Meckern ist einfach. Liest man sich meine aktuelle Rezension zu Tauwetter durch, dem letzten Band der Erben des Schwarzen Eises-Kampagne, dann merkt man, dass ich dies dort sehr viel getan habe. Und liest man sich meine Rezensionen zu den beiden Vorgängern durch – Frostklirren und Feuerbringer – dann findet man dort noch mehr Meckerei. Ich gebe zu, der Verlauf der Kampagne, gerade im letzten Band, hat mir dermaßen missfallen, dass ich durchaus Lust hatte, mir mit einem Rant Luft zu verschaffen. Aber das wäre dann auch sehr billig – da spiele ich lieber eine Runde Demonicon zum Abreagieren.
Ich möchte in dieser Kolumne dagegen etwas anderes versuchen, das mir deutlich schwerer fällt. Die Kampagne ist nun erschienen in der Form wie sie ist. Für 40 € kann man alle drei Bände zusammen als PDF-Bundle bekommen. Könnte ich nun etwas daraus bauen, was mir Spaß machen würde? Dann wäre das vielleicht – trotz der Schwächen – etwas, was für andere, die meine Kritik ansonsten teilen, auch eine Überlegung wert wäre.
Was spricht überhaupt für mich dafür, dieser Kampagne, trotz der, nicht nur hier bei Nandurion, negativen Kritiken eine Chance zu geben? Ich versuche mal drei gute Gründe zu finden:
- Die Kampagne enthält viele gute und umfangreiche Hintergrund- und Szenenbeschreibungen.
- Die Kampagne bietet einen umfangreichen Handlungsblock in einer sonst wenig mit Abenteuern gesegneten Region.
- Die Kampagne bietet Helden Zugang zum offiziellen Metaplot mit Kontakten zu vielen wichtigen Meisterpersonen und kann so als Sprungbrett für die Splitterdämmerung im Norden dienen.
Ich denke, da ist für mich zumindest genug Anreiz drin, es einmal zu probieren. Was sind nun die Hauptkritikpunkte, die zu ändern mir wichtig wären? (Die Reihenfolge ist keine Gewichtungsreihenfolge!)
- Komprimierung der Zeit. Das Konzept drei Jahre – drei Bände ist meiner Meinung nach nicht aufgegangen. Die Handlung pro Band umfasst jeweils nur einen Bruchteil der Zeit, da ist viel Leerlauf vorhanden. Also: Zeitspanne eindampfen.
- Klimatische Besonderheiten herausstellen. Fast alle der Szenarien hätten klimatisch auch im Bornland oder Albernia angesiedelt sein können. Paavi ist im Hohen Norden. Das muss stärker betont werden, damit würde das in meinen Augen recht beliebige Profil eine deutliche Schärfung und Abgrenzung zu anderen Settings erreichen.
- Wichtige Plotelemente stärken. Einige Elemente, die im hohen Norden vorkommen, sind nur vereinzelt aufgetaucht. Gerade die wichtigen unter ihnen könnten, bspw. über Wiederholungen, deutlich stärker eingebaut werden. Das gilt meiner Meinung nach für die Nivesen und ihren Schamanismus, für den Ifirn- und Firunglauben, für die Städte Eestiva und Bjaldorn und auch für Dermot und seine Schwester.
- Aufgesetzte Elemente entfernen. Elemente, die in der Kampagne eingebaut wurden und bei denen ich den Verdacht habe, dass sie nur um der Epik oder Exotik willen eingesetzt wurden, sollten rausfliegen. Sonst bleibt zu wenig Raum für die wichtigen Teile. Rausfliegen können da gerne die Grolme, die Orks, Shirr’Zach, die Schneefüchse, der Sphärenspiegel und das Feuer Ingras.
- Erfahrenere Helden. Die Thematik mit den mächtigen Gegnern und dem Hintergrund des dämonisch/göttlichen Konfliktfeldes ist in meinen Augen denkbar schlecht für Basisregeln und unerfahrene Charaktere geeignet. Im Gegenteil: Geweihte und fähige Magier wären hier sinnvoll, vor allem, wenn sie selbst in der Lage sind, ein Eisherz zu heilen.
Wie könnte das Gerüst einer überarbeiteten Kampagne aussehen, wenn ich mich daran machen würde? Erstmal würde ich den Zeitrahmen schrumpfen. Die Kampagne würde nur noch über 18 Monate gehen, beginnend im Frühjahr, endend im Sommer des nächsten Jahres und vor allem mit aktiver Bespielung des Winters. Jeder Band würde entsprechend nur 6 Monate umfassen. Die Überwindung des Eisherzen-Fluchs könnte von Spielerhand erfolgen oder alternativ durch nivesische Schamanenkunst in Gestalt Midos und Kailäkinnens. Die Helden agieren viel früher als Agenten Dermots und helfen mit, einen Aufstand in Paavi zu erzeugen.
Teil 1 würde erst einmal ähnlich anfangen. Die Reise in den Norden, mit Anwerbung im Bornland. Auf dem Weg würde ich die später wichtig werdenden Städte Bjaldorn und Eestiv stärker einbinden und hier Plotelemente einbauen. Bspw. Sammler bei Eestiva, den Firunglauben in Bjaldorn, Nivesen mit der Kaskju Mido auf dem Weg ins Sommerlager, dazu eine echte Vorstellung von Fjadir/Liwinja von Bjaldorn, inklusive ersten Hinweisen zum Eisherz, des guten Freiherrn in Eestiva und auch der Familie Estven dort. Die Sabotage-Aktionen auf der Reise könnte ein Agent des Handelshauses Weyringer durchführen und so schon die Saat des Handelskrieges legen. Sulja könnte schon auf der Reise ihr seltsames Sendungsbewusstsein zeigen und durch stärker werdende Konflikte bereits in Eestiva den Zug verlassen. In Paavi werden die Helden von Vito Granske für den Kontakt zu den Nivesen genutzt, hier kann man den Plot mit Mido und den Eisherzen weiter vorziehen. Diese könnte sich anschließend auf den Weg zu Kailäkinnen machen. Zuletzt sollte der Kontakt mit Dermot erfolgen, inklusive einer Situation, die ihn die Helden als Agenten anwerben lässt.
Teil 2 setzt mit dem kurzen Herbst ein und deckt auch noch den Winter ab. Die im ersten Teil aufzuklärende Mordserie wird auf diesen Teil verlegt und bringen mehr Einbindung in Paavi. Parallel können die Konflikte in Paavi eingebaut werden. Über Informationen der Meskinn-Brüder stoßen die Helden auf die Höhle (mit oder ohne Bragarm) und finden dort Hinweise auf die Verbrechen der Etsvens (deren Wappen sie am besten schon in Eestiva kennen lernen; sie könnten auch den Mord an der Familie im ersten Teil miterleben). In der Stadt baut man nun den Konflikt-Plot ein, der zwischen den Handelshäusern die Intrigen im Winter blutig werden lässt, geschürt von Sindri Gorbas. Außerhalb der Stadt (bspw. bei der Höhle) lernen die Helden die versteckte Firun-Geweihte kennen. Über diese erreicht sie ein Hilferuf Walbirgs oder Iloinens, dass Mido auf dem Rückweg zur Firungeweihten ist, aber von Schergen Gloranas gejagt wird. Die Helden retten sie und können mit ihren Informationen von Kailäkinnen die Thematik der Eisherzen nun tiefer analysieren und entweder selbst eine Lösung finden oder ihre schamaninschen Fähigkeiten nutzen.
Teil 3 würde dann mit dem Thorwaler-Angriff zum Frühjahrsstart beginnen. Die Helden können versuchen strategisch so einzugreifen, dass die Thorwaler bestimmte neuralgische Punkte zerstören können, andere dafür nicht. Oder sogar vorher mit diesen verhandeln. Das eskaliert den Konflikt mit Geldana, die Helden fliehen und helfen Dermot Verbündete zu finden bzw. zu überzeugen (bei Mido sollten sie nach der Hilfe einen Stein im Brett haben). Es schliesst der Plot mit Eestiva und Bjaldorn an, wenn auch ausgebaut und mit Kontrakten aus dem ersten Teil. Sulja predigt ohne Artefakt ähnlich erfolgreich wie im Original mit, kann aber über den Estven-Plot gestürzt werden. Der geheilte Fjadir gibt die Informationen zum Verbleib der Herzogsinsignien, die die Helden mit Unterstützung der Firun-Geweihten aus Gloranas Palast befreien. Anschließend bereiten sie die Eroberung Paavis im Inneren vor, indem sie dort mithelfen, einen Volksaufstand zu initiieren. Hier gehört dann noch ein Plot rein, der einen Weg in die Festung ebnet, u. U. über Emenuk. Schließlich erfolgt die Schlacht und Geldana wird in einem Duell getötet.
The End.
So in etwa könnte ich mir vorstellen, den Plot zu leiten. Da steckt dann natürlich noch viel Arbeit drin, denn wenn die Kampagne eins zum Beispiel nicht hat, dann vernünftiges Kartenwerk. Da bleibt nichts anderes über, als selbst zum Stift zu greifen oder sich in anderen Publikationen bedienen.
„Da steckt dann natürlich noch viel Arbeit drin, denn wenn die Kampagne eins zum Beispiel nicht hat, dann vernünftiges Kartenwerk. Da bleibt nichts anderes über, als selbst zum Stift zu greifen oder sich in anderen Publikationen bedienen.“
Das finde ich am schlimmsten, den wenn ich was nicht gut kann und gerne in einer Publikation sehe, dann sind es Karten. Den Rest muss ich auch immer anpassen, aber gute Karten sind das A un O!
Ja, Karten ist vor allem für die Teile in Paavi ein Problem. Gerade bei den Szenarien, die in den Handelshäusern oder Kneipen spielen, wird viel räumliches beschrieben, aber keine Karten gegeben.
Enthalten sind an neuen Plänen in den drei Bänden insgesamt gerade mal 6 Stück, davon drei im ersten Band, wo das Problem noch vergleichsweise gering war. Ansonsten findet man noch Kopien der Stadtpläne von Bjaldorn, Eestiva und Riva, die alle schon in Im Bann des Nordlichts zu finden waren. Wer auch immer Eestiva und Riva so angelegt hat: Ich finde es total unsinnig, bei diesen vergleichsweise kleinen Städten keinen größeren Ausschnitt gewählt zu haben. Wenn nicht der ganze Stadtrand zu sehen ist, ist so ein Plan meiner Meinung nach deutlich weniger wert. Als letztes bekommt man noch Graustufen-Kopien der Regionalkarte, bei der die bunte Version aus dem kostenlosen Kartenset besser ist. In der in den Bänden vorliegenden Form ist der Kontrast schlecht und Wege bspw. kaum zu erkennen.
Ich werde das Ganze in absehbarer Zeit leiten und sicherlich auch großflächig umgestalten. Danke für die Hinweise! Falls ich im Zuge dessen Karten erstellen sollte, kann ich ja Salaza bescheid geben, damit er sie hier zur Verfügung stellt.
Gern geschehen. Wenn du später Karten erstellt hast, dann wäre das wirklich sehr nett, wenn du die allen zur Verfügung stellen magst. Bei Simia hätten wir dann da natürlich auch ein Plätzchen für.
Ich meistere diese drei Bände gerade und gebe deinen Rezensionen im Großteil recht.
Trotzdem gefällt uns (Spieler und Meister) die Kampagne bis jetzt sehr gut. Allerdings hab ich einiges anders gemacht (und entsprechend viel Arbeit hineingesteckt).
Wir spielen das das ganze mit drei halbwegs erfahrenen Helden und drei sehr (!) erfahrenen Helden, mit denen ich zuvor eine epische Version der Drachenchronik geleitet habe.
Daher kennen sie Shirr´Zach „ziemlich“ gut und er wird deutlich mehr Profil bekommen. Auch Iloinen hat und wird eine größere Rolle erhalten und das Feuer Ingras wird, da sich die Helden mit den Ingrapriester sogar verbündet haben, eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Geldana erhalten.
Mein Hauptkniff war nämlich, dass ich die Kampagne mit der zweiten Hälfte von Firuns Flüstern verflechte und ich all diese episch/exotischen Bekanntschaften gut brauchen kann, um die Eishexe und ihre dämonischen Heerscharen schließlich zu bezwingen.
Bis dato läuft alles ziemlich gut und ich habe den Großteil der Vorlagen in eine ziemlich plausible und glaube auch stimmige Geschichte verpacken können.
z.B. habe ich Dermot (und auch Mido) viel früher eingeführt und Charaktere wie die junge Rondrageweihte (samt Elida Estven) und die Paktiererin Eldana Elmkis erhalten deutlich mehr Profil. Auch ist es gelungen, die Helden richtig in Paavi zu verankern. Unter anderem haben sie das Würfelpech übernommen und sich in der Zwischenzeit zahlreiche Freunde und Verbündete geschaffen. Selbst die Schneefüchse hatten ihre Auftritte, auch wenn sie von den Spielern kaum als Konkurrenz ernst genommen wurden.
Den Handelskrieg hab ich zum Großteil nur gestreift bzw. in der Abwesenheit der Helden passieren lassen. Das hätte sogar nicht zu hochstufige Helden gepasst.
Heute Abend spielen wir wieder mal und neben dem Thorwaler Überfall soll die Suche nach Shirr´Zach beginnen (bei der Iloinen und ein Shakagra eine große Rolle spielen.)
Mal sehen wie es weiter geht 🙂
Pingback: Jenseits der Neuigkeiten: Xeledons Spottgesang, Simias Werkbank und meine Zeit bei Nandurion | Xeledons Spottgesang