„Zu viel nackte Haut!“
„Gab es früher doch auch schon!“
„Das ist nicht aventurisch!“
„Aber Flügelhelme, ja?“
„Haben die Zeichner denn gar keine Ahnung?“
„Früher waren die Cover eh viel besser!“
„Quatsch, früher war doch alles nur Yüce…“
„Damit tut sich Nandurion… äh Ulisses keinen Gefallen!!!“
Diese Aussagen (bis auf die letzte) sind natürlich pointiert, aber bei der Heftigkeit, mit der manche Forendiskussion um die Cover von DSA-Neuerscheinungen geführt wird, sind sie nicht unbedingt weit von der Realität entfernt. Natürlich lässt sich über nichts so herrlich streiten wie den eigenen – oder fremden – Geschmack. Jeder hat ihn, kann etwas dazu sagen, ist aber meist anderer Meinung als die anderen und wirklich richtig oder falsch kann man dabei auch nicht liegen. Endlose Möglichkeiten zur Diskussion sind also garantiert. Entsprechend können sich feurige Duelle entspannen, bei denen im Endeffekt die einzigen einigermaßen harten Kritikpunkte in der technischen Qualität und der aventurischen Stimmigkeit zu finden sind.
Dabei greift gerade bei der aventurischen Stimmigkeit oft das Henne-Ei-Problem: Muss das Bild eines Produkts nun der angenommenen aventurischen Stimmigkeit entsprechen oder definiert sich diese nicht vor allem erst einmal über die entsprechenden Bilder, vielleicht auch einmal neu? Im Rückblick passt manches Bild aus heutiger Sicht nur schlecht in „unser“ Aventurien, doch sollte man bei der Bewertung nie die jeweiligen Hintergründe der Zeit, zu der es entstand, vergessen. Bei einem Spiel wie DSA, das nun bald in sein 29. „Lebensjahr“ eintritt und in dem der Hintergrund sich fast evolutionär entwickelt hat – inklusive ausgestorbenen Stilrichtungen – entstehen fast zwangsläufig Generationenkonflikte, wenn Fans der alten Meister mit ihrem Bild von Aventurien auf die Anhänger der jüngeren Kreativen treffen, die völlig legitim in ihren Werken ihre Interpretation der Welt zeigen. Und so, wie für die einen die Bilder von Ugurcan Yüce noch immer DIE Verkörperung der aventurischen Realität darstellen, schwören die anderen auf die „Neuen“ wie Marcus Koch oder Anna Steinbauer.
Welche Funktion hat eigentlich das Cover eines Buches überhaupt? Da wir nur interessierte Laien sind, haben wir uns einmal umgesehen, was uns die Profis übers weltweite Netz so zuflüstern. Dabei sind wir auf die Seite des Künstlers Thomas Pradel gestoßen, der uns folgendes anbietet:
„Die werbende Funktion gehört zu den wichtigsten Argumenten eines guten Buchumschlags. Die meisten Verlage betrachten den Umschlag als das wichtigste Werbemittel und als Grundlage jeder weiteren Werbeaktion. Ein Buchumschlag soll aber nicht nur werben, sondern auch informieren. Er soll Inhalt und Charakter eines Buches vermitteln, aber auch über die Zugehörigkeit zu einem Verlag oder einer Reihe Aufschluss geben.“ (Quelle: Thomas Pradel)
Auch bei DSA sehen wir genau das. So haben Schmidt-Spiele und Fanpro jeweils ihr eigenes, unverwechselbares Design beigesteuert. Auch die Regeleditionen unterscheiden sich durch unterschiedliche Cover-Stile. Man kann so anhand der Gestaltungselemente, zum Beispiel der Position und Form des Logos, des gezeigten Bildausschnittes, Rahmens etc. erkennen, zu welcher Edition ein Cover gehört und zu welcher Zeit es entstanden ist. Einzig der Ulisses Verlag hat bisher auf ein völlig neues Layout verzichtet und das schon von Fanpro entwickelte DSA4-Design nur behutsam erweitert.
Gerade im Rollenspielbereich ist es darüber hinaus auch so, dass insbesondere die Cover das Bild der Spielwelt maßgeblich mitbestimmen. Sie sind die Hauptquelle für farbige Abbildungen, die gegenüber Schwarz-Weiß-Bildern meist einen stärkeren und lebendigeren Eindruck vermitteln. Umso wichtiger sind sie dementsprechend und umso kritischer stehen die Fans diesen „Fenstern“ in ihre Welt gegenüber. Zudem transportiert es für den potentiellen Neukunden gleich einige Basisinformationen, wie zum Beispiel die Genrezugehörigkeit und das Setting. Man muss beispielsweise kein eingefleischter DSA-Fan sein, um nach Betrachten der Regionalbände eine grobe Idee von der Spielwelt zu haben. Wir sehen klassische Fantasymotive vor verschiedensten Hintergründen. Niemand wird also beim Kauf eines DSA-Produktes Handfeuerwaffen oder ein Endzeitszenario erwarten. Andererseits wird sich der aufmerksame Fan bei Betrachtung der Erstauflage der Geographia Aventurica zum Beispiel angesichts des Kreuzes auf dem Dach sicherlich fragen, was ihm der Künstler damit sagen will.
Ordnung ins Chaos — Wie der Bilderflut Herr werden?
Kaum jemand dürfte dabei einen genauen Überblick über alle Cover haben. Wie war der Stil denn früher wirklich? Hat Yüce tatsächlich nur Flügelhelme und Schnauzbärte fabriziert? Und gibt es unter Ulisses mehr nackte Haut als zu Fanpro- oder Schmidt-Spiele-Zeiten?
