag-/Nachtwechsel.
Nandurion: Wie gestaltet sich eure Zusammenarbeit als Co-Autoren? Wie koordiniert ihr euch bei der Ideenfindung und beim Schreiben? Wie teilt ihr die Arbeit zwischen euch auf? Gibt es eine klare Aufteilung, wer wofür verantwortlich ist?
Lena & Matthias: Ideenfindung ist bei uns meist ein gemeinsamer Prozess. Durch den Austausch von Ideen kommt man fast immer viel schneller zu einem Ergebnis, als wenn man alleine vor sich hin brütet – und hat als Nebeneffekt meist noch eine ganze Reihe von Anregungen für weitere Plots.
Geschrieben wird dann meist von einem alleine an einer Quest, außer es handelt sich um wirklich große Geschichten, die sich gut in Stücke zerlegen lassen, sodass man daran gleichzeitig arbeiten kann.
Nandurion: Würdet ihr uns kurz skizzieren, wie wir uns eine typische Queste bei Herokon Online vorzustellen haben (abseits von „bringe mir zehn Wolfsfelle“)?
Lena & Matthias: Nun, bei uns muss man 11 Wolfsfelle bringen … XD
Nein, Spaß beiseite. So einfach lässt sich diese Frage nicht beantworten, da wir unterschiedliche Typen von Questen haben, die sich nach ihrer veranschlagten Spielzeit in Mini-, Kurz- und Normalquesten sowie in Abenteuer unterteilen. Mini-Questen sind sehr einfach gestrickt und hauptsächlich für das kurzweilige Spiel (unter 5 Minuten) zwischendurch gedacht. Dafür muss man nicht einmal zu einem Auftraggeber laufen, sondern kann sie quasi ‚vom Schwarzen Brett‘ annehmen. Wer erinnert sich noch an die alten Abenteuer-Aufhänger-Aushänge am Schwarzen Brett von Havena? 🙂 Obwohl
diese Aufgaben sehr einfach sind, betten wir sie natürlich sinnvoll in die Hintergrundwelt ein.
Kurz-Questen sind dann einfache Aufträge, für deren Erledigung man etwas mehr Zeit als man für eine Mini-Quest einplanen sollte. Hier muss man dann auch den Quest-Geber im Spiel aufsuchen und das aventurische Äquivalent von ‚Bring mir zehn Wolfsfelle‘ erledigen, das einfach kreativer ausfällt.
Normale-Questen sind dagegen schon größer. Man erhält eine umfangreichere Aufgabe, für die man noch eine Reihe von Unteraufgaben erledigen muss und folgt einer sich entwickelnden Geschichte.
Zum Teil bauen diese Questen auch aufeinander auf und vertiefen auf diese Art Aspekte einer vorhergehenden oder erklären offen gebliebene Fragen.
Abenteuer sind dann der krönende Abschluss: Sie sind noch einmal umfangreicher als eine normale Queste und generell epischer. Sie führen die Spieler tiefgreifend in die Welt Aventurien ein und vermitteln viele Hintergründe.
Wir denken, dass wir mit diesem Questen-System für jeden Spielertyp und für jede Zeit des Tages etwas dabei haben. Warum nicht in der Arbeitspause oder im Café auf dem Laptop noch eine Mini-Quest machen, bevor man sich dann abends mit seinen Freunden zu einem Abenteuer trifft?
Die Autoren und Das Schwarze Auge
Nandurion: Habt ihr parallel noch Pen-and-Paper-Projekte für DSA am Laufen? Wenn nein: Plant ihr eine „Rückkehr“ zum traditionellen Schreiben für DSA? Wenn ja: Haben die Herokon Online-Bezug?
Lena & Matthias: Ja, wir haben derzeit auch Projekte für das P&P DSA am Laufen. Auch nach Myranor hat es uns zwischenzeitlich schon verschlagen. Bisher gibt es aber keinen Bezug zu Herokon Online, obwohl wir uns durchaus vorstellen können, Abenteuer aus Herokon Online später einmal ins P&P zu übertragen oder umgekehrt.
Nandurion: Was treibt ihr, wenn ihr nicht gerade schlaft, arbeitet oder schreibt? Spielt ihr derzeit aktiv DSA? Seid ihr als Spieler oder Spielleiter aktiv?
Matthias: Die erste Frage verstehe ich nicht – gibt es daneben noch etwas? ;-D Derzeit spiele ich eher selten, da ich für Herokon Online nach Berlin umgezogen bin und meine Rollenspielrunde dadurch einige Stunden Fahrtzeit zurück bleiben musste. Entsprechend ist die Terminfindung wie bei vielen anderen Spielrunden etwas schwieriger.
Lena: Ich bin wie Matthias nach Berlin gezogen. Uns Beiden kommt die Silver Style interne Pen & Paper Runde da sehr gelegen. Auch wenn sie aktuell aufgrund des Termindrucks von Herokon Online etwas ins Hintertreffen gerät. In meinen Spielrunden war es in der Vergangenheit üblich, sich mit dem Leiten abzuwechseln, was ich eine schöne Lösung finde.
Nandurion: Gibt es eine bestimmte Gegend in Aventurien, die euch besonders am Herzen liegt/die ihr besonders gern bespielt oder beschreibt? Wird es diese Gegend bei Herokon Online geben?
Matthias: Ich mag die Tulamidenlande und den tiefen Süden sehr gern – leider hatte ich noch nicht viel Gelegenheit in der Gegend etwas zu schreiben. Davon ab mag ich, bedingt durch die alte Nordland-Trilogie, sehr gern den aventurischen Nordwesten von Thorwal über das Orkland bis zum Svellttal. Über kurz oder lang werden wir alle diese Regionen auch in Herokon Online wiederfinden – immerhin möchten wir ja ganz Aventurien bespielbar machen.
Lena: Ich mag den aventurischen Süden und das Horasreich am liebsten. Mit den eher
rückständigen/wilden Regionen Aventuriens kann ich dagegen nicht so viel anfangen. Bis zum Jahr des Feuers fand ich auch das Mittelreich noch gut. Wann ich allerdings für den Süden schreiben kann, liegt sehr stark an der Community, da sie über Umfragen die Reihenfolge der Regionen bestimmen wird, die in Herokon Online abgebildet werden.
Entweder … oder?
Nandurion: Heldentyp: Magier oder Krieger?
Matthias: Magier
Lena: Magier
Nandurion: Verpflegung beim Spielentwickeln: Süß oder Herzhaft?
Matthias: Herzhaft
Lena: Herzhaft
Nandurion: DSA-Computerspiele: Drakensang oder Nordland Trilogie?
Matthias: Nordland Trilogie
Lena: Drakensang
Nandurion: Götterwirken: Subtil und persönlich oder Massenwirksam und welterschütternd?
Matthias: Massenwirksam und welterschütternd
Lena: Subtil und persönlich
Wir danken euch, Lena und Matthias, für dieses Interview und freuen uns auf Aventurien im Browser!
Das Interview führte Feyamius.