RSP-Karneval Januar: Einstieg ins Rollenspiel

Karneval der Rollenspielblogs LogoDer Karneval der Rollenspiele befasst sich im Monat Januar 2013 mit dem Thema Einstieg ins Rollenspiel. Auch Nandurion will es sich natürlich nicht nehmen lassen, zu diesem Thema ein paar mehr oder weniger schlaue Worte beizutragen. Im Eröffnungsbeitrag werden einige Fragen aufgeworfen, von denen wir uns ein paar herausgepickt haben, um sie in unserem bekannten Disputstil zu beackern.

1. Wie hast du mit dem Rollenspiel angefangen?

Salaza: Mein erster Kontakt mit dem Rollenspiel ergab sich dadurch, dass eines schönen Tages im Jahr 1985 ein Freund, der auf der gleichen Straße wie ich wohnte und zwei Jahre älter war, mit einem weiteren Freund und dieser ominösen Basis-Box des Schwarzen Auges auftauchte. Es wurde schnell ein Charakter erstellt (in meinem Fall ein Magier), ein Name gefunden („Nimm einfach ein Wort und drehe es um!“ „OK… also Basis rückwärts ist Sisab. Also heißt mein Magier Sisab.“), Werte ausgewürfelt (nur 5 gute Eigenschaften, jeweils W6+7, aber als Magier brauchte man Klugheit 13… Schwierig, aber es gab Abhilfe: „Wenn du was richtiges spielen willst brauchst du gute Werte. Würfel alles nochmal, was nicht 5 oder 6 ist.“) und dann wurde Silvana befreit.

Curima: Kurz gesagt: Es war 2003, ich war 18 und und wurde von meinem damaligen Freund zu seiner schon lange Jahre bestehenden Rollenspielgruppe mitgenommen. Das war schon zu DSA4-Zeiten, ich habe mir also nie einen Charakter ausgewürfelt. Meine erste Heldin war eine Diebin. Das erste Abenteuer war das, was ich heute als klassisches „Rettet Jobst“-Szenario bezeichnen würde: Ein simpel gestrickter Handlungsstrang, in dem eine verschwundene Person gefunden (und dann halt aus den Fängen eines Räuberhauptmanns/Drachen/whatever gerettet) werden muss. Ich war gleich am ersten Spielabend begeistert. Wer meine „wie ich zum Rollenspiel kam“-Geschichte in voller epischer Länge nachlesen will, darf jetzt hier klicken.

Feyamius: Im Alter von 12 Jahren hat mich ein Kumpel, der auch ein Jahr älter war, zu einem Bekannten von ihm mitgenommen, um AD&D zu spielen. Vorher hatten wir uns schon gegenseitig Labyrinthe gezeichnet, durch die der jeweils Andere dann irgendwie an den Fallen vorbei durchfinden musste. Wir haben also quasi den ‚Dungeonmaster‘ in uns selbst entdeckt, bevor wir klassische Rollenspiele kannten. Lustigerweise ist Dungeoncrawling, also das Durchqueren solcher Gewölbe und Labyrinthe, heute nicht mehr wirklich zentral in meinem Spiel.

2. Was hat dich am Rollenspiel so begeistert, dass du geblieben bist?

Salaza: Man stelle sich vor: Ich war 9 Jahre alt, hatte noch nie einen Computer in echt gesehen (es gab zwar schon den C64, aber der war verdammt teuer und den ersten von diesen „Brotkästen“ sollte ich im folgenden Jahr durch einen Freund meines Bruders kennen lernen), noch nicht den Herrn der Ringe oder den Hobbit gelesen und meine Brettspiel-Favoriten hießen Risiko (in der alten aber ehrlichen: Erobern Sie XXX-Ausgabe noch ohne 5er), Monopoly und Spiel des Lebens. Dafür hörte ich Die drei ???, hatte Captain Future und Patrik Pacard gesehen und jetzt kam da ein Spiel, was einem aufregende Abenteuer bot und dabei die Begrenzungen der Brettspiele einfach mal ignorierte. Ich war davon einfach sofort fasziniert, was für spannende Möglichkeiten sich hier auftaten. Man stelle sich nur vor: Eine Geschichte, deren Fortgang man selbst bestimmt – das ist einfach extrem spannend! Und nach einem Abenteuer kann man seine Spielfigur weiter benutzen – sie bleibt bestehen und lebt quasi in dieser neuen Welt. Das war damals neu und faszinierend und es macht auch heute noch für mich einen guten Teil des Reizes aus.