Um Licht in diesen seligen Erinnerungssumpf zu bringen, haben wir – Salaza und Wolkentanz – ganz tief in unser Regal gegriffen und uns angesehen, was damals tatsächlich auf den DSA-Titelbildern zu finden war. Wir haben dabei eine Menge Cover gesichtet, aber nicht alle DSA-Produkte mit einbezogen – schon aufgrund der schieren Menge. Nicht dabei sind z. B. die Cover der DSA-Romane, die aus fertigen Elementen arrangierten Cover (oft von Ralf Berszuck erstellt, z. B. die DSA-Kartensets und die Aventurischen Archive) und auch nicht die mit Gold- oder Prägedruck erstellten Cover von limitierten Editionen oder des Lexikons.
Ein wenig Statistik …
So bleiben stolze 344 Cover übrig, die in fast 29 Jahren von 49 Künstlern angefertigt wurden. Von diesen haben 22 jeweils nur ein Cover beigetragen – andererseits wurde die Hälfte aller Werke von nur sechs Künstlern gemalt. Natürlich lösen wir noch auf wer diese sechs sind, gehen dabei aber gemeinerweise wie in einer billigen TV-Show vor und lassen euch noch ein bisschen zappeln.
Zugegebenermaßen waren wir etwas überrascht, über wie viele Bilder wir hier tatsächlich reden und wie flüchtig die Erinnerung an viele von ihnen im Laufe der Jahre geworden ist. Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen – und die Länge der einzelnen Artikel zumindest ein wenig zu begrenzen – haben wir die Zeit für drei Artikel in drei Perioden aufgeteilt, die sich grob an den Zeiten orientieren, zu denen die drei Haupt-Lizenznehmer über DSA bestimmt haben:
- Zunächst die DSA-Antike in der Schmidt-Spiele-Ära von 1984 bis 1997, mit den Regeleditionen von DSA1 bis DSA3,
- dann das DSA-Mittelalter bei seinen eigentlichen Erschaffern von Fanpro in den Jahren von 1997 bis 2006/07 mit dem Übergang von DSA3 zu DSA4 und dem Beginn von Myranor und schließlich
- die DSA-Moderne bei Ulisses und dem Uhrwerk-Verlag seit 2006/07.
Vom Anbeginn der Zeit — Klaus Holitzka (1984)
Die Cover der ersten vier geklammerten Abenteuer, sowie der Kartons der ersten beiden Regelboxen und des Dokumenten-Zusatzblocks zeigen als zentrales Element das uns noch heute bekannte Schwarze Auge, wenn auch in seiner Ur-Form. Um dieses herum sind, je nach Inhalt der Box bzw. des Abenteuers, kleine Szenen collagenartig angeordnet, die von einem goldenen Ring (Die Werkzeuge des Meisters ausgenommen) eingeschlossen werden. Nach außen hin verlaufen sich die Szenen in eine farbige Korona, die in den rein schwarzen Hintergrund ausläuft. Der Titel steht – in den ersten Auflagen – am unteren Rand des Covers. In den Szenen sind Elemente des Inhalts aufgegriffen, etwas, was an die spätere Konzeption der Anthologie-Abenteuer im Sepia-Stil erinnert.
Das Cover des Zusatzblocks stellt dabei die erste, später so oft diskutierte und gescholtene Bild-Wiederverwertung bei DSA dar: Bereits der Abenteuer-Band in der Box Das Schwarze Auge trug dieses Cover. Gestört hat dies in der damaligen Zeit aber wohl niemanden.
Ein märchenhafter Stil
All diese Cover wurden von Klaus Holitzka gemalt, der damit der Ur-Vater der farbigen DSA-Welt ist. In der Biographie auf seiner Homepage schreibt er, dass er nach der Anfertigung von Konzert-Plakaten für Bands wie Pink Floyd und Deep Purple in den 70er Jahren schließlich eigenständige Werke erstellte, die im Stil des Phantastischen Realismus gehalten waren. Vermutlich eine gute Empfehlung, um für den Start des neuen Spiels mit dem Untertitel „Fantastische Fantasie-Spiele“ engagiert zu werden.
Dass noch nicht allen Verantwortlichen völlig klar war, wohin die Reise gehen würde, zeigt sich allerdings in der Gestaltung der Cover. Ihr Stil zielte vermutlich eher auf eine junge Spielergruppe, sprich: Kinder. Die Figuren sind meist märchenhaft, teilweise grotesk und wirken aus heutiger Sicht eher putzig bis lächerlich. Dabei ist der Malstil technisch nicht zu beanstanden, aber die Motivwahl – die vermutlich nicht der Künstler alleine getroffen hat – schlägt in die gleiche Kerbe wie die Ausstattung der ersten Werkzeuge-des-Meisters-Box. Nach dem Erfolg des Abenteuer-Buch-Klassikers Der Hexenmeister vom flammenden Berg von 1983 dachte man vermutlich bei der Zielgruppe für Das Schwarze Auge bei Schmidt-Spiele ebenfalls eher an jüngere Spieler.
Als Beispiel für diesen Stil sei ein Detail des Covers des Abenteuers Das Schiff der verlorenen Seelen präsentiert (das Abenteuer mit dem bösen Zauberkönig Mordor, der erst vor Kurzem im Vorlauf des Abenteuers Bahamuths Ruf sein Comeback feierte). Zwei grünliche Monster, das eine mit langgezogenem Schädel, das andere mit riesigen Zähnen, schauen bedrohlich auf den Spieler. Dazwischen eine Horde Wesen, die wohl das neue Monster, den „Dämon“ (heute besser bekannt als Heshthot), darstellen, aber verdächtig wie die Jawas aus Star Wars von 1977 aussehen. Auf dem Cover des Bandes Die Sieben magischen Kelche findet sich ebenfalls eine Version des „Dämons“. Dieser winkt dem Betrachter freundlich zu – oder schüttelt er böse die Faust? Auf jeden Fall wirkt er nicht halb so gruselig, wie die Beschreibung im Band ihn gerne gemacht hätte.
