Die unten stehende Rezension bezieht sich auf eine frühere Version der Schicksalsklinge HD. Die aktuelle Version ist deutlich anders zu bewerten, weshalb auch eine weitere Rezension angefertigt wurde. Diese findet sich hier.
Etwa drei Wochen sind nun seit der Veröffentlichung ins Land gezogen und die Schicksalsklinge ist inzwischen (Stand 23.08.) bei der Versionsnummer 1.20 angekommen (zum früheren Stand gibt es auch einen Passierschlag). Dies wird noch nicht der letzte Patch gewesen sein, und es gibt immer noch einige Sachen, die im Vergleich zu Urversion fehlen, einige Fehler, die es hier und da haken lassen, aber das Spiel ist inzwischen nicht nur beendbar, sondern tatsächlich spielbar.
Als das Spiel in die Freiheit entlassen wurde, sah das leider völlig anders aus, weswegen zurecht massive Kritik laut wurde. Die ersten Rezensionen wiesen auch deutlich auf die Missstände hin, auf Macken in der Spielmechanik, Abstürze und dergleichen. Die Entwickler haben jedoch versprochen nachzuliefern, was dem Spiel am Anfang fehlte, und es sieht so aus, als ob sie sie Wort halten werden. Was ist der aktuelle Zwischenstand, was kann man von dem Spiel noch erwarten, und für wen dürfte es von Interesse sein? Das sind Fragen, die ich in dieser Rezension zu beantworten versuche.
Um was geht es überhaupt?
Das veröffentlichte Spiel ist ein Remake des ersten DSA-Computerspiels von 1992, welches selbst den Beginn einer Trilogie darstellt: Die Schicksalsklinge spielt in Thorwal und dem Orkland, ihr folgt Sternenschweif, das im Svelltschen Städtebund angesiedelt ist, und den Abschluss bildet Schatten über Riva, das in und um der gleichnamigen Stadt herum spielt. Zusammen werden die drei Abenteuer entsprechend der derographischen Lage ihrer Schauplätze Nordlandtrilogie genannt.
Im Jahr 15 Hal bzw. 1008 BF – im Mittelreich regiert der gute Kaiser Hal, während im Süden Tar Honak imperiale Expansionspolitik gegenüber dem Kalifat betreibt – droht den Thorwalern und ihrem frisch gekürten Hetmann Tronde Torbenson ein alter Feind: Zwar nicht die Horasier, aber die Schwarzpelze rotten sich zum Dritten Orkensturm zusammen und planen, die verhassten Menschen an der Küste zu überrennen. Tronde, der weiß, dass ein Krieg viele Verluste bringen würde, ersinnt eine Möglichkeit, den Angriff zu stoppen, bevor er überhaupt begonnen hat. Er lässt per Ausrufer nach Helden für eine Queste suchen, in der eine geschichtsträchtige und von den Orks gefürchtete Klinge wiedergefunden werden soll: Der runenverzierte Zweihänder Grimring, die Schicksalsklinge, auch Orkenspalter genannt (Ähnlichkeiten mit Gandalfs Schwert Glamdring sind natürlich nur rein zufällig und haben nichts zu bedeuten).
Hundert Jahre zuvor vom damaligen Hetmann Hyggelik auf den Zyklopeninseln erbeutet, verbreitete die von Zyklopen geschmiedete Waffe Angst und Schrecken unter den Orks, zumal eine Überlieferung der Tairach-Schamanen es verbot, den Träger des runenverzierten Zweihänders zu töten. (Im Computerspiel ist Grimring übrigens ein Einhand-Schwert, da sonst nicht alle Helden nach DSA3-Regeln die Waffe hätten führen können.) Hyggelik verschwand jedoch mit Klinge und den meisten Begleitern bei einer Expedition in den Weiten des Orklands. Tronde, der sich an die Sage erinnert, schickt nun Helden aus, die Nachkommen der Expeditionsteilnehmer zu suchen und bei diesen nach Hinweisen auf den Verbleib der Waffe zu forschen, um mit dieser schließlich die Orks so zu beeindrucken, dass sie von einem Angriff absehen.
Früher war alles besser? Die Regelmechanik der 3. Edition
DSA-Veteranen und diejenigen, denen der Regelunterbau des Spiels egal ist, können diesen Abschnitt überspringen. Auf mir bisher aufgefallene Abänderungen in der Neuauflage gehe ich im nächsten Kapitel ein. Für alle anderen folgt ein Blick auf die Unterschiede der 3. DSA-Edition zum aktuellen 4er Regelwerk.
