Interview zur Regionalspielhilfe „Das Wüstenreich“

Interview mit Zoe Adamietz, Kaweh Akbarian und David Frogier de Ponlevoy

 

Illustration von Sebastian Watzlawek

Nandurion: Ihr schreibt zusammen an der Regionalspielhilfe „Das Wüstenreich“. Mögt ihr euch vielleicht kurz vorstellen?

Zoe: Hallihallo, ich bin Zoe von der Das Schwarze Auge-Redaktion und vermutlich vor allem für meine Arbeit an diversen Spielhilfen bekannt, zum Beispiel dem Aventurischen Herbarium I+II, dem Transmutarium, dem Animatorium und neuerlich dem Grimorum Cantiones. Zu DSA bin ich über eine Rollenspiel-AG in der Schule gekommen, die von einem gewissen Alex Spohr angeboten wurde. Nachdem ich schließlich mein Studium in Soziologie und Politikwissenschaft abgeschlossen hatte, habe ich mich einfach frech bei der Redaktion beworben.

David: Ich bin DSA-Spieler seit der ersten Edition, ich hatte sogar die alten „Werkzeuge des Meisters“ zu Hause und die „Götter, Magier und Geweihten“-Box unzählige Male gelesen. Aber ich dachte trotzdem immer, dass man fürs Autorensein „noch mehr Fan“ sein muss und hatte mich auch zwischenzeitlich anderen Systemen gewidmet, außerdem ein Jahrzehnt in Asien gelebt, das war schwierig mit Rollenspiel. Seit Corona 2020 spiele ich wieder DSA und habe noch im selben Jahr mein Heldenwerk „Puppenspiel“ gepitcht. Seitdem war ich unter anderem bei der Rohals-Erben-Anthologie mit „Ein Zombie zum Dessert“ beteiligt.

Kaweh: Dann schließe ich als Neuling gerne die Vorstellungsrunde ab. Ich heiße Kaweh, im Netz auch Shirwan und die RSH des Wüstenreichs ist mein Debüt als offizieller Autor für Aventurien, was sich ehrlich gesagt immer noch wie ein lang gehegter Traum anfühlt. Privat bin ich ein Liebhaber der klassischen deutschen und persischen Literatur, Architektur wie auch der Geschichte dieser Länder. Gerne lasse ich diese Elemente in mein Rollenspiel einfließen und teile meine Erkenntnisse mit Freunden oder im Netz, so auch in meiner Fanspielhilfe zu den Tulamiden.

Nandurion: Was ist besonders an dieser Regionalspielhilfe, was hat dazu geführt, dass genau ihr Teil des Autorenteams wurdet?

Westliches Kalifat von Malte Zirbel

Zoe: Redakteurin für das Wüstenreich bin vermutlich ich geworden, da uns als Redaktion von Anfang an klar war, dass die Novadis gänzlich neue Impulse brauchen, um endlich auch als unmissverständliche Helden ihren Platz in Aventurien zu finden und für eine breitere Menge Spieler:innen eine attraktive Charakterwahl darzustellen. Ich habe großen Spaß am Entwickeln neuer Impulse, also durfte ich das Projekt übernehmen.

Kaweh: Tatsächlich kam Zoe zu einer Zeit, als deutlich wüstenreichwürdigere Temperaturen herrschten auf mich zu und fragte mich, ob ich Teil des Teams werden würde. Auch David hat mich öfters motiviert, mich einmal offiziell einzubringen, mit meinem Wissen zu den irdischen Referenzen und Hintergründen, wie auch als Liebhaber der Region. Das war wohl auch der Grund meiner Ansprache durch Zoe. Am Anfang war ich natürlich überwältigt, doch meine wunderbaren und hilfsbereiten Mitautor:innen, wie auch Zoe selbst, haben mich herzlich aufgenommen und mir den Einstieg und den Austausch ungemein erleichtert. Etwas später kam dann die ebenfalls inspirierende Arbeit mit Steffen dazu. Die Besonderheit der Regionalspielhilfe ist, dass sie eine Region und Kulturen mit unglaublich viel Rollenspielpotenzial umfasst, das leider viel zu selten ausgeschöpft wurde. So habe ich in meinem unmittelbaren Umfeld sehr wenige Held:innen aus diesen Regionen kennenlernen dürfen.