Curima: Was Salaza sagt, trifft auf mich auf jeden Fall auch zu, allerdings war für mich das Konzept des Rollenspiels zur Zeit meines ersten DSA-Abends nicht mehr die totale Offenbarung. Ich war ja schon etwas älter, als ich angefangen habe und hatte zu der Zeit auch schon durch einige Fantasyfilme und vor allem -bücher eine Vorstellung von einer fantastischen, mittelalterähnlichen Umgebung. Schon 2 Jahre vor meinem ersten DSA-Abend hatte ich angefangen, in mehreren Forenrollenspielen (meist in Mittelerde angesiedelt) mitzuschreiben. Das Grundkonzept, einen Charakter zu konzipieren und darzustellen, war mir also schon bekannt. Trotzdem war das Tischrollenspiel nochmal eine ganz andere Nummer, schon allein dadurch, dass es einen SL gab und somit (anders als beim Foren-RPG) nicht allen vorher bekannt war, was ungefähr passieren würde. Dazu kam, dass ich halt als Neuling in eine sehr lange bestehende Runde kam und an diesem ersten Abend auch einige Leute dabei waren, die es unheimlich gut drauf hatten, ihren Charakter zu spielen. Außerdem verstanden wir uns auch außerhalb des Rollenspiels gut. Das hat auf jeden Fall Lust gemacht, bald wieder dabei zu sein. Ich habe dann auch in relativ kurzer Zeit viel von den Regelbüchern und Hintergrundbänden gelesen und habe mich dann auch schnell für Aventurien als Welt begeistert. Kurz gesagt, es passte einfach.

Feyamius: Es gab einfach immer wieder Neues zu entdecken. Bei AD&D blieben wir nicht lange, nachdem wir die Regellücke, dass Nadeln einen Schadenspunkt machen, der von keiner Rüstung aufgehalten wird, überreizt hatten: Jeder von uns hatte plötzlich eine mechanische Nailgun. 😉 Wir kamen also schnell zu DSA — was ich besonders cool fand, weil in den Büchern überall drin stand, dass es eigentlich erst ab 14 sei …
Auf exzessives Powergaming folgten die ersten Schritte in Richtung Charakterspiel, auf völlige Improvisation der Welt folgte die Lektüre der Hintergrundbände, die Regionalboxen erschienen da gerade nacheinander. Auch im Regelwerk konnte man sich schon zu DSA3-Zeiten verlieren, Götter, Magier und Geweihte war da bahnbrechend. Wie bereits gesagt: Es gab immer etwas Neues zu entdecken, immer noch mehr zu lernen, man konnte sich so tief reinfuchsen, wie man wollte. Und dann war da letztendlich noch der Metaplot …

3. Hast du schon mit Neulingen gespielt und hast Erfahrungsberichte?

Salaza: Ich habe schon mehrfach mit Neulingen gespielt, wobei der letzte Neuling jetzt schon etwas zurück liegt. Was ich aber gemerkt habe: Keiner bekommt gerne lange etwas vorgebetet. Und langatmig etwas zu beschreiben ist sinnlos, wenn man es auch gleich ausprobieren kann. Am Besten geklappt hat es in solchen Fällen bisher mit vorgefertigten Charakteren und dem Erklären von Regeln, wenn diese nötig wurden.
Bei Neulingen, die das ganze Konzept des Rollenspiels noch gar nicht kannten, ist außerdem die Reaktion auf das Spiel nicht immer voraus zu sehen. Während eine meiner Nichten – obwohl riesiger Herr der Ringe-Fan – beim Spielen eines entsprechenden Abenteuers als erstem Rollenspiel-Erlebnis Angst vor der eigenen Courage bekam – es war einfach zuviel Freiheit für sie ihre Figur komplett frei führen zu können und auch noch als diese reden zu sollen – war meine eigentlich nur zur Rundenauffüllung mitspielende Schwester dabei auf einmal Feuer und Flamme.