DSA3 ist kein Kaufsystem, die Eigenschaften werden stattdessen ausgewürfelt. Dabei gibt es einen Satz von 7 guten (Konstitution ist Teil der Körperkraft; Startwert w6+7) und 7 schlechten Eigenschaften (jeder hat den gleichen Satz; Startwert W6+1). Es gibt keine Vorteile und Nachteile und keine Kombinationen von Rasse/Kultur/Profession, sondern je nach Eigenschaften hat man Zugang zu verschiedenen Charakterklassen, wie bspw. dem Magier, dem Krieger, der Firnelfe oder der Hexe. Weitere Fähigkeiten (Kann ich Zaubern? Darf ich Zweihänder führen?) sowie die Höhe von Lebensenergie, Astralenergie, Ausdauer und von Talent- und Zauberfertigkeiten am Anfang des Heldenlebens hängen von der Klasse ab.
Proben laufen im Prinzip wie bei DSA4 ab. Es gibt aber eine wichtige Ausnahme: Bei negativem Wert (früher deutlich verbreiteter) gilt dieser nicht als Aufschlag bei allen drei Proben, sondern muss mit den drei Würfen zusammen abgebaut werden (eine Probe auf 13/13/13 bei TaW -3 ist also mit 12/12/12 oder 10/13/13 gelungen, nicht aber mit 1/13/14).
Eine Erhöhung der Werte erfolgt nur beim Stufenanstieg. Bei festen Abenteuerpunkt-Grenzen (100, 300, 600, 1000 etc.; der Abstand zwischen zwei Stufen steigt jeweils um 100 AP an) erklimmt der Charakter eine neue Stufe. Nun darf man die Werte verbessern: Ein gute Eigenschaft steigt um 1, wenn man mit drei Würfen mindestens ihren Wert erreicht, eine schlechte sinkt um 1, wenn man mit drei Würfen maximal ihren Wert erreicht. Lebensenergie und, so vorhanden, Astralenergie, steigen um zusammen 1W6 (bei Elfen 1W6+2; Magiekundige verteilen den Wurf frei auf beide Energien). Das führt dazu, dass gerade in höheren Stufen Lebens- und Astralenergie in hohe zweistellige oder sogar niedrige dreistellige Bereiche steigen.
Für die Steigerung von Talenten und Zaubern stehen eine bestimmte Anzahl von Versuchen bereit. Die Erhöhung um 1 gelingt, wenn man den aktuellen Wert mit 2W6 (bis 10) bzw. 3W6 (ab der Steigerung auf 11) übertrifft. Für jeden Punkt hat man maximal 3 Versuche, je nach Talent oder Zauber darf man diese um 1 bis 3 Punkte steigern. Auch die Zahl und Art der Talente bei DSA3 unterscheidet sich in Nuancen vom heutigen System.
Zauber lernt man nicht in einer speziellen Repräsentation und sie haben auch keine Merkmale, stattdessen gibt es einen Ursprung (Elfen, Magier, Hexen etc.) und eine zugehörige Gruppe (Heilung, Verwandlung von Lebewesen etc.). Abhängig von diesen kann ein Charakter einen Zauber um 1, 2 oder 3 Punkte je Stufe steigern. Teilweise können Magiekundige Steigerungsversuche zwischen Talenten und Zaubern verschieben, Magier sogar auf Versuche verzichten, um zusätzliche Astralpunkte zu erhalten (eine dreistellige Astralenergie ist für DSA3-Magier in höheren Stufen normal).
Beim Kampf gibt es keine Sonderfertigkeiten, dafür kann jeder gezielte Attacken und Finten schlagen. Statt eines Waffenmodifikators gibt es einen im Einsatz aufwändigen Waffenvergleichswert, die Geißel des DSA3-Kampfes. Attacke, Parade und Fernkampfangriffe sind ansonsten wie heute. Die Kampfreihenfolge regelt der Mut-Wert.