David: Warum „genau ich“, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Ich hatte mich aus anderen Gründen im Vorfeld recht intensiv mit Wüsten weltweit, und wie unterschiedlich sie sein können, auseinandergesetzt. Zoe hatte ich vermutlich zur richtigen Zeit davon vorgeschwärmt. Außerdem hat sich ein anderes Projekt etwas verschoben, also fragte sie mich, ob ich „für ein kleines Kapitel“ nicht mit an Bord kommen wolle. Ganz so klein wurde es dann gar nicht, andererseits war es insgesamt schon ein großes Team, was aber auch wirklich faszinierend war. Es war sehr inspirierend, sich in so einer tollen Gruppe über diese vielen Themen der RSH auszutauschen. Da kann ich allen nur danken und habe von allen was gelernt.

Zoe: Mir ist bei allen Projekten wichtig, ein möglichst diverses Team an den Start zu bringen, denn vom Ideenreichtum lebt das Spiel. Beim Wüstenreich war mein Ansatz, wie Kaweh und David völlig richtig vermuten, gleichzeitig Liebhaber:innen und Kenner:innen des Settings an den Tisch zu bringen, aber auch ein paar Leute, die sich mit der Region noch nicht allzu viel beschäftigt hatten, dafür aber insbesondere Mut für Metaplot-Gestaltung mitbringen. Kaweh ist mir durch seine liebevolle, vor Brauchtum und kleinen, verspielten und illustrierenden Gesten und Ritualen sprühende Spielhilfe zu den Tulamiden im Scriptorium Aventuris aufgefallen. David hatte sich bei unserem gemeinsamen Heldenwerk-Projekt „Puppenspiel“ als Person hervorgetan, die gerne mit vorhandenen Impulsen spielt und aus dem Material heraus nach Möglichkeiten sucht, wendungsreiche Geschichten zu erzählen. Und in dieser Art könnte ich von allen Leuten aus dem Team vorschwärmen, aber ich fürchte, dann wird das Interview wirklich zu lang. Ihr merkt schon, wir haben sehr viel zu erzählen. Deshalb verkürzt: Danke an das gesamte Team!

Hiermit sei es wenigstens vollständig genannt: Alex Spohr, Anni Dürr, Carolina Möbis, David Lukaßen, David Schmidt, Katja Jacobi, Ralf Kurtsiefer, Sebastian Kreppel, Tara Flink, Thomas Jaud, Uschi Höpken, Tina Hagner, Christian Nehling, Simon Pschorr und natürlich David und Kaweh! 😊

Nandurion: Welchen Teil habt ihr jeweils zu der RSH beigetragen und was hat euch daran besonders gereizt?

Beni Geraut Schie von Dagmara Matuszak

David: Ich habe zum einen am Magie-Kapitel mitgeschrieben und auch bei den magischen Professionen. Ich lande bei sehr vielen meiner Charaktere bei Magiebegabten oder Geweihten. Ich hatte vor allem Spaß daran, den Anach-Nûr der Ferkina einen neuen Schliff zu geben. Wie tickt so jemand, jenseits des Klischees? Und ich wollte bei den Professionsbeschreibungen dafür sorgen, dass man sofort Lust bekommt, die Berufe zu verkörpern. Darüber hinaus stammen alle kleinen Dörfer von mir. Das war angesichts der Vielfältigkeit der Region faszinierend. Ich hoffe, ich konnte einigen der Orte Leben einhauchen. Ach ja, die Beschreibung des nördlichen Kalifats, das war auch ich.