Die erste Stiländerung
Ab dem 5. Abenteuer änderte sich der Stil: Das zentrale Auge rutschte ein Stück nach oben und wurde nur noch durch seinen Weiß-Anteil dargestellt, der Titel sprang an den oberen Rand, im unteren Bereich umgab das Bild ein ovaler Schatten. Die Szenerie nahm nun auch deutlich mehr Platz ein. Die Abenteuer bekamen außerdem eine Neuerung, die bis heute existiert: Eine Markierung in der rechten oberen Ecke zeigt die Abenteuernummer und die benötigte Heldenerfahrung.
Die Abenteuer B5 bis B8 (nach den Basis-Regeln) wurden ebenfalls von Klaus Holitzka bebildert und erschienen auch noch 1984. Die märchenhafte Gestaltung der Szenerie blieb dabei bestehen, ebenfalls der collagenartige Charakter, wenn auch abgeschwächt.
Auf Unter dem Nordlicht prangte dann aber tatsächlich die erste spärlich bekleidete Dame der DSA-Cover-Geschichte: Eine leicht bekleidete Zauberin (erkennbar am spitzen Hut) mit wehendem Cape (wir befinden uns ja unter dem Nordlicht, es ist also windig und kalt, weswegen man lange Stiefel und einen breiten Gürtel anhaben muss) hält lässig den Polardiamanten in ihrer linken Hand. Da übersieht man beinahe das heimliche Highlight dieses Covers: die bis heute einzige, uns bekannte farbige Darstellung eines Gletscherwurms am unteren Bildrand.
Festhalten kann man: In der Frühzeit herrschte zuerst ein größtenteils familienfreundlicher Bilderstil vor, der aus heutiger Sicht wohl bestenfalls noch aus nostalgischen Gründen begeistern kann. Klassische Fantasy-Helden überwiegen, wenn auch mit vergleichsweise wenig Muskeln. Frauen sind in der Unterzahl, aber dafür größtenteils bekleidet. Monster sind noch Monster und exotisch, Tiere tauchen quasi noch nicht auf. Dafür findet sich schon auf dem allerersten Cover etwas, was man als Flügelhelm bezeichnen kann. Bevor Ugurcan Yüce überhaupt sein erstes Werk für DSA malte.
Ein erstes Zwischenspiel
Ebenfalls im erneuerten Stil erschien noch im Jahre 1984 die Neuauflage der Box Die Werkzeuge des Meisters. Deren Cover erinnert im Prinzip an den Stil von Klaus Holitzka, erstellt wurde sie aber von Michael Strachwitz, der mit dieser Box allerdings sein einziges Cover zum DSA-Universum beisteuerte (abseits vom Cover von Helden, Monster, dunkle Mächte, das in der Box zu finden war). Auf dem Motiv ist als Element die Hand eines Spielleiters zu sehen, der eine Abenteuerfigur in die Welt stellt – etwas, was eine Parallele zum viel später erscheinenden Band Wege des Meisters zeigt, der in gewisser Weise den heutigen Nachfolger dieser Box darstellt.
Am Ende des Jahres 1985 erschien die erste Regional-Box der DSA-Geschichte. Havena – Die große Stadt für Fantasy-Rollenspiele sollte nicht nur für DSA-Spieler interessant sein, sondern wandte sich explizit auch an die Spieler anderer Systeme. Das Cover dieser Box entwarf Kurt Italiaander, der zuvor auch schon die neuen Monster- und Heldenfiguren der Zweitauflagen von Basis-Box und Werkzeuge des Meisters gezeichnet hatte. Vom Stil her stellte dieses Cover eine Neuerung dar: Es zeigt eine Szenerie mit Häuserreihe am Fluss – ohne ein einziges lebendes Wesen gut erkennbar darzustellen. Dies hat sich unseres Wissens nur einmal wiederholt: Beim Cover der späteren Albernia-Box, die der Nachfolger der Havena-Box ist.
Das System wird ausgebaut — Claus D. Biswanger (1985/86)
1985 erschien das Abenteuer Ausbau-Spiel und die Neuauflage der Basis-Box erhielt ein neues Cover. Beide wurden angepasst an den Stil der letzten Abenteuer. Der Künstler, der beide Boxen und die folgenden 13 Abenteuer bebilderte, hieß Claus D. Biswanger. Mit diesen 15 Werken steht er in unserer Liste auf Platz 5 der Künstler mit den meisten DSA-Covern.
Was die Gestaltung anging wurden nun nicht mehr mehrere Elemente des Inhalts gleichzeitig dargestellt, sondern nur noch eine einzige Szene, die auch fast die ganze Seite (bis auf den unteren Schattenbereich) einnahm. Die dargestellten Szenen wurden dadurch deutlich größer und besser erkennbar. Gleichzeitig zeigten die Cover aber auch keine echten Spielszenen mehr, sondern Bilder, die eine generelle Stimmung des Inhalts einfangen.
Abenteuer schlägt Märchen
Vom Stil her bewegte sich Biswanger weg vom sehr märchenhaften Stil hin zu einer realistischeren Darstellung der Inhalte. Die Cover wirken deutlich erwachsener als zuvor, wenn auch immer noch auf ein junges Publikum ausgerichtet. Dabei blieben natürlich die für DSA so wichtigen fantastischen Elemente erhalten.
Biswanger prägte mit den ersten Farbzeichnungen von Drachen (Basis- und Ausbau-Spiel), Smaragdspinnen (Im Spinnenwald), Seeschlangen (Das Geheimnis der Zyklopen) und Harpyien (Das Grauen von Ranak) die Bilder in den Köpfen der DSA-Spieler der ersten Stunden. Man muss bedenken, dass zu dieser Zeit weder Internet noch Farbdrucker oder gar Farbkopierer dem gemeinen Spieler zur Verfügung standen, was die Bedeutung der vorhandenen Bilder gegenüber heute deutlich verstärkt.
