Nachdem der Sommer ganz im hellen Lichte des gestrengen Göttervaters PRAios erstrahlte, haben wir eine Gruppe Inquisitoren los geschickt, um den Hauptverantwortlichen für Recht und Ordnung, Stefan Unteregger, ernsthaft zu befragen.
Damit bleibt uns nur noch zu sagen: „Verhörlampe an!“
Nandurion: Du warst ja bisher noch kein Opfer unserer Interviews, daher stelle Dich doch bitte kurz vor.
Stefan: Ich bin Jahrgang 1972, geboren in Graz, aber nun schon seit 15 Jahren in Wien wohnhaft, verheiratet, mit zwei Kindern.
Nandurion: Wie bist Du zum DSA-Spielen und von da zum Abenteuerschreiben gekommen?
Stefan: Das war ein weiter Weg – mit dem Spielen habe ich 1985 mit der ersten Basisbox begonnen, aber bis ich mich wirklich mal aufgerafft habe, was zu schreiben, musste erst im Jahr 2007 der Abenteuerwettbewerb des Verlages daherkommen. Der Sieg dort war eine tolle Motivation, weiter Abenteuer zu schreiben, und über die Wettbewerbe bin ich dann schließlich auch in die Autorenriege reingerutscht.
Nandurion: Du hast ja schon an einigen Abenteuerbänden mitgewirkt, was ist Dir bisher das liebste? Oder welcher Plotstrang ist bisher der mit dem meisten Herzblut?
Stefan: Das ist leicht zu beantworten und wohl wenig überraschend: Die Quanionsqueste.
Nandurion: Kannst Du vom Autorsein leben, oder gibt es noch einen Brotberuf?
Stefan: Nein, vom Schreiben allein könnte ich mich kaum ernähren, geschweige denn die gefräßige Kinderschar. 😉 Ich bin hauptberuflich in der Finanzbranche tätig.
Nandurion: Bist Du ein glühender Praiosanhänger?
Stefan: Ursprünglich gar nicht mal so sehr, aber es wird stärker (Schreiben prägt wohl doch…).
Nandurion: Von Praioten wird bei der Charakterauswahl oft abgeraten. Man könnte da fast den Eindruck gewinnen, ein Brabaker Dämonologe sei leichter in eine Gruppe zu integrieren. Für wie spielbar hältst Du einen Praioten in einem „normalen“ Abenteuer, also einem, dass sich nicht wie die Quanionsqueste direkt an Gläubige richtet?
Stefan: Das Hauptproblem sind Abenteuer, bei denen der Plot davon ausgeht, dass die Helden etwas tun, das gegen Gesetze verstößt – und solche gibt es halt leider doch immer wieder. Die andere Quelle von Reibungspunkten, also die möglichen Auseinandersetzungen mit Gruppenmitgliedern, halte ich eher für eine spannende Sache am Spieltisch, wenn sich alle Beteiligten darauf einlassen. Prinzipisten und Braniborier boten ja schon länger Nischen für Praiosgeweihte, die nicht immer gleich bei jedem anecken müssen, und mit der Queste haben wir versucht, die Möglichkeiten für „gruppentauglichere“ Praioten noch mal zu erweitern.
Nandurion: In Romanen und Abenteuern verbirgt sich „der Böse“ gerne mal hinter dem Praiosgeweihten, was meinst Du dazu?
Stefan: Das lässt in letzter Zeit zum Glück nach, da wurden in der Vergangenheit leider oft stark negative Klischees bemüht. Da gegenzusteuern war seinerzeit sogar mal eine meiner Hauptmotivationen, mich mit der Quanionsqueste zu beschäftigen.
Nandurion: Dann kommen wir mal zur Quanionsqueste: Das Gesamtwerk DSA ist eine enorme Textmenge. Wie schlimm war es für Dich mit dem Praiosvademecum und der Quanionsqueste? Musstest Du lange recherchieren?
Stefan: Die Konzeptphase hat sich über zwei Jahre gezogen – es gibt ja nicht nur einige sehr umfangreiche Hauptquellen, sondern zusätzlich auch noch weit über das Publikationsfeld verstreute, kleine Schnipsel, die man auch erst mal alle finden muss. Aus all diesen Fundstücken dann aber etwas Großes zu machen und dabei auf Grundlagen aufbauen zu können, die schon vor Jahren gelegt wurden, war schon toll.
Nandurion: Findest Du die riesige Textmenge eher hinderlich oder inspirierend?
Stefan: Für die Quanionsqueste fand ich das sehr inspirierend, hier ging es ja gerade darum, einen schon lang vorher gestarteten Erzählstrang weiterzuführen. Beim Vademecum stand ich hier und da vor dem Problem, dass viele Informationen, die jedenfalls in das Büchlein gehörten, schon irgendwo anders publiziert waren und es eine gewisse Herausforderung darstellte, hier nicht nur abzuschreiben, sondern einen Mehrwert für den Leser zu bieten.
Nandurion: Hast Du als Bandredakteur für die Quanionsqueste neben der Koordination auch selbst noch viel mitgeschrieben?
Stefan: Kann man so sagen, ja – von mir sind neben dem Szenario Mord im Sonnenlicht und den beiden Abenteuern Aeternitas und Integritas auch noch die ganzen Einleitungskapitel sowie der Großteil der Anhänge.