Kaweh: Für mich stellt die Kultur die Seele einer Region dar. Deswegen war ich sehr dankbar, neben Abschnitten der Rüstkammer und des Heldenhintergrunds auch Teile dieses Kapitels schreiben zu dürfen. Reizvoll fand ich es, die Werte der Novadis zu ergründen und zu überlegen, wie sich diese auf die Bräuche auswirken und diese prägen. Auch die einzelnen Elemente miteinander zu verweben, sodass sie wie Kette und Schuss ineinandergreifen und dichter, beziehungsweise vollständiger wirkten, war eine schöne Herausforderung. Wichtig waren uns als Team aber auch der kontinuierliche Austausch und die Konsistenz, sodass die Kapitel auch übergreifend miteinander harmonieren. Natürlich beeinflussen die Vegetation und das Klima die Region, die Kleidung und Städte schaffen Orte, an denen Bräuchen nachgegangen werden kann. So haben wir alle eigentlich an vielen Kapiteln mitgewirkt, wertvolles Feedback gegeben, Elemente des anderen integriert, Ideen gemeinsam ausgearbeitet und an verschiedenen Stellen sinnvoll platziert.

Zoe: Mir hat es besonders Spaß gemacht, mich tief in die Kulturen des Wüstenreichs einzuwühlen und Inventur zu machen: Wo stehen wir? Was muss passieren? Wie funktionieren diese Kulturen, wie ist ihre innere Logik, welche Geschichten schlummern in ihr? So war es meine Aufgabe, basierend auf ein paar losen Ideen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten, ein stimmiges Konzept zu entwerfen, welches das Setting funktional in fruchtbare Richtungen lenkt.

Als Redakteurin habe ich so die gesamte Palette des Wüstenreichs konzipiert, geplant, in die Wege geleitet und begleitet, von der ersten Idee bis zum fertigen Layout. Soll heißen: Die Outline und Planung für alle Projekte stammt von mir und ich hatte die große Freude, dieses Konzept dynamisch mit dem ganzen Team über Wochen und Monate hinweg stetig weiterzuentwickeln. Wie es Lektorat und spontane Ideen im kreativen Prozess mit sich bringen, habe ich mich auch überall zumindest ein wenig als Autorin beteiligt.

Nandurion: Es gab ja schon einige Diskussionen in der DSA-Community über Rassismus im Rollenspiel. Z. B. die Talkrunde von Orkenspalter.TV. Welche Impulse aus diesen Diskussionen habt ihr für euch und eure Arbeit mitgenommen?

Zoe: Darauf möchte ich allgemeiner antworten und muss kurz etwas ausholen, um dem Thema gerecht zu werden. Aus meiner redaktionellen Perspektive ist mein Ansatz bei der Darstellung von sensiblen Themen, dass ich denke, dass das Sprechen über sie immer erlaubt sein sollte und Berührungsängste einem respektvollen Umgang mit unterschiedlichen Perspektiven abträglich sind. Konkret für die Arbeit an Rollenspielen bedeutet dies für mich, dass nie vergessen werden sollte, dass Ungleichheit im Rahmen von Unterhaltungsmedien zunächst einmal trocken gesagt eine Ressource für Spannung, Konflikt und somit das Geschichtenerzählen ist. Darf es also Rassismus in Aventurien geben? Sexismus, Gewalt, Sklaverei und grobes Unrecht jeglicher Art? Ich denke ja, das darf es, denn wir möchten Geschichten mit High Stakes erzählen, die mitreißen und unterhalten.

David: Das würde ich sehr unterstreichen.

Zoe: Das hat ja auch Gründe: Standardmäßig spielen die Spieler:innen in Aventurien Held:innen in epischen Geschichten. Das setzt voraus, dass es ein Böses gibt, gegen das gekämpft werden soll. Rollenspiele und speziell Das Schwarze Auge sind aber auch ein Hobby, das für ältere Jugendliche und vor allem Erwachsene entworfen wird. Dies bringt mit sich, dass Geschichten oft nicht so schwarz und weiß gestaltet sind. Helden tun manchmal Unrecht, müssen zwischen schwierigen moralischen Dilemmata abwägen und so mancher Schurke hat vielleicht sogar ganz gute Argumente, würde er sie nur mit weniger verwerflichen Mitteln durchsetzen. Rollenspiel ist komplex oder kann es zumindest sein, wenn man Lust darauf hat.