Curima: Ich habe mit Neulingen sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht, wobei die meisten davon positiv waren. Da waren sowohl Leute bei, denen Rollenspiel schon ein Begriff war und auch solche, die davon vorher noch nie gehört hatten. Im Gegensatz zu Salazas Vorgehen hat in meiner Runde dann meistens schon eine längere Erklärphase stattgefunden, ehe es ans Spielen ging. Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass das als störend empfunden wurde (muss aber dazu sagen, dass waren auch alles keine Kinder oder Jugendlichen, insofern kann es schon sein, dass in diesen Fällen lange Erklärungen störend wären). Meistens lief das halt so ab, dass man sich mit dem neuen Spieler vorab getroffen hat, ihm erklärt hat, wie das beim Rollenspiel nun läuft, was Aventurien so in etwa für eine Welt ist, wie das mit den Proben funktioniert, usw. Dann wurde entweder ein Archetyp ausgewählt oder zusammen ein Held gebaut, mit der Erklärung, was die Eigenschaften, Vor- und Nachteile, Talente usw. bedeuten. Dauerte meistens so 3-4 Stunden und ich hatte eigentlich den Eindruck, dass das immer ganz gut funktioniert hat. Beim Spiel selber hat es in fast allen Fällen gut geklappt. Wobei ich auch tatsächlich erlebt habe, wie Leute, die als Jugendliche schonmal DSA gespielt hatten, sich relativ schwer taten und andererseits Leute, die noch nie vorher überhaupt ein Rollenspiel erlebt hatten, ein totales Naturtalent an den Tag legten und ihren Charakter total gut rüberbrachte. Da erlebt man durchaus immer wieder Überraschungen.
Bisher habe ich mit allen neuen Spielern oder Spielerinnen, die sich tatsächlich für das Spiel interessierten, viel Spaß gehabt und meist waren sie nach kurzer Zeit auch in der Gruppe und im Rollenspiel drin. Leider hab ich es auch in einigen Fällen erlebt, dass Leute beim DSA mitmachen wollten, weil ihr Partner das so gern spielt und sie den begleiten wollten, auch wenn Fantasy und Rollenspiel und all sowas überhaupt nicht ihr Ding war. Da gab es einige unschöne Vorfälle, die der ganzen Gruppe den Abend ruinierten. War zum Glück aber die Ausnahme.

Feyamius: Kaum. Ich hab zwar meinen Cousin mit DSA angesteckt, merkwürdigerweise aber eigentlich in einer Spielpause, sodass er seinen ersten, in den letzten Atemzügen des DSA3-Regelwerks sogar noch erwürfelten, Helden niemals wirklich gespielt hat. Als die DSA4-Basisbox rauskam, hat sich gerade eine neue Gruppe formiert, in der aber recht häufig die Charaktere wechselten … „Lass‘ uns neue Helden bauen!“ wurde zum geflügelten Wort. Er hat trotzdem lange Zeit die Regelwerke und Regionalbeschreibungen gesammelt — Begeisterung für’s Rollenspiel kann also auch unter widrigen Umständen entstehen und einen bei der Stange halten.

4. Kann man zu jung oder zu alt für den Einstieg sein?

Salaza: Zu alt würde ich pauschal sagen: nein. Zu jung: Das Konzept eines Spiels und der Übernahme einer Rolle muss verständlich sein, aber an und für sich können das auch kleine Kinder schon. Nur muss da das System selbst natürlich passend sein. Auch DSA1 war für einen Vierjährigen in meinen Augen zu komplex. Reduziert man das ganze aber stärker, so sieht das anders aus. Im Endeffekt machen viele Kinder, die mit Puppen oder anderem Spielzeug spielen, ja schon etwas, was man Rollenspiel nennen kann.

Curima: Seh ich auch so wie Salaza. Bei einer Gruppe mit sehr jungen Teilnehmern muss man dann halt drauf achten, dass man eher die Prinzessin vor dem Drachen rettet und nicht mit nem Heer zwielichtiger Söldner durch Oron (=FSK18-Sklavenhalterstaat mit sadistischer, dämonenbuhlender Obrigkeit) läuft. 😉 Ich habe selber aber noch gar keine Erfahrung mit jungen Mitspielern gemacht, insofern kann ich da nicht so gut sagen, was funktioniert und was nicht.