Nandurion: Macht es dir mehr Spaß, an so einem Großwerk mit anderen zusammen zu schreiben, oder bevorzugst Du es, dein eigenes Ding zu machen? Ist der Unterschied überhaupt so groß?
Stefan: Der Unterschied ist recht groß, gerade bei einem Projekt, das so lange läuft. Da praktisch alle Autoren nebenberuflich schreiben, gibt es immer wieder Veränderungen, auf die man dann in der Gesamtplanung reagieren muss. Die Koordination ist schwieriger – man sieht sich ja auch so gut wie nie persönlich, alles muss über Mail oder Skype laufen. Gerade als Bandredakteur hat man da einiges zu tun. Auf der anderen Seite haben die mitwirkenden Autoren mit ihren Ideen und Beiträgen die Queste erst zu dem gemacht, was sie jetzt schlussendlich ist.
Nandurion: Wie stehst Du zu der Problematik mit den Bannstrahlern, die in einem gewissen Rahmen selbst gegen Praios‘ Prinzipien verstoßen? Siehst Du das auch so? Stört es Dich, bzw. wie erklärst Du Dir das?
Stefan: Im Anhang der Quanionsqueste gibt es dazu ein paar direkte Aussagen; konkret im Kapitel Die dunkle Nacht der Seele, und dort vor allem der Kasten Der schmale Grat. Wir haben versucht, den Orden im Lauf der Questenentwicklung wieder ein wenig stärker unter die Kontrolle der Kirche zu bringen, so dass gerade in den Machtzentren künftig allzu große Exzesse unterbunden werden sollten. Dass aber eben dadurch an den „Rändern“, dort, wo kaum geweihte Ordensmitglieder zu finden sind und die Laienritter täglich der Dunkelheit ins Auge sehen, immer noch oft blinder Fanatismus und gefährliche Nähe zum Herrn der Rache herrscht, ist bewusst so gestaltet worden, damit man immer noch einen weißberockten Lynchmob aufstellen kann, wenn man ihn mal brauchen sollte. 🙂
Nandurion: Woher kommen die Ideen zu den Gebeten und Chorälen? Gab es da irgendwelche Vorlagen oder Inspirationen?
Stefan: Ich habe bewusst versucht, gerade für die Melodien immer weltliche Vorbilder zu verwenden und keine Kirchenlieder umzutexten, da ich weiß, dass viele Leute das nicht gut finden (und ich selbst das auch gut nachvollziehen kann). Die Texte kamen eigentlich fast wie von selbst – reine Stimmungstexte zu schreiben fällt mir leichter als die „Nutztexte“ in Abenteuern oder Spielhilfen, weil ich viel weniger auf eindeutige Formulierungen und Praktikabilität achten muss.
Nandurion: Kommen wir noch mal zu was anderem: Wieviel spielst Du selbst noch?
Stefan: Nicht mehr so viel wie früher, aber ich kann mich nicht beklagen. So etwa drei- bis viermal im Monat.
Nandurion: Was spielst Du selbst gerne?
Stefan: Ich schwanke schon seit Jahren zwischen Magieanwendern (in allen Spielarten) und starken, meist eher fröhlichen Kriegern. Andere Rollen kommen dazwischen eher als abwechselnde Auflockerung vor. Im LARP habe ich auch lange Zeit Barden gespielt (und niemals Krieger, aber das liegt an persönlicher Unfähigkeit).
Nandurion: Hast Du die Quanionsqueste schon mal selbst geleitet?
Stefan: Bisher nur zum Teil, im Rahmen der Testspiele. Aber meine Gruppe sitzt mir schon im Genick, dass es jetzt doch endlich losgehen sollte. Das sollte also noch dieses Jahr soweit sein (und voraussichtlich in der Director’s Cut-Variante).
Nandurion: Es ist schon ein paar Tage her, dass die Quanionsqueste und das Praios-Vademecum erschienen sind, hast Du dir die Reaktionen angeguckt? Wie ist das, die Aussensicht zu sehen?
Stefan: Ja, klar. Bei jeder Publikation habe ich ein Auge auf die Foren und harre gespannt der ersten Reaktionen und späteren Rezensionen. Diesmal war es besonders spannend, weil die Queste natürlich recht viel Aufmerksamkeit erfahren hat und hier hohe (und oft gegensätzliche) Erwartungen herrschten. Da freut es mich dann natürlich auch besonders, wenn die Reaktionen dann so positiv ausfallen, wie es bei der Quanionsqueste der Fall war.
Entweder… Oder?
Nandurion: Sandkasten oder Eisenbahn?
Stefan: Freie Bereiche, verbunden mit schönen roten Fäden.
Nandurion: Am Spieltisch: Chips oder Schokolade?
Stefan: Pfff, was für eine Frage. Beides natürlich. Abwechselnd. Schließlich ist Mischkost am gesündesten!
Nandurion: Als Spieler: Praiot oder Schwarzmagier?
Stefan. Schwarzmagier. Obwohl, mein Lieblings-Magier in DSA ist ein praiosgläubiger (!) Dämonologe…
Nandurion: Schreiben: Arbeitszimmer oder Küchentisch?
Stefan: Arbeitszimmer. Beruflich bedingt auch oft Hotelzimmer.
Nandurion: Stefan, wir danken Dir für das ausführliche Interview.
Verhörlampe aus.
Die peinliche Befragung wurde durchgeführt von Wölkchen.