Das Rahja-Vademecum

Mit dem Rahja-Vademecum von Eevie Demirtel ist vor kurzem der vierte Band der Reihe erschienen. Diesmal soll Spielern und Spielleitern die Kirche und die Geweihten der schönen Göttin näher gebracht werden.

Wie seine Vorgänger ist auch das Rahjavademecum im Format A6 aufgelegt und in Kunstleder eingeschlagen. Einband und Lesebändchen sind diesmal in Lila gehalten, das Cover zeigt als Symbol der Rahja ein Pferd und eine Rose. Ich muss sagen, dass mich die optische Aufmachung des Buches ziemlich begeistert, denn es ist gut verarbeitet, kein störender „Ulisses-Spiele“-Aufdruck auf dem Cover zerstört die Illusion des Ingame-Gefühls, Bewertet die Spielhilfe im Forum von dsa4.deund auch die Zierbalken im Inneren gefallen mir gut. Die Illustrationen von Verena Schneider sind meines Erachtens nach sehr gut gelungen und passen zum inneraventurischen Flair des Buches.

Ingame-Teil

Doch kommen wir von den Äußerlichkeiten zum Inhalt: Das Vademecum hat 160 Seiten, wobei einige davon Blankoseiten sind, auf denen eigene Notizen vorgenommen werden können. Das ganze Buch ist aus der Sicht des Rahjageweihten Nestario Daneios verfasst.

In den Kapiteln I-III erhält der Leser Informationen über die Göttin Rahja an sich, über ihre halbgöttlichen Kinder und über Heilige und Alveraniare der Kirche. Vieles davon ist aus Wege der Götter bereits bekannt, allerdings werden gerade den Heiligen der Kirche noch einige schöne Ingame-Texte gewidmet.

Kapitel IV umreißt kurz das Fest der Freuden und die Wahl zum/zur Geliebten der Göttin, während in Kapitel V die göttlichen Gaben (der Göttliche Kelch und die Sieben Schleier) vorgestellt werden.

In Kapitel VI folgen sodann ausformulierte Gebete für die zwölf Segnungen. Zu jedem Segen gibt es ein Gebet und eine Beschreibung der Handlungen, die die Geweihten dabei durchführen.

Rahja (von Verena Schneider)

Kapitel VI beinhaltet dann die spezifischen Liturgien der Rahjakirche. Jede Liturgie wird sehr ausführlich behandelt, es gibt meist eine Angabe dazu, woher die Liturgie stammt, wozu sie dient, welche Handlungen der oder die Geweihte vornimmt und welche Worte dazu gesprochen werden. Gut gefallen hat mir, dass bei einigen der Liturgien neben der mittelländischen Variante auch die Version aus den Tulamidenlanden mit angegeben ist. Auch einige Gebete in Urtulamidya sind enthalten.

Die Kirche der Rahja wird im nächsten Kapitel beschrieben. Nach einer kurzen Abhandlung über die drei verschiedenen Kirchenströmungen (tulamidisch, nördlich, güldenländisch) folgen einige Seiten zum Göttinnendienst, zu Tempelgaben, Betreuung der Gläubigen usw. Im nächsten Kapitel folgen noch kurze Angaben zu den Laienorden der Rahja, also den Rahjakavalliern und den Säbeltänzern. Diese sind, mit jeweils einer Seite, sehr knapp gehalten.

Kapitel X dürfte alle erfreuen, die sich mit dem Aspekt der körperlichen Liebe besonders gern auseinandersetzen, denn hier gibt es einen Auszug aus dem Rahjasutra. Nach einigen Erläuterungen zu dem besagten Buch folgt dann ein Auszug, in dem vier Liebesstellungen vorgestellt werden. Diese sind sehr blumig beschrieben, wobei der Autor betont, dass er den Wortlaut des Originals möglichst gut erhalten wollte. Ein kleiner Auszug:

„Seine Geliebte aber lässt sich auf seinem Schoße nieder, das Gesicht ihm zugewandt, so dass er ihre Knospen mit seinen Fingern kneten kann. Sobald er seinen Sayif in ihre Surabh gleiten lässt, soll sie ihn gut umklammern, damit er nicht wieder herausrutscht.“

Nach jedem Auszug aus dem Rahjasutra lässt der Verfasser des Buches noch seine eigenen Gedanken zu der jeweiligen Stellung folgen.

Passend zum Thema „Liebesspiel“ widmet sich das nächste Kapitel dann Rahjaica, rahjagefälligen Hilfsmitteln und dem Erleben von Genuss mit allen Sinnen. Dieses beinhaltet umfangreiche Ratschläge, wie beim Liebesspiel jeder Sinn besonders angesprochen werden kann und eine Übersicht über Liebesspielzeug. Ferner gibt es einen Absatz über die Gewinnung von Rosenöl und dessen mögliche Anwendung und dem Leser wird mit dem von den Mohas stammenden Rezept zur Verarbeitung von Moaranafrüchten noch ein aventurisches Äquivalent zum Viagra vorgestellt.