Feyamius: Ja, selbst Pfad nach Aventurien dürfte Kinder im Alter von W6+2 Jahren überfordern. Sobald aber eine weiterführende Schule besucht wird, sollte einer Rollenspielerkarriere nichts mehr im Weg stehen. Für Jüngere gibt es sogar extra Spiele, die darauf setzen, dass die Eltern aktiv mit dabei sind und ihren Kindern erklären, worum es geht – ob sie selbst jetzt schon langjährige Rollenspieler sind oder nicht. Eins dieser Rollenspiele für Kinder ist z.B. das Fanprojekt Thanduria, ein anderes Spiel extra für Einsteiger ist Kaphornia. Klingt beides komisch, is aber so.

5. Was geht besser: Ein einzelner Neuling in einer bestehenden Gruppe, erfahrener SL mit komplett neuen Spielern, oder komplett eigenständig anfangen?

Salaza: Komplett eigenständig halte ich – je nach System – für die schwierigste Möglichkeit. Je nach System ist hier teilweise erst eine Menge zu lesen und die praktische Umsetzung ist dann vielleicht nicht ganz klar. Zumindest eine Person als SL, die eine gute Übersicht hat, ist meiner Meinung nach sehr hilfreich. Ob die Mitspieler Erfahrung haben oder nicht ist da meiner Erfahrung nach zwar nicht unbedingt egal, aber ob sie helfen oder nicht hängt dabei in meinen Augen von anderen Sachen ab. Erfahrene Spieler können mit ihrem Spiel einem Neuling helfen und als Richtschnur dienen. Aber manch ein Spieler mag sich vor solchen vermuteten Spiel-Koryphäen dann auch genieren und dadurch gehemmt werden. Hier hängt viel von der Chemie zwischen den Spielern ab was besser ist.

Curima: Naja, es muss ja auch Gruppen geben oder gegeben haben, die sich da komplett selber durchwurschteln, irgendwie müssen ja die ganzen Spieler ja damals zu DSA1-Zeiten mal angefangen haben … aber ansonsten seh ich es auch so, dass es leichter ist, wenn man nicht nur vollkommen neue Leute hat. Grade ein erfahrener und guter SL ist ja oft einer der Faktoren, die den Spaß am Spielen ausmachen. Auch wenigstens ein Spieler am Tisch, der den anderen ein bisschen vormachen kann, wie das in der Praxis nun so läuft, ist eigentlich immer ganz gut. Ich hab auch schon ein paarmal als einzige Spielerin mit Erfahrung zusammen mit zwei Neulingen gespielt und dann auch bewusst einen Charakter gewählt, der freundlich ist und gerne viel erklärt. Das lief immer ziemlich gut. Ebenfalls kenn ich es so, dass bei nur einem neuen Spieler ein anderer mit viel Erfahrung und Regelkenntnis daneben sitzt und am ersten Abend bei den Proben ein bisschen assistiert oder nochmal erklärt, wo gleich wieder der INI-Basis-Wert steht.
Aber ich geb Salaza recht, wenn man nur einen Neuen dabei hat und der zwischen den ganzen alten Hasen sitzt, die viel Erfahrung haben und das auch zeigen, kann sicherlich einschüchternd sein. Generell denke ich, dass es für den Anfang gut ist, wenn die Gruppe nicht allzu groß ist. Bei drei Leuten ist es einfacher, alle mit einzubeziehen als bei sechs Spielern.

Feyamius: Das kommt, denke ich, immer auf den Neuspieler an. Vielleicht hat er ja Lust, sich das alles allein anzulesen und dann mit relativ viel Vorwissen in eine bestehende Gruppe zu kommen? Vielleicht fällt es ihm aber auch leichter, von einem ‚Alten Hasen‘ gezeigt zu bekommen, wo der Hase langläuft? Vielleicht bleibt ihm aber auch gar nichts anderes übrig, als eine neue Gruppe von Grund auf neu zu gründen – und das ist dann vielleicht auch gut so, weil dadurch ‚frisches Blut‘ in die Community kommt, wenn so jemand (ohne lang tradierte Vorurteile, Standardauslegungen und Haben-wir-aber-immer-schon-so-gemacht verinnerlicht zu haben) zum ersten Mal ein Forum aufsucht, um Rat einzuholen, eine Publikation zu bewerten oder einfach nur schon zig Mal durchgekauten Fragen einen neuen Ansatz mitzugeben.

