Glossar

»Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.«
— Ludwig Wittgenstein

Wie so viele soziale Gruppen haben jene Menschen, welche die sogenannten Pen&Paper Rollenspiele spielen, mit der Zeit ein eigenes Vokabular hervorgebracht. Dieses Vokabular besteht nicht nur aus Fachbegriffen und Redewendungen. Nein, es enthält auch Konnotationen und Konventionen. Manchmal sind diese uns von Nutzen und manchmal stehen sie uns im Weg. Bisweilen sind sie womöglich sogar in der Lage unseren Verstand zu verhexen, wie es der Philosoph Wittgenstein befürchtete. In seinen Kolumnen macht Krassling viele Worte. Damit seine Leser nicht allein gelassen oder in die Irre geführt werden, führt er hier ein Verzeichnis von Worten. Eine Aufzählung von Begriffen, die ihm wichtig erscheinen, damit der geneigte Leser zumindest die Chance hat, sich nicht verwirren zu lassen.

Abenteuer: Organisationseinheit des Spiels und gleichzeitig Bezeichnung einer Produktgruppe von Publikationen. Ein Abenteuer bildet einen abgeschlossenen Handlungsbogen und wird üblicherweise mit der gleichen Gruppe von Spieler-Figuren und Spielern gespielt. Als Publikation wird das Abenteuer als Einzelwerk, in einer Sammlung oder als Beiwerk zu anderen Produkten vertrieben. Das Spielen eines Abenteuers kann sich über mehrere Sitzungen erstrecken. Mehrere Abenteuer können eine Kampagne bilden.

Abenteuern (Verb): Von Lars-Hendrik Schilling geprägter Begriff, der beschreibt, dass die Spieler (und ihre Figuren) aktiv dem Abenteuer folgen und die Handlung vorantreiben.

Alzheimermagie: Anspielung auf die durch Dungeons & Dragons populär gemachte Form der Zauberei, bei der ein Zauberspruch nach jedem Wirken „neu gelernt“ werden muss. Ursprünglich ein Konzept aus Jack Vance Dying Earth Zyklus. In der Sterbenden Erde sind Zaubersprüche so mächtig, dass sie durch eine Art Beschwörung mühsam im Kopf verankert werden müssen. Nachdem sie ausgelöst wurden müssen sie erst erneut in den Kopf beschworen werden, bevor sie dem Zauberer wieder zur Verfügung stehen.

Battered-Group-Syndrome: Defizit einer Spielrunde, welche unter einem gestörten Vertrauensverhältnis, speziell zu der Person oder dem Amt des Spielleiters leidet. Eine Spielrunde, in der die Spieler ständig unter dem Eindruck stehen durch den Spielleiter benachteiligt, gedemütigt oder sonstwie schlecht behandelt zu werden, hat oftmals mit spezifischen Problemen zu kämpfen, die bei einem funktionierenden Vertrauensverhältnis nicht auftreten.

Chronik: Organisationseinheit des Spiels. Auch Saga genannt. Gesamtheit aller Erlebnisse, die eine Gruppe von Spieler-Figuren (und damit deren Spieler) miteinander teilt. Eine Chronik kann demnach aus einer Vielzahl von Abenteuer oder auch Kampagnen bestehen. Eine Chronik endet üblicherweise, wenn die Spieler-Figuren in den Ruhestand geschickt werden, allesamt zu Tode kommen oder die Spieler die Lust verlieren und gemeinsam beschließen eine neue Gruppe von Spieler-Figuren zu erschaffen.

Erzählraum: Ein Designkonzept für Aventurien. Im Grunde schon mit den ersten Regionalbeschreibungen entwickelt, jedoch erst für die fünfte Edition des Schwarzen Auges explizit als Begriff definiert. Gemeint ist damit die Unterteilung des Kontinents Aventurien nicht einfach in geographische Regionen, sondern vielmehr in voneinander getrennte Erzählräume. Jeder dieser Erzählräume folgt der ihm eigenen Logik seines jeweiligen Settings. Die verschiedenen Regionen bilden dabei kein in sich konsistentes Gesamtgebilde, sondern existieren nebeneinander. Auf diese Weise ist es möglich, dass in Aventurien Kulturen und ihre Technologien gleichberechtigt nebeneinander existieren, deren irdische Entsprechungen mehr als Tausend Jahre auseinander liegen.

Figur: Eine fiktive Person in einem Rollenspiel. Dabei kann es sich auch um einen Drachen, Kobold oder eine Gruftassel handeln.

Geist-Genres: Systematik zur Einteilung von Geschichten nach Lars-Hendrik Schilling. Die Einteilung erfolgt nach dem Verhältnis des menschlichen Geistes zu den Grundkräften der Welt. Neben der Phantastik gibt es Materialismus, Verneismus und Kosmizismus.

