Während sich Nick-Nack, Wolke und Salaza in einem eigenen Disput über die neue Location der RatCon austauschen, gab es auch inhaltlich einiges neues von Ulisses zu hören. In der größeren Herde reagieren hier Nick-Nack, Cifer und Sedef auf die wichtigsten Ankündigungen zu DSA.
Scriptorium
Worum geht’s? Fans dürfen zukünftig auf einer eigenen Plattform Material zu DSA kostenlos oder kostenpflichtig anbieten und dabei das gesamte Regelmaterial und auch ein eigenes Layoutpaket mit Bildmaterial verwenden.
Nick-Nack: Damit hat Ulisses Spiele jetzt konkret gemacht, was vor etwa einem Jahr als Offene Spielelizenz angeteasert wurde. Ein sehr mutiger Schritt, wie ich finde, und auch einer, in den ich große Hoffnungen setze.
Dabei freue ich mich nicht nur auf Material von Fans – davon gab es schon einiges auf Orkenspalter oder auch hier bei Nandurion in Simias Werkbank – sondern auch auf Material, das gerade nicht in die Verlagspolitik passt, aber so dann vielleicht doch noch veröffentlicht wird.
Auch schön fand ich Markus Plötz Satz im Interview mit Orkenspalter TV: “Wir haben ja oft Zuschriften ‘hey, das hätte ich besser hinbekommen’ und ich freue mich tatsächlich darauf, dass Leute mir beweisen, dass sie es besser hinbekommen”. Letztlich ist die Plattform damit auch ein Ort für Experimente, an dem sich zeigen kann, was DSA Spielern gefällt, und was nicht.
Sehr gespannt bin ich auch auf das Umfeld um die Plattform, das sich bilden wird: Rezensionsseiten, Bestenlisten, Diskussionen,… denn wenn andere Plattformen wie Steam Workshop etwas gezeigt haben, dann, dass es sehr schwer sein kann, das wirklich gute Material zu finden.
Cifer: Da bin ich noch nicht ganz so zuversichtlich. Die Idee an sich ist erstmal klasse – wenn sich jemand findet, der ein Abenteuer zusammenbastelt, das mit den Profis mithalten kann, warum soll der nicht auch dafür bezahlt werden? Allerdings befürchte ich, dass es eben nicht gar so viel Rückmeldung geben wird, dass man da problemlos die Perlen findet. Zumindest sind die Kommentarspalten bei Orkenspalter, DSAForum und Simia noch nicht gerade übervoll, wenn es um eingereichte Abenteuer geht. Ob das bei Bezahlcontent mit entsprechender Zugangsschranke wirklich besser wird? Natürlich können sich auf der anderen Seite auch die “Profi”-Rezensenten das etwas genauer anschauen. Zumindest die eine oder andere Kurzrezension könnte ich mir da bei uns ganz gut vorstellen.
Hoch anrechnen tue ich Markus auch die gezeigte Selbstkritik, was das Debakel der damaligen Fanrichtlinienveröffentlichung angeht. Wenn jetzt noch der Knatsch um NA beigelegt wird, hoffe ich, dass damit wieder ein entspannteres Verhältnis zum Fandom anbrechen könnte. Die Voraussetzungen sind dank der wirklich beeindruckenden Projekte Skriptorium und Wiki günstig wie lange nicht mehr.
Bleiben wir gespannt, lieber Leser!
Sedef: Eine sehr schöne Idee, die nach längerer Ruhepause jetzt offenbar doch umgesetzt wird. Eine zentrale Plattform für Material von Fans ist eine gute Sache, und der Zugriff auf Regelmaterial und neues Layout-Material erweitern die Möglichkeiten da nochmal ein Stück.
Interessant dürfte für diejenigen, die Spielhilfen dort anbieten wollen, aber auch werden, wie es mit ihrem Material weitergeht – zum Beispiel, ob andere Fans ihre Ideen und Texte weiterbearbeiten dürfen, und wer bei Weiterentwicklungen als Autor aufgeführt wird. Dazu ist mir noch nicht klar, ob es für das Material dann auch eine Art Bewertungssystem (gerade bei kostenpflichtigem Material) geben wird.
Für den Verlag kann das eine Menge Arbeit bedeuten, es könnte aber auch ein großer Pool für Ideen und eine interaktive Spieler-Basis werden. Ich bin sehr gespannt, wie das fertige Scriptorium dann letztlich aussehen wird.
Regel-Wiki
Worum geht’s? Ab September wird Ulisses Spiele nach und nach alle Regel- und Crunch-Elemente von DSA 5 in einem Wiki ins Internet stellen.