6. Was geht besser: Möglichst wenig oder möglichst viel Entscheidungsfreiheit im ersten Abenteuer?

Salaza: Viel Entscheidungsfreiheit muss nicht problematisch sein, das hängt eher von den Vorlieben des Einsteigers ab. Hat jemand schon immer Detektivgeschichten geliebt und kombiniert sehr gerne, dann kann hier auch der Plot gerne komplizierter sein. Es soll ja gefallen und ein einfacher Plot langweilt dann u.U. sogar so sehr, dass das Spiel als zu stupide angesehen wird. Ist man sich hierbei aber nicht sicher, mag ein einfacherer Plot mit stärkeren Eisenbahnschienen helfen. Ist das Abenteuer dabei speziell auf Einsteiger ausgelegt können so durch eine klare Ereignis-Abfolge auch die Spielelemente nacheinander spielerisch eingeführt werden (die erste Eigenschaftsprobe, die erste Talentprobe, der erste Kampf etc.), was den Einstieg erleichtert.

Curima: Gute Frage. Mein erstes Abenteuer war absolut linear, am Ende dann sogar mit einem Dungeon, der auch keine großen Möglichkeiten außer „geradeaus“ bot. Heute würde ich das Abenteuer vermutlich grottig finden, damals war es natürlich super *g* Ich denke, dass es wichtig ist, dass man als neuer Spieler weder völlig überfordert ist noch sich gelangtweilt oder gegängelt fühlt. Das hängt meiner Meinung nach aber weniger am konkreten Abenteuer als daran, wie es rübergebracht wird. Auch ein relativ lineares Abenteuer kann dem Spieler zumindest in einem gewissen Rahmen Entscheidungsfreiheit lassen und auch ein Detektivplot kann so aufgezogen sein, dass man einen guten Ansatzpunkt zum anfangen hat und sich dann durch weitere Hinweise dem Ziel entgegenarbeitet. Meiner Meinung nach ist bei einem Einsteigerabenteuer vor allem wichtig, dass es nicht zu viel Hintergrundwissen voraussetzt, dass es den Neueinsteigern eine ungefähre Vorstellung davon vermittelt, wie die Spielwelt so ist (also nicht z. B. statt in Aventurien in einer futuristischen Feenglobule spielt) und dass es nicht total einseitig auf einen Heldentyp zugeschnitten ist.

Feyamius: Ich denke, am Anfang ist linear besser. Außer es handelt sich nur um einen Systemneuling, aber sonst erfahrenen Rollenspieler. Doch für Neuspieler ist der erste Plot zunächst mal nur der Vermittler zum Kennenlernen der grundlegenden Spielmechanismen.
Als ganz neuer Spieler muss man sowieso erst mal rumprobieren an den verschiedenen Stellschrauben und auch ausprobieren, was man überhaupt mag. Von daher sollte man die ersten paar Abenteuer, ja sogar die ersten paar Helden sowieso nicht so ernst nehmen und dann, bei Gelegenheit, einen neuen Charakter generieren, dem nicht mehr die ‚Jugendsünden‘ anhaften – es sei denn, man findet dies spannend und/oder witzig.

7. Rollenspiel-CONs – Fluch oder Segen für Neulinge?

Salaza: Da kenne ich eigentlich zu wenige Cons. Als Einsteiger sollte man aber wohl auf einem Con auf jeden Fall eine Menge Offenheit mitbringen und erst einmal schauen, dass man überhaupt eine Runde findet. Oft gibt es ja extra Schnupperrunden für System-Einsteiger, das ist dann auch was für Neulinge. Gerade wenn man am Ort niemanden mit Erfahrung hat bietet eine Con dann eine gute Möglichkeit mit solchen Leuten in Austausch zu kommen. Auf der anderen Seite kann eine Con auch abschrecken, wenn man hier auf gewisse Spieler- und Spielleitertypen trifft, die so gar nicht den eigenen Vorstellungen von einem guten Spiel entsprechen. Das ist dann frustrierend und ohne Erfahrungspolster vielleicht auch der Todesstoß für das Hobby. Ich würde Einsteigern erst einmal ein wenig die Teilnahme in einem Forum empfehlen und über die Kontakte dort dann auch die erste Con. Dann ist man dort zumindest schon mal nicht allein.