Zwei ganz wichtige Punkte schränken diesen Anspruch an unbegrenzte Möglichkeiten für mich ein wenig ein:

Erstens, Rollenspielbücher sind Anleitungen für die unmittelbare Interaktion in einer Gesprächsrunde. Die Dynamiken hier sind gänzlich anders als zwischen Lesendem und Buch. So unterschiedlich die Übersetzung von einer Spielanleitung zum tatsächlichen Spiel am Spieltisch aussehen kann, hat das Buch eine gewisse Autorität, denn es schreibt vor, wie man sich die Welt implizit oder explizit „richtig“ vorzustellen hat. Das Buch zeichnet vor, was okay und gut ist. Ich gehe davon aus, dass die Lesenden grundsätzlich mündige, reflektierte Leute sind, doch muss man auch bedenken, dass es mindestens umstritten ist, wie viel und was man sich gegenseitig zumuten darf und sollte. Ein Hinweis darauf ist zum Beispiel die anhaltende Debatte, ob X-Karten Standard am Rollenspieltisch sein sollten oder völlig unnötig sind. Je nach persönlicher Erfahrung und Perspektive fällt die Einschätzung anders aus und das ist okay – für mich als Redakteurin bedeutet es aber, dass ein Trennen zwischen Ingame-Perspektive und Outgame-Anleitungstext essenziell wichtig ist.

Zweitens, Rollenspiele sind keine Globule (so cool das wäre, beamt mich hoch, haha), sondern Teil eines gesamtgesellschaftlichen Kontextes. Die Kultur der Novadis ist von orientalischen Klischees aus westlicher Perspektive, aber auch realen irdischen Bräuchen und Kunst, inspiriert. Man darf hier nicht naiv sein. Ohne mich zu sehr an realweltlichen politischen Diskursen aufhängen zu wollen, muss einmal klar gesagt werden, dass ich und wir als Team uns äußerst bewusst sind, dass rassistische Motive, so normalisiert sie leider oftmals sind und deshalb nicht von allen immer als solche wahrgenommen werden, ihren Weg ins Spiel gefunden hatten. Ebenso ist uns bewusst, dass nicht alle Fans gleich sensibel für solche Setzungen sind, die Trennung von In- und Outgame-Perspektive nicht alle gleich stark tangiert oder beschäftigt und manche sogar gar keinen Unterschied ausmachen können oder wollen.

Kleidung und Tracht im Wüstenreich von Sebastian Watzlawek

David: Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Das Problem ist doch folgendes: Die Völker im Rollenspiel sind fiktiv, aber sie lehnen sich an realweltliche Vorbilder an, denn meist ist unsere Phantasie als Menschen schlicht begrenzt. Wir reproduzieren also, was wir kennen oder zu kennen glauben. Und dann reproduzieren wir häufig auch direkt unsere Vorurteile mit. Ich habe während meiner Zeit in Asien sehr, sehr viel nachgedacht über Stereotype und Vorurteile, die wir über andere Kulturen haben, und wie sich das für Menschen in alltäglichem Rassismus niederschlägt, weil sie ständig solche Vorurteile gespiegelt bekommen. Und wie aus tausend kleinen Nadelstichen schmerzhafte Erfahrungen werden. Darum geht es ja leider sehr oft: Es ist nicht zwangsläufig die vereinzelte Darstellung, der einzelne Satz, es ist die repetitive Menge der immer gleichen Stereotypen über bestimmte Kulturen. Und dann kommt als Entgegnung ein: „Sei doch nicht so empfindlich, es war doch nicht so gemeint“ – aber dass die Person eben mit tausend Nadeln wundgestochen wurde, wird nicht registriert. Und ja, es gibt zum Glück mittlerweile eine ganze Reihe an Diskussionen darüber in Rollenspiel-Podcasts, in Video-Talks, in Foren und in den sozialen Medien. Ich habe aus all den vielen Diskussionen für mich vor allem mitgenommen, wie blind wir letztlich alle sind, weil wir mit diesen Stereotypen um uns herum aufwachsen, mit dem institutionalisierten Rassismus, der uns nicht auffällt – und dass es da letztlich immer und immer wieder Stimmen braucht, die diese Dinge benennen, und zwar je nach Kultur unterschiedlich. Nur weil ich weiß, was die Vorurteile und verletzenden Klischees über Vietnamesen sind, schützt mich das eben nicht davor, selbst vielleicht Vorurteile über Araber verinnerlicht zu haben. Mir ist auch ganz wichtig, dass wir in diesen Diskussionen zwischen „Rassist“ und „rassistisch“ unterscheiden: Menschen fühlen sich oft direkt gekränkt, beleidigt, erzürnt, wenn man sie darauf aufmerksam macht, dass etwas, das sie gesagt haben, rassistisch ist. „Ich bin doch kein Rassist!“, heißt es dann. Und ja, das stimmt: Denn ob du das bist, oder nicht, hängt eben unter anderem davon ab, ob du fähig bist, zu reflektieren, dass du trotzdem verletzende, diskriminierende oder eben rassistische Dinge sagen kannst, auch wenn du sie so nicht gemeint hast.