Das modifizierte System für den Computer
Wo weicht das aktuelle Spiel vom alten oder den DSA3-Regeln ab? (Mir sind mit Sicherheit nicht alle Änderungen aufgefallen, dazu können manche Abweichungen auch noch vorläufig sein und sich später wieder ändern.) Aktuell ist es nicht möglich, Eigenschaften über 18 zu steigern oder unter 2 zu senken (die Grenzen waren im Original treu nach den DSA3-Regeln bei 20 und 0). Die Steigerung der guten Eigenschaften gelingt außerdem immer (die Programmkonsole enthüllt hier eine jedesmal gewürfelte 25). Des Weiteren gibt es eine volle Steigerung nach Generierung (inklusive Eigenschaften, Astral- und Lebensenergie), im Original wurden hier nur Talente und Zauber gesteigert.
Auch die Talent- und Zaubersteigerung ist verändert. Zwar ist die Zahl der maximal steigerbaren Punkte gleich, aber im Original galt: Nach drei gescheiterten Versuchen in Reihe ist für diesen Wert definitiv Schluss, dafür hat man aber je Punkt drei Versuche. So konnte es kommen, dass man ein Wissenstalent nach drei gescheiterten Versuchen gar nicht oder mit neun Versuchen um drei Punkte steigerte. Aktuell kann man auch 4 gescheiterte Versuche hintereinander haben, dafür ist bspw. bei Wissenstalenten nach dem 5. Versuch definitiv Schluss.
Bei den Talenten gab es zwei kleine Anpassungen: Bekehren wurde gestrichen, Lügen und Feilschen zu Überreden zusammengelegt. Bei den Zaubern gab es größere Änderungen: Es hat nicht mehr jede Klasse Zugriff auf alle Zauber, gerade Zauber mit deutlich negativen Startwerten (im Originalspiel bis -19) wurden hier einfach ausgeblendet, was stark zur Übersichtlichkeit beiträgt. Es wurden auch die Zaubergruppen von 12 auf 7 reduziert, und von ehemals mehr als 80 Zaubern sind 57 geblieben (NIHILOGRAVO und TRANSVERSALIS sind zwar aktuell aufgeführt, aber keine Charakterklasse hat sie). Alleine 6 Zauber entfallen schon dadurch, dass die bei DSA3 existierenden 7 Einzelvarianten des ATTRIBUTO zu eben diesem Zauber zusammengelegt wurden. Daneben wurde bspw. auch die Beschwörung von Dämonen gestrichen. Wer eine vollständige Liste der Talente und Zauber sehen möchte, der findet diese im Handbuch zum Spiel, das jeder auf der Nordlandtrilogie-Seite frei herunterladen kann.
Sehr schön ist, dass beim Anklicken eines Talents oder eines Zaubers im entsprechenden Übersichtsmenü des Helden eine kurze Beschreibung und die relevanten Werte aufgeführt werden. Wer sich nicht mit den ganzen Zaubern auskannte, musste beim alten Spiel da öfters nachschlagen. Bei den Kampftalenten werden auch Erfolgswahrscheinlichkeiten angezeigt. Teilweise sind hier noch Darstellungsfehler vorhanden („WerteBeschreibung“ in der Darstellung, wo nur „Werte“ stehen sollte, falsche Berechnung der Fernkampf-Erfolgswahrscheinlichkeit), aber man muss fairerweise sagen, dass diese immer weniger werden.
Beim Kampf gibt es – wie im ersten Spiel – keinen Waffenvergleichswert, sondern feste AT/PA-Abzüge bei Waffen und Rüstungsteilen, ebenso wird bei Fernkampfangriffen nicht nach Entfernung und Zielgröße modifiziert. Dafür fehlt bis jetzt die im Originalspiel gegebene Möglichkeit, beim Angriff eine heftigere oder vorsichtigere Variante zu wählen oder einen Zug ohne Angriff nur defensiv zu sichern.
Das Spiel – Grundsätzliches
Das Spiel ist vom Prinzip her ein sehr originalgetreues Remake. Man bereist Thorwal auf der Suche nach Hinweisen auf die Schicksalsklinge. Überlandreisen zwischen Städten erfolgen dabei auf einem Reisebildschirm, auf dem der jeweils zurückgelegte Weg angezeigt wird. Dabei schreitet die Zeit voran, das Wetter ändert sich und hat, ebenso wie die Jahreszeit und die Art des Weges, Einfluss auf die Reisegeschwindigkeit. Nach längerem Marsch muss man immer wieder lagern, wobei Wachen aufgestellt werden sollten, Nahrung und Kräuter gesucht werden können (die Charaktere müssen essen und trinken), Talente (z.B. Heilkunde) und Zauberfertigkeiten (z.B. Heilzauber und Meditation) eingesetzt werden können. Charaktere können auf der Reise (und auch an anderer Stelle) auch erkranken und sollten dann versorgt werden. Möglicherweise erfolgt ein Überfall mit Kampf. Am nächsten Morgen geht die Reise weiter. Leider sind noch nicht alle diese Optionen vollständig implementiert und bugfrei, aber inzwischen sind zumindest die meisten Möglichkeiten nutzbar.