Gruppe: (engl. Party) Gesamtheit der Spieler-Figuren einer Chronik.

Handlung: Der realisierte Verlauf einer Geschichte am Spieltisch. Der für ein Abenteuer festgelegte Plot wird durch die individuellen Entscheidungen der Spielrunde zu einer konkreten und einzigartigen Handlung. Ein und dasselbe Abenteuer hat also immer den gleichen Plot, aber jede Spielrunde erschafft ihre eigene Handlung.

Hartwurst: Slang-Ausdruck. Angeblich entstanden nachdem ein (nicht-DSA-spielender) User im Tanelorn-Forum seine Verblüffung zum Ausdruck gebracht hatte, dass es in DSA-Ausrüstungslisten so etwas wie eine Hartwurst gibt. Seitdem steht der Begriff für einen extremen Detailgrad in der Beschreibung von nachrangigen Themen. Oftmals negativ konnotiert kann der Begriff auch adjektivisch gebraucht werden. Wenn etwas als „hartwurstig“ kritisiert wird, dann bringt der Kritiker damit zum Ausdruck, dass er den Detailgrad für übertrieben hält.

Held/Heldin: In der Welt des Schwarzen Auges der Markenbegriff für Spieler-Figuren. Es gibt plausible Hinweise, dass Kiesow und Fuchs diesen Begriff wählten, um damit einen moralischen Anspruch an die Darstellung dieser Figuren durch die Spieler zu formulieren.

Kampagne: Organisationseinheit des Spiels. Gelegentlich Ordnungsbegriff einer Gruppe von Publikationen. Eine Kampagne besteht üblicherweise aus mehreren zusammenhängenden Abenteuern. Dieser Zusammenhang wird üblichweise über ein Thema, den Ort oder die handelnden Figuren (nicht allein Spieler-Figuren) hergestellt. Der Übergang von einem längeren Abenteuer zu einer kurzen Kampagne ist dabei fließend. Genauso taucht der Begriff auch für Abenteuer-Publikationen auf. Meist handelt es sich um mehrere Einzelbände, die als eine Kampagne beworben werden. Gelegentlich spricht man aber auch von einem einzelnen Kampagnenband.

Lindner-Motto: Dem ehemaligen DSA-Redakteur und Splittermond-Designer Ulrich Lindner zugeschriebenes Lebensmotto. „Lieber gar nicht spielen als mit Idioten spielen.“ Wer also einem über seine Mitspieler jammernden Rollenspieler das „Lindnern“ empfiehlt, erhebt das Rollenspiel zum hochrangigen Kulturgut, welches nicht durch „schlechtes Spielen“ beschmutzt werden darf.

Meister/Meisterin: Markenbegriff des Schwarzen Auges für die Rolle des Spielleiters. In der ersten Edition des Schwarzen Auges noch mit den Insignien der Macht, der Maske des Meisters, ausgestattet. Solche herausragenden Individuen bestanden wohl damals auch auf der Anrede „erhabener Meister“.

Michalski-Prinzip: „Die Dinge einfach mal nicht kacke finden.“ Eine Einstellung wohlwollenden Optimismus´ bei der Rezeption popkultureller Angebote. Nach dem Verfasser Thomas Michalski, der in seinem Blog mit obigen Worten zu einem weniger destruktiven Umgang mit popkulturellen Medien und einer stärkeren „die Dinge mögen“ Haltung aufrief.

Mingersche Savage-Worldbuilding-Methode: Von Savage World Redakteur Michael Mingers vorgestellte Methode, um mit einer Spielrunde ein gemeinsames Setting in vier Schritten zu entwerfen. A) Jeder nennt drei Schlagwörter, die ihm für die Kampagne vorschweben. B) Jeder streicht einen Begriff aus der gemeinsamen Liste und begründet seine Auswahl. C) Jeder hebt einen der verbleibenden Begriffe hervor, der ihm besonders wichtig ist und begründet dies. D) Auf Basis der gegebenen Schlagwörter versucht die Runde ein gemeinsames Setting zu erschaffen. Dabei sind die drei Kernfragen zu beantworten: Wer sind die Spieler-Figuren? Was machen sie in diesem Setting? Wer/Was steht ihnen dabei im Weg?

Miniatur: Ein Marker, Pöppel, Pappaufsteller oder Zinnfigur. Letzten Endes alles, was eine Rollenspiel-Figur auf dem Spieltisch physisch repräsentiert. Streng genommen handelt es sich natürlich nur bei letzterem um eine echte Miniatur. Dennoch wird der Begriff von Krassling als Oberbegriff für jede mögliche Ausprägung dieser Funktion verwendet.