Kaweh: Nun, ich kann euch in allen Punkten nur zustimmen. Tatsächlich hat die Talkrunde bei mir weniger Impulse, als vielmehr Bestätigungen hervorgebracht, die mir gezeigt haben, dass es anderen Menschen ähnlich geht. Gerade einen Punkt aus der Diskussion kann ich aber nur bekräftigen: Lösungen zu finden und diese umzusetzen. Mein persönlicher Antritt ist es, nicht nur auf Stereotype hinzuweisen, sondern auch bereichernde Alternativen zu schaffen. So, und das ist meine Hoffnung, schafft man auf beiden Seiten Mehrwerte. Man bietet eine breitere, erweiternde und differenzierte Sichtweise an und eröffnet gleichzeitig seinem Gegenüber die Möglichkeit, diese zu erkunden.

Ein zweiter Ansatz ergibt sich aus meinem kulturellen Hintergrund. Neben meinen persischen Wurzeln habe ich durch meine deutsche Heimat das Privileg und auch die Bürde, zwei Kulturen anzugehören. So kann ich auf einen reichhaltigen Schatz aus zwei Welten zurückgreifen und erlebe auf der anderen Seite im Alltag Missverständnisse und Vorurteile gegenüber beiden Kulturen. Mir hat in meinem persönlichen Umfeld immer der Dialog geholfen, zu hinterfragen, warum bestimmte Vorurteile bestehen und andersrum anzubieten, der jeweils anderen Kultur Einblicke zu gewähren. Es fällt mir und den Menschen meiner Umgebung einfacher, Ansichten zu akzeptieren, nicht unbedingt zu teilen, wenn sie ihren Ursprung verstanden haben und wissen, in welchem kulturellen Kontext sie stehen. Auch Dinge aus meiner Perspektive, aus meinem jeweiligen kulturellen Bewusstsein, zu erläutern, hilft dem Verständnis ungemein (so zumindest meine Hoffnung). Diese Erkenntnis und den Willen, Brücken zu bauen, habe ich versucht, mit ins Projekt einzubringen.

David: Ich fand es übrigens genau deswegen großartig, mit Kaweh zusammenzuarbeiten und habe da auch viel gelernt darüber, wenn er Vorschläge gemacht hat, wie man einer bestimmten novadischen Eigenheit einen Sinn verleiht und sie dadurch vom Klischee wegrückt, hin zu etwas, das einen kulturellen Hintergrund hat.

Zoe: Und unser Lösungsansatz, der an alle genannten Punkte anschließt, sieht so aus, dass Novadis mit der kommenden Regionalspielhilfe Das Wüstenreich das Privileg unzweifelhaften Heldentums bekommen sollen, das für andere Kulturen bereitwilliger einfach unterstellt und mitgelesen wird, selbst wenn die Dinge gar nicht so eindeutig sind. Allein durch ihren monotheistischen Glauben waren Novadis in Vergangenheit ein leicht gefundener und gut zu begründender Antagonist – und den Singular wähle ich hier absichtlich, denn mit der klaren Antagonistenstellung kommt das monolithische Denken ganz intuitiv mit (was in Geschichten auch okay ist, so funktionieren sie eben!). Nun aber sollen zahlreiche Novadis als Held:innen vorgestellt werden, sie bekommen hohe Ziele, brauchen Hilfe, sind aber auch in großer Zahl bewusst durch Plot-Armor geschützt, indem wir ihnen den König als Garadan-Figur verliehen haben. Auf der anderen Seite fordert das anbrechende Zeitalter der Rache eine lange Liste von Verlusten, die mit Abenteuerideen verknüpft sind und als Ressource genutzt werden sollen, um die Komplexität der novadischen Kultur, ihrer Konflikte, Abenteuer und Herausforderungen zu katalysieren.