Am Ende der jeweiligen Strecken liegen die Orte, die man als 3D-Umgebung erforschen kann. Hier kann es verschiedene Läden geben (Krämer, Kräuterladen und Waffenhändler), Schmiede zum Reparieren der Waffen (die allerdings aktuell noch nicht kaputt gehen), Heiler, Tavernen und Herbergen, Tempel, in denen man göttlichen Beistand erflehen kann, sowie Häfen, über die man auch an der Küste andere Städte per Schiff erreichen kann. An manchen Stellen kann man an der Strecke oder in den Orten auch Dungeons finden, die ebenfalls in 3D erkundet werden, wobei hier Fallen, Türen und Schatztruhen die interessanten Stellen sind. Sowohl für Städte als auch Dungeons gibt es eine Automap-Funktion, wobei in den Städten gleichzeitig über Symbole und Tooltips die Informationen zu den Gebäuden verfügbar gemacht werden.
In Orten und Dungeons findet man Hinweise und nötige Gegenstände, per Überland- oder Schiffsreise kommt man zu den einzelnen Stellen. Zwischendrin muss man regelmäßig Kämpfe bestehen. In den Städten kann man Ausrüstung kaufen und Beute verkaufen. Durch die gewonnene Erfahrung steigt man in den Stufen auf und kann die Werte verbessern – so läuft das Spiel.
Sound und Grafik im Spiel
Die Grafik des Spiels ist ein schwieriger Punkt bei der Bewertung. Sie hat sich weiterentwickelt, so dass manche anfängliche Kritik inzwischen nicht mehr (völlig) greift. Außerdem war von Anfang an klar, dass das Spiel nicht an moderne Titel würde heranreichen können, da dafür das Budget einfach zu klein war. Aber auch abgesehen davon gibt es bei der Betrachtung Licht und Schatten.
Das erste, was man vom Spiel sieht, ist naturgemäß das Intro. Mich wundert nicht wirklich, dass es bei der Zeitknappheit, mit der das Spiel anscheinend erstellt wurde, ein klassischer Fall für die „Ah, Intro… schnell die Esc-Taste drücken.“-Reaktion ist. Auch das Originalintro war nicht gerade der Weisheit letzter Schluss (grüne Schwarzpelze!), aber die dargestellten Szenen passten wenigstens gut zur präsentierten Geschichte. (Wer möchte, kann beide Intros bei Youtube vergleichen: Alt vs. Neu.)
Im neuen Intro spielt sich fast alles vor und auf einer relativ düsteren Steinwand ab, die Szenen passen eher selten zum Text, die Orks sind zwar im Gegensatz zum Original tatsächlich schwarzbepelzt, aber kaum zu erkennen, und das abschließende Logo bleibt beim Näherkommen erst stehen, wenn es rechts und links aus dem Bild heraus gelaufen ist. Schick ist anders. Daneben fällt auf, dass die erzählte Geschichte am Ende gekürzt ist. Dies kann allerdings durchaus aus dramaturgischen Gründen passiert sein, um manche Informationen zu Hyggelik und dem Schwert nicht schon so früh zu präsentieren. Die grundlegenden Hintergründe werden aber dargelegt.
Der Sprecher im Intro, bei den Dialogen im Spiel und auch bei den Sprüchen der männlichen Zauberkundigen ist Michael Holdinghausen vom Horchposten Verlag. Zusammen mit seiner Kollegin Tanja Haller, die die Sprüche der weiblichen Zauberer spricht, kann man ihn bereits von den DSA-Hörbüchern kennen. Mir persönlich gefällt die Sprechart durchaus, aber wem die Dialoge nicht gefallen, der kann im Programm den Sprecher auch selektiv ausstellen. Was bei der Vertonung stört, sind die Stellen, an denen beispielsweise ein Heldenname ausgesprochen werden müsste. Da dies so nicht möglich ist, werden diese einfach ausgelassen. Statt dessen erfolgt aber eine Kunstpause. Die gesprochenen Dialoge wirken so leider oft hölzern, was eleganter hätte gelöst werden können.
