Algortons Tal am Greifenpass

Über den Greifenpass - CoverIn meinem Beitrag zur Stadtkarte von Gratenfels hatte ich bereits erwähnt, dass das Abenteuer Über den Greifenpass den Einstieg für eine neue Zusammensetzung meiner Spielrunde bieten sollte. Das Abenteuer ist gut mit einigen Karten ausgestattet. Bei der Aufplanung und Analyse möglicher Schwachpunkte fiel mir jedoch eine Sache auf, die ich schwerlich übergehen konnte. Das Finale spielt in einer versteckten Festung Algortons für die es auch reichlich Kartenmaterial gibt. Im Sinne der Ermächtigung der Spieler wollte ich jedoch unbedingt die Möglichkeit schaffen, von dem von Thomas Finn im Abenteuer definierten Weg abzuweichen. Im Abenteuer findet sich jedoch keine Karte der unmittelbaren Umgebung der Feste, die für dieses Vorhaben unabdingbar war. Auch meine Recherche im Internet ergab nur Reproduktionen oder Transformationen der bestehenden Karten. Nachdem ich einer Mitspielerin versprochen hatte, künftig mehr Karten auf den Spieltisch zu bringen war also klar, dass ich hier noch etwas ergänzen müsste.

Spoilerwarnung
Die Details zur Entstehung der Karte und einiger ihrer Elemente mögen Spoiler für das Abenteuer enthalten. Wer also das Abenteuer noch als Spieler erleben möchte, sollte sich vielleicht auf die verschiedenen Bilder beschränken und den Text dieses Eintrags lieber der Meisterin überlassen.

Erste Entwürfe

Da es, wie beschrieben, kein Kartenmaterial zu Algortons Tal gab, musste ich zunächst einmal eine Vorstellung davon gewinnen, wie das Tal aussehen sollte und welche Elemente es beinhalten und für das Abenteuer bereitstellen musste. Besonders faszinierten mich die Beschreibungen einer Felsnadel und des Zugangs über eine Art Kran. Auf der Suche nach Inspiration warf mein Hirn sofort die Bilder aus einem James Bond Film aus. Die Reihe ist ja für ihre eindrucksvollen Schauplätze bekannt und einer der älteren Filme spielt in einem Kloster, welches von Bond und seinen Verbündeten auf solch bemerkenswerte Weise erreicht wird. Eine kurze Recherche ergab, dass es sich um „In tödlicher Mission“ handelte und der Schauplatz das Kloster Agia Triada in Griechenland war.

Da ein möglicher Zugang über den herabgelassenen Korb führen sollte und dieser Zugang zudem von einem Orklager versperrt werden musste, kam ich schnell zu einem schmalen Grat, der zu einer Felsnadel führen sollte. Da ich es doch für etwas fragwürdig hielt, den Korb am Seil zur einzigen originären Zugangsmöglichkeit der Festung zu erklären, wollte ich zudem eine Zugbrücke installieren, die vom Orklager auf die Felsnadel führte. Allerdings würde danach noch ein steiler Anstieg auf schmalen Pfaden erforderlich sein, um die weitere beträchtliche Höhendifferenz zu überwinden. Auch wenn diese Zugangsmöglichkeit ebenfalls abenteuerlich wirkt, hatte ich doch seinerzeit in Südamerika gesehen, dass die geheime Stadt Machu Picchu auf genau solchen geradezu lachhaft schmalen Pfaden versorgt wurde.

Da die Felsnadel im Kosch in meiner Vorstellung durch Wasser und daraus resultierende Erdrutsche/Steinabbrüche geschaffen wurde, musste noch etwas Wasser im Spiel sein. Auf die eine oder andere Art und Weise würde also ein Wasserlauf eine Rolle spielen. Selbst wenn dieser später nicht befahrbar sein würde und die Heldengruppe wohl kaum Boote mitführen würde, sollte dies ein Element sein, welches beispielsweise das Wasser im Bergwerk erklären würde. In den ersten Skizzen stellt sich bald heraus, dass ich eine recht konkrete Vorstellung von den meisten Dingen hatte. Allerdings würde es eine Herausforderung werden, das Orklager so zu platzieren, dass es wiederum eine interessante Herausforderung für das Heldenkommando werden würde.