Curima: Als ich auf meiner ersten Con war, habe ich schon jahrelang gespielt, insofern weiß ich nicht, wie das so ist, wenn man da ganz ohne Erfahrung hingeht. Allerdings erlebe ich es auf vielen Cons so, dass man in sehr viele Systeme reinschnuppern kann, entweder kurze Demorunden besuchen kann oder es Einsteigerabenteuer gibt, bei denen vorgefertigte Charaktere ausgeteilt werden. Wie es ist, wenn man da jetzt ganz allein ohne Begleitung aufschlägt, kann ich nicht beurteilen, aber meistens sind die Helfer und Orga-Leute auf Cons immer sehr hilfsbereit. Natürlich kann es passieren, dass man an Mitspieler oder einen Spielleiter gerät, die einem gar nicht zusagen oder dass man mit einem System anfängt, dass einem überhaupt nicht gefällt. Aber zum Glück geht so eine Con ja meist so lange, dass man verschiedene Sachen ausprobieren kann.

Feyamius: Ja, auf Cons sind die Leute meistens supernett und hilfsbereit, es gibt häufig von den Verlagen organisierte Vorführungsrunden ihrer jeweiligen Systeme und es dürfte sich für jede Stufe auf der Nerdleiter genügend Gleichgesinnte finden – also eigentlich das ideale Biotop, um als Rollenspielersetzling zu gedeihen.

8. Sind Computerspiele gute Brücken in die Rollenspielwelt?

Salaza: Ich meine: Ja. Es gibt natürlich Unmengen verschiedener Computer-RPG-Typen, genauso wie auch die P&P-RPGs nicht einheitlich sind, aber um grundsätzlich die Funktionsweise eines Rollenspiels zu verstehen reicht ein Computerspiel erst einmal. Je nach Dialoglastigkeit, offenen Handlungsverläufen und offenkundigem Regelsystem kann ein Neuling hier natürlich mal mehr und mal weniger über Rollenspiele lernen. Aber wer Probenkonzepte am Computer verstanden hat oder den Sinn von Fertigkeiten zur Darstellung eines Charakters für den oder die ist der Sprung zum P&P-RPG deutlich kürzer als für einen kompletten Neuling.

Curima: Da schließe ich mich grundsätzlich an. Auch PC-Rollenspiele sind Rollenspiele und die Grundlagen (ich spiele einen Charakter, ich habe (meist) mehrere Möglichkeiten, ein Problem zu lösen, ich interagiere mit meiner Umgebung, ich steigere meine Fähigkeiten, etc.) sind gleich. Ich sehe auch freudig, dass es in den DSA-Foren doch den einen oder die andere gibt, die über Drakensang auf DSA gekommen sind und jetzt anfangen, das auch als Tischrollenspiel zu betreiben. Problematisch wirds halt dann, wenn einem Spieler der Unterschied zwischen PC-Rollenspiel (wo ja oft alles etwas bunter und übertriebener ist und meist eher ein Charakter der große Held ist und nicht eine ganze Gruppe) und Tischrollenspiel zu groß ist und dann Frust aufkommt, dass es am Tisch nicht genauso läuft. Oder wenn mehrere Spieler sich nicht vom PC-Spiel-Jargon lösen können und dann den Tank nach vorne schicken, während der Magier die anderen bufft, um nachher die Gegner looten zu können …

Feyamius: Beim Computerrollenspiel hält sich die Entscheidungsfreiheit auch heute noch arg in Grenzen, gleiches gilt für die Möglichkeiten von Dialogen. Es mag Spiele geben, die das wirklich gut machen, aber an eine eingespielte Tischrunde kann es natürlich keinesfalls heranreichen. Von daher ist diesbezüglich immer noch Luft nach oben, wenn man vom PC-RPG kommt und mal P&P-RPG ausprobieren möchte. Der Vorteil von Computerrollenspielen ist die ständige Verfügbarkeit – man ist sowohl zeitlich als auch personell ungebunden. Ein gut gemachtes digitales Rollenspiel kann auch schonmal die Spielwelt des zugehörigen analogen Rollenspiels vorstellen und hierfür das Interesse wecken. Gleichzeitig kann es die Welt so zeigen, wie es ein Bild und eine Beschreibung in einer Printpublikation nie vermag. Es ist also nicht nur eine Brücke, sondern kann auch ein ergänzendes Medium sein.