Mitspieler/Mitspielerin: Ein Mensch, der in einer Rollenspielrunde mitspielt. Im Gegensatz zu einem Spieler kann ein Mitspieler auch der Meister sein.

Nichtspieler-Figur: (eng. Non-Player-Character) Alle Figuren des Spiels mit Ausnahme der Spieler-Figuren. Üblicherweise werden diese Figuren vom Spielleiter gesteuert. Es gibt Figuren, die sich in Grenzbereichen bewegen, wie menschliche oder tierische Begleiter der Spieler-Figuren.

Plot: Der durch den Autor des Abenteuers vorgedachte und niedergeschriebene Verlauf eines Abenteuers. Im Gegensatz dazu steht die Handlung, welche die Runde am Tisch gestaltet.

Runde (auch Spielrunde): Gesamtheit der Mitspieler einer Rollenspielrunde. Auch der Meister spielt mit, Leute!

Sitzung: Organisationseinheit des Spiels. Eine Sitzung ist üblicherweise durch die Zusammenkunft der Menschen am Spieltisch definiert. Sie beginnt sobald die Personen versammelt sind und endet, wenn diese wieder nach Hause gehen, respektive den virtuellen Raum verlassen. Eine Sitzung kann in Szenen unterteilt werden. Eine oder mehrere Sitzungen bilden ein Abenteuer.

Spieler/Spielerin: Eigentlich die Menschen, die gemeinsam eine Spielrunde bilden. Häufig jedoch als Kurzform für die Führer einer Spieler-Figur verwendet. Also alle Spieler, die nicht das Amt der Spielleitung inne haben. In vielen Runden immer noch überwiegend oder ausschließlich männliche Personen.

Spielerermächtigung (eng. Player Empowerment): Sammelbegriff für verschiedene Konzepte, den Spielern Aufgaben und Optionen zu übertragen, die klassisch der Spielleitung vorbehalten sind.

Spieler-Figur: (eng. Player-Character) Für die Menschen am Spieltisch sind diese Figuren, die wichtigsten Entitäten in der aktuellen Spielwelt. Üblicherweise führt jeder Spieler mit Ausnahme des Spielleiters eine eigene Figur durch die Spielwelt. Sie ist gewissermaßen sein Avatar und Identifikationspunkt. Häufig werden die Erwartungen an Handeln und Wirken der Spieler-Figuren primär von Vorstellungen außerhalb der Spielwelt geprägt. Besonders verbreitet ist die Vorstellung der Spieler-Figuren als Protagonisten einer interaktiven Heldensaga. Unter diesem Blickwinkel schrumpft der Rest der Spielwelt inklusive aller weiteren Figuren zu einer Bühne, die allein der Inszenierung der Spieler-Figuren gewidmet ist. Dadurch verspricht man sich größtmöglichen Spielspaß durch die umfassende positive Verstärkung der Identifikationsfigur der Spieler.

Spielertypen: Ein systematischen Konzept zur Einteilung von Spielern nach ihren primären Interessen am Spiel. Die am weitesten verbreitete Einteilung der Typen stammt von Robin D. Laws. Krassling referenziert gerne auf eine vereinfachte Einteilung in Machtspieler und Stimmungsspieler.

Spielleiter/Spielleiterin: Rolle eines Mitspielers innerhalb der Runde. Diese Person führt als einziges Mitglied der Runde keine eigene Figur im Spiel. Stattdessen übernimmt sie neben einer Vielzahl anderer Aufgaben auch die Inszenierung aller Figuren, welche keine Spieler-Figuren sind. Aufgrund der hohen Anforderungen allzu oft schwierige und unbeliebte Aufgabe in der Runde. In machtorientierten Spielrunden auch gelegentlich als Feindbild zu den Spielern wahrgenommen. Im englischen Game Master oder im D&D Umfeld auch Dungeon Master genannt.

Spielleitung: Die hohe Kunst, die Rolle des Spielleiters in einer Rollenspiel-Runde zu übernehmen. Während die theoretische und praktische Unterstützung der Spieler meist eher kurz kommt, existiert zahlreiche Literatur und anderes Material darüber, wie man ein guter Spielleiter wird. Deren praktischer Nutzen ist jedoch leider oftmals beschränkt. Wie bei den meisten sozialen und/oder künstlerischen Tätigkeiten kann keine Theorie die praktische Übung ersetzen.

Total Party Kill: Slang-Ausdruck. Ereignis bei dem die gesamte Gruppe zu Tode kommt. In der Regel unbeabsichtigter Ausgang einer kämpferischen Herausforderung. Beendet automatisch die Chronik der derzeitigen Gruppe.