Trotzdem gilt: Das Wüstenreich soll einen Kontext schaffen, in dem Novadis „die Guten“ sind – es ist ihr Setting. Selbstverständlich wird es schnell wesentlich abwechslungsreicher, denn Konflikte unter den Figuren sind so zahlreich, wie in allen anderen Settings und die Diversität ihrer Ansichten zentrales Thema des Metaplots. Ihr sollt Novadis dennoch einfach als Helden spielen können und sehen, dass sie nicht anders-schwierig, seltsam-nervig oder exotisch-unlogisch sind, sondern von klar geschliffenen Motiven, Zielen und Ängsten vorangetrieben werden, die spannende Abenteuer ermöglichen. Die Novadis sind anders als die Mittelreicher, die Tulamiden, Elfen, Zwerge, … Es ist aber eben bewusst kein entfremdendes „Anders“, das sich permanent an dieser Andersartigkeit abarbeitet. Vergleiche zum Mittelreich werdet ihr im Wüstenreich zum Beispiel kaum finden. Vielmehr erfahrt ihr das Setting aus der novadischen Perspektive, die keine andere nötig hat, um sich zu artikulieren. Hier kann man Geschichten erleben, die anderswo nicht möglich sind. Das ist der Reiz dieses und jeden anderen aventurischen Settings: die Bastelblöcke für Geschichten sind irgendwie immer gleich, wenn man sie nur genug abstrahiert. Aber im Zusammenspiel der konkreten Ideen entfaltet sich eine Welt im Wüstenreich, die man zwar mit irdischen oder anderen fiktiven Welten vergleichen kann, damit aber nie das Gesamtkunstwerk erschöpfend beschreibt. Man muss einfach dort gewesen sein – im Wüstenreich, sonst hat man etwas verpasst.

Nandurion: In der Debatte über rassismus im Rollenspiel haben migrantische Spieler:innen ja davon berichtet, welchen Einfluss es auf ihr jugendliches Ich hatte, beim Rollenspiel mit rassistischen Stereotypen zu ihrer eigenen Hautfarbe/Andersartigkeit konfrontiert zu werden. Habt ihr selbst ähnliche Erfahrungen gemacht?

Kaweh: In meiner Jugend tatsächlich vermehrt. Früher hatte ich aber auch Hemmungen, das System in dieser Hinsicht an meine Bedürfnisse anzupassen oder zu erweitern. Vielleicht war ich auch zu bequem, um mich vor meinen Freunden gegen die Beschreibungen der Welt zu stellen, denn es war ja ein Spiel und dieses behauptete erst einmal etwas, was man widerlegen muss. Dazu kam, dass ich mich mit Charakteren aus dem novadischen oder tulamidischen Raum nicht identifizieren konnte, da diese teils völlig konträr zu meiner Vorstellung, in sich teils unschlüssig waren und unangenehme Zerrbilder erzeugten. Ich habe aufgrund dieses unangenehmen Gefühls diese Kulturen gemieden und stattdessen andere Kulturen gewählt, die viel eher meinen Wertvorstellungen, die ich als Mensch ins Rollenspiel einfließen lassen wollte, entsprachen. Vor zirka 20 Jahren war dann aber eine Grenze erreicht, nach der ich meine persische, kulturelle Identität mit Aventurien in Einklang bringen wollte. Meine Wahl fiel auf die tulamidische Kultur, da diese einen „orientalischen Charme“ ausstrahlte und mir ermöglichte, auch dort in eine fantastisch geprägte Welt einzutauchen. Ich habe mich ab dem Zeitpunkt viel mit Tulamidistan beschäftigt und begann diese Region so zu interpretieren, dass sie sich aus meinem Hintergrund und meiner Wahrnehmung heraus authentisch anfühlte. Manchmal bin ich dabei über das Ziel hinausgeschossen, glich Tulamidistan zu sehr an das alte Persien an. Denn es ist immer ein schmaler Grat, Elemente so zu übertragen, dass sie in den aventurischen Kontext passen, dabei die Stimmung und Authentizität der referenzierenden Kultur beibehalten und gleichzeitig keine Imitate bilden. Mittlerweile, so hoffe ich, spiegele ich die Aspekte deutlich mehr gegen die aventurische Welt, habe die Regionen ausgeweitet und so für mich und mein unmittelbares Umfeld eine Lösung gefunden, die Interesse und vielseitige Möglichkeiten hervorbringt.