Man sollte außerdem auf jeden Fall im Hinterkopf behalten, dass die Optik sich hier in dieselbe Richtung bewegt wie andere Fantasy-Werke der 80er wie „Conan der Barbar“ als prominentes Beispiel. Wer sich posen- und frisurmäßig an He-Man erinnert fühlt, ist wohl auch nicht auf dem Holzweg.
Die Farbgebung war dabei teilweise sehr kräftig und bunt und konterkarierte damit die realistischen Figuren. Grüne Harpyien oder ein lilafarbenes Meer wirken comichaft. Auf der anderen Seite stellen Auf dem Weg ohne Gnade und Verschollen in Al’Anfa mit die naturgetreuesten Cover bis zu diesem Zeitpunkt dar, was Farbgebung und Darstellung der Personen angeht. Auf dem Weg ohne Gnade zeigt darüber hinaus einen dramatischen Lichteffekt, was es in unseren Augen zu einem der ansprechendsten Cover dieser Zeit macht.
Schaut man sich die Cover von Basis-Spiel und Ausbau-Spiel an, so erkennt man aber auch, dass der etwas erwachsenere Stil eine verstärkte Klischee-Bedienung nach sich zog: Leicht bekleidete Frauen, muskulöse Männer, weißhaarige und bärtige Zauberer bzw. Geweihte – man kann sich den Aufschrei in der heutigen Forenlandschaft vorstellen, würde das Basis-Hardcover mit einem Titelbild wie dem der Basis-Box erscheinen. Die dargestellte Szene selbst ist aber auch schon für sich ziemlich unsinnig. Der Angriff einer leicht bekleideten Frau auf einen fliegenden Drachen mittels eines Wurf-Stachelballs dürfte wohl ein voraussehbares Ende nehmen – es sei denn, das Gerät ist ein sehr potentes Artefakt.
Stimmig oder nicht?
Was die Stimmigkeit der dargestellten Szenen anging, so kann man auch in dieser Anfangszeit schon Diskrepanzen zwischen Covern und Inhalten feststellen. Schön sehen kann man dies bei Der Streuner soll sterben. Auf dem durchaus ansprechenden Bild steht der Henker, der auf den Streuner wartet, mit nacktem muskulösem Oberkörper und roter Henkersmütze wartend im Vordergrund – leider handelt es sich dabei im Abenteuer aber um Dolguruk den Schwarzen, der auch zu dieser Zeit schon durch und durch geschwärzte Haut hat und als Elf auch nicht über eine solche Muskulatur verfügt.
Ähnliches gilt für das Cover von Der Strom des Verderbens. Dieses zeigt ein Schiff in einer Schlucht, das von zwei Wesen mit grüner Haut und gelben Hahnenkämmen mit Pfeil und Bogen bedroht wird. Die Szene an und für sich kommt im Spiel vor, aber mit normalen Räubern, keinen grünhäutigen Wesen. Besser gelöst hat dies später Ertugrul Edirne, der die Neuauflage des Abenteuers bebilderte.
Die Ära des Altmeisters: Ugurcan Yüce (1987 – 1998 & 2003)
Mit dem Jahr 1987 bahnte sich eine Veränderung an, die die Darstellung der DSA-Welt für lange Zeit prägen sollte. Ein neuer Künstler betrat die Bildfläche, der in der Folgezeit dem Schwarzen Auge seinen Stempel aufdrückte: Ugurcan Yüce (in der Galerie auf seiner Homepage kann man viele DSA-Bilder in ansehnlicher Qualität bewundern, dabei viele Coverbilder vollständig ohne Schrift oder Markierungen).
Von 1987 an malte er 89 Cover allein für die Regelwerke und Abenteuer, das ist absoluter DSA-Rekord. Es sind zusammen mehr als ein Viertel aller Cover von denen, die wir insgesamt betrachtet haben. Damit macht Yüce es uns natürlich schwer, den billigen Spannungsbogen, der die Nr. 1 unserer Liste bis zum Schluss aufspart, beizubehalten, weil er mit souveränem Abstand die Liste der Top 6 Illustratoren anführt und damit das Aventurienbild so nachhaltig geprägt hat, wie bisher kein anderer.
Von 1987 bis 1993 stammten alle veröffentlichten Cover (mit Ausnahme der inoffiziellen Fanpro-Produktionen) vom Meister selbst. Damit bebilderte Yüce den aventurischen Zeitraum von den ersten Entdeckerkampagnen am Ende der DSA1-Zeit (Orklandtrilogie und Südmeertetralogie, die er jeweils ab dem zweiten Band mit Covern versah), bis fast zum Ende der Borbarad-Kampagne der DSA3-Zeit. Der Coverstil wechselte dabei mehrfach: Zunächst verschwand der Schattenwurf am unteren Bildrand und die Rahmen der Boxen wurden grau, schließlich bunt.
Mit Erscheinen der DSA3-Basis-Box erblickte dann der „Schmidt-Spiele-Granit“-Stil die Welt. Die Bilder wurden wieder kleiner und bedeckten nicht mehr die ganze Seite. Dafür erhielten sie einen breiten, farbigen Rahmen, dessen Textur an Granit erinnerte. Dieser Stil blieb erhalten, bis zur großen DSA-Apokalypse von 1997, als mit dem Tod von Ulrich Kiesow und der Pleite von Schmidt-Spiele gleich zwei Schicksalsschläge unsere Wahlheimat ereilten. Als Folge ging damals die DSA-Lizenz an Fanpro über, die die Abbildungen wieder ein wenig aus ihrem Gefängnis befreiten und dafür den „Fanpro-Marmor“-Stil einführten, der die Aventurien-Abenteuer bis heute prägt.
