Interview mit Eevie Demirtel

Eevie Demirtel 2020Eevie Demirtel war Nanduriatin im ersten Jahr, ihr Pseudonym bei Nandurion lautet Eevie. Sie begann ihre Mitarbeit an Das Schwarze Auge 2008 und im September 2011 trat sie der DSA-Redaktion bei. Unter ihren vielen Publikationen ist der Aventurische Almanach für die fünfte Edition des Schwarzen Auges. Eevie hat einige Kurzgeschichten und Romane verfasst, wozu wir sie bereits 2012 interviewt hatten. Wie sie unten verrät, schreibt sie auch heute weiterhin Geschichten für das offizielle DSA.

Anläßlich des 10-jährigen Jubiläums haben wir Eevie zu einem Gespräch geladen.

Nandurion: Wie kamst du zu DSA und auf welchen Zwischenstationen schließlich zu Nandurion?

Eevie: Etwas Vorgeplänkel fand in sehr kleiner Runde bei einem Schulkameraden zu Hause statt. Wir waren nur zu zweit, weil sonst niemand Zeit hatte, und ich glaube, wir haben Das Schiff der verlorenen Seelen gespielt. Ich fand es großartig gemeinsam eine Geschichte auszugestalten, und exotisch, Würfel und Wahrscheinlichkeiten fand ich auch klasse. Zu Weihnachten habe ich mir dann Das Schwarze Auge gewünscht. Unter der Firunstanne lag aber überraschenderweise ein Computerspiel, der damals noch recht aktuelle zweite Teil der Nordland-Trilogie: Schicksalsklinge. Ich habe dieses Spiel geliebt damals, die Bücher und Boxen für das Pen & Paper habe ich mir dann weitgehend mit Nebenjobs selbst erwirtschaftet.
Zu Nandurion wurde ich quasi zwangsrekrutiert. Ich hatte vorher einige Jahre mit Ben Maier in einer WG gewohnt und hatte als gelernte Buchhändlerin Ahnung von Büchern und obendrein noch von DSA. Mir blieb also keine rechte Wahl, ich habe es aber nie bereut.

Nandurion: Wofür stand Nandurion in der Anfangszeit und was verbindest du damit?

Eevie: Wahrscheinlich antworte ich hier dasselbe wie alle anderen, aber wir hatten das Gefühl nach dem Wegfall des Alveran-Forums und der dortigen News gab es ein Vakuum, das irgendwie gefüllt werden musste. Wir hatten alle keine Lust auf Forendrama, aber Informationen zu Neuerscheinungen, Conventions etc. haben uns sehr gefehlt. Ben hat sich dann dahinter geklemmt und quasi im Alleingang Nandurion aus dem Boden gestampft.
Mit dem Blog verbinde ich meine ersten holprigen Erfahrungen mit WordPress, lange Abende am Telefon oder im Nanduriatenchat und viele schönen Begegnungen auf Cons mit netten Menschen. Gedacht war Nandurion als eine neutrale Plattform, die Neuigkeiten zu DSA an einem Ort übersichtlich sammelt. Später kamen dann auch Rezensionen und andere Inhalte hinzu – und jede Menge fleißige Nanduriaten.

Nandurion: Welche sind deine Lieblingsbeiträge von Nandurion gewesen, evtl. auch deinen eigenen?

Eevie: Das ist keine einfache Frage, dafür gibt es eindeutig zu viel wirklich tollen Content auf der Seite, der sich über all die Jahre angesammelt hat:

Orkenspalter TV - Alptraum ohne Ende - Episode 1

Nandurion: Welches ist mit Blick auf Pen&Paper deine Lieblingsprofession bzw. dein favorisierter Heldentypus?

Eevie: Ich war so häufig SL und in so vielen verschiedenen Systemen, dass ich irgendwie nie so wirklich eine Lieblingsprofession hatte. Ich mag Figuren mit Ecken und Kanten, spiele gerne auch mal Crossgender oder non-binäre Charaktere, wenn es sich anbietet, und ich habe ein Herz für Schurken, Streuner, Rogues, Piraten oder einfach direkt Shadowrunner.

Nandurion: Was gefällt und/oder missfällt dir an DSA besonders in Bezug auf Settings (Aventurien, Myranor, Uthuria, Tharun oder Rakshazar), Regionen und Abenteuergenre? Was sollte bleiben und was sollte sich ändern?

Eevie: Wenn ich mich dazu länger auslasse, sprengt das ganz sicher den Rahmen dieses Interviews und es wird länger als Karlis. Daher fasse ich es mal so kurz es eben geht und beschränke mich auf das Positive.
Mein unangefochtener Lieblingskontinent ist, wahrscheinlich wenig überraschend, Aventurien. Kein anderes DSA-Setting hat für mich einen solchen Nostalgie-Faktor, mit allen seinen kleinen Unschärfen und Widersprüchen.
Bei den Regionen ringen seit Jahren die Tulamidenlande und Almada um die Krone, dicht gefolgt von Al’Anfa und dem Bornland, einem echten Ausreißer in dieser doch recht südlich orientierten Auswahl.
Auch bei Abenteuergenres kann ich mich nicht entscheiden, das ist arg von der Stimmung abhängig und mit wem man gerade spielt. Aventurien bietet da glücklicherweise eine große Spielwiese wo man so ziemlich alles unterbringen kann. Eigentlich immer begeistern können mich aber klassische Detektiv- und Mystery-Abenteuer, ein guter Heist-Plot, mehr oder weniger subtiler Horror oder ein klassischer Dungeon-Crawl. Und Seefahrt geht immer.
Ich wünsche mir vor allem mehr Spielhilfen zu Regionen, aber vor allem auch kleinere, klar umrissene Settings wie die neue Havena Spielhilfe oder die gute alte Gareth-Box.
Mit den aktuellen Regeln kann man bisher schon so einiges abbilden. Mir fehlen ein bisschen mehr Fluff in Kombination Abenteueransätzen zum selbst ausbauen und konkrete Schauplätze.
Und ich wünsche mir, dass irgendwas richtig Aufregendes passiert. Das muss nicht zwingend die Rückkehr eines jahrhundertelang verbannten Schwarzmagiers sein, aber was in der Dimension wäre schon klasse. Aventurien lebt für mich von Veränderung, im Kleinen aber auch im Großen.

Nandurion: Spielst Du heutzutage noch Pen&Paper und wie relevant war früher das Thema online zu spielen?

Interview mit Eevie Demirtel - DnDEevie: Ich spiele regelmäßig D&D 5th Edition und ab und zu online DSA 5. Da ich nicht mehr in Deutschland wohne, ist es meist etwas schwierig, persönlich bei meinen alten Runden vorbeizuschauen. Das klappt meist nur ein- bis maximal zweimal im Jahr und aktuell leider gar nicht.
Inzwischen spiele ich auch in einer sehr unterhaltsamen, zweiwöchigen Runde die G7 auf Orkenspalter TV. Mháire leitet zwei Runden abwechselnd, montags das A-Team und mittwochs das B-Team. Ihr könnt uns live auf Twitch zuschauen oder wahlweise später auf YouTube. Die Umsetzung der Kampagne ist eher locker als klassisch, aber gerade das hat finde ich seinen Reiz.
Online zu spielen, war schon recht früh bei uns Thema, weil unsere regelmäßige Runde irgendwann über ganz Deutschland verteilt war. Wir haben schon vor einigen Jahren ab und an Spieler per Laptop oder Tablet zugeschaltet und zwischen die Snacks auf den Tisch gestellt. Heute hat man aber da dankenswerterweise deutlich bessere Möglichkeiten. D&D spielen wir seit dem UK Lockdown auf Roll20 und Discord, auch wenn wir nur wenige Minuten voneinander weg wohnen. Das klappt erschreckend gut, jeder macht sich sein eigenes Essen und es interessiert außerdem keinen groß, ob du Hosen trägst – ein klarer Vorteil.

Nandurion: Wie hat sich die Stimmung in der DSA-Community und der Austausch mit der Leserschaft im Laufe der Zeit entwickelt?

Eevie: Ich lese kaum mehr in Foren, seit das nicht mehr quasi zum Job gehört. Da bin ich also aktuell nicht mehr ganz am Puls der Zeit.
Das Internet wird leider viel zu oft dazu genutzt, in vermeintlicher Anonymität Dinge zu schreiben, die man so (hoffentlich) niemandem ins Gesicht sagen würde. Mir entgeht da sicher einiges, aber nach dem soundsovielten Sturm im Wasserglas bin ich einfach ein bisschen vorsichtiger geworden und lasse andere Leute mitlesen, die dann so nett sind, mich auf konstruktives Feedback hinzuweisen.
Ich finde den persönlichen Austausch netter, sei es direkt im Gespräch, auf Discord oder ganz, oldschool, per E-Mail. Generell habe ich aber das Gefühl, dass die Stimmung in der Community deutlich besser ist als noch vor einigen Jahren.

Nandurion: Welche anderen Rollenspielprodukte hast du neben DSA kennengelernt und was gefällt dir darunter besonders, evtl. auch einzelne Publikationen?

Eevie: Auch hier wäre das eine extrem lange Liste nach nunmehr 26 Jahren Pen & Paper. Ich tu mein Bestes:

  • Cyberpirates (Shadowrun 2), einfach weil Piraten immer was Feines sind und in diesem Setting eine geile Mischung aus Scoundrel und Soap Star.
  • Das D&D Forgotten Realms Setting habe ich in liebevoller Erinnerung, weil es viel Freiraum bietet und eine tolle Spielwiese ist, die nicht zuletzt auch durch die Computerspiele toll ausgestaltet wurde.
  • Der Name Fiasko ist Programm bei diesem interaktiven Erzählspiel, und es ist einfach jedes Mal ein großer Spaß sehenden Auges und mit minimalem Vorbereitungsaufwand auf die Katastrophe hinzuspielen.
  • Wer die Bücher liebt sollte unbedingt The Dresden Files RPG spielen, es lohnt sich. Die Aufmachung der Bücher mit Anmerkungen der Hauptfiguren aus den Romanen ist sehr unterhaltsam.
  • Monsterhearts, weil es maximal spannend sein kann, queere Teenager in einem Urban Fantasy Setting zu spielen, wenn man selbst die Pubertät lange hinter sich gelassen hat.
  • Star Wars, am liebsten mit Fate, aber alles andere geht notfalls auch. Solange es Star Wars ist, bin ich glücklich.

Nandurion: Welchen Roman – den nicht jeder kennt – sollte man als Pen&Paper-Spieler*in gelesen haben?

Eevie: „The Fencing Master“ von Arturo Pérez-Reverte (Deutsche Ausgabe: „Der Fechtmeister“ oder in der neueren Insel-Ausgabe „Ein Stich ins Herz“). Eine wahnsinnig atmosphärische Geschichte, spannend bis zur letzten Seite, sehr tragisch und die Fechtszenen im Buch sind ganz großes Kino.

Nandurion: Kennst du einen Film zum Thema Pen&Paper, den du empfehlen würdest?

Eevie: Zero Charisma, nuff said.

Orkenspalter TV Shulinay nach AoENandurion: An welchen Projekten arbeitest du aktuell?

Eevie: Da keines der DSA-Produkte aktuell angekündigt ist, an denen ich gerade arbeite, kann ich dazu leider noch nichts groß verraten. Es geht definitiv um Bücher, sogar in mehr als nur einer Hinsicht. Und ich habe gerade erst einen Schwung Kurzgeschichten abgegeben, nachdem ich viel Spaß hatte für Kerkergeschichten über die ikonische Katzenhexe Rowena zu schreiben.

Nandurion: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch und sind auf weitere Beiträge von dir gespannt.

Über Nottel

Nottel heißt Michael und wohnt am Bodensee. Seit 93 stromert er als Spieler und Spielleiter mit Gleichgesinnten durch fantastische Gedankenwelten. Zunächst in Aventurien und dem Riesland, später in der Dark Future, der Welt der Dunkelheit, im Trinity Universum und dringt in Galaxien vor, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
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8 Antworten zu Interview mit Eevie Demirtel

  1. Pingback: Interview mit Eevie Demirtel | Nandurion

  2. queery sagt:

    Ah toll. Ich hab mir nochmal das Karl-Heinz-Witzko-Interview durchgelesen. Großartig. Ich hoffe ja er kommt irgendwann nochmal zurück als DSA- Autor. Und ich freu mich auch von dir Eevie bald wieder was zu lesen. Vielen Dank für das Intview.

  3. Josch sagt:

    Wie elegant sich der Kreis hier schließt: ein Interview mit Bruderschwester Eevie, die einst die Interviews bei Nandurion begründete. Und was für ein schönes Gespräch noch dazu. Vielen Dank dafür!

  4. Pingback: Nandurion-Jubiläum: Interview mit Eevie Demirtel – Nuntiovolo.de

  5. Lysander sagt:

    Danke für das tolle Interview! Schön, wieder etwas von Eevie zu hören.

  6. Da schließe ich mich Bruderschwester Josch an! Ein wirklich schönes Interview, kurzweilig und interessant 🙂

  7. Pingback: Interview zum Kemi-Projekt | Xeledons Spottgesang

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