Der Mantikor mit seiner ikonischen Erscheinung ist heute ein weithin bekanntes Fabelwesen. Die irdischen Ursprünge des Mantikor liegen vermutlich im Indien des vierten Jahrhunderts vor Christus. Wahrscheinlich beruhen die Erzählungen, welche ein griechischer Arzt aus dem Osten mitbrachte, auf realen Begegnungen mit Tigern. Angst und Phantasie machten aus dem gefürchteten Raubtier eine Bestie mit dem Körper eines Löwen, dem Schwanz eines Skorpions und dem Gesicht eines Menschen. Über die Bestiarien des ersten und zweiten Jahrhunderts nach Christus fand der Mythos des Mantikor seinen Weg in die europäischen Erzählungen. Dem etymologischen Ursprung im persischen Wort für Menschenfresser sieht man noch die Herkunft als reißende Bestie an.
Nochmals deutlich abgedrehter wird es, wenn wir den Ursprung der Chimäre betrachten. Diese Kreatur griechischer Sagen gehörte zur Brut des Titanen Typhon und nannte solch illustre Gestalten, wie Hydra, Cerberus und Sphinx ihre Geschwister. Die berühmte Vermischung von Kreaturen bestand aus einem Löwen, einem Schwanz mit Schlangenkopf und einem feuerspeienden Ziegenkopf (sic). Bemerkenswert ist die Sage der Chimäre vielleicht auch deshalb, weil der Held Bellerophon die Unterstützung eines geflügelten Pferdes benötigt, um der feuerspeienden Bestie beizukommen und eine unmöglich scheinende Heldentat zu vollbringen. Name und Erscheinungsbild jenes Pegasus sind uns heute ebenfalls wohlbekannt. Ansonsten hat es im Wesentlichen nur das Verschmelzungsprinzip der Chimäre zusammen mit ihrem Namen in unseren alltäglichen Sprachgebrauch geschafft.
In der Welt des Schwarzen Auges hatte der Mantikor seinen ersten Auftritt publikumswirksam auf der Titelseite des Abenteuers Der Fluch des Mantikor. Dass man es in diesem Abenteuer nicht mit einem echten Mantikor zu tun bekommt, auch wenn das Titelbild anderes verspricht, zeigt einmal mehr den hohen symbolischen Wert dieses Fabeltiers. Als Wappentier der Anhänger des Söldnergottes Kor ist der Mantikor umstritten. Tatsächlich handelt es sich im aventurischen Kanon um kein natürliches Wesen, sondern um eine asfalothische Chimäre. Also eine mittels erzdämonischer Hilfe geschaffene Verschmelzung verschiedener Lebewesen, deren dämonischer Ursprung sie denkbar ungeeignet für ein heiliges Tier macht.
In der fünften Edition wir der Aspekt der zusammengesetzten Kreatur noch einmal stärker betont, indem die verschiedenen Ausgangswesen der Chimäre aufgegriffen werden und der Mantikor sozusagen unter gespaltener Persönlichkeit leidet. Nur der Aspekt des Menschenfressers ist etwas aus der Mode geraten. Solcherlei Klischees waren dann wohl doch nicht mehr zeitgemäß.
Idee und Zusammenbau
Als Tabletop-Miniatur bietet der Mantikor einige Schauwerte. Nicht umsonst war die Miniatur seinerzeit in der Box Kreaturen des Schwarzen Auges enthalten und bildete zusammen mit dem Greif und dem Waldschrat ein Triumphirat des Schreckens. Tatsächlich habe ich den Mantikor noch nie in einem Rollenspielabenteuer eingesetzt. Die klassische Monsterjagd griechischer Heroen lässt sich am Spieltisch nur selten befriedigend emulieren. Das tut der Wirkung des bemalten Zinnklumpens jedoch keinen Abbruch.
Ral Partha liefert den Mantikor als dreiteiligen Bausatz mit angegossenem Base aus. Der zweigeteilte Rumpf muss wie üblich mit einer Fugenmasse so zusammengesetzt werden, dass die Lücken zwischen den Bauteilen geschlossen werden. Ich verwende dafür das altbewährte Greenstuff. Der Schwanz ist ein gesondertes Element und wird zusätzlich in eine passende Nut eingeklebt. Die Ähnlichkeit mit der gefürchteten Extremität der Maraske ist verblüffend. Wenn ich die verwaschenen Hieroglyphen auf dem Base richtig gedeutet habe, stammen beide Bausätze von Werner Klocke, der heute für das deutsche Tabletop Freeboters Fate modelliert.