Nach der Übernahme endete allerdings auch Yüces große Zeit. Nach den letzten Werken im Jahr 1997 bebilderte er nur noch ein Abenteuer-Cover im Jahr 2003, also schon zu DSA4-Zeiten. Ugurcan Yüce ist damit der einzige Künstler, der Cover in allen DSA-Regeleditionen erstellt hat (mit Ausnahme von Myranor). Und gerade zu der Zeit, als die Beschreibung des Kontinents den Kinderschuhen entwuchs (mit Orkland- und Südmeer-Kampagne) gab er den Werken ein Gesicht und tat dies, bis mit der epischen G7-Kampagne DSA so etwas wie sein Erwachsenenalter erreichte.
Es sollte also nicht verwundern, dass ein Großteil der *hüstel* älteren DSA-Spieler ihre Cover-Sozilisation durch den Flügelhelm- und Schnauzbart-Fan erhielt. Und wenn man ehrlich ist: Bei der technischen Qualität seiner Bilder müssten selbst seine Kritiker einräumen, dass es deutlich schlechter hätte laufen können.
Die Ausrutscher
Auf der anderen Seite fand sein prägnanter Stil nicht nur Freunde unter den DSA-Spielern. Vor allem die dargestellten Typen und verschiedene sehr eigenwillige Interpretationen des aventurischen Hintergrunds werden dabei oft angeprangert. Doch was ist nun tatsächlich dran an diesen Vorwürfen?
Erst einmal sollte man bedenken, dass das Aventurien, das wir heute kennen, damals bestenfalls in Grundzügen existierte. Aus heutiger Sicht sehr seltsame Abenteuer waren noch völlig normal und der Detailgrad des Hintergrunds von heute war noch lange nicht erreicht.
Als zweites sollte man außerdem nicht vergessen, dass ein Künstler, der 11 Jahre am Stück Beiträge zu einer Rollenspielwelt geliefert hat, selbst natürlich auch eine Entwicklung durchläuft. Was in Yüces Fall weniger eine Entwicklung der Technik (die war schon zu Beginn sehr gut), sondern vor allem eine bessere Kenntnis der Welt hinter den Motiven bedeutete. Er sagt selbst in seinem Herokon-Interview, dass er mit Uli Kiesow befreundet war, und die beiden werden sicherlich auch über DSA geredet haben. Wir vermuten daher, dass Yüce später selbst auch eine viel genauere Vorstellung der Welt hatte als zu Anfang. Viele der heute so anekdotenhaft kolportierten Cover-Katastrophen sind dabei zu Beginn seiner Zeit bei DSA entstanden, als er die Welt wohl noch nicht so gut kannte.
Da sind beispielsweise die gut gebauten „Oger“ auf dem Cover zu Mehr als 1000 Oger, bei denen man heute tatsächlich nur schmunzeln kann. Das Abenteuer müsste so wohl besser Mehr als 1000 Riesen heißen. Eine Vorliebe für die Darstellung muskulöser Männer mit nacktem Oberkörper kann man ihm auch nicht absprechen.
Bei Die Seelen der Magier finden sich ebenfalls drei Herren dieses Kalibers, die dort auch eher fehl am Platze sind, bedenkt man doch, dass es hier um eher geistig verwirrte Borbaradianer geht, die wenig mit normalem Kampf zu tun haben.
Die vermutlich stärksten Auswirkungen hatten aber die netten behaarten Herren im Vordergrund des Covers von Elfenblut: Eigentlich sollten dies Orks sein. Nachdem auf dem Cover aber eindeutig für Orks zu menschliche Wesen abgebildet worden waren, wurden diese durch die flugs eingeführten Neandertaler ersetzt, die heutzutage als Affenmenschen ihre ungeliebte Randexistenz fristen.
Die Fehler dieser drei Cover sind häufig schnell bei der Hand, wenn es in Diskussionen um die Frage nach der Fähigkeit Yüces geht, aventurisch stimmig zu malen. Diese drei Bilder (von insgesamt fast neunzig) stammen allerdings alle aus seiner frühen DSA-Zeit, nämlich aus dem Jahr 1988, dem Beginn von DSA2! Seine späteren Cover sind, was die DSA-Stimmigkeit angeht, in der Regel deutlich besser. Für manche definiert Yüces Stil sogar geradezu die Stimmung des heilen Aventuriens, bevor Borbarad die Welt umstülpte.
Einzig mit Elfen hatte er oft – mache würden sagen: meistens – kein glückliches Händchen. Während Zwerge und Tiere kein Problem darstellen, geben die rotbemützten Heinzelelfen der DSA3-Box Dunkle Städte, Lichte Wälder ein putziges Zeugnis davon ab, dass manche Elfenvorstellung eher zu Peter Pan oder dem Weihnachtsmann tendiert und weniger zu Tolkien und Bernhard Hennen. Zu finden sind solch niedliche Elfen auch auf den Covern von Lanze, Helm und Federkiel, Des Elfenkönigs Zaubermacht und Insel im Nebel – wenn auch nicht jedesmal mit Mütze.
Aus der Rubrik: Hätten Sie es gewusst?