Nick-Nack: Mit diesem Schachzug hat Ulisses meiner Ansicht nach allen Kritikern, denen die Aufteilung der Regeln auf mehrere Bände zu unübersichtlich war, den Wind aus den Segeln genommen. Ich selbst als großer Fan des elektronischen Mediums freue mich schon auf die verbesserten Suchmöglichkeiten und hoffe auf ein Handy-freundliches Design, um schnell Dinge am Spieltisch nachlesen zu können.
Ich gehe auch davon aus, dass das Wiki den Verlag keine größeren Umsätze kosten wird. Als echter Fan kauft man sich weiterhin das Buch oder das PDF, schon allein, wegen der schönen Bilder. Lediglich bei Werken wie den Rüstkammern kann ich mir vorstellen, dass der ein oder andere dann doch zu Gunsten eines Blicks ins Wiki verzichtet, gerade, weil hier der Fluff, der nicht im Wiki enthalten sein wird, oft nur von mittelmäßiger Qualität war.
Cifer: Hui, das ist wirklich heftig. Alle Regeln ins Wiki ist eine deutliche Ansage. Nachdem ich in letzter Zeit öfters mal das Gefühl hatte, dass DSA bei etlichen Dingen was die Nutzerfreundlichkeit angeht einem gewissen anderen Rollenspiel in hellblau hinterherhinkte, setzt man sich hier klar an die Spitze. Hoffen würde ich allerdings darauf, dass man sich gleich noch eine weitere Scheibe vom Mitbewerber abschneidet und zum Beispiel auch Klarstellungen (siehe die Diskussion zum Gezielten Schlag mit Trefferzonen und Ämpfindlichkeiten) und Errata zeitnah erarbeitet und dort publiziert – die schnelle Veränderbarkeit ist ja gerade eine der Stärken einer solchen Struktur.
Sedef: Das ist wirklich mal eine Ansage. Eine solche Wiki wird beim spielen von DSA5 enorm hilfreich sein – schließlich kann man jede Regel kurz mit dem Smartphone nachgucken, egal ob die Bücher auf dem Tisch oder zuhause sind. Der Aufwand, die Wiki zu befüllen und fortlaufend aktuell zu halten scheint mir aber auch ziemlich hoch zu sein. Über die Fragmentierung von Regeln kann sich bei einer fortlaufenden und aktuellen Wiki aber dann eigentlich niemand mehr beschweren.
Regionalspielhilfen
Worum geht’s? Die nächste Regionalspielhilfe beschäftigt sich mit der Westküste. Die weiteren Regionalspielhilfen wurden umsortiert: Erst sollen klassisch ritterliche Settings wie der Kosch beschrieben werden, “Exoten” wie Thorwal und das Bornland kommen erst später.
Nick-Nack: Die Entscheidung, erst den “Kern” Aventuriens auszuarbeiten, um so schneller englisches Material bereitzustellen, kann ich gut nachvollziehen. Allerdings würde ich mir aus dieser Sicht auch eine große Kampagne in diesem Gebiet wünschen, denn sobald erst die Regionalspielhilfe erschienen ist, ist die Region erst einmal für eine Weile eingefroren. Gerade die lebende Geschichte, die im Ausland so gut angekommen ist und der Hauptgrund für mich bleibt, DSA zu spielen, wird dadurch eher zu einem eingefrorenen Standbild.
Cifer: Hat dir das arme Mittelreich nicht genug gelitten, dass du schon wieder Kampagnen forderst? Allerdings frage ich mich, ob es so clever ist, Aventurien aus englischer Sicht wieder beim Mittelreich zu beginnen, statt von vornherein auch in den Publikationen klarzumachen, dass Aventurien mehr kann als der x-te Fäntelalter-Tolkienklon. Zudem behandelt das letzte auf Englisch erschienene DSA-Computerspiel Skilltree Saga Demonicon, durch das DSA einem breiteren Publikum bekannt geworden sein dürfte, ja auch einen der exotischeren Schauplätze.
Nick-Nack: Ein System, das eine Sache sehr gut macht, finde ich immer sympathischer als eines, das viele Dinge okay kann. Insbesondere, wenn The Dark Eye als märchenhafte Mittelalterfantasy verkauft wurde (die ich persönlich mit DSA auch am liebsten spiele). Und an Demonicon möchte ich Das Schwarze Auge nicht gemessen sehen, eher an so schönen Spielen wie Satinavs Ketten.
Cifer: …dessen Nachfolger Memoria zur Hälfte an Orten wie Fasar, der Gor und dem Raschtulswall spielte.