Der Soundtrack selbst ist eine von Gerhard Daurer remasterte Version der Originalstücke von Rudi Stember. Die Musik besteht aus einzelnen Stücken, die passend für bestimmte Szenen geschrieben sind und dort im Prinzip in einer Endlosschleife laufen können. Mir persönlich gefällt sie durchaus, auch wenn ich sie bei häufiger Wiederholung irgendwann doch ermüdend finde.
Zur Grafik im Spiel: Problematisch ist hier die Performance der Grafikengine. Die 3D-Darstellungen sind nicht gerade aus dem High End-Bereich, dennoch ruckelt das Spiel, vor allem in großen Städten wie Thorwal. Je nach Patch wird dies mal besser und dann wieder schlechter, optimal ist dieser Bereich definitiv noch nicht.
Was mich ebenfalls stört: Die Menüboxen im Spiel sind nicht beweglich, was zu Problemen führen kann, wenn Teile zum Anklicken nicht mehr dargestellt werden – wobei ich bisher durch Maximieren des Bildes in der Regel die Probleme umschiffen konnte. Manchmal stören auch die Menüs bei der Betrachtung oder verdeckten interessante Bereiche, z.B. im Reisebildschirm. Wenn man in den Südosten reisen will, z.B. nach Skelellen, dann liegt der Orte unter dem Menü. Hier kann man sich mit der Tab-Taste behelfen, die das Menüoverlay an- und abschaltet oder durch Zoomen und anschließendes Karteverschieben den Ort entdecken, aber unpraktisch bleibt es.
Zur eigentlichen Grafik: Da sind zum einen die Städte. Sie sind als 3D-Modelle erstellt, in denen man herumlaufen kann. Wie im Original kommt es in der Regel nur zu Interaktionen, wenn man ein Gebäude oder einen Marktstand betritt. Dazu werden wohl noch Zufallsereignisse kommen, die aber noch nicht implementiert sind.
Um die Städte nicht allzu leer erscheinen zu lassen, sind diese mit Personen bevölkert, die herumlaufen, sich in Gruppen zusammenfinden, aber vom Charakter nicht angesprochen werden können. Die Umgebung sieht dabei durchaus ganz ansehnlich aus, aber die Städte unterscheiden sich von der Optik her kaum, was mich auf Dauer etwas gelangweilt hat. Das gleiche gilt für die Staffage-NPCs, die zwar inzwischen deutlich besser aussehen als am Anfang, aber auch nur wenig Abwechslung bieten. Vor allem empfinde ich sie als nicht besonders thorwalsch. Wo sind die bunten Hosen mit Streifenmuster, die langen Haare mit Zöpfen, die Hautbilder? Früher musste man sich das aufgrund der sehr rudimentären Grafik noch vorstellen – heute ist das Spiel so detailliert, dass die Fantasie hier nicht mehr benötigt wird. Aber die Darstellung muss passen, und das tut sie leider nicht.
Das setzt sich fort mit den Darstellungen der festen Orte: Läden, Tempel, Tavernen oder auch der Lagerbildschirm werden als 3D-Orte dargestellt, die man aber, wie im alten Spiel, nicht erkunden kann. Ein kurzer Schwenk gibt einen Überblick der Örtlichkeit, in der wiederum Staffage-NPCs die Szenerie weniger leer aussehen lassen sollen. Interaktionen laufen über Menüs und Dialogbäume.
Die Gespräche mit Händlern und Wirten laufen dabei nach einem festen Schema ab, das man schnell durchschaut hat und das mich deshalb auch nach kurzer Zeit nur noch zum schnellen Durchklicken animierte. In Kneipen kann man auch mit anderen Besuchern reden, für diese gibt es aber weder 3D-Modell noch ein Avatar-Bild, so dass es gesichtslose Gespräche bleiben.
Ein weiterer Minuspunkt: Egal, was das Türschild und die Gespräche sagen: Alle Händler, Geweihte und Wirte werden durch männliche und menschliche 3D-Modelle repräsentiert, auch wenn der Laden von einer Frau oder von einem Zwerg geführt wird. Das stößt einen jedesmal mit der Nase drauf, dass die Darstellung einfach nur Staffage ist. Dazu kommt, dass der jeweils anscheinend zufällig angelegte Dialog auch nicht auf den gewählten Namen Rücksicht nimmt. So passiert es, dass man im Kräuterladen der Minna Musporeiken im Gespräch auf einmal einen zwergischen Händler vor sich hat, der wiederum vom einem glatzköpfigen Menschen als Avatar dargestellt wird. Hier endet dann das Gefühl, in eine Welt einzutauchen.
Das gleiche gilt auch für die Tempel. Ja, im Original fand man in jedem Tempel scheinbar den gleichen Geweihten. Aber man wollte das Original ja nicht nur kopieren, sondern auch verbessern. Warum gibt es keine besser zu den Göttern passende Geweihten-Modelle, selbst wenn es nur generische Fantasyfiguren wären und nicht extra für DSA erschaffene?
Ein gerüsteter Geweihter in einem Tsa-Tempel, der außerdem extrem düster wirkt? Immersion ade. Das Feuer brennt übrigens auch im Efferd-Tempel… Warum dann nicht wenigstens einen einfachen Robenträger (oder revolutionär: eine Robenträgerin)? Warum nicht die 13 verschiedenen Tempelarten auch mit stärkeren Unterschieden versehen (neben den Symbolbannern)? Da würde echtes DSA-Feeling aufkommen.
Ebenfalls als 3D-Umgebung sind die Dungeons aufgebaut. Im Gegensatz zur Stadt finden sich hier aber keine Staffage-NPCs. Dafür sind die Innenräume stärker als im Original mit Gegenständen ausstaffiert. Diese sind jedoch in der Regel nicht zur Interaktion gedacht. Einzig Truhen und Türen kann man über Mausklick direkt angehen, bei allen anderen Sachen muss eine Dialogbox die Interaktion einleiten. So kann ein Raum voll von Proviant sein, den man nicht sieht oder Waffen präsentieren, die man nicht aufheben kann. In Truhen kann man auch keine Dinge verstauen, sie funktionieren nur als Einbahnstraße. Hat man also viel zu viel dabei – die alte Plünderseuche des klassischen Rollenspielers – kann man eine günstig gelegene Truhe nicht als Zwischenlager nutzen. Schade, das wäre eine sinnige Neuerung gewesen.
Auch wenn die Dungeons keine NPCs zeigen so sind sie natürlich nicht leer. Doch Gegner und Monster sind (mit ganz wenigen Ausnahmen) nicht sichtbar, sondern werden durch Betreten bestimmter Bereiche ausgelöst. Daraufhin erfolgt ein Kampf, was mich zum letzten Punkt dieser Rezension bringt.
Der Kampf
Der Ablauf der Kampfes, früher wie heute, ist auf Taktik ausgelegt, definitiv nicht auf Tempo. Alle Kämpfer befinden sich in einer Kampfarena, deren Boden mit Kästchen aufgeteilt ist. In jeder Kampfrunde ist jeder einmal dran, die Reihenfolge wird in jeder Runde neu ausgewürfelt.
Je nach Belastung hat ein Charakter zwischen 8 (trägt fast nichts) und 1 (völlig überlastet) Aktionspunkte. Die Bewegung um 1 Feld kostet 1 Punkt, die Ausrüstung eines Gegenstandes 2, ein Angriff oder Zauber 3. Letztere beenden auch die Runde. Für Nahkampfangriffe muss man auf einem Nachbarfeld des Ziels stehen, für Fernkampfangriffe muss die Sichtlinie frei sein. Für Zauber gilt Entsprechendes, wobei bei diesen noch die Reichweite wichtig ist.
Bei Erscheinen des Spiels waren die Kämpfe durch Fehler nahezu unlösbar. Gegner und auch Charaktere blieben hängen, stapelten sich aufeinander, froren ein oder vielen nach dem Tod nicht um, die Magie war kaum implementiert, für die meisten Gegner gab es noch keine passenden Modelle und Porträts etc. Inzwischen ist hier vieles besser geworden, Kämpfe funktionieren meist ohne größere Probleme, aber fehlerlos ist dieser Bereich immer noch nicht. Gegner können immer noch hängen bleiben oder einfrieren, die KI ist auch nicht besonders ausgereift. Dazu kommen Punkte, die im Prinzip keine Fehler sind, aber trotzdem den Kampf verleiden können.
Die Arenen sind so aufgebaut, dass einige Bereiche nicht passierbar sind. Leider sind dies oft Felder, bei denen man auf den ersten Blick nicht erkennt, dass sie nicht passierbar sind. Da wir aus einem breiten Bereich zwischen Felsen und Baum auf einmal ein Nadelöhr, was taktisch ein völlig anderes Vorgehen erfordert. Ebenfalls nicht besonders gelungen ist die Ermittlung der Sichtlinien. Sobald bei der Bewegung von Punkt A zu Punkt B ein Feld überschritten würde, das nicht passierbar ist, gilt die Sichtlinie als unterbrochen. Man kann im Spiel also nicht über Lagerfeuer oder sogar die Decken einer Lagerstatt hinüberschießen oder zaubern.
Dazu kommen weitere Unstimmigkeiten: Die Arenen passen nicht immer gut zu den Örtlichkeiten – da sind auf einmal Teiche und Zäune, die man vorher im Dungeon noch nicht gesehen hat. Alle menschlichen Gegner sind männlich (keine Räuberin, keine Piratin, keine Kultistin). Getragene Waffen und dargestellte Waffen stimmen nicht immer überein (dies wird aber zumindest laufend verbessert). Es gibt keine Möglichkeit, wie im Original Angriffe riskanter, aber heftiger oder sicherer, dafür schwächer auszuführen. Der Kampf, trotz massiver Verbesserungen, bleibt so eine Baustelle.
Fazit
Unbestreitbar ist das Spiel nach katastrophalem Beginn besser geworden. Die erste Veröffentlichung im unfertigem Zustand bleibt eine Frechheit, die dem ganzen Unternehmen „Remake der Nordlandtrilogie“ mit Sicherheit einigen Schaden zugefügt hat. Ob das Vertrauen zurückgewonnen werden kann, wird sich zeigen, zumindest die Möglichkeit dazu sehe ich. Das Spiel, so wie es aktuell existiert, kann durchgespielt werden und dürfte an nicht allzu vielen Stellen zu echten Abstürzen führen.
Dennoch fehlt mir eindeutig noch das, was ich am Original geliebt habe: Das Gefühl, hier in die DSA-Welt einzutauchen. Trotz der moderneren Optik habe ich zu häufig den Eindruck, nicht in Thorwal zu reisen, sondern nur in einer Fatasy-Welt, die zufällig die gleichen Namen nutzt. Gerade bei den Details ist mir das bisher zu wenig.
Für die ausgelieferte Version des Spieles hätte es 0 Einhörner gegeben, da es schlicht nicht spielbar war. Im aktuellen Zustand gebe ich dem Spiel 2 Einhörner. 3D-Optik mit der dann doch angestaubten Spielmechanik von vor 20 Jahren, das ist mir zu wenig. Bisher sind nur kleinere Verbesserungen zu sehen (wie die Informationen zu Talenten und Zaubern oder die Belastungsübersicht bei der Beuteverteilung), während immer noch einige Funktionen des Originals fehlen oder aber Teile fehlerhaft sind. Dazu kommt die, vermutlich dem Budget geschuldete, Optik, die mir nicht ausreichend zu DSA und Thorwal passt. Die weiteren Planungen zur Verbesserung, soweit sie bisher im spieleigenen Forum angedacht worden sind, können dem Spiel wohl später noch zu 1 bis 2 weiteren Einhörnern verhelfen, mehr Potential sehe ich da allerdings auch nicht.
Wer tatsächlich einmal diese Geschichte aus der DSA-Frühzeit erleben möchte und keine Probleme mit einem etwas langsameren Spiel hat, das eher dem Taktiker und mit Sicherheit nicht dem Actionfreund gefällt, der wird hier für 20 € durchaus etwas bekommen, was gefallen kann. Ich würde aber dennoch mit dem Kauf etwas warten und mit einer noch weiter gepatchen Version starten, denn das Durchspielen kostet schon etwas Zeit.
„Schick ist anders.“
Hier hätte ich fast Bier über meinem Laptop versprüht… 🙂
„…kann man eine günstig gelegene Truhe nicht als Zwischenlager nutzen. Schade, das wäre eine sinnige Neuerung gewesen. „
Um mal penibel zu sein: So neu wäre das nicht, Kisten als Zwischenlager konnte man schon im alten „Schatten über Riva“ nutzen 🙂