Wer übrigens Yüces eigene Galerie durchstöbert, der findet manch interessantes Detail. Nicht alle Cover sind vollständig auf die Bücher bzw. Boxen gekommen. So hat Kalif Malkillah III. im Original eine schwarze Leibwache, die bei der Löwe und der Rabe dann fehlt, der Wind der Wüste verschluckt eine Ruine und einen Wüstenräuber, die auf dem Urbild noch vorhanden waren, das Kommando „Olachtai“ lässt still, heimlich und leise einen Leguan verschwinden und bei den Göttern, Magiern & Geweihten wurde nach schweren Protesten seitens des Fandoms eine Darstellung der Großmutter des jungen Featherly ersatzlos gestrichen, da Schmidt-Spiele negative Folgen für die Außenwahrnehmung befürchtete. Dass sie sich damit natürlich keinen Gefallen getan hatten, sah man keine drei Jahre später, als die Firma Konkurs anmelden musste. Dass vermutlich nicht bei jedem Cover gleich der erste Entwurf akzeptiert wird, zeigt ein letztes Beispiel. Man vergleiche das Bild dieses bärtigen Schmiedegottes mit diesem Bild des jungen Prinzen Adam.
Flügelhelme und Schnauzbärte
Was den anderen Vorwurf angeht: Da handelt es sich um eine Geschmacksfrage, die jeder für sich selbst beantworten muss. Tatsächlich tauchen bei Yüce, wie gesagt, überdurchschnittlich häufig gut gebaute Männer auf, die oft Schnauzbärte und Helme oder gar Flügelhelme tragen. Ein grober Überschlag zeigt, dass gut die Hälfte seiner Cover Schnauzbartträger zeigen, nur ein gutes Viertel aber Flügelhelme (und nicht nur bei Männern!). Da aber gerade eine der wohl am meisten verkauften Boxen des 3er Systems, die des Abenteuer Basis-Spiels, zentral den schnauzbärtigen Flügelhelm-Alrik zeigt, dürfte dieses Bild für viele das Yüce-Cover schlechthin sein.
Jedem Flügelhelmverächter sei aber das Cover des Schwertmeister-Sets 1 ans Herz gelegt. Dieses trägt den Titel Der Adler und zeigt, in unseren Augen einfach fantastisch, den Prototyp des flügelhelmtragenden Schnauzbart-Kriegers. Es wurde von Yüce noch vor seiner DSA-Zeit angefertigt und ist nach eigenem Bekunden sein absolutes Lieblingsbild (dies und weitere Informationen zu seiner DSA-Zeit finden sich im Interview auf der Herokon-Seite). Wer dieses Bild, in der die ganze Schönheit unserer Welt steckt, die Rur für Gror angefertigt hat, nicht einfach großartig findet, muss wohl mit den Ungeschaffenen im Bunde stehen … oder nach 1995 geboren sein.
Die (übrigen) Perlen
Was macht Yüce noch aus, so dass man ihn wirklich großartig finden kann? Nun, da wäre zum einen seine Technik. Diese ist brillant: Proportionen und Farben stimmen, Schatten und Glanzpunkte sind gut gesetzt und, mit Ausnahme von Elfen, die aber aus anderen Gründen nicht zu seinen besten Motiven gehören, ist die Darstellung beliebiger Wesen kein Problem. Gerade Tiere sind eindrucksvoll gemalt, die Cover seiner Kreaturen-Boxen schlagen ihre DSA4-Nachfolger deshalb auch um Längen.
Zum anderen schafft Yüce es auch die Dynamik einer Szene einzufangen und zu präsentieren bzw. einer Szene überhaupt erst Dynamik zu geben. Beide von ihm gezeichnete Cover von Basis-Boxen zeigen dies. Wo die DSA2-Basis-Box dabei die Helden noch beim schön gemächlichen Schlendern zeigt, bietet die 3er Box dann einen dramatischen Auftritt der Heldengruppe. Die Erweiterungsbox Mit Mantel, Schwert und Zauberstab präsentiert uns eine vortreffliche Kampfszene, das Abenteuer Menschenjagd eine eindrückliche (Menschen-)Jagdszene.
Auch epischere Gewalten stellt der Meister eindrucksvoll dar, ohne dabei zu überziehen. Der riesige Bär bei Der Zorn des Bären, der gerade ein ganzes Haus zerlegt und dabei einen Zugochsen umklammert, ist ein wunderschönes Beispiel dafür. Genauso wie das alptraumhafte Wesen mit spitzen Ohren im Hintergrund von Die Tage des Namenlosen. Wer dieses Cover sieht, der sollte mit Spannung auf das Abenteuer hoffen können (Und wusten wir es nicht schon immer? Der Namenlose ist ein Elf!). Bei den beiden Streitwagen auf Das große Donnersturmrennen wartet man förmlich darauf, dass sie aus dem Cover rasen. Auch die Amazone, die dramatisch auf dem steigenden Pferd das Cover von Für die Königin, für Rondra! ziert, ist ein echter Augenschmaus – auch wenn das Motiv natürlich Anleihen beim berühmten Napoleon-Bildnis von Jacques-Louis David nimmt, wenn auch nicht ganz so offensichtlich, wie das Brin-Bildnis von Ina Kramer im Aventurischen Boten 39.
Daneben hat er einigen aventurischen Besonderheiten farblich ein Denkmal gesetzt: Rohal (oder war es Borbarad?) auf Rohals Versprechen ist eine sehr schöne Darstellung der Person. Wer wissen will, wie ein Dachsschlitten oder Yetis aussehen, der kann auf die Neuauflage von Unter dem Nordlicht zurückgreifen. Die Schlinger auf Die Stadt des toten Herrschers und Wenn der Zirkus kommt sind zwar sehr verschieden, wirken aber beide bedrohlich und agil. Auch die Risso auf Die Insel der Risso haben ein passendes Aussehen, ebenso die Seeschlange auf der Neufauflage von Das Geheimnis der Zyklopen. Und dass der Meister auch gelernt hat Orks zu malen, davon kann man sich auf dem Cover von Das Orkland vergewissern.