Nandurion: Welche Elemente aus den älteren Darstellungen von Novadis wolltet ihr weiterentwickeln und welche waren euch wichtig beizubehalten?

Zentrales Kalifat von Malte Zirbel

Kaweh: Die Novadis sind eine Kultur, die bereits sehr lange existiert, die aber zu meinem Bedauern immer aus der gleichen von außen gerichteten Perspektive heraus betrachtet und interpretiert wurde. Wie in ähnlichen Publikation, griffen auch wir die alten Beschreibungen auf, um den Bezug zur Vergangenheit zu gewährleisten und auch langjährigen Spieler:innen einen Wiedererkennungswert zu ermöglichen. Wie zuvor beschrieben, wollten wir aber auch die Perspektive wechseln, eine Weiterentwicklung der Kultur in die Richtung betreiben, dass man die Hintergründe und Zusammenhänge versteht, sich neue Wege erschließen und diese sich sinnvoll ergänzen und nachvollziehbar sind. Es sollte sich ein Stück weit so anfühlen, als würde ein Novadi selbst über seine Kultur schreiben und die Schönheit, die er in dieser erkennt, anderen zuteilwerden lassen. Neben der Weiterentwicklung der Rolle der Frau war es auch wichtig, folgende Aspekte zu schärfen und weiterzuentwickeln:

Der Zusammenhalt, der Schutz und die Wertschätzung, die man innerhalb der Sippe und seines Arams erhält, aber auch diesem gewährt. Dies wird in vielen Aspekten aufgegriffen, sei es nun bei der Geburt oder während der Hochzeit. Es wird bspw. im Ghourcha oder dem Gastrecht ritualisiert und auch Fremden gewährt.

Wir wollten weg vom dominierenden Bild des unzivilisierten Räubers. Verstand, Bildung und Scharfsinn sollten wertgeschätzte Eigenschaften sein, sodass wir beispielsweise die Amadah um eine zweite Möglichkeit der streitenden Worte erweiterten, aber auch das Wirken des Khedives, des schon zuvor gesetzten Kulturministers, verdeutlichten. Daraus erhoffen wir auch den Spieler:innen eine breitere Auswahl an Charakteren zu ermöglichen, aber auch Hintergründe eines Mawdlis oder einer Gelehrten sinnvoll herleiten zu können.

Wie oben erläutert, war es mir wichtig, Kontexte zu schaffen, um humoristisch anmutende Elemente wie das Ghourcha oder uns unbekannte Aspekte, wie das Nomadenleben in der Wüste, sinnvoll und wertschätzend zu integrieren. Die Eigenständigkeit sollte bewahrt, aber gleichzeitig der Nutzen und die Bedeutung für einen Novadi verdeutlicht werden. In dem Kontext wollte ich auch den Kontrast zu den Tulamidistani schärfen, ohne die gemeinsame Wurzel dieser Kulturen aus dem Auge zu verlieren.

Das Wechselspiel zwischen dem Bewahren etablierter Elemente und dem steten Hinterfragen, ausgedrückt durch die Bedeutung der Diskussionskultur, empfand ich persönlich als einen der interessantesten und einmaligsten Aspekte der novadischen Kultur. Damit einhergehend wollten wir das sehr präsente Bild des unreflektierten Fanatikers auflösen. Auch die Novadis sind eine offene Kultur, die aber Änderungen abwägt und nicht leichtfertig hinnimmt und damit auch Spieler:innen ein interessantes Rollenspiel zwischen der Liebe zur Vergangenheit und den gefahrvollen Möglichkeiten der Zukunft ermöglicht.