Sedef: Ihr seid dabei, das Thema etwas zu verlieren, also grätsche ich einfach mal dazwischen. Die Reihenfolge der Bände wirkt auf mich etwas planlos, zumal Thorwal ursprünglich einer der ersten Bände werden sollte. Auch sollte ein “wärmerer Schauplatz” eigentlich auch kurzfristig erscheinen. Ich will aber vor allem endlich erfahren, wie es nach dem Ende von Friedlos und den jüngeren Botenartikeln in Thorwal weitergeht. Dafür warte ich als Thorwal-Fan gerne auch etwas länger, wenn der Band dafür dann auch gut wird.
Magieband
Worum geht’s? Im ersten von zwei Magiebänden werden Gildenmagier, Viertelmagier, Scharlatane, Zauberbarden und Zaubertänzer vorgestellt.
Nick-Nack: Ein paar Punkte aus der Ankündigung haben mir besonders gut gefallen: Die Zauber sollen ausführlich gegeneinander austariert sein und der Wildwuchs aus Zaubern und Modifkationen wurde so aufgeteilt, dass Modifikationen jetzt wirklich nur noch Modifikationen darstellen, und keine komplett neuen Effekte mehr abbilden. Ein wenig habe ich zwar noch Sorge, dass es dadurch zu kleinteilig wird, und man auf einmal dreimal so viel Zauber kennen und beherrschen muss, um die gleichen Effekte wie früher erzielen zu können, aber derzeit stehen meine Hoffnungen noch hoch.
Auch haben mir die Magie-Stile bisher sehr gut gefallen. Das hat mich selbst überrascht, denn die Kampfstile aus dem Kompendium empfinde ich immer noch als unausgereift, aber die Beispiele aus dem Magiewerk hören sich da bisher deutlich besser an.
Das Beispiel von der RatCon war “Ignoriere 1 Punkt Seelenkraft bei Beherrschungszaubern” – ein Effekt, den man so ähnlich auch durch Steigern von Attributen oder Zauberfähigkeiten erzielen könnte, der aber dennoch nie ganz erreicht werden kann und sich durchaus bemerkbar macht.
Dazu im Vergleich der Elenvina-Stil des Kompendiums, der einem erlaubt, die SF Anführer als freie statt reguläre Aktion durchzuführen: ein Effekt, den ich anders nicht darstellen könnte, egal, was ich kaufe, und ohne den die SF Anführer mehr oder minder witzlos ist.
Ich hoffe, dass auch die anderen Magie-Stile ähnlich funktionieren.
Cifer: Ich erwähnte es schonmal zum Kompendium: Hallo, Klassensystem! Bei diesen Zauberstilen bin ich noch immer der gleichen Meinung. Entweder sind es relativ schwache Effekte, dann sind sie wurscht und nur noch ein weiterer Modifikator, den man im Kopf behalten muss. Oder sie werden zu einschneidend, dann hat man wieder das DSA4.1-Phänomen der drölfzig thorwalschstämmigen Krieger, die halt jetzt stattdessen alle meinetwegen Bethaner Kampfmagier sind und damit S&S, Andergast und Al’Anfa doof dastehen lassen, weil nur die Bethaner die Superspezialstabwedelei mit doppeltem Flicflac beherrschen. Einzig positiver Aspekt: Beim Zweitstudium kann es jetzt mehr Sinn machen, in verwandte Akademien zu gehen, um zum Beispiel die Beherrschungsboni von Fasar und Lowangen abzugreifen, statt dass der pazifistische Norburger wie zuvor am besten bei der S&S vorstellig wird, um ja möglichst unterschiedliche Hauszauber abzugreifen. Bei den Magiedillettanten kommt es mir etwas seltsam vor, dass man zwischen intuitiven Zauberern und Zauberhandwerkern streng trennt, statt die Mischung z.B. in Form des Meisterheilers mit MH Heilkunde Wunden und Balsam zuzulassen.
Interessant fand ich allerdings die Nennung des Schelms, den man für den nächsten Magieband überarbeiten möchte, damit er spielbarer wird. Ich bin gespannt, ob das erstens gelingt und zweitens die Spieler diese Neuerung auch annehmen, statt noch in zehn Jahren das Bild des Nervschelms weiterzupflegen – oder ob sich erst Unteregger an die Koboldsqueste setzen muss. Auch, dass anscheinend manche Traditionen regeltechnisch aufgesplittet werden und zum Beispiel die Qabalya von den Gildenmagiern durch leichtere heimliche Zauberei getrennt werden, klingt durchaus spannend.