Bei so vielen Covern hat vermutlich jeder seine eigenen Lieblinge und würde man alle aufzählen wollen, so würde es den Rahmen dieses Artikels sprengen. Alleine schon durch die große Zeitspanne seiner Arbeit für DSA und die Zahl seiner angefertigten Cover ist Yüce ein Maßstab für alle DSA-Künstler.
Mit wenigen Ausnahmen hat er ein konsistentes Bild Aventuriens gezeichnet, das viele der DSA-Fans der frühen Jahre prägte. Dabei bediente er sich, wie bereits erwähnt, gängiger Fantasy-Klischees, vor allem das des muskulösen Kriegers mit (Flügel-)Helm und (halb-)nacktem Oberkörper und das der gutaussehenden Frau in beinfreier Rüstung oder Robe. Letztere findet man bei den Titelbildern von Im Zeichen der Kröte, Der Bund der Schwarzen Schlange und Findet das Schwert der Göttin!
Aber er hat auch viele Cover, die diese Klischees nicht – oder zumindest nicht plakativ – bedienen. Eines der schönsten dieser normalen Bilder dürfte jenes für Der Götze der Mohas sein. Kein Krieger, keine Waffen, nur eine Schenke im Hafen mit neugierigen Umstehenden und ein rennender Mann, der eine Götzenstatue im Arm hält. Ähnlich ist auch das schon weiter oben gezeigte Das Schiff in der Flasche, ein Selbstbildnis des Meisters, einfach aber schön. Schaut man sich das Titelbild von Auf der Spur des Wolfes an, findet man eine weitere dieser Perlen mit eigentlich einfachem Motiv, das durch meisterhafte Ausführung zu bestechen weiß. Auch der (vorerst) letzte Beitrag Yüces zu den Titelbildern der DSA-Abenteuer, Berge aus Gold, zeigt eine unaufgeregte Darstellung, die fast frei ist von den klassischen Fantasy-Klischees. Mit Ausnahme der Zwerge im Bild könnte dieses auch eine arabische Basar-Szene aus der Zeit der Kreuzzüge zeigen – natürlich ohne Kreuzritter.
Jenseits von Yüce — 2. Zwischenspiel
Bevor wir zur Ertugrul Edirne kommen, dem letzten Künstler in diesem Teil unserer Coverparade, gibt es noch zwei erwähnenswerte Randnotizen aus dieser Zeit. Zum einen brachte auch Fanpro damals bereits DSA-Produkte heraus, die allerdings nach strenger Auslegung als nicht kanonisch gelten. Unter diesen stechen die Kleinodien von 1989, eine Sammlung von Artikeln aus den ersten 20 Aventurischen Boten, und Kaiser Retos Waffenkammer von 1993 heraus. Letztere wurde später in überarbeiteter Form noch einmal von Fanpro veröffentlicht – als sie schließlich selbst die DSA-Lizenz hielten – und ist damit quasi kanonisch.
Für beide Werke wurden keine eigenen Künstler beauftragt, sondern Bilder eingekauft. Die Kleinodien tragen ein Bild der Künstlerin Victoria Poyser-Lisi, von der auch das Bildnis für die bei Fanpro erschienene Geschichtensammlung Mond über Phexcaer stammt. Die Waffenkammer trägt ein Bildnis von Walter Velez. Beide Werke haben keinen direkten DSA-Bezug, sondern sind mehr oder weniger auch für Aventurien passende Abbildungen.
Ähnliches gilt für zwei weitere Werke: Für die beiden Bände von Das Jahr des Greifen wurden Werke von der Fantasy-Koryphäe Larry Elmore eingekauft. Band 1 trägt das Bildnis „Shaman“, Band 2 das Bild „Chance Meeting“. Gerade der Schamane ist dabei interessant, kann man ihn im ersten Moment doch vielleicht tatsächlich für einen Ork halten. Tatsächlich entpuppt er sich bei näherem Hinsehen aber als zu wenig behaart dafür. Er steht aber sowieso für den im Abenteuer auftretenden menschlichen Druiden Gamba, der passenderweise 10 dämonische Pfeile erschafft (ergänzt nach Hinweis vom Aikar, s. Kommentare). Beide Cover wurden auch für andere Werke benutzt. Der Schamane ziert auch das Buch Wrath of Ashar von Angus Wells und den Fantasy Hero Companion II, die Zufallsbegegnung findet sich auf dem Buch Lion’s Heart von Karen Wehrstein.
Ertugrul Edirne (1994 – 1998)
1994, nachdem Ugurcan Yüce 7 Jahre alleine für die DSA-Cover zuständig war, stieß ein weiterer Künstler zum Kreis der DSA-Artisten. Ertugrul Edirne zeichnete fortan parallel zum Altmeister ebenfalls Titelbilder für Abenteuer und Boxen. Bis 1998 sollten es 20 werden, was ihm in unserer Aufzählung den zweiten Platz bei der Zahl der Cover einbringt.
Vom Stil her sind seine Bilder denen von Yüce ähnlich, aber es gibt auch einige Unterschiede. Was schnell auffällt: Die Anzahl der Flügelhelme und Schnauzbärte geht gegen null! Die Personen schauen dafür meist entsetzter, grimmiger oder panischer. Ein wiederkehrendes Element ist dabei die, salopp gesagt, Jungfrau in Nöten. Fast die Hälfte der Cover zeigen Damen in prekären Situationen, die ihren Unmut oder ihre Überraschung sehr lebhaft in ihrer Mimik zeigen.
Böse könnte man sagen, Edirne bediene hier ein Frauen-Klischee, das für Aventurien unpassend ist, aber das stimmt so dann doch nicht. Die dargestellten Frauen sind nicht wirklich hilflose Damsels, sondern kämpferische, teilweise kommandierende Frauen, die den Männern auf den Bildern in nichts nachstehen – ganz so, wie es für Aventurien auch gedacht ist. Es sind außerdem auch Männer mit ähnlich entsetzten Gesichtsausdrücken zu sehen, z. B. auf Die letzte Bastion, die Frauen stechen also nur ein wenig hervor.