Design

Wie schon in meinen Überlegungen zur Karte von Gratenfels beschrieben wollte ich meine Karte am Spieltisch als DIN A3 großen Schwarz/Weiß-Druck einsetzen. Früher hätte ich an diesem Punkt vermutlich begonnen, ein entsprechendes Blatt Papier zu nehmen und dort die Vorzeichnung zu erstellen. Aus verschiedenen Gründen setze ich mich nun jedoch vor einen Computer und beginne mit den Arbeiten an einem Bildbearbeitungsprogramm. Zum einen ist die Zeichnung an einem Computer deutlich flexibler was die Fehlertoleranz und das Ausprobieren verschiedener Arbeitsschritte angeht. Da ich mit einem Graphiktablet arbeite, kann ich annäherend genauso natürlich zeichnen wie mit einem Bleistift oder anderen Zeichenwerkzeugen. Zudem stehen mir in der Software verschiedene Spezialpinsel zur Verfügung, die manche Arbeitsschritte vereinfachen und in Kombination mit dem Tablet auch beschleunigen.

Neben dem eigentlichen Ergebnis kann ich auch Varianten erstellen und beispielsweise Versionen mit zusätzlichen Informationen bereitstellen oder Veränderungen in der Spielwelt reflektieren. Beispielsweise stellt es kein Problem dar, sollten meine Helden nach Gratenfels zurückkehren eine Karte ohne die Belagerung durch das Kupperusfest zu erstellen. Schlussendlich ist es in meinem speziellen Fall noch von Vorteil, die Karten bereits digital vorliegen zu haben, da dadurch ein Zwischenschritt bei der Veröffentlichung auf einer Webseite entfällt. Umgekehrt geht dies natürlich mit dem Nachteil einher, dass ich mein Endprodukt erst noch auf einem geeigneten A3 Drucker analogisieren muss. Dies erfordert etwas mehr Planung, da ich über ein solches Gerät nicht im heimischen Büro verfüge, aber dies nehme ich in Kauf.

Konkrete Planung

Für das Arbeiten mit digitalen Zeichenprogrammen wie Photoshop oder dem kostenlosen GIMP ist es von zentraler Bedeutung sich über die einzelnen Ebenen der Zeichnung Gedanken zu machen. Erst das Arbeiten mit Ebenen schafft die hohe Flexibilität und zusätzliche Möglichkeiten, die einen Großteil der Vorteile der digitalen Zeichnung generieren. Ebenen können dabei zum Beispiel für Elemente mit bestimmten Merkmalen stehen (Höhenlinien, feste Mauern, Schatten, Bewuchs, Wasserflächen) oder aber dynamische Verwendungszwecke spiegeln (Außenansicht, Innenansicht, Beschriftungen, temporäre Elemente). Für meine Beschreibungen orientiere ich mich an den verschiedenen Ebenen um das Vorgehen und die Entstehung der Karte nachvollziehbar zu machen.

Skizze

Eine erste Skizze mit dem digitalen Bleistift dient dazu Orientierung zu schaffen und mir Leitlinien für die späteren Zeichungen zu geben.

Topographie

Da ich für eine Spielsituation einigermaßen klar abzugrenzende Bereiche haben wollte, gestalte ich den spitz zulaufenden Zugang mit klaren Grenzlinien. Die eigentliche Felsnadel muss natürlich ebenfalls eine klare räumliche Ausdehnung besitzen. Die Felswand auf der gegenüberliegenden Seite dient im Grunde lediglich dazu, das Tal für den Flusslauf abzugrenzen. In einem ersten Anlauf versuchte ich die Felsformation mit einem Fraktalpinsel zu zeichnen. Tatsächlich eignet sich dieser jedoch eher für die Büsche und Vegetation, die ich danach auf die Flächen setzte. So zeichne ich die Steine also mit der Hand und ziehe die Büsche mit dem gezackten Pinsel.

Für die Anordnung war mir zunächst wichtig einen Zugang zu schaffen, der von einer entfernten und erhöhten Position aus von den Helden übersehen werden könnte. Dadurch wird die Perspektive der Karte auch innerhalb der Spielwelt plausibel. Ein schaler Pfad führt auf die sich verjüngende Felszunge und endet auf eine Spitze, an der sich sowohl der Zugang zur Festung, wie auch das Orklager befinden werden. Da es im Rahmen des Spiels möglich sein sollte ins Tal hinabzusteigen hatte ich schon früh einen Abstieg zwischen dem Zugangsgrat und weiter entfernt liegenden Teilen der Karte vorgesehen. Diese Überlegungen brachten mich schnell zu dem Ergebnis, dass ich die Karte würde um Höhenlinien ergänzen müssen. Nachdem ich erste Vegetation eingezeichnet und eine Art Waldstück verortet hatte, ergänzte ich dann die Höhenlinien. Um hier eine klare Unterscheidung zu den strengen Kanten der Felsformationen zu schaffen, wurden die Höhenlinien mit einem weitern Pinsel als gestrichelte Linie ausgeführt.

Oberflächen

Um die Vegetation und bestimmte Bereiche deutlicher zu markieren nutze ich weitere Pinsel. Die Büsche und Bäume erhalten mit einem chaotischen Punktepinsel eine erste Strukur. Einen solchen Pinsel verwendet ich für die Karte von Gratenfels um Menschenmengen darzustellen. Hier sind es wohl eher Bäume. Einen ähnlichen Pinsel mit dichterer Packung verwende ich darüber hinaus um Geröll anzuzeigen. Diese Struktur nutze ich an einigen Höhenunterschieden und auch um in der Nähe des Orklagers einen Bereich zu schaffen, der eine heimliche Annäherung deutlich erschwert. Die Pflanzen werden zusätzlich mit einem transparenten Schatten hinterlegt, um das Blattwerk darzustellen. Eine Kombination aus Geröll und Schatten nutze ich auch für den Flusslauf, der hier keine glatte Wasserfläche ist, sondern eher zwischen Steinen dahinplätschert.
Eine besondere Stelle stellt auch der Erdrutsch dar, der links der Felsnadel zu finden ist. Dieses Element ist besonders wichtig, da es abenteuerrelevant ist. Aus diesem Grund verzichte ich auch darauf, das Tal mit dem Fluss durch weitere ablenkende Verzierungen zu verschönern.

Die Festung

Bei meinen Recherchen war ich auf schöne Karten der Festung gestoßen, welche auch die äußere Form der Anlage umfassten. Nach einem kurzen Freihandversuch entschied ich mich, die Vorlage aus dem Profantasy-Forum zu verwenden, um die Umrisse der Festung auf meine Karte zu übertragen. Einige Dinge galt es jedoch dabei zu beachten. Auch wenn die Karte eine Vogelperspektive zeigt, wollte ich hier keine Informationen hinterlegen, die den Spielfiguren zu diesem Zeitpunkt nicht zugänglich sein würden. Da der Turm sich oberhalb der gedachten Position der Gruppe befinden würde, wurden einige Elemente nicht eingezeichnet. Sowohl das Katapult auf dem Dach des Oktagons, wie auch die Installation auf der Spitze des Turms sind zunächst nicht zu erkennen. Im Gegensatz dazu ergänzte ich jedoch an der Außenseite des Turms ein paar dunkle Schatten, welche die Präsenz der Gargylen anzeigen. Diese Elemente sollten einen Hinweis auf die vorhandene Luftabwehr des Turms geben.

Ein weiteres Element ist der Kran als Zugang. In den Beschreibungen des Abenteuers spielt er keine Rolle, da dort vorgesehen ist, dass die Heldengruppe nur über die Mine unter der Festung eindringen kann. Thomas Finn beschreibt zwar in seinen Texten die Seilwinde mit einem Korb, erklärt jedoch zugleich, dass dieser für die Helden unerreichbar ist. Diese Verkürzung auf einen einzigen gangbaren Weg (der unterirdische Dungeon der Mine) missfällt mir. Da Rollenspiel auch davon lebt, dass die Kreativität der Spielenden belohnt wird, installiere ich einen weiteren Zugang über eine Zugbrücke. Ob sich diese in einem benutzbaren Zustand befindet oder nur signalisieren wird, dass der Abstand zwischen Berg und Felsnadel hier sehr gering ist, kann je nach Spielverlauf noch angepasst werden.

Installationen

Nachdem die Landschaft und die Festung nun komplett sind widme ich mich den künstlichen Elementen jenseits der Feste. In unserem Fall ist dies das Orklager. Meine Schwarzpelze sind keine heruntergekommen Yurach sondern eine schlagkräftige Truppe von Spähern, die den Kosch auskundschaften sollen. Auf einen Oger und den dafür meist erforderlichen Schamanen verzichte ich. Auch wird es keinen Käfig mit einem Kobold gebe, da der Kobold in meinen Augen reichlich unmotiviert im Abenteuer auftaucht und seine Funktion anderweitig ersetzt werden soll. Da die Krieger im Kosch überwintern, haben Sie ihr Lager teilweise befestigt. Es gibt also eine Palisade, die dem Schutz gegen ungebetene Gäste dient. Diese Palisade schirmt das Lager auch vor allzu genauen Blicken ab. Ich entscheide mich dennoch, dass die Zelte und die Andeutung einer Feuerstelle erkennbar bleiben. Schließlich ist mir daran gelegen, dass die Heldengruppe frühzeitig erkennen kann, dass ein Frontalangriff hier wenig Erfolg verspricht. Eine Stelle auf der rechten Seite ist für die Lastenponys vorgesehen. Tatsächlich wird es eine weitere Position deutlich außerhalb der Karte geben, an dem die Schwarzpelze weitere Ponys und die Pferde der Gruppe Sintelfink abgestellt haben. Ich lege fest, dass die Schwarzpelze am linken Lagerrand hinter den Felsen ihre Notdurft verrichten und rechterhand eine kleine Wasserquelle ist, die dann den Abstieg hinunter ins Tal fließt. Das Geröllfeld rechterhand ermöglicht eventuell einen Zugang zum Lager, macht es jedoch sehr schwer unbemerkt zu bleiben oder gar zu kämpfen.

Seitenansicht

Die Vogelperspektive ist damit im Grunde fertig. Für das Szenario aus Über den Greifenpass ist es jedoch von besonderer Bedeutung den Spielern klarzumachen, wie die Situation an der Felsnadel genauer aussieht. Aus diesem Grund erstelle ich zusätzlich eine Seitenansicht der Nadel auf der die Feste steht. Diese wird in einen eigenen Kasten auf die Karte gesetzt, so dass sie am Spieltisch jederzeit verfügbar ist. Die Positionierung der Zugangspunkte ist dabei von besonderer Bedeutung. Neben dem Steg mit der Seilwinde wird die hochgeklappte Zugbrücke eingezeichnet. Ein Pfad von der Zugbrücke bis zu Spitze wird hier nur angedeutet. Dieser Weg ist auf die Distanz nur sehr schwer auszumachen. Natürlich hat die Seitenansicht einen etwas anderen Maßstab als die eigentliche Karte. Das nehme ich jedoch in Kauf, da es hier in erster Linie um die Höhe und die Anordnung der einzelnen Elemente auf der Z-Achse geht. Auch in dieser Ansicht darf natürlich der Erdrutsch nicht fehlen, den die Kundschafter der Heldengruppe sich später vielleicht genauer anschauen möchten.

Referenzen

Ein Praxistest mit ausführlichem Spielbericht wird in absehbarer Zeit auf Nandurion erscheinen.

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2 Antworten zu Algortons Tal am Greifenpass

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