Apropos Gildenmagier: Bei der Auflistung der Stabzauber konnte ich mir ja ein Grinsen nicht verkneifen – etliche davon kamen mir als Myranorspieler doch sehr bekannt vor. Allerdings war auch der Zauberspeicher wieder enthalten, der wohl etlichen 4.1-Spielleitern noch posttraumatische Episoden beschert (Triggerwörter „Oh, jetzt muss ich sogar mal meine ‚echten‘ AsP anbrechen“). Sorgen, dass damit die Magiekundigen den Nichtmagiern wieder davonziehen, habe ich wenig, aber ich bin gespannt, ob man es schafft, die Gildenmagier diesmal nicht den restlichen Zauberern weit überlegen zu machen.
Sedef: Da kann ich gar nicht mehr so viel hinzufügen. Von austarierten bzw. “gebalanceten” Zaubern und Zaubertraditionen ist bereits seit der ersten Magiebox von DSA 4.0 die Rede, aber dieses Ziel hat sich bisher immer als praktisch nicht erreichbar erwiesen. Bei den Zauberstilen fände ich kleine Vorteile ganz nett, größere Vorteile führen dagegen meist zu ungewollten Synergieeffekten, die – genau – das Austarieren letztlich verhindern.
Karte
Worum geht’s? Ulisses Spiele wird eine etwa 2,5 m x 1,8 m große Aventurienkarte herausbringen.
Cifer: Wenn die aus etwas stabilerem und ansehnlicherem Material ist als das vom Konzept auch sehr hübsche Zwölfgötterbanner: Schnuffig, sehr gerne doch!
Sedef: Und bitte ohne weißen Rand zum selber abschneiden. Und mit mehr Details als die reguläre Aventurienkarte. Ansonsten: Wer irritierte Blicke von Besuchern nicht fürchtet, dem kann ich eine so große Karte an der Wand neben dem Spieltisch nur empfehlen. Ein Laserpointer für den Spielleiter, und jeder weiß, wo sich die Helden gerade befinden. Geübte Handwerker können aber auch die alten DSA3 Kartensets passend zusammenkleben. Ich meine, das ergibt sogar eine noch etwas größere Karte.
Nick-Nack: Leider habe ich auf der RatCon keine Bilder zur neuen Karte sehen können. Auch bin ich eher ein Fan elektronischer Medien. Daher ist die Karte nicht ganz mein Thema.
Danke für den Artikel 🙂
Habt ihr auch beim Sternenfall zugehört? Sau spannendes Thema zu dem es bislang weder ein Video noch irgendwelche Posts gab…
Was die Regionalspielhilfen angeht, sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass mit dem Kosch und den Nordmarken auch die Zwerge als Spielerrasse schon etwas früher mit Quellenmaterial unterfüttert werden sollen. Das ist der eine in der Diskussion etwas untergegangene – aber vermutlich gerade für die Eroberung des englischsprachigen Markts nicht unwesentliche – Aspekt, den ich für extrem vorteilhaft an der neuen Publikationsreihenfolge halte. Ansonsten hätte ich aber Thorwal und eine Südregion zunächst auch für spannender gehalten.
Guter Punkt. EDO ohne D geht halt nicht.
Demonicon war vielleicht das letzte offizielle DSA Computerspiel auf Englisch, aber unsere Drakensang Mod Das Auge der Göttin/The Eye of the Goddess gibt es ebenfalls in einer englischen Version. Wollte ich nur mal angemerkt haben. 😉
Was ist der von Cifer erwähnte „Knatsch um NA“? Was ist „NA“?
Neue Abenteuer, es geht um die Thematik hier:
http://neueabenteuer.com/wir-sind-unbequem-geworden/
Die Rants sind das Beste, was ich in den letzten Jahren seit dem Niedergang von alveran.org gelesen habe. Mit dem neuen Wiki machen Ulisses endlich seit langem mal etwas richtig.
Ich als DSA-nicht-möger finde das sowohl das Scriptorum als auch das Wiki großartige Ideen sind, und hoffe mal, das es so klappt wie die DSA-Möger es sich vorstellen (Alleine schon die Möglichkeit, ein käufliches „Fate of Aventuria“ erstellen zu können ist in meinen Augen eine sehr coole sache. Mal als hater gesagt.)
P.S.: Aus irgendeinem Grund kann ich Nandurion nicht mehr über mein Smartphone aufrufen… betrüblich…
Durch die vier Regionalspielhilfen, haben wir derographisch zusammenhängende Erzählräume. Das finde ich besser als andersrum.
Das Havena als eigenständige Spielhilfe rauskommt…das ist so geil. Muß gleich die von 85 in die Arme nehmen und sie fest drücken.