Schön ist auf der anderen Seite die meist vorhandene Dynamik der Bilder, beispielsweise das auf den Betrachter zugaloppierende Kriegsross auf dem Band Wind über Weiden. Oft steht die Dynamik in Verbindung mit Kampfszenen. Die Darstellungen sind etwas comichafter als die Werke von Yüce. Wir vermuten, dass das an den (zum Teil farblich) stärker betonten Konturen der Figuren liegt. Besonders deutlich sieht man dies an Brogars Blut. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass beide ein ähnliches Bild von Aventurien gezeichnet haben.
Eines der herausragendsten Bilder ist dabei, unserer Meinung nach, das von Bisdariels Fluch. Obwohl die Komposition im Gegensatz zu seinen anderen Covern geradezu statisch ist – aber das ernste Gesicht des Mannes ist in unseren Augen eine der gelungensten und charismatischsten Darstellungen eines Boron-Geweihten, die wir kennen.
Auch die Ära von Ertugrul Edirne endete kurz nach der Lizenzübernahme durch Fanpro, mit dem letzten Titelbild für Brogars Blut. Wie es mit den Titelbildern von DSA weiter ging, erfahrt ihr bald im 2. Teil unserer Cover-Schau: Das DSA-„Mittelalter“. (Inzwischen gibt es auch den 3. Teil: die DSA-„Moderne“.)
Der „Schamane“ auf dem Cover von „Das Jahr des Greifen 1“ passt im Gegensatz zur Aussage des obigen Texts 100%ig.
Der Zauberer im Abenteuer ist nämlich kein Ork, sondern der menschliche (Aber mit den Orks zusammenarbeitende) Druide Gamba, der sich laut Beschreibung „In Leder und Pelze kleidet“ und „10 Dämonische Pfeile erschafft“.
Also wurde entweder die Figur im Abenteuer auf das Cover angepasst oder das Cover wirklich perfekt ausgewählt.
Danke für den Hinweis, ich werde es korrigieren. Das Cover ist entsprechend wohl tatsächlich perfekt ausgewählt, da es ein Stück älter ist, als das Abenteuer.
Super Artikel mit einer Menge Rechercheaufwand! Danke für die Arbeit und die schöne Zusammenstellung!
Eine wunderbare – herzliche – Zusammenstellung. Ich war schon beim Lexikon begeister, daß die alle Cover abgebildet hatten – natürlich ohne Erklärungen 🙂
Freue mich auf die Fortsetzung (auch wenn ich fast alle Cover inkl. Publikationen besitze) …
Fantastisch, besten Dank für die Mühen. Ich bin noch gar nicht durch, das ist einfach so viel Stoff, mit den folgenden Teilen wird das ja ne halbe Doktorarbeit. Schönschön.
Ich finde den Artikel eh super, was mich generell bei der Wahrnehmung von Fantasy stört, ist die Tatsache, dass seit der weltweiten Durchsetzung der EDO-Norm in den 80igern jede Form des Traumhaften, Unfassbaren und Unwirklichen als kindisch betrachtet wird. Z.B grüne Monsterköpfe, die an Nachtmahre gewahren.
Weltenbau bedeutete seit damals iridische Wissenschaften wie Ökonomie, Ökologie, usw. auf Fantasy-Welten anzuwenden, während zu Beginn der 1980er Fantasy noch zu einem mindestens eben so großen Teil durch Traumlande (á la Lovecraft, oder John Daker/Erekosë bei Michael Moorcock) und Wahrnehmungen in erweiterten Bewußtseinszuständen definiert wurde. Das kann man auch an den entsprechenden Covern sehen und es wundert auch nicht, dass z.B. Klaus Holitzka in die Esoterik abgewandert ist.
Was mich stört ist einfach, dass das Mystische/Unfassbare auf der Achse Kindisch/Naiv-Erwachsen/Reif verortet wird.
Ist denn ein die Identifikation mit einem Elfen wirklich besser für reifere Spieler geeignet, weil sein Haus jetzt eine Toilette hat, oder seine Kleidung dem Klima entspricht? (Ich persönlich finde das nicht Fassbare viel komplexer und schwieriger zu Handhaben und deshalb beinahe reifer.)
Hab’s zwar schon gesagt, wiederhole mich aber gerne noch mal: Ganz großes Imman, Herr Salaza 🙂 Bin sehr gespannt auf den nächsten Teil und schwelge derweil in schönen Erinnerungen an Zeiten, in denen ich im lokalen Spielwarenladen mit großen Augen vor dem Regal stand und versuchte, mir auszumalen, was sich hinter den Covern wohl für ein aufregender Inhalt verbergen mochte.
Super Artikel.
Wow, ich bin begeistert! Schade nur, dass du dieses hohe Niveau in Teil 2&3 des Artikels natürlich niemals halten können wirst. Damit hast du dir wirklich keinen Gefallen getan…
…aber genug gestichelt, natürlich weiß ich, dass du mich Lügen strafen und den Artikel genauso phantastisch fortsetzen wirst. 🙂
Sehr schöner Artikel, freue mich schon auf die Fortsetzung.
Dass Ertugrul Edirne jedoch keine Flügelhelme und Schnauzbärte hat stimmt nicht ganz, auf Ingerimms Schlund ist im unteren Eck ein Herr mit Flügelhelm und Schnauzbart 😉
Ich bin beeindruckt. Irgendwie sind diese ganzen Cover an einem vorübergezogen und liegen nun (fast alle) etwas angestaubt auf dem Dachboden. Schön, dass die mal wieder entstaubt frisch mit ein paar Worten verpackt hervorgeholt wurden. 🙂
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