„Ich war immer treu, habe alles geopfert und nur das eine gewollt. Meine Familie. Und selbst die hat er mir genommen. Wie soll ich ihm und mir das je verzeihen?“
—Lucardus von Kemet zu Borondria bei ihrer letzten Konfrontation
Die Welt des Schwarzen Auges wird bevölkert von Helden, Schurken und ihren Schergen. Hier leben Idole, Statisten und allerlei Volk. Ohne diese Persönlichkeiten wäre das Schwarze Auge kein Rollenspiel, sondern ein reines Würfelspiel wie ein beliebiger Dungeoncrawler. Für die Geschichten in dieser Welt sind die Meisterpersonen also mindestens genauso wichtig, wie die vorgeblichen Heldenfiguren die an den Marionettenfäden ihrer außerderischen Meister hängen. Der Terminus Persönlichkeit bezeichnet oftmals eine besondere Meisterperson, die eine nachhaltige Rolle in der lebenden aventurischen Geschichte spielt. Im Gegensatz zu einem beliebigen Statisten oder nur durch Werte definierten Schergen sollten diese Figuren tatsächlich eine Persönlichkeit, ja einen eigenen Charakter besitzen.
Eine dieser Figuren ist Lucardus von Kemet, Gründer des Ordens des heiligen Golgari und erster Großmeister dieser Boron-gefälligen Ritter. Zugleich ist er auch eine tragische Gestalt und Erzverräter. Sechs Jahre nach Gründung des Ordens verlor seine Frau ihr Leben und Lucardus sein Vertrauen in die Götter. Er verriet seine Brüder und Schwestern und schlug sich auf die Seite des Feindes, den er zuvor bekämpft hatte. Doch auch als finsterer Paktierer ist der todlose Kriegsfürst immer noch Bewahrer von Geheimnissen, die kein Golgarit außer ihm kennt. Der Teiler der Wahrheit kennt die Mysterien der Boron-Kirche besser als alle die ihm nachfolgten. Der Kampf um seine Seele ist ein Abenteuer für wahre Helden.
Hintergrund
Zu der Zeit als kleine Figuren aus Zinn und Plastik begannen, meinen heimischen Keller zu bevölkern, tauchte eine Figur überraschend häufig auf. Zwischen den bunten Nilpferden, Maulwürfen, Zwergen und ein paar Piraten fand sich eine seltsame zinngraue Miniatur wieder, die nicht so recht ins Bild passen wollte. Ein vergleichsweise klein wirkender Ritter auf seinem Pferd wurde von meinen Kindern immer wieder aus dem Regal gezogen und zwischen die anderen Miniaturen gestellt. Obwohl der Reiter ständig von seinem Pferd fiel und eher langweilig aussah, musste er doch das Interesse geweckt haben. Also beschloss ich diese Miniatur als Nächstes zu bemalen.
Der Kavallerist war offensichtlich ein Golgarit, denn er trug den typischen Rabenschnabel und sah auch sonst aus wie die geweihten Kämpfer des Boron. Einige Details machten mich jedoch misstrauisch. Sein Schild war mit einem Totenschädel geschmückt, ebenso wie sein Wappenrock. Auch die Hörner an seinem Helm sollten doch eher Flügel sein, oder? Da es sich nicht um eine GW Miniatur handelte, bei der Schädel allerorten gewissermaßen zum guten Ton gehören, versuchte ich bei Ral Partha die Bezeichnung der Miniatur herauszufinden. Berittene Golgariten gehören dort jedoch nicht zum Programm. Statt dessen entdeckte ich den Grund für die recht eigenwillige Ikonographie dieses Ritters. Kein geringerer als Lucardus von Kemet, ehemaliger Großmeister der Golgariten und späterer Thargunitoth-Paktierer, war hier in Zinn gegossen worden.
Um dieser Persönlichkeit gerecht zu werden wollte ich mir etwas einfallen lassen. Nachdem Lucardus aufgrund seiner Größe und Proportionen bislang wenig Eindruck auf dem Spieltisch gemacht hatte, musste er etwas Hilfe erhalten. Tom Thiels Bild für die Pfade des Lichts vor Augen beschloss ich das Pferd auf einen kleinen Feldherrenhügel zu setzen. So würde der Kriegsfürst zu einer angemessenen Pose kommen. Da der Reiter bereits ein paar Dutzend Mal vom Pferd gepurzelt war, arbeitete ich hier eine Unterlage aus Green Stuff ein. Dennoch würden Ross und Reiter getrennt bemalt werden. Der weiße Stoff an beiden Teilen der Miniatur würde für die Bemalung noch eine Herausforderung werden. Ich erinnerte mich nur allzu gut an eine Einheit motorisierter Space Marines, die ich in den 90ern regelrecht in weißer Farbe ertränkt hatte.
Bemalung
Nach der schwarzen Grundierung wurden die Miniaturen sorgfältig mit weißer Grundierung beleuchtet. Ich wollte den Lichteinfall insgesamt eher dezent halten, da ein Lucardus von Kemet mit seinen untoten Heerscharen nicht im direkten Sonnenlicht marschiert. Das Base wurde mit grüner Acrylfarbe aus dem Künstlerbedarf grundiert. Ich habe immer gerne eine Vorstellung von der Farbwirkung der gesamten Figur mit ihrer Base wenn ich ans Werk gehe.
Die Stoffe in der Kleidung von Mensch und Tier waren bei den Golgariten weiß. Passend zu Lucardus neuer Profession begann ich jedoch mit einer Knochenfarbe. Mit einem Wash wurden die Falten abgedunkelt und so entstand ein schmutzigweißer Eindruck, der hervorragend zu einem Heerführer der Untoten passte. Der Paktierer Lucardus ist alles andere als ein strahlender Held. Die Stoffe wurden dann noch einmal mit dem Pinsel akzentuiert und danach die letzten Lichter mit Weiß gesetzt.
Lucardus Gesicht wollte ich ebenfalls angemessen blass gestalten. Auch hier wurde mit hellen, blassen Tönen gearbeitet und dann ein Wash für die Schatten verwendet. Die ganze Erscheinung des Ritters hat etwas leichenhaftes an sich. Die Boron-Symbole wurden mit Schwarz vorbereitet, ebenso Zaumzeug und Hammer. Als einzigen Farbtupfen gestatte ich mir den roten Sattel, auf dem als schönes Detail die siebenstrahlige Krone des Dämonenmeisters zu sehen ist. Die metallenen Komponenten wurden dann recht schlicht mit Metallfarbe und dunklem Wash gehalten. In Ermangelung von direktem Sonnenlicht sollte es hier nicht zu sehr glänzen.
Der Schild bereitete mir noch etwas Mühe bis ich zufrieden war. Zuletzt wurden noch die Oberflächen abgeschlossen. Das schwarze Pferd wurde durch etwas graues Trockenbürsten mit Plastizität versehen und etwas in die Tonalität des Ritters hineingeblendet. Knochen und Hammer mit etwas braunem Wash gefärbt und schon war der gefürchtete Krieger fertig.
Base
Doch an diesem Punkt blieb noch der Endgegner Base übrig. Ich wollte eine Art Feldherrenhügel, also würde wohl irgendwo auch Gras wachsen. Das blühende Leben einer Sommerwiese passt nicht wirklich zu einem Herrn der Untoten, also musste ich etwas mehr Verfall und Moder unterbringen. Übertreiben durfte ich es aber auch nicht, schließlich sollte der Ritter ja nicht im Sumpf verrecken. Neben dem Gras wanderten also ein paar Bröckchen trockenes Islandmoos, alte Baumnadeln und anderes Gestrüpp mit auf das Base. Wie so oft war ich nur leidlich zufrieden aber am Ende.
Nach dem Lackieren stellte ich fest, dass ich die Pferdeaugen nicht bemalt hatte. Doch das ließ sich leicht beheben. Als finales Zugeständnis an diese Persönlichkeit erhielt das Base ein Namensschild. Auch unter den Wargamern ist es neuerdings ein Trend, bestimmte Modelle mit beschrifteten Bases zu versehen und Lucardus war eindeutig ein Kandidat dafür. Immerhin musste sich so niemand mehr fragen, warum der Golgarit so komische Hörner spazieren trägt und ob er seine Kutte vom Punisher geklaut hat.
Fazit
„Wir sind alle nur austauschbare Spielfiguren, die ein eifersüchtiger Gott nach Belieben belohnt oder leiden lässt.“
—Lucardus von Kemet, letzte überlieferte Worte
Auch wenn die Miniatur auf den ersten Blick eher unproportioniert und wenig eindrucksvoll wirkt, konnte ich Lucardus doch zu einem würdigen Auftritt verhelfen. Die Konzeption des leichenblassen Reiters funktioniert recht gut. Sowohl die eher blasse Tönung, wie auch die gedämpften Lichteffekte fügen sich gut zu einem Gesamtbild. Mal sehen wie lange die Mini die Verwendung durch die Kellerkinder übersteht. Immerhin muss der Herr Ritter jetzt nicht mehr ständig vom Pferd purzeln. Vielleicht brauche ich doch noch ein paar Untote, um dem Kriegsherr Lucardus zu einem anständigen Gefolge zu verhelfen. Die passende Grabanlage dazu habe ich kürzlich schon entdeckt.
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