Generell: Welche Tipps für Einsteiger hast du, von Praktischem über Lesestoff hin zu Spielmaterial?

Salaza: Probieren geht über Studieren. Gerade am Anfang ist das ganze – je nach System – vielleicht sehr komplex. Aber kaum jemand liest gerne Bedienungsanleitungen. Also: Am Besten ein erklärendes Einsteiger-Abenteuer nehmen (für DSA meiner Meinung nach aktuell leider nicht existent – das DSA1 „Buch der Abenteuer“ ist hier in meinen Augen immer noch das leuchtende Beispiel), Archetypen verwenden (man baut Helden mit Spielerfahrung eh anders als ganz am Anfang) und dann los. Sobald etwas auftaucht, was man nicht kennt: Im Index nachschlagen und die neue Regel gemeinsam im Spiel kennen lernen.
Außerdem: Keine Angst vor „Fehlern“. Es gibt keine Rollenspielpolizei, es ist eh nur ein Spiel und kein Kätzchen stirbt, wenn man die Probe nicht so macht, wie es in den Regeln steht. Solange alle Spaß haben ist alles in Ordnung. Stellt man fest, dass etwas blöd läuft (jede Probe scheitert oder gelingt), dann sollte man mal nachschauen, ob man tatsächlich ein Konzept richtig nutzt. Aber ansonsten: Man spielt doch eh mit- und nicht gegeneinander, also Mut zur Lücke. Improvisation ist beim Rollenspiel eh das halbe Leben.

Curima: Damit ist das Meiste schon gesagt. Ergänzend gilt, wie im restlichen Leben: Fragen kostet nix. Wer Leute im Freundeskreis kennt, die Rollenspieler sind oder in einem Rollenspielforum mitbekommen hat, dass dort Leute aus der Umgebung registriert sind: Fragt einfach nach, ob ihr mal mitspielen könnt, ob jemand Lust auf eine neue Runde hat oder an wen man sich sonst wenden könnte.

Feyamius: Und lasst euch von Hatern, Trolls und Enttäuschten nicht euer frisch entdecktes Hobby vermiesen! Wenn ihr in ein Forum kommt und euch eine Flutwelle von „Oh ein Neueinsteiger? Ich dachte, Rollenspiel wird untergehen ..!?“ über „Vergiss das Basisbuch, du brauchst die komplette Reihe für 250 Euro!“ bis zu „Alles Scheiße!!!111einseinself“ entgegenschwappt: Hört nicht drauf! Sucht euch diejenigen Antworten raus, die euch wirklich helfen wollen und weiterbringen. Scheut dabei auch nicht einen frühen Systemwechsel: Wenn es euch keinen Spaß macht, kann es einfach sein, dass die Art, wie ihr gern spielen würdet, einfach nicht zu eurem (meist wohl mehr oder weniger zufällig) ausgewählten Spielsystem passt. In diesem Fall hört auf diejenigen, die euch von eurem aktuellen System abraten, und fragt nach Alternativen. 😉

Fazit: Auch wenn in den diversen Foren gern mal der Niedergang des Abendlandes Hobbys ausgerufen und die zunehmende Vergreisung der Rollenspielrunden angeprangert wird: Wir glauben, dass es auch aktuell noch Neueinsteiger in unser aller Lieblingshobby gibt (mit dem Gratisrollenspieltag wäre übrigens ein perfekter Zeitpunkt für den Einstieg akut!) und wünschen ihnen viel Freude dabei!

Über Curima

Moin, ich heiße Lena, bin 32, komme aus Hamburg und spiele seit 2003 DSA. Ich spiele lieber als ich leite und schicke meine diversen Charaktere fast jeden Samstag durch Aventurien. Seit Mitte Mai 2012 arbeite ich bei Nandurion mit.
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