Wann immer etwas Altbekanntes und vielleicht auch Bewährtes von etwas Neuem abgelöst werden soll, regt sich Widerstand allerorten. Diese Regung ist zutiefst menschlich und Teil unserer Natur. Wie sollte es da also mit einer neuen Edition des Schwarzen Auges anders sein? Abseits von aller Nörgelei tauchen aber derzeit Produkte in der Reihe auf, die zumindest vielfach auf Unverständnis stoßen. Die Offenbarung in dieser Sache war zumindest für mein Empfinden das umstrittene Rahjasutra, dessen Intention und Sinnhaftigkeit innerhalb der Reihe mindestens diskutabel erscheint. Dank der wunderbaren Technik des 21. Jahrhunderts ist es inzwischen keine große Sache mehr, längere Videos einer unbedeutenden, kleinen Zusammenkunft einer Zahl von Nerds in Limburg einem weiteren Publikum zugänglich zu machen.
Gemeint ist hier der Vortrag des Ulisses-Verlagsleiters Markus Plötz auf der RatCon 2016. Neben einem netten Vortrag zu der allgemeinen Historie und den verschiedenen Editionen legt Markus hier insbesondere dar, mit welchen Voraussetzungen und Absichten das neue DSA5 geschaffen wurde. Dies eröffnet uns als Konsumenten, Fans und Kritikern die Möglichkeit, die Produkte des neuen DSA tatsächlich nach den gleichen Kriterien zu messen, die auch für die Designer ausschlaggebend waren. Sicher kann man sagen, diese Vorgaben seien irrelevant. Wenn das Ergebnis nicht gefällt, dann waren die Parameter eben auch Mist. Wir werden aber noch sehen, warum uns diese Antwort zumindest im Sinne einer fundierten Kritik nicht weiterbringt.
Grundannahmen
Eine wichtige Grundlage für die neue Edition war tatsächlich die große Kundenbefragung des Verlages aus dem Jahr 2012. Hieraus wurden bereits einige konkrete Entscheidungen für das neue Regelwerk abgeleitet. Dies sind die Beibehaltung der 3W20-Probe, die Trennung von Astral- und Karmaenergie, sowie die Beibehaltung der acht Eigenschaften in ihrer bisherigen Form. Diese Setzungen beruhen also gewissermaßen auf dem Konsens einer breiten Mehrheit. Das kann man zwar grundsätzlich doof finden, gehört damit aber wohl zu einer Minderheit, die nicht ausschlaggebend für das offizielle DSA sein kann.
Weitere Erkenntnisse waren zum einen der Wunsch, die Regeln zwar zu ändern, aber eher in der Form kleinerer Anpassungen. Völlig radikale Änderungen wie beispielsweise die Abschaffung der aktiven Parade sind damit auch eher nicht angeraten. Zentral für das Design der gesamten Produktpalette dürfte aber auch die ungeheure Vielfalt der DSA-Fans sein. Eigentlich haben wir es ja schon immer gewusst, aber nun ist es auch durch die Statistik offiziell. Die Fans sind derart inhomogen, dass es das eine richtige Schwarze Auge für alle eigentlich gar nicht geben kann. Eher eine Randnotiz in diesem Zusammenhang ist wohl der einzige wirklich bemerkenswerte Cluster von Menschen, die zuletzt DSA3 oder gar einen Vorgänger gespielt haben und gerne wieder aktiv zum Schwarzen Auge zurückkehren würden, die sich jedoch durch das berüchtigte Regelungetüm der vierten Edition derart abgeschreckt fühlen, das DSA eigentlich keine echte Option mehr ist. Mit diesem Gepäck konnte man sich nun also an die Definition der konkreten Parameter machen.
Designparameter
Diese Parameter sind letztlich die Vorgaben für die Ausgestaltung der konkreten Spielkonzepte. Für uns also auch Kriterien, an denen sich DSA5 nun messen lassen muss. Konkret finden wir fünf Designparameter:
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Authentizität: Für mich bedeutet dass nichts anderes, als das Look and Feel des Schwarzen Auges erhalten bleiben. Letztlich also Evolution statt Revolution. Neben den Regeln gilt dies natürlich auch für den Hintergrund. Wo jemand die genauen Grenzen zieht, was für ihn Teil Aventuriens ist und was nicht, kann natürlich individuell verschieden sein. Die vielfach geforderte und bei DSA auch immer intensiv betrachtete Verzahnung von Regeln und Hintergrund kann hier ebenfalls angedockt werden, auch wenn sie natürlich mit den weitern Punkten zusammenhängt.
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Plausibilität: In früheren Zeiten wurde der Begriff vom Phantastischen Realismus geprägt, ohne dass sich das Verständnis dieses Begriffes wirklich durchgängig verbreitet hätte. Plausibilität oder innere Konsistenz ist ein Konzept, welches noch darüber hinaus geht. Dies gilt zum einen für die Regeln, welche nachvollziehbar oder erklärbar sein müssen. In diesem Sinne hat sich also die römersche Interpretation von Magie wohl endgültig durchgesetzt. Natürlich muss dieses Konzept auch für die Elemente des Hintergrunds und der Geschichten gelten. Diese unterliegt allerdings zusätzlich der Beschränkung des nächsten Parameters.
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Weltlogik: Aventurien ist klein. Auch wenn es seinerzeit ungeheuer groß und riesig erschien, ist der Kontinent Aventurien klein, gemessen an den verschiedenen Settings, die parallel darin Platz haben sollen, obschon sie nicht wirklich zusammenpassen. Markus spricht in seinem Vortrag von Erzählräumen. Die Weltlogik meint durchaus auch die innere Konsistenz des Hintergrunds. Allerdings gelten diese Regeln immer nur innerhalb eines Erzählraumes. Der Klassiker ist hier das Horasreich und die Thorwaler. Ähnlich könnte man auch die Frage stellen, warum im Mittelreich eigentlich noch plumpe Schwerter verwendet werden, wenn es längst elegante Rapiere gibt. All diese Differenzen gehen jedoch über die Grenze eines Erzählraumes hinaus. Aventurien muss nicht in seiner Gesamtheit logisch sein, sondern nur innerhalb der jeweiligen Erzählräume. Warum? Weil das so mehr Spielfreude und Möglichkeiten insgesamt zulässt.