David: Die Rolle der Frauen wurde ebenfalls weiterentwickelt. Mit dem ganz wichtigen Startpunkt, anzuerkennen, dass Frauen in dieser Gesellschaft überhaupt existieren und zwangsläufig mehr machen, als im Haus herumzusitzen. Auch das ist nämlich ein Klischee. Selbst in patriarchalen Gesellschaften sind Frauen sehr wohl präsent. Es ist ein klein bisschen verblüffend, wie wenige Frauen in alten Werken überhaupt auftauchen, als seien die alle vom Erdboden verschluckt. Irdisch historisch ist es zum Beispiel nicht selten, dass in Gesellschaften, in denen die Männer sich als Familienoberhaupt um die Felder kümmern, die Frauen die Ernte verkaufen, der Handel also in Frauenhand lag. Oder die Verwaltung. Wirtschaftlich kann sich keine Gesellschaft leisten, die Hälfte der Bevölkerung von der Arbeit auszuschließen. Also haben wir überlegt, wo Frauen auftauchen können, Rollen übernehmen können, ohne jetzt dadurch die patriarchale Gesellschaft abzuräumen. Denn wie eingangs erwähnt: Selbstverständlich dürfen und sollen solche Spannungsfelder bleiben. Das gilt übrigens für Thalusien und die Ferkinas genauso. Es darf künftig weibliche Anach-Nûr geben, und Mherwed wird vereinzelt Frauen an der Akademie aufnehmen. Das wird und darf ein weiterer Konfliktpunkt sein, der nicht von allen innerweltlich gleichmäßig akzeptiert ist, aber es ist endlich möglich. Das bietet mehr Varianz beim Spielen und darüber freue ich mich tatsächlich sehr.

Zoe: Ich unterschreibe alles Genannte. Ergänzend zu den kulturellen Aspekten, die wir herausgearbeitet haben, möchte ich auch die phantastischen noch betonen. Allem voran „die neue Bedrohung“! Hier kommen einige Dinge zusammen, die mich in Aventurien schon immer fasziniert haben. Erzählerisch ist die neue Bedrohung im Zeitalter der Rache der ultimative Feind der Novadis und alles für das sie stehen – doch da ist auch dieses Element der Korrumpierung, des Unheils, das nur einmal Fuß fassen muss, um eine schreckliche Welle des Verfalls auszulösen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Sehr kryptisch, ich weiß, aber ihr werdet sehen, dass die große Bedrohung ein Stilmittel ist, das die Novadis und ihre Entwicklungen in jeder Hinsicht herausfordert und weiterentwickelt!

Rastullah möchte ich noch gesondert erwähnen! Ich gebe ehrlich zu, dass ich Rastullah vor der Arbeit am Wüstenreich als eine Gottheit unter vielen wahrgenommen habe, wenn überhaupt. Aber jetzt … würde ich sagen, dass er mindestens in meine Top 5 aufgestiegen ist! An den aventurischen Göttern gefällt mir besonders, dass sie im Grunde Typen sind. Sie mögen abstrakte Aspekte verkörpern, handeln doch aber immer wieder sehr menschlich, schmieden Pläne, haben Streit, versöhnen sich – auch mit den Menschen und anderen Kulturschaffenden. Und Rastullah macht echt was durch in der neuen Regionalspielhilfe, gerade im Regionalabenteuer Königin der Tränen. Es kann ganz schön einsam sein, der einzige Gott zu sein, nicht wahr? Zu sehen, wie Rastullah damit fertig wird und ob er sein Volk schützen kann, wie er will, ist für mich eins der großen Highlights des neuen Metaplots.

David: Das ist sehr treffend ausgedrückt, und ich würde zustimmen, dass der monotheistische Gott – der ja ähnlich wie unsere modernen irdischen monotheistischen Götter lange Zeit sehr entrückt war, und von dem auch nie so richtig klar war, ob sich ein ganzes Volk ihn kollektiv einbildet – mehr Ausgestaltung und mehr Drama benