Gastbeitrag von Thorsten Most alias Salaza zum 10-jährigen Jubiläum
10 Jahre Nandurion – das ist ein gar nicht mal so kleiner Anteil der 36 Jahre, die es unser Lieblingsrollenspiel nun schon gibt. Wer hätte nach dem Ende von Alveran gedacht, dass das neue Projekt so lange durchhalten würde? So halte ich den Geburtstags-Nostalgie-Monat für eine sehr schöne Sache, die Rückblicke lassen mich als Ehemaligen häufig schmunzeln und an Dinge denken, an die ich schon lange nicht mehr wirklich gedacht hatte. Und da die Welt schön ist, Bruderschwestern, will auch ich einmal zurückschauen und in meinen Erinnerungen kramen. Neben dem Schwelgen in Nostalgie möchte ich dabei auch einmal den Blick auf die beiden frühen Kinder der ursprünglichen Neuigkeitenseite werfen: Xeledons Spottgesang und Simias Werkbank. Beginnen will ich aber damit, wie ich überhaupt zu Nandurion kam.
Am Anfang war der Vinsalt-Chat. Natürlich nicht am Anfang von DSA, Aventurien ist immerhin älter als das World Wide Web, wenn auch jünger als das Internet. Er war auch nicht direkt für mich der Anfang meines Weges zu Nandurion, denn ich selbst war dort nie aktiv. Mein holdes Eheweib spielte aber im besagten Chat mit anderen DSA. Unter anderem mit einem Spieler mit dem Nicknamen Feyamius, den sie zuvor im DSA4-Forum kennengelernt hatte und der selbst einer der frühen Nanduriaten war. Da sie selbst in der Zeit auch im Fandom aktiv war, z. B. als Moderatorin im DSA4-Forum, war es so wohl fast zwangsläufig, dass sie im Oktober 2011 selbst Teil der wachsenden Einhornherde wurde.
Für mich war das der erste nähere Kontakt zu Nandurion. Im Endeffekt war mir das Projekt, auch wenn ich die Leute dahinter noch nicht kannte, sofort sympathisch. Es reihte sich in eine ganze Riege von Projekten ein, die Fanmaterial in, zumindest meiner Meinung nach, ausgesprochen guter Qualität zur Verfügung stellten. Neben den News als Kerngeschäft gab es auch damals schon die beiden Teilblogs Xeledons Spottgesang (Rezensionen und Kolumnen) und Simias Werkbank (Spielhilfen).
Als späterer Nanduriat ist es wohl irgendwo auch Eigenlob, aber ich möchte dennoch einmal sagen, dass durch das Prinzip, dass alle Sachen vor Veröffentlichung im Team kommentiert wurden, die Rezensionen, Kolumnen und Spielhilfen in meinen Augen für Fanprodukte eine sehr hohe Qualität aufwiesen. Dazu kam dann noch das Layout, das Dank der Mithilfe einiger Künstlerinnen und Künstler und der Arbeit von Layoutpeitsche Feyamius ebenfalls immer sehr ansprechend war.
So, wie ich zu der Zeit die vielen liebevollen und schönen, von Fans gemachten Materialien im Netz entdeckte (nicht nur bei Nandurion; ein Hoch auf das Web 2.0!), fing ich auch an, selbst Dinge einmal nicht nur für die eigene Runde zu erstellen, sondern online für andere verfügbar zu machen. 2009/10 hatte ich im DSA4-Forum zunächst mit Gimaril meine erste DSA-Schriftartendatei und später ein Paket mit vielen weiteren DSA-Schriften und Symbolsammlungen online gestellt, 2011 dann die aus den Einzelkarten des Kartenpakets zusammengesetzte Aventurienkarte. Der Kontakt zu Nandurion war also gegeben und ich machte gerne Sachen für DSA – irgendwo war es damit wohl schon fast zwangsläufig, dass ich auch etwas für Nandurion machen würde.
Auf der RatCon im September 2011 in Dortmund ergaben sich dabei auch die ersten persönlichen Kontakte im realen Leben, aus denen u. a. der Beitritt meiner Frau zum Einhornkollektiv folgte und ich nicht nur Feyamius, sondern auch Bruderschwester Josch das erste Mal kennenlernte (ich entsinne mich noch vage an Gespräche über die Namen schwarztobrischer Immanmannschaften). Ein Jahr später, nun in Unna, trafen wir uns wieder auf der DSA-Hauscon. Feyamius hatte inzwischen ein Anliegen, das zu meinem ersten Nandurion-Beitrag führen sollte: Als Layout-Meister der Spielhilfensparte suchte er nach einer eigenen Schmuckschriftart für die Werke in Simias Werkbank, die einerseits von der markanten DSA4-Schriftart Mason zumindest inspiriert, andererseits aber im Gegensatz zu dieser legal frei verfügbar sein sollte. Da ich ja schon Schriften erstellt hatte, fragte er mich, ob ich Lust dazu hätte. Die hatte ich und so schenkte ich Nandurion zu seinem zweiten Geburtstag kurz nach der RatCon die Schriftart mit dem völlig innovativen Namen Nandurion.
Direkt nach den Feierlichkeiten zum 2. Tsatag wurde ich dann selbst Teil der Einhornherde. In der Folge beteiligte ich mich am üblichen Arbeitstag eines Nanduriaten: Dem Verfassen und Lektorieren von Artikeln zu Neuigkeiten, von Kolumnen, Rezensionen und Spielhilfen. Mein eigenes Steckenpferd wurden dabei die Kolumnen und Spielhilfen. Mein erster größerer Beitrag, verfasst zusammen mit meiner Frau, wurde dann gleich der Artikel, der in meiner ganzen Zeit bei Nandurion die meisten Klicks anhäufte: die dreiteilige Serie zu den DSA-Covern.
Generell kann ich jedem nur empfehlen, sich die Kolumnensparte Heiliger Strohsack in Xeledons Spottgesang einmal anzuschauen, schlummern dort doch einige Texte, die meiner Meinung nach wunderbar zu lesen sind. Gerade für Nostalgiker und alte Säcke möchte ich Vibarts Alveran.org – Ein Jahr nach der Apokalypse empfehlen. In den besten Texten dort – und zu diesen gehört Vibarts Beitrag meiner Meinung auf jeden Fall – findet man in meinen Augen das wieder, was Nandurion für mich immer ausgezeichnet hat: Texte, die sich selbst nicht zu ernst nehmen (böse Zungen würden wohl sagen: herumblödeln), durchaus auch den Finger in die Wunde legen, aber generell dabei versöhnlich und konstruktiv bleiben und dabei immer die Liebe zum Spiel zeigen. Zwei weitere meiner Kolumnen entsprangen diesem Credo, dass eine negative Kritik nicht einfach nur so in den Raum gestellt werden sollte, sondern – neben dem selbstverständlichen Verzicht von Angriffen auf Personen und der guten Begründung – im Idealfall auch Wege aufzeigen sollte, das Kritisierte anzupassen. Immerhin sind die Rezensionen ja als Hilfestellung für die Leser gedacht und nicht als Abrechnung mit Autoren. Nachdem ich meine Rezension der Erben des Schwarzen Eises-Kampagne beendet hatte, entschloss ich mich deshalb, einmal auszuformulieren, was ich mir an Änderungen gewünscht hätte. Gleiches tat ich für das Abenteuer Firuns Flüstern, dessen Ork-Strang ich durchaus gut fand, bei dem mir aber der Kampagnenstrang für die Menschen nicht wirklich gefiel.
Material für Spieler findet man auch in Simias Werkbank. Die Spielhilfen hier sind in meinen Augen ein wirklich schöner Fundus, und jedes Jahr kommen nicht zuletzt dank der Adventskalender einige dazu. Wer sich hier noch nichts angeschaut hat, sollte sich einmal Willkommen in Aventurien! anschauen, die Spielhilfe, mit der Neueinsteiger einen schnellen Überblick über die Welt bekommen. Auch ehemalige und aktive Ulissianer haben hier ihre Spuren hinterlassen: Von Eevie stammt das Zwölfgöttergefällige Namensbrevier (quasi eine frühe Version ihres späteren Werks Aventurische Namen), Alex war an den Archetypen-Spielhilfen zu den Tulamiden und für Meridiana beteiligt, Ben steuerte bspw. das Bild von Quinian Selastro bei, Nadine Schäkel die Geweihtenbilder zu den Geweihten nach Basisregeln und Meisterkartograph Steffen Brand einen Plan zur Spielhilfe Grenzgänger. Dieses Werk, zu dem auch ich einen Beitrag leisten konnte, zeigt eh schön auf, wie viele kreative Geister die Spielhilfen hier unentgeltlich unterstützt haben: Neben den genannten tauchen hier weitere DSA-Spielern vermutlich gut bekannte Namen auf wie Hannah Möllmann, Melanie Philippi, Diana Rahfoth, Verena Schneider (heute: Biskup) und Mia Steingräber. Und auch Komponist Ralf Kurtsiefer gehört zu denjenigen, die schon früh die Spielhilfen unterstützten. Von ihm stammt bspw. das Thema für den garstigen Zantaclauth. Ich könnte hier vermutlich noch lange weitermachen, aber klickt euch selbst einmal durch die Seite. Neben den Nanduriaten und den schon genannten haben hier noch zahlreiche weitere beigetragen, womit das ganze eine in meinen Augen ziemlich großartige Fundgrube von Fanmaterial darstellt.
Eine Sache, die mir beim Erstellen der Spielhilfen immer sehr viel Spaß macht, ist die Teamarbeit. Besonders wenn es um den Adventskalender geht, sind so einige sehr schöne Werke entstanden, wie die oben erwähnten Grenzgänger oder Liturgie Novae mit neuen, inoffiziellen Liturgien für DSA4. Auch Kurzgeschichtensammlungen finden sich da, wobei ich selbst nur eine zu Kaminfeuergeschichten II beigetragen habe. Schaut man sich die verschiedenen Sammlungen an, dann tauchen aber einige Namen dort auf, die DSA-Fans auch von offiziellen Geschichten bekannt sein dürften: Neben Bruderschwester Josch aka Jean G. Kenert finden sich da auch Gudrun Schürer, Judith und Christian Vogt, Michael Masberg und Mike Krzywik-Groß wieder. Und Freunde der Khunchomer Pfeffer Reihe von Eevie Demirtel und Marco Findeisen können sich über aus der Geschichte gefallene Szenen freuen.
Wenn ich auf die Spielhilfen schaue, an denen ich ansonsten noch während meiner Zeit bei Nandurion mitgearbeitet habe, dann sehe ich da vor allem drei Gruppen: Karten, Bastelkram, Computer-Tools.
Die Arbeit an den Landkarten begann mit einer Aventurienkarte, die ich für mich aus den alten Regionalkarten digitalisiert hatte. Diese konnte ich aus Urheberschutzgründen natürlich nicht online stellen, doch dann kam das Ulisses-Kartenpaket heraus und ich konnte zumindest mit den dort enthaltenen Regionalkarten arbeiten. Zusammen mit den Ebenen, die man in PDF-Dateien ein- und ausblenden kann, kamen mir so Ideen für Karten, die ich selbst gerne hätte, darunter eine politische Karte der Schattenlande zur Zeit der Splitterdämmerung und eine politische Aventurienkarte für die Regierungszeit Kaiser Hals. Als ich anfing, Von eigenen Gnaden zu leiten, kam dann noch ein Stadtplan für Zweimühlen hinzu, da der im Abenteuer befindliche mir persönlich nicht ausreichte. Gerade Zweimühlen hat mir gezeigt, wie viel Zeit so ein Projekt fressen kann, zumal wenn man kein Profi in grafischen Dingen ist.
Der Bastelkram, den ich teilweise mit Wolkentanz zusammen erstellt habe, entstand jeweils für die weihnachtliche Adventszeit. Neben einer mit dem Sphären-Schalenmodell versehenen Codierscheibe gibt es da noch zwei Faltspielzeuge, wobei es jeweils auch Spaß machte, sich für die Sachen noch einen aventurischen Hintergrund auszudenken. Sehr viel Spaß hatten wir an der Zwölfgötterlaterne, von der noch drei Versionen auf einem unserer Regale thronen und in der Weihnachtszeit für Stimmung sorgen.
Die Computer-Tools, die ich erstellte, umfassen vor allem diverse Computerschriftarten für die verschiedenen offiziellen Schriften und Symbole. Ob Nanduria, Zhayad, Götterzeichen etc. – wer nach sowas sucht, sollte hier meist fündig werden. Die Schriftarten sind auch etwas, an dem ich durchaus noch heute sitze, insbesondere will ich noch einen Isdira-Font beenden, doch da fehlt mir aktuell ein wenig die Zeit zu. Die neueren Schriften werden – da ich ja kein Nanduriat mehr bin – aber dann vermutlich eher im Scriptorium zu finden sein. Teilweise nutze ich die Tools auch als Möglichkeit, mich in bestimmten Programmiersprachen zu üben, da ich Informatik als Seiteneinsteiger in der Schule unterrichte. Dabei entstand dann bspw. der Versuch, die Wahrscheinlichkeit der 3W20-Probe zu visualisieren (allerdings anders als im Wege des Meisters-Band). Diese Tüfteleien führten auch dazu, dass ich nach Start der DSA5-Betaphase einen ausfüllbaren Heldenbogen dafür erstellte, der auch ein paar rudimentäre Rechenfunktionen enthielt. Als ich in dem Jahr dann auf der RPC war, fragte Eevie mich dann, ob ich nicht Lust hätte, einen solchen Bogen dann offiziell für das kommende DSA5 zu machen. Und so kam es dazu, dass ich die Arbeit an den selbstrechnenden Heldenbögen für DSA5 begann, die mich bis heute begleiten, quasi als immer noch existierendes Erbe meiner Zeit bei Nandurion.
Insgesamt kann ich sagen, dass ich sehr viel Spaß bei Nandurion hatte, auch wenn sich meine Wege und die des Projekts dann schließlich doch trennten. Als Freund Maraskans weiß ich aber natürlich, dass Rur die Vielfalt liebt und dass die Welt schön ist. In diesen digitalen Seiten im Datenlimbus steckt so viel Herzblut von so vielen unterschiedlichen Personen, dass ich froh bin, dass die Tradition immer noch fortgeführt wird und die Inhalte für Fans zugänglich sind. Deshalb wünsche ich dem aktuellen Team weiter alles Gute und vor allem viel Spaß an der Arbeit am Projekt.
Preiset die Schönheit, Bruderschwestern!
Danke für die ehrenvolle Erwähnung. 🙂
Deine PDF-Karten nutze ich bis heute sehr häufig, klare Downloadempfehlung an alle, die sie noch nicht kennen.
Grüße aus der Einhornhistorie, auch an Wolkentanz
Vibart
Ja die Karten sind auch das erste was ich von dir, Thorsten benutzt habe und seit langem sehr schätze. Toll das du hier viele andere Spannende Sachen Vorstellst durch die ich jetzt nochmal stöbern kann. Danke!
Danke euch beiden 🙂
Das ist immer die doppelte Schönheit, wenn man seine eigene Nerdigkeit damit befriedigen kann, solche Sachen zu machen (was mir tatsächlich immer sehr viel Spaß macht) und dann auch noch jemand das gut findet, was man da gemacht hat.
Das zeigt wieder, dass Rur die Welt schön erschaffen hat 🙂
Als ehemaliger Nanduriat weisst Du, lieber Thorjin, dass wir gerne verlinken. Die 30 Links, die Du daher netterweise gleich mitgeliefert hast, zeugen von einer immensen Schaffenskraft. In ca. 2^2^2 Minuten waren die auch ganz schnell übertragen *hüstel* 😉
Ich habe unter anderem auch wegen einem Jubiläumsbeitrag, der noch kommt, die Kurzgeschichtensammlungen letzte Woche gelesen, da ist ja auch eine schöne von Dir dabei, die Du erwähnt hast.
Das war ganz schön link von mir 😛 ***badummtsssss***
Schön, dass dir die Geschichte gefallen hat.
Da war ja jemand in „nur“ 10 Jahren richtig fleißig.
Und die Cover-Serie zitiere ich oft im Forum; und natrülich hab ich einige deienr Sachen in der Sammlung.
Danke dafür.
zakkarus
Oh, sieh an! Es gibt eine politische Hal-Karte! Da ist wirklich Vieles, was ich einst übersehen habe.
Und die Karte schein richtig detailliert! Sogar Asperg (in Almada am Yaquir) ist erfasst!