Aufgrund seiner Pose und Dynamik hat der Mantikor einen sehr hohen Schwerpunkt und steht auf dem angegossenen Base nicht besonders stabil. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit setze ich die Miniatur daher sofort auf ein quadratisches Monsterbase, dessen Gestaltung mir sicher wieder besondere Geduld abverlangt. Als eine echte Chimäre darf man dem Mantikor durchaus auch die verschiedenartige Herkunft seiner Bestandteile ansehen. Gerade der Skorpionschwanz soll als eigenes Element auch durch die Bemalung noch einmal abgegrenzt werden. Also fleißig geschüttelt und die Farben bereit gemacht.
Bemalung
Gleich zu Anfang des Projektes klemmt es schon ein wenig. Die Airbrush zeigt sich verstopft und die Grundierung mit dem schwarzen Primer dauert. Dann kann es jedoch losgehen. Zunächst bin ich etwas unschlüssig, wie ich mit dem Stachelschwanz umgehen soll. Zwar wäre es naheliegend, die Arbeit an der Maraske zu kopieren, aber ich möchte einen stärkeren farblichen Kontrast zum Löwenfell haben. Während ich noch brüte kann ich schon mal die Haarpracht des Löwen mit einem Grau bürsten und danach mit brauner Tinte besprühen. Eine recht einfache aber effektive Lösung für solche eher dunklen aber stark strukturierten Bereiche.
Wie auch schon bei anderen Kreaturen wie dem Zant nutze ich für eine erste Farbschicht auf dem Fell wieder die Airbrush. Immer noch unsicher, wie der Schwanz die beste Wirkung entfaltet hole ich mir Unterstützung aus dem Regal. Im direkten Vergleich sind die ähnlich modellierte Maraske und der Mantikor aus dem Brettspiel Burg des Schreckens zu sehen. Auch wenn ich mich bei der Bemalung des prachtvollen Bossgegners damals eher am Zant orientiert hatte, gefällt mir der Kontrast zum blauen Skorpionschwanz gut. Also erhält dieser zunächst eine blaue Grundschicht. Erst danach erinnere ich mich, warum ich eigentlich mal Maskierungsknete gekauft habe und hülle den Löwen in eine Mantel aus schwarzem Glibber.
Im weiteren Verlauf wird das Fell noch weiter gebürstet und der Chitinpanzer des Stachels an den Kanten gezielt weiter aufgehellt. Um die Segmentierung des insektoiden Körperteils weiter hervorzuheben werden die Gelenkteile mit Schwarz abgedunkelt, während der schimmernde Panzer mehr Glanz erhält. Zwischendurch wende ich mich auch einmal dem Gesicht zu. Auch hier schwanke ich zunächst zwischen den Extremen. Die helle Barbarenhaut, die ich den nordaventurischen Helden verpasse, scheint mir hier fehl am Platz. Deutlich dunklere Töne einer irdisch-indischen Ethnie wären zwar sehr plausibel, passen aber überhaupt nicht in das Farbkonzept. Schließlich wähle ich einen „gebräunten“ Hauttyp, der immer noch einen Kontrast zu den tierischen Elementen darstellt, aber dennoch etwas Distanz zum typischen „weißen“ Erscheinungsbild liefert.
Base
Mein persönlicher Bossgegner ist wie immer das Base. Ich steige mit einer großzügigen Strukturierung durch Spachtelmasse und Teile aus Gras (grün), Erde (ocker) und Stein (schwarz) ins Geschehen ein. Dann wird das ganze Arsenal aufgefahren: Steinchen, Erdbrösel, Teeemulch und Moosfitzel. Unterschiedliche gekörnter Sand und allerlei Geraffel finden ihren Weg auf das Base. Irgendwann gebe ich auf. Noch den Rand des Bases sauber übermalt, dann kann das Ungeheuer zum Lackierer. Ganz zum Schluss werden noch ein paar Spritzer Kunstblut, will sagen Effektfarbe, verteilt. Ein ganz kleines bisschen muss ja vom gefürchteten Menschenfresser doch noch übrig bleiben.
Fazit
Die Fellwesen gehen immer wieder zügig von der Hand. Der Mantikor ist eine eindrucksvolle Miniatur auch ohne haufenweise Details mit Schnallen, Riemen, Knöpfen und anderen mühsamen Kleinteilen. Vom Zant habe ich gelernt die Blutfarbe erst nach der Lackierung aufzubringen und die Maraske hat Lektionen über ihren Stacheln dagelassen. Ja selbst das Base war diesmal zu ertragen. So blicke ich insgesamt gut gelaunt auf dieses Projekt zurück und behalte den Mantikor in guter Erinnerung. Vielleicht kommt er ja so doch einmal zu einem Einsatz am (Rollen-)Spieltisch.
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