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Regellogik: Regeln sollen logisch sein, ja sogar logisch aufeinander aufbauen. Dazu gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Dass dies in DSA4 nicht der Fall war, werden wohl nur die hartnäckigsten Regelfetischisten leugnen. Die sollten sich vielleicht daran halten, dass Regeln einfach zu verstehen und flüssig abzuwickeln sein sollten. Wir werden sehen, was von diesem Anspruch am Ende der fünften Edition noch übrig ist.
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Modularität: Dieser Parameter ist besonders wichtig für die Regeln. Man kann allerdings auch den Hintergrund so beschreiben. Dann landet man im Grunde sofort wieder bei den Erzählräumen, die unabhängig voneinander existieren müssen. Letztlich ist dies eine Entscheidung der Spieler. Wollen sie die Grenzen eines Settings akzeptieren, oder muss ich unbedingt horasische Pseudo-Feuerwaffen in Weiden einführen.
Innerhalb der Regeln führt dies jedoch zu einer Entwicklung die bislang nur sehr ungenügend umgesetzt worden war. Modulare Regeln erlauben eine echte Wahl. Es gibt nicht länger das richtige DSA (mit allen Regeln), sondern jede Spielrunde ist explizit aufgefordert, die verschiedenen Angebote so zu nutzen, wie es für die eigene Spielrunde und die jeweilige Situation am besten passt. Wie das funktioniert, wird weiter unten bei den Elementen beleuchtet. Die Intention, die hier noch einmal in aller Deutlichkeit betont wird ist: Nutzt die Regeln so, dass es euch Spaß macht. Niemand muss zwei Stunden Hasen jagen, wenn er das nicht will.
Modularität kann ich natürlich auch im Sinne des Publikationskonzeptes verstehen. Wie das aussieht, sehen wir im nächsten Abschnitt.
Konzepte von DSA5
Die Publikationen
Jahrelang wurde das Klischee gepflegt vom typischen DSA-Spieler, der ja sowieso alles kauft und erst recht den ganzen riesigen Regelwust mit geradezu masochistischer Befriedigung auswendig lernt. Kaum eine Publikation, bei der nicht irgendein Schlaumeier bemängelte, dass die Spielwerte irgendeiner Figur nicht korrekt berechnet worden waren und dergleichen Aufreger mehr. Ulisses verspricht nun, dass keine 3000 Seiten Regelwerk mehr vorausgesetzt werden, um ein Abenteuer mittlerer Komplexität zu spielen. Die einzige Ausnahme bilden hier die speziell für die Regionalbände erscheinenden Abenteuer zur Spielhilfe. Ausgesprochen kritisch wurde natürlich die Praxis aufgenommen, in den Regionalmodulen zusätzliche Regeln zu publizieren. Mit der frei verfügbaren Regel-Wiki, in der alle DSA5 Regeln publiziert werden sollen, dürfte dies jedoch kein Problem mehr sein. Niemand muss sich mehr wegen der Regeln ein Buch kaufen.
Dem neuen Konzept nach stellen allein das Grundregelwerk für die Regeln und der Almanach für den Hintergrund die tatsächlich notwendig Voraussetzung dar. Mit den Erweiterungsbänden können zusätzliche Angebote gemacht und detailliert werden. Auch hier ist jedoch eine gezielte Auswahl möglich, wie man an den recht kleinteiligen Regionalbänden sieht. Endgültig im Bereich der Liebhaberstücke sind wir dann wohl bei den Spezialbänden. Diese beschäftigen sich mit Details der Spielwelt, auf die man auch ohne Einschränkungen verzichten kann. Wer jedoch unbedingt wissen will, welche Schärpe man zum Kunchomer in Thalusa trägt, der kann hier fündig werden.
Kernbände | Erweiterungsbände | Spezialbände |
Regelwerk | Kompendium | |
Magie, Götterwirken | ||
Bestiarium, Rüstkammer, Herbarium | Regionale Rüstkammern, Spezielle Monsterbände | |
Almanach | Regionalbände, Landkartenset | Städtebände, Akademiebände, Regionale Landkartensets |
Vademecum, Mini-PDF |
Elemente in DSA5
Nach dem Publikationskonzept gehen wir abschließend noch eine Stufe tiefer und schauen uns an, welche Komponenten denn eigentlich die Basis des Spiels bilden. Das Verständnis der drei Elemente Regeln, Crunch und Fluff hilft auch bei der Einordnung der obigen Produkte. Während Regelwerke ebendiese beleuchten, enthält eine Rüstkammer Unmengen an Crunch. Ein Vademecum dagegen liest sich ausgesprochen fluffig.
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Regeln: Wenn wir Markus glauben, dann sind die Regeln gewissermaßen die Hardware unseres Systems. Im Sinne des Weltenbauers würde ich eher sagen, die Regeln sind die Naturgesetze unserer Welt. An denen kommt keiner vorbei. Regeln werden nochmals in drei Ausprägungen unterteilt. Wie diese kombiniert und angewandt werden, unterliegt ausdrücklich dem individuellen Geschmack der Gruppe. Die eine offizielle und einzig wahre Kombination von Regeln gibt es damit bewusst nicht mehr.
- Grundregeln: Diese sind wirklich elementar. Ohne die Kenntnis, wie man eine Probe würfelt, lassen sich Regeln im DSA-Kosmos nicht verwenden.
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Fokusregeln: Diese Regeln stellen ein Angebot dar, bestimmte Aspekte weitaus detaillierter zu modellieren als dies die Grundregeln tun. Sie können nach Belieben auch innerhalb einer Gruppe unterschiedlich verwendet werden, da sie angeblich das Ergebnis nicht verändern, sondern nur den Grad der Simulationstiefe erhöhen. Man mag diese Regeln zu recht als zu detailliert oder hartwurstig empfinden, schädlich dürften sie im Grunde nicht sein. Fokusregeln verstehen sich als ein ergebnistechnisch gleichwertiges Angebot für den geneigten Regelfetischisten.
- Optionalregeln: Eigentlich sollten optionale Regeln wohl eher Varianten oder Alternativregeln heißen. Diese Vorschläge verändern einen Sachverhalt und haben daher deutliche Konsequenzen im Spiel. Die Anwendung von Optionalregeln sollte daher auch explizit in der Gruppe vereinbart werden. Da solche Varianten von Regeln für die gesamte Spielrunde gelten, wäre hier sorgsam abzuwägen, welchen Einfluss sie auf das Spiel haben.
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- Crunch: Hier finden wir all die lustigen Dinge, die unsere Helden am Laufen halten. Waffen für den Krieger, Zauber für den Magier oder des Diebes Dietriche sind solche Elemente. Wenn sie ganz besonders kennzeichnend für eine Figur sind können daraus sogar die Crunchy Bits nach Robin Laws werden. Während Regeln einen abstrakten Sachverhalt in eine Spielmechanik überführen, ist der Crunch einer konkreten Anwendung zugeordnet. Zumindest für die regelaffinen Fanboys ist damit das höchste der Gefühle erreicht.
. - Fluff: Im Gegenstz zum Crunch ist der Fluff all das was keine Regeln verwendet. Hier ist die Spielwiese der Erzählspieler, Stimmungsspieler oder wie auch immer man sie nennen mag. Dir gefällt die Farbe deines Lichtzaubers nicht? Du möchtest wissen, ob der Junggeselle auf dem Andergaster Wiesenfest die Schleife links oder rechts trägt? Ein klarer Fall für den Fluff. Obwohl von den effizenzgetriebenen Powergamern gern als nutzloser Unfug abgetan, stellt doch der Fluff wohl die größte Menge an Texten, denn im Grunde ist die der Fluff die gesamte Spielwelt jenseits der Regeln.
Interpretation
Nach dieser ausführlichen Betrachtung der öffentlichen Gedanken zur neuen Edition bleibt immer noch die Frage, inwiefern diese Dinge überhaupt Relevanz für uns als Konsumenten haben. Es kann doch einfach jeder seine persönliche Meinung sagen und dann ist auch gut. Im Sinne einer öffentlichen und kontinuierlichen Produktrezeption ist diese Vorgehensweise jedoch eher ungenügend. Natürlich kann ich persönlich der Meinung sein, dass Bilder in Rollenspielprodukten Geldverschwendung sind und ein farbiges Innenleben als störend empfinden. Bei der Umstellung eines Layouts kann man diese Position vermutlich sogar sinnvoll anbringen. Auf eine bewusste Designentscheidung immer wieder und wieder einzugehen ist jedoch gleichermaßen nutzlos wie ermüdend. Sicher mag der eine oder andere in ewiger Nörgelei (oder vielleicht sogar ständiger Lobhudelei) seine Erfüllung finden. Wenn man jedoch einer größeren Gruppe von Menschen nutzbringende Informationen zu verschiedenen Produkten darbieten will, hilft das nicht weiter. Ich bin sogar geneigt zu sagen: für eine sinnstiftende Diskussion zu einem Produkt im Allgemeinen hilft es auch nicht weiter. Jene allerdings, die ihr Glück im Dissens um der reinen Sache Willen ihre Erfüllung finden, werden mir da wohl widersprechen.
Wie soll man also umgehen mit einem Produkt, von dem Markus Plötz voller Stolz sagt, es ist der „Unnötigste und sinnloseste Band den wir jemals für das Schwarze Auge herausgebracht haben. Aber wir hatten Spaß dran.“ Die Rede ist hier natürlich wieder vom eingangs erwähnten Rahjasutra. Allein mit einer solchen Aussage wäre der Produktreview ja schnell abgehandelt. Unnötig und sinnlos als zentrale Eigenschaften? Setzen Sechs! Oder soll man den Spaß bewerten, den die Autoren dabei hatten, den Band zu schreiben? Rückzug auf die persönliche Sicht? Nein, ich möchte nicht ausfällig werden und habe auch keine Lust, irgendeinem hart arbeitenden Autor zu schreiben, sein Produkt sei druckfrisches Altpapier. Das Beispiel Rahjasutra ist sicherlich extrem, aber man kann diese Linie auf viele weitere Produkte anwenden und findet rasch einige Punkte, die sich nur konsequent aus den obigen Setzungen ergeben.
Ein Band kommt mit zu vielen kleinteiligen Regeln daher? Zweistündige Simulationen für die Hasenjagd? Dann ist es vermutlich eine Fokusregel. Keiner erwartet, dass du diese Regeln wirklich anwendest. Sie ist nur für die zwei Promille von Fanboys unter uns, die das einfach brauchen um glücklich zu sein. Der Almanach geht dir nicht genug in die Tiefe? Es ist ein Kernprodukt das einen Überblick über den gesamten Kontinent geben soll. Kein Wunder, dass die Beschreibung von Gradnochsjepengurken so kurz ausfällt. Du fragst dich, warum du für die Beschreibung von drei aventurischen Städten mehr als 20 Euro ausgeben sollst? Der Komplettsammler ist tot! Der Spezialband ist für Spieler gedacht, die ihre ganze Kampagne in einer dieser Städte aufziehen wollen.
In diesem Sinne gilt also immer die Frage: Is it a bug or a feature?
Unter diesen Rahmenbedingungen muss eine Rezension das Produkt also immer auch vor dem Hintergrund der konkreten Setzungen und Intentionen betrachten. Wie positioniert man sich differenziert zu einem „völlig nutzlosen“ Produkt? Wie soll man so etwas in Anzahl Socken/Eulen/Hühneraugen werten? Meiner Meinung nach führt hier kein Weg an einer Beleuchtung aus mehreren Perspektiven vorbei. Eine davon wird sicher die persönliche Positionierung sein, die einfach stark vom eigenen Geschmack bestimmt wird. Daneben wird es jedoch auch einen starken deskriptiven Teil geben müssen, der intensiv verknüpft wird mit den Vorgaben, an denen sich DSA5 messen lassen will. Daraus ableiten lässt sich weniger ein sinnvoll in Zahlen messbares Ergebnis, als vielmehr eine Beschreibung der potenziellen Nutzergruppe. Konkret also das Abklopfen von Designparametern als überprüfbares Qualitätsmerkmal, gefolgt von einer fundierten Einschätzung darüber, wer mit diesem Produkt „Spaß haben“ wird.
Gewogen und Gemessen
Für die kritische Würdigung von DSA5-Publikationen sollten also die folgenden Elemente Berücksichtigung finden.
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In einen deskriptiven Teil gehört die Einordnung in das Publikationskonzept wie oben beschrieben. Während die Frage, ob ein Produkt eher fluffy oder crunchy ist, nur zur Einordnung dient, lassen sich zumindest die Regeln auch auf die gewünschten Abstufungen hin untersuchen.
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Natürlich darf die inhaltliche Beschreibung und persönliche Wertung nicht fehlen. Dies sind klassische Elemente, die weiterhin ganz klassisch ausgeführt werden müssen. Diese gehen Hand in Hand mit der …
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… Überprüfung der Designparameter als ein Qualitätsmerkmal, welches sich Punkt für Punkt abklopfen lässt. Während einige der Parameter sicher hart überprüfbar sind, unterliegen andere stärker der Interpretation. Was ist noch authentisch und was nicht? Wie groß ist der Erzählraum, innerhalb dessen ich die Weltlogik anwenden kann? Diese Einschätzungen hängen immer noch stark von der eigenen Perspektive ab.
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Die Ableitung einer wahrscheinlichen Zielgruppe (im Sinne der Spaßdefinition) ist wiederum nahezu wertungsfrei. Neuerdings ist ja vielleicht sogar die Zielgruppe „Autor“ eine legitime Antwort. (Wir erinnern uns an den Spaßfaktor beim Rahjasutra.) Für ein so stark ausdifferenziertes Portfolio wie bei DSA5 ist dieser Punkt aber vermutlich der wichtigste von allen.
Soweit also die bewusste Auseinandersetzung mit einer neuen Produktstrategie und ein möglicher Weg zum Diskurs. Bislang völlig außerhalb dieser Betrachtungen liegen jene Publikationen, die zumindest in meinem persönlichen Kosmos das Schwarze Auge über all die Jahre stärker geprägt haben als irgendeine Regeledition: die zahlreichen Abenteuern und Kampagnen mit ihren verschiedenen Formaten und Schwerpunkten. Markus Plötz erwähnt sie nur kurz am Rande. Dennoch haben auch diese Publikationen eine Umgestaltung erfahren, die über bloße Anpassungen des Layouts hinausgeht. Ohne öffentliches Bekenntnis sind wir hier jedoch zunächst auf Empirie angewiesen. Die Abenteuer der fünften Edition sind jedoch eine Thema für eine eigene Kolumne.
Damit geht das Wort wieder an unsere Leser. Wie ist euer Blick auf die DSA5-Produkte? Wie wünscht ihr euch den Umgang damit? Lässt sich eine Publikation überhaupt sinnvoll in den oben genannten Dimensionen erfassen oder sollte man völlig anders vorgehen? Darf man eine Bewertung überhaupt qualitativ halten oder wird die Wahrheit allein Schritten von Eins bis Zwanzig gemessen? Vielleicht ist die Herangehensweise am Ende des Tages aber auch völlig egal, denn der Text ist reine Unterhaltung und dann kommt es doch nur noch auf die Zahl der Yaks pro Karawane an.
Schlussendlich wäre aber auch interessant, ob ihr die Einteilungen des Verlages so gut findet und wie euer Blick auf die Designparameter ist. Erst mit der Zeit werden wir sehen, ob sich die von Markus Plötz beschriebenen Dimensionen tatsächlich eignen, um daran einen Diskurs zum Schwarzen Auge auszurichten oder nicht. In diesem Sinne also viel Spaß beim Diskutieren.
„Nicht mal als legendäre DarkForce Karte“
[Nerd Rage] Wenn mich nicht alles täuscht, ist es Magic und nicht Dark Force… sieh eigene Quelle http://nandurion.de/blog/2011/04/01/dark-force-neuauflage-dsa-trifft-magic-the-gathering/ *durchdreh* [/Nerd Rage]
Mehr kommt später, wenn ich ich erholt habe… und nicht mehr arbeiten muss…
Ich kann mit der Produktstruktur von DSA 5 sehr gut leben. Ich finde auch die sehr offene Kommunikation die Ulisses z.B. mit seinen youtube Videos betreibt sehr erfrischend. Das machen nicht viele Verlage so. Auch Sachen wie Scriptorium und Regelwiki finde ich sehr beeindruckend.
Ich bin kein bekennender DSA Fan aber Sachen wie diese haben mich genug überzeugt das ich mir inzwischen so einige DSA 5 Produkte zugelegt habe. Und das bedeutet schon was bei einem wie mir der die letzten zwei Editionen ausgelassen hat.
Ich bin mir sicher das Ulisses auch jede Menge Kritik abbekommt. Manche berechtigt, manche nicht und manche ist lächerlich. Gerade wenn ich die ständigen „Warum ist das System noch nicht komplett.“ Beiträge auf den offiziellen Ulisses Forum lese muss ich ich immer ein bisschen den Kopf schütteln. Scheint eine DSA 4 Krankheit zu sein. Ist für mich aber für nicht wirklich relevant da ich mir eh nur die Bücher kaufe die mich interessieren. Daher bin ich recht dankbar für die „Grundregelwerk/Aventurischer Almanach-mehr-braucht-man-nicht“ Struktur von DSA 5.
Ich glaube es ist ein verdammt harter Job den Ulisses mit DSA hat. Sie werden es nie allen recht machen können mit einem System das so viel Jahre auf dem Buckel hat wie DSA.
Was Nischen Produkte wie das Rahjasutra oder das Aventurische Name Buch angeht. Warum nicht ? Keiner zwingt mich es zu kaufen wenn es mir nicht gefällt. Andere haben aber vielleicht viel Vergnügen damit. Am Ende des Tages sind solche Bücher ein bewusstes Risiko das Ulisses eingeht. Wenn es sich nicht lohnen würde dann würden sie es auch nicht machen. Auch die Autoren sollen Spaß am schreiben haben. Und daher haben solche Bücher auch ihre Daseinsberechtigung.
Was haben eigentlich alle gegen das Rahjasutra? Seid ihr alle zu prüde? Treiben euch die Bilder nackter Menschen Schamesröte ins Gesicht? Auf einer offensichtlichen Spaß-Publikation (für Leute, die ihren Spaß daran haben) derart rumzureiten zeugt wirklich von Humorlosigkeit.
Ja, und wenn wir uns alle ganz viel Mühe gebn und uns mit Wertschätzung und Respekt behandeln wird die Welt wirklich ein besser Ort.
Und ja, das meine ich ganz ernst. Aber obwohl wir das wissen, ignorieren viele und auch wir selbst dieses Wissen täglich..!
Und ebenso ist es mit Produkten: Wenn man all die kleinen und großen Problemchen und Ideen des Herstellers nachvollzieht und in die eigene Wertung einfließen läßt, insbesondere seine Absichten und seinen guten willen, dann wird eine Produktkritik viel freundlicher und wertschätzender und der Umgang miteinander viel netter…
Und dennoch gibt es Unternehmen die einfach absichtlich miesen Schrott produzieren, egal wie man es dreht und wendet..!
Erst einmal vielen Dank für diese… kluge Frage. Es ist doch eine Frage?
Mit der strittigen Grundsatzfrage „möchte ich lieber bodenhaftende Bauer-Helden oder überhöhte Power-Helden“ und der hier schön ausgeleuchteten Frage zum Detailgrad ist meines Erachtens die Tätigkeit des Rezensierens zunächst zum vollständigen Scheitern verurteilt.
Erschwerend hinzu kommt die Tücke, dass ein Teil der Leser bereits einige Raummeter DSA-Material zu Hause hat, während andere wissen wollen, welche für sie bislang weißen Flecken Erlebnisraumes sie sich genauer betrachten (und kaufen) sollen.
Für mich gibt es deshalb eine andere Gewichtung in der Rezension, als die Designparameter 1-2-3-4-5.
Authentizität: fühlt es sich an, wie DSA? Wichtig! Wie fühlt sich DSA an? Schon strittig. Haben Elfen schräge Alienaugen? Kann mir also ein Rezensent helfen? Fraglich. Er kann freilich vermuten, aufgrund seiner langjährigen Affinität zum Spiel das richtige Feeling zu haben. Ich möchte ihm aber mit langjährigerer Affinität ins Stammbuch schreiben: das träumst Du nur.
Plausibilität: ich erkenne an, dass der Verlag den Anspruch auf Plausibilität aus der Umfrage mitgenommen hat. Ich persönlich halte aber neben diesem (Römers) logischem Anspruch Kiesows „Wahrt das Mysterium!“ in aller höchsten Ehren. Ich möchte mich zu diesem Thema etwas auslassen, weil Thomas Römer, eine große Anzahl Spieler, Ulisses und Markus Plötz und viele Rezensenten sich OBJEKTIV leider im Irrtum befinden:
Als unplausibel wird oft – und so auch im Beispiel von Markus mit dem NSC-Zauberer, der einen Zauberstab zerbricht – empfunden, wenn eine Figur oder Gruppe etwas kann oder nicht kann, was sie laut Regeln nicht können kann oder eindeutig können müsste. Es empört sich daran stets ein Spieler – niemals ein Charakter. Denn für Charaktere sind die ihnen übergeordneten Regeln nicht einsehbar. Ein Magier könnte daher sagen: „Ich sah noch nie einen Zauberstab zerbrechen.“ oder „Ein Zauberstab ist nach der Bindung nahezu unzerbrechlich“. So wie die Griechen mal befanden, das Atom sei unteilbar. [a-tom=nicht schneiden] Er kann aber gerade NICHT ausschließen, dass dies einem mächtigen Zauberer u.U. doch gelänge. Staunen wäre also angebracht, wenn er Zeuge eines solchen Ereignisses würde. Protest hingegen steht ihm nicht zu. Und ist bei den Spielern, die ihn einlegen, nur der Aufschrei einer beleidigten Leberwurst. Mir kann deshalb in einer überwiegenden Mehrzahl der Fälle das Plausibilitätsdefizit gestohlen bleiben. Womit ich mich allerdings durchaus ein Minderheitenvotum zu vertreten weiß. Für mich bleibt eine Regel eine Verhaltensvereinbarung am Spieltisch und ist NICHT automatisch eine Paragraphierung einer aventurischen Wahrheit. Vielleicht geben sie eine gute Näherung an, dass Spieler und mit ihnen ihre Charaktere regeltechnische Grenzen als sichere Sache voraussetzen können, ist einfach falsch: „Der kann nicht vor Dir dran sein, Oger haben INI auch kompetent höchstens 19!“.
Weltlogik: interessant finde ich, dass an dieser Stelle die Plausibilität großzügig dem Wunsch nach Vielfalt geopfert wird. Metereologen und Militärhistoriker und die meisten Sozialwissenschaften müssten wahrscheinlich kotzen, wenn sie unseren kleinen Kontinent auf Stimmigkeit überprüften. Warum Weltlogik in Kenntnis dieses Erbes also zu den Designparametern gemacht wurde, ist mir nicht verständlich. Als Rezensionskriterium entfällt sie für mich.
Modularität: aufgemerkt! Dieses Kriterium wurde laut Plötz erst nach der Auswertung des BETA-feedbacks in die Designparameter aufgenommen. Die Modularität beginnt mit der einfachen Formel: „Mit diesen beiden Büchern könnt Ihr spielen!“ Dahinter steht auch das Anliegen: „Alle Ergänzungen lassen Charaktere und ihre Handlungen vielleicht ANDERS aussehen, aber NICHT MÄCHTIGER.“ Die Modularität mit diesem Anspruch ist notwendig als Zugeständnis an Einstiegsfreundlichkeit und überschaubare Regeln. Sie bedient – durch Module – den Anspruch auf höheren Detailgrad. Sie bedient konzeptionell genau NICHT den Anspruch auf Machtzuwachs durch Erwerb weiterer DSA-Werke. Für viele Betrachter der Module, insbesondere wenn sie DSA4 gewöhnt sind, ergibt sich die Bewertung „Da ändert sich doch gar nichts.“ Sie haben insofern Recht, als ihre Charaktere trotz spielerseitigen Erwerbs von Fokusregeln und Crunch gleich geil bleiben und nur auf eine andere Art so viel oder so wenig zu bewirken vermögen, wie ihr AP-Konto es erlaubt. Eine gute Rezension müsste deshalb mahnend den Finger heben, wenn das Maß der Mächtigkeit durch eine Ergänzung ERHÖHT wird. Statt dessen gehört es zum guten Ton auf Neuerungen hinzuweisen, die den Level NIEDRIGER setzen. Da diese ‚minderwertigen‘ Module jedoch in jeder Hinsicht nur eine Wahlmöglichkeit darstellen und schlimmsten Falls von keinem Spieler gewählt werden, wird durch SIE das Designziel Modularität nicht beeinträchtigt. Und da ich die echte Modularität zu den großen Errungenschaften der 5. Edition zähle, fallen Rezensionen, die in diese Falle tappen für mich unter den Tisch.
Nach all dem ist mir der wissenschaftliche Ernst, mit dem DSA-Regeln und Crunch oftmals rezensiert werden, mehr ein Hühnerauge als eine Kaufberatung. In Rezensionen zu Hintergrundbeschreibungen und erst Recht zu Fluffquellen fließt in der Regel weitaus erkennbarer die persönliche Präferenz des Rezensenten ein. Deshalb wird mir dort das Rezension anhören und mitfühlen oftmals leichter.
Abenteuer und Romane sind eine andere Kategorie – Logik & Plausibilität beziehen sich darinnen oftmals auf Handlungen und Motivationen der Prot- und Antagonisten. Aber das ist ja auch eine andere Geschichte und soll ein ander Mal erzählt werden…
Noch etwas zu den Spielkarten. Markus Plötz findet ja die Spielkarten ein reines nice-to-have. Das ist wiederum vielleicht v.a. für uns buchaffinen senior-groupies zutreffend. Man könnte nämlich auch argumentieren, dass das Sammeln und Verwenden/Aussortieren von Spielkarten ein sehr präzises Darstellen des Modul-Baukastens ermöglicht. Die Rezensenten sind es durchaus gewöhnt, den gesamten DSA-Kosmos zu überblicken; kann mir jemand die Rezension zeigen, wo das Werkzeug zur systematisch eingeschränkten Weltsicht positiv hervorgehoben wird?
Ich möchte Rezensionen hier (in meist sehr ansprechender Form!) und anderen Orts nicht missen. Ich läse aber viel lieber „hat mir nicht gefallen“ oder „hat mich gefesselt“.
Ein (willkürliches) Runterzählen der Einhörner pro Kritikpunkt z.B. ist m.E. nur numerisch und sprachlich aufbereitete Gefühlslage und pseudoobjektiv. Eigentlich will ich persönlich nur wissen, wie viel Spaß Ihr beim Lesen oder Spielleiten hattet.
Markus Plötz: „Das Spiel soll SPASS machen und sich selber nicht so wahnsinnig ernst nehmen.“
You?
Oh. Mein letzter Absatz sollte eigentlich ein anderer werden:
Mit der Nennung einer geeigneten Zielgruppe als Rezensionsfazit träte die DSA-Rezension der dargestellten Problematik entgegen. Danke! für dieses Konzept.
#power vs bauer
#kleinteilig vs übersichtlich
#Vervollständiger vs Fokussucher
#Neukunde vs Veteran
#kritisch vs wahllos
Wenn auf diese Paare jeweils 9 Einhörner verteilt würden – 4 mal wertneutral und nur in der 5. Paarung durchaus im Sinne der bisherigen Skalierung – wäre mir zumindest sehr geholfen. Einfach Daumen hoch oder Daumen runter wird der Vielfalt der Produkte und Zielgruppen nicht (mehr) gerecht.
Ich fand deinen ursprünglichen letzten Absatz deutlich cooler, zumal der für mich der einzig wirklich relevante ist, den ich so unterschreiben würde. Alles andere war mir – wie im übrigen auch der ursprüngliche Text von krassling – viel zu theoretisierend (oder besser „formalisierend“?) und vertieft damit nur das Problem, welches ich mit vielen Rezensionen schon von ihrer Grundkonzeption her habe. Immer wenn sich ein Rezensionstext wie eine Checkliste liest, langweilt sie mich und verliert mich als Leser – und das unabhängig davon, ob da nun die Features des Gegenstands der Rezension heruntergebetet oder nacheinander irgendwelche festen Bewertungskriterien abgehandelt werden. Allgemeiner gesprochen: Rezensionen, die sich vorrangig als klassische Produkttests verstehen, funktionieren für mich nicht.
Ich habe mich sowohl als Verfasser als auch als Rezipient lange genug mit Rezensionen auseinandergesetzt, um den Gedanken nachvollziehen zu können, feste Bewertungsmaßstäbe offenzulegen und sich nach diesen richten zu wollen. Letztlich läuft man dabei aber sehr schnell in die Falle, daraus eine vermeintliche Objektivität ableiten zu wollen. Jede gute Rezension ist nichts anderes als die nachvollziehbare Offenlegung einer rein subjektiven Beschäftigung mit dem thematisierten Gegenstand. Und in diesem Sinne ist Objektivität in Rezensionen dann auch vollkommen fehl am Platz. Wer von sich behauptet, in der Lage zu sein, eine objektive Wahrheit wiederzugeben, der belügt ohnehin seine Rezipienten – in den meisten Fällen aber vor allem sich selbst (nix für ungut, lieber E.C.D.).
Ziel des Autors sollte niemals sein, eine korrekte Bewertung zu liefern, sondern eine nachvollziehbare. Um dies zu erreichen ist die intensive Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Rezension genauso unabdingbar wie jene mit dem Kontext, in dem sich dieser befindet. Daraus resultiert letztlich immer ein ganz eigener Blickwinkel, unter dem man das Rezensionsobjekt betrachten kann und sollte. Und um den Kreis nun zum Lobpreis der Schönheit vollständig zu schließen: Dieser individuelle Blickwinkel deckt sich nur in Ausnahmefällen mit jenem, den man sich selbst durch einen festgelegten Satz an Bewertungskriterien aufzuerlegen versucht. Insofern fände ich es äußerst begrüßenswert, wenn sich Rezensenten insgesamt weniger damit beschäftigen würden, wie verschiedene Rezipienten mit dem behandelten Gegenstand umgehen und welchen Wert sie daraus schöpfen können, sondern sich stärker darauf konzentrieren, wie sie die Wirkung, die der Rezensionsgegenstand bei einem selbst ganz persönlich zu entfalten vermag, einer breiten Leserschaft möglichst gut vermitteln können.
@Objektivität: offene Türen mein Lieber, selbstverständlich wäre „OBJEKTIV“ kursiv oder anders als Ironie kenntlich zu machen gewesen…
@Schluss1 vs Schluss2: offene Türen. Den 1. Schluss schrieb das Herz. Den 2. Schluss hatte sich der Frontallappen aber schon viel eher ausgedacht 🙂
@Zielgruppen: das finde ich nun doch nicht abwegig. Wer in der Materie (und den Foren) steckt, wird vielleicht eine Ahnung haben oder heraushören wie der Rezensent tickt. Aber wenn er keine Zielgruppen-Stratifizierung vornimmt, sollte er wenigstens genug Selbstoffenbarung anbieten, dass man ihn selber einer Gruppe zuordnen kann.
Letzt endlich ist aber die Rezension doch in erster Linie Kunstform und nur am Rande eine Entscheidungshilfe. – so geht es mir zumindest. Und Kunst ist sowieso über Kritik erhaben.
Dann sind wir uns ja erschreckend einig – wie langweilig! 😉
@Zielgruppen sprichst du auch genau das richtige an: Der Leser muss den Standpunkt, von dem aus der Rezensent argumentiert, verstehen können – und das auch ohne dass er sich mit dessen früheren Texten auseinandergesetzt hat. Das fällt für mich auch unter den Begriff der Nachvollziehbarkeit, verdient aber definitiv eine gesonderte Erwähnung und damit besondere Betonung. Natürlich spricht auch nichts grundlegend dagegen, sich Gedanken über mögliche Zielgruppen des Rezensionsgegenstandes zu machen und diese in eine Rezension mit einfließen zu lassen. Man läuft hier nur auch wieder allzu leicht in eine Falle, wenn man dann versucht, vom Standpunkt einer angenommenen Zielgruppe aus seine Argumentation und Bewertung aufzubauen, der man aber letztlich überhaupt nicht angehört und über deren tatsächliche Existenz und Sichtweise man somit nur (mal mehr, mal weniger fundierte) Vermutungen anstellen kann. Als kleines Beispiel seien die vielen Vermutungen genannt, die ich schon über den vermeintlich hohen Nutzwert von besonders komplizierten DSA-Sonderregeln für simulationistisch angehauchte Spielertypen gelesen habe, in denen ich mich selbst jedoch mit meinem Verständnis von Simulationismus, dessen Augenmerk weniger auf Komplexität als auf Plausibilität und innerer Konsistenz liegt, nur selten wiedergefunden habe. Zu oft sehe ich dann Rezensenten, die so sehr darauf bedacht sind, allen möglichen Betrachtungsweisen gerecht zu werden, dass ihr ganz eigener Blickwinkel am Ende überhaupt nicht mehr erkennbar ist.
Man merkt vielleicht, was für ein gewaltiger Heuchler ich doch bin, der weiter oben noch eine zu stark theoretisierende Herangehensweise beklagt, selbst aber die größte Freude an Diskussionen wie diesen hat und sich gerne auf solchen Meta-Ebenen mit Rezensionen auseinandersetzt. Gleichzeitig sollte ich an dieser Stelle aber auch erwähnen, dass mein Ego zwar hinreichend groß, aber doch nicht so gewaltig ist, dass ich von mir behaupten könnte, dem meinen Äußerungen zugrundeliegenden Idealbild einer Rezension in meiner eigenen Rezensententätigkeit selbst immer vollständig gerecht werden zu können, wenn überhaupt jemals. Aber so ist das eben mit Idealbildern: Man hechelt ihnen hinterher, mal holt man auf, mal fällt man wieder zurück. Am Ende wird man sie wohl nie wirklich erreichen können und darf doch recht zufrieden mit sich selbst sein, wenn man sich ihnen im allgemeinen Gesamttrend immer weiter anzunähern vermag.
Ein kleines Paradoxon vielleicht noch zum Schluss:
Selbstverständlich ist Kunst über jede Form von Kritik erhaben – das mindert aber keineswegs die Berechtigung und den in meinen Augen nicht geringen Wert einer fundierten Kunstkritik… ^o^
Achja, die Verwendung einer Rezension als Hilfe bezüglich einer möglichen Kaufentscheidung halte ich tatsächlich für extrem wichtig, das macht für mich sogar einen nicht unwesentlichen Bestandteil der Daseinsberechtigung von Rezensionen aus. Nur funktioniert für mich das oben erwähnte und kritisierte Checklisten-Format halt nicht bei Produkten, die mehr sein sollten als reine Funktionsgegenstände, sondern auch einen wie auch immer gearteten künstlerischen Anspruch haben. Da brauche ich die entsprechend nachvollziehbare persönliche Betrachtung eines Rezensenten, um beurteilen zu können, ob sich da ein für mich lohnenswertes Produkt verbirgt. Wenn der Rezensent seinen Job gut macht, kann ich dann auch aus einer sehr negativen Bewertung das Urteil „muss ich haben!“ herausziehen.
Befremdlich finde ich hingegen, wie viele Leute – oder sagen wir besser: ein wie großer Teil jener Leute, die auch bereit sind, Rezensionen öffentlich zu kommentieren – Rezensionen offensichtlich in erster Linie lesen, um ihre eigene Meinung bestätigt zu sehen. Aber ich glaube, das wäre nochmal ein völlig neues Fass, das man da aufmachen könnte und auch hierin verbirgt sich wohl oftmals ein vom Kommentator nur schlecht in Worte gefasstes Unverständnis, gewissermaßen ein Scheitern des Rezensenten bei der Nachvollziehbarmachung seines Standpunktes für den im jeweiligen Fall betroffenen und daher kommentierenden Leser.
Moinmoin,
vielen Dank für diesen Text!
Zwei (hoffentlich) kleine Anmerkungen meinerseits:
„Unnötigster und sinnlosester Band“: Das sehe ich ein wenig anders. Eine Publikation kann zwar unnötig sein, aber „sinnlos“ im Sinne von „effektlos für die DSA-Welt“, wie ich vermute es gemeint war, kann sie eigentlich per definition nicht sein, solange sie offiziell ist.
Im Falle des Rahjasutra: Da es sich hierbei nicht nur um eine offizielle DSA-Publikation handelt, sondern auch noch um ein Ingame-Buch, hat sie selbstverständlich einen Effekt auf die Spielwelt. Die Inhalte des Buchs sind nunmehr gesetzt, im positiven (Kenntnis) wie im negativen (freie Ausgestaltung) Sinne. (Selbstverständlich kann sich eine Gruppe entscheiden, mit ihrem eigenen Rahjasutra zu spielen, aber das trifft natürlich auf sämtliche Hintergründe zu.)
Wie gesagt geht es mir nicht darum, dass man absolut problemlos auf viele Werke verzichten kann, aber die Aussage „völlig sinnlos“ finde ich halt bei einer offiziellen Publikation schlicht nicht korrekt. Kennzeichnet sie als Spaßprodukt und macht sie inoffiziell, wenn ihr nicht wollt, dass sie einen Sinn für’s Spiel erhält.
Zu den Punkten die Rezensionen betreffend:
Mir fehlt noch der Aspekt „Handwerkliches“, unter den der generelle Aufbau, inhaltliche Korrektheit, Verständlichkeit und Rechtscheibung gehören, also Punkte des klassischen Lektorats. Oder ist dies Teil der Designparameter? Das ist mit nicht ganz klar geworden.
Ich halte DSA 5 für höchst überflüssig und kaufe keine entsprechenden Produkte. Meine Gruppe hält es ebenso. Von jeher ist es bei DSA Usus, bestimmte Regeln wegzulassen und andere anzupassen.
Statt der Produktion eines neuen Regelwerks hätte Ulysses gute und erfahrene Autoren für intelligente Abenteuer engagieren sollen (und meinetwegen die Preise erhöhen) statt billige Nachwuchsschreiber ohne Regelkenntnis zu verpflichten. Besonders übel ist das abhackte Ende der Splitterdämmerung, die man einfach nur noch irgendwie zu Ende bringen wollte, ohne Rücksicht auf Verluste. Wenigstens darf sich Michael Masberg des Agrimoth Splitters in Buchform annehmen. Auf Band 2 bin ich schon sehr gepannt.
Ergänzend wäre anzumerken, das es aus kaufmännischer Sicht völlig albern ist, auch für den kleinen Käufermarkt für Myranorprodukte die Regeln ändern zu wollen, damit nicht hinterher zu kommen und folgerichtig jahrelang nichts herauszubringen.
Naja, von wollen kann bei dem erzwungenen Editionswechsel für Myranor und Tharun ja keine Rede sein. Während mein Abschied von Aventurien nach 25 Jahren relativ emotionslos war („ist halt subjektiv nicht die Richtung, die ich gerne gewollt hätte, vielleicht wird die 6. Edition mehr mein Ding, bis dahin und darüberhinaus hab ich sowieso noch genug Material“), hat mich das Knüppel-zwischen-die-Beine-Schmeissen für eine mühsam wieder hochgepäppelte und eine neue Reihe ziemlich sauer gemacht, sodaß ich inzwischen aktiv hoffe, daß dsa5 scheitert, einfach weil es die Verhandlungsposition von Uhrwerk gegenüber Ulysses stärken würde.
Nebenbei finde ich es im Ursprungstext etwas abstrus, einzelne Punkte wie „nicht jeder Band ist für jeden Spieler sinnvoll“ (die bei Licht betrachtet ja mehr Binsenweisheiten sind), die der 4. Edition noch als negativ angekreidet wurden, jetzt plötzlich als brilliante Innovationen verkaufen zu wollen.
Ich glaube die Frage „für jeden Spieler sinnvoll“ ist hier weniger wichtig im Sinn von innovativ oder nicht. Es ist zunächst einmal nur ein zentrales Statement, das wiederholt auftaucht.
Man stellt sich ganz ausdrücklich und explizit gegen den „Komplettsammlerwahn“. Die Frage ob ein Produkt sinnvoll und wertvoll ist wird im Grunde nicht mehr akzeptiert. Es wird einfach gesagt, solange es Leute gibt, die das wollen, ist es ein Produkt, welches wir machen werden. Und wenn es für 98% der DSA-Spieler der größte Unfug ever ist, dann kann es trotzdem ein tolles Produkt sein. Es muss nur den Liebhabern gefallen. Die gleiche Philosophie gibt es ja auch bei den Regeln. Es gibt Fokusregeln fürs Jagen, die nach zwei Stunden 3 Rationen und 5 S Fell ergeben. Für das Gros der Spieler der pure Unfug. Aber es gibt eben Leute die es mögen.
Letzten Endes bedeutet diese Philosphie positiv gesagt, jeder nimmt sich aus dem Baukasten was er will.
Etwas ketzerisch gesagt, könnte man auch formulieren, du darfst persönlich alles gut oder schlecht finden. Aber eine Kritik kann sich niemals über die private Perspektive erheben und größere Relevanz beanspruchen. Solange es irgendjemanden gibt, der es gut findet, ist es gut. Wenn du es persönlich schlecht findest, ist das das allein dein Problem.
Wie man zu dieser Haltung steht, muss jeder für sich selbst beantworten.
Du rennst bei mir offene Türen ein. Gut, vielleicht ist es für manche tatsächlich nötig, das so explizit zu sagen, damit sich niemand genötigt sieht, restlos jedes Produkt zu kaufen, aber eigentlich sollte das selbstverständlich sein.
Worum es mir aber ging, war Folgendes: Im Rahmen einer Rezension von HuK auf dieser Seite traf der/die RezensentIn eine Aussage im Sinne von „Händlercharaktere interessieren mich nicht.“, was in meinen Augen große Teile der Besprechung disqualifiziert hat. Während es natürlich gut ist, daß Nandurion dazugelernt hat, hat das jetzt trotzdem ein bißchen was von „Ozeanien war schon immer im Krieg mit Eurasien.“.