Outgame-Teil

Im letzten Teil des Vademecums folgen irdische Texte, die helfen sollen, Rahjageweihte am Spieltisch darzustellen. Die Gebote und Tugenden der Kirche werden noch einmal aufgegriffen und näher erläutert, auf das Verhältnis zu anderen Kirchen und auf das Bild der Kirche in den Augen des Volkes wird eingegangen. Danach folgen Tipps zum Spielen eines Geweihten. Schön finde ich die möglichen Typen von Rahjageweihten, die vorgestellt werden (beispielsweise „Der Asketische“, „Die Künstlerin“, „Der Säbeltänzer“ oder „Der Genießer“). In wenigen Sätzen werden Ansätze für die Ausgestaltung eines Geweihten geliefert. Schließlich folgt noch ein kurzer Text darüber, wie ein/e Rahjageweite(r) ins Abenteuer integriert werden kann. Leider gibt es in diesem Vademecum nicht die speziell an den Spielleiter gerichteten Anreize, die er einem Geweihten der Rahja bieten kann, um ihn oder sie in ein Abenteuer zu locken.

Rosen (von Verena Schneider)

Nach einer Übersicht über die Kirchenhierarchie und einigen Hinweisen zur Anwendung von Liturgien im Alltag, die nochmals auf die Unterschiede der verschiedenen Kirchenströmungen eingehen, folgen dann zwei neue Liturgien der Rahjakirche. „Rahjalinas Farbenspiel“ ermöglicht das Fertigen von besonders schönen Tätowierungen, die sich teilweise auch im Laufe der Zeit verändern können. „Rahjas Begehren“ hingegen ist eine sehr mächtige Liturgie, die bisher nur einigen wenigen Meisterpersonen bekannt ist und die dem Geweihten sehr große Macht über eine Person verleiht.

Fazit

Es fällt mir recht schwer, das Vademecum zu bewerten. Zum einen ist die Frage, was überhaupt der gewünschte Inhalt eines solchen Buches sein sollte, denn im Prinzip soll es ja einerseits keine allzu großen Neuerungen gegenüber Wege der Götter enthalten, andererseits aber doch die Geweihten und die Kirche der Gottheit dem Leser näher bringen. Ich persönlich habe den Eindruck, dass diese Balance beispielsweise beim Rondravademecum besser gelungen ist. Dort gibt es viele neue Informationen zur Kirche, während ich beim Rahjavademecum eigentlich sehr oft das Gefühl hatte, nichts Neues zu lesen. Natürlich ist es schön, ausformulierte Gebete oder Ingame-Texte zu bestimmten Aspekten der Kirche zu lesen, aber es ist halt „nur“ eine nette Ergänzung.

Was mir außerdem negativ aufgefallen ist, ist die sehr starke Schwerpunktsetzung des Buches auf den Aspekt der körperlichen Liebe. Es wird zwar immer wieder mal erwähnt, dass es auch Geweihte gibt, die sich mit der Rosenzucht, der Bildhauerei, der Pferdezucht oder dem Winzern beschäftigen, doch dazu gibt es keine tiefer gehenden Informationen. Für mich wäre die Beschäftigung mit solchen Dingen aber ein Mehrwert gewesen, denn dass Rahja die Göttin der Liebe und Ekstase ist, ist allseits bekannt. Wenn man einen Geweihten/eine Geweihte spielen will, die sich mit anderen Aspekten der Kirche beschäftigt, findet man dazu im Vademecum aber so gut wie nichts. Für mich wären auch der Auszug aus dem Rahjasutra und der Teil über das Liebesspielzeug entbehrlich gewesen (ganz ehrlich: Wie oft wird so etwas am Spieltisch so detailliert ausgespielt?), wenn man dafür Platz für andere Texte gehabt hätte. Zum Beispiel sind meiner Meinung nach die Texte zu den Laienorden, den verschiedenen Kirchenströmungen und die Ausführungen zur Wahl zum Geliebten der Göttin sehr knapp gehalten und bieten im Vergleich zum Wege der Götter fast keine neuen Informationen.

Positiv aufgefallen ist mir in den Zeiten der ewigen Lektoratskritik noch, dass mir beim Lesen nur ein oder zwei Rechtschreibfehler ins Auge gefallen sind. Die Texte des Buches lassen sich auch gut lesen und gerade die Ingame-Texte sind schön geschrieben und der Feder eines Rahjageweihten würdig. Auch die Tatsache, dass bei vielen Liturgien auf die unterschiedliche Ausprägung der tulamidischen Glaubensrichtung eingegangen wird, gefällt mir.

Letztendlich lohnt sich die Anschaffung des Buches sicher für alle Spieler, die einen Geweihten oder eine Geweihte der Rahja spielen oder spielen wollen. Wer auf eine große Menge an neuen Informationen zur Rahjakirche hofft, sollte sich den Kauf vielleicht lieber noch einmal überlegen.

Bewertung

Zwei Einhörner sind unterwegs, um auf eigene Faust etwas über Rosen- und Pferdezucht herauszufinden, eins versucht, die Stellungen aus dem Rahjasutra nachzumachen, ohne sich das Horn zu brechen und ein weiteres hat sich aufgemacht, um das Fest der Freuden selber in Augenschein zu nehmen. Somit verbleiben noch 5 Einhörner, die sich im Tempel der schönen Göttin auf einen leckeren Tharf einfinden und das Erscheinen des Rahjavademecums feiern.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

Über Curima

Moin, ich heiße Lena, bin 32, komme aus Hamburg und spiele seit 2003 DSA. Ich spiele lieber als ich leite und schicke meine diversen Charaktere fast jeden Samstag durch Aventurien. Seit Mitte Mai 2012 arbeite ich bei Nandurion mit.
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1 Antwort zu Das Rahja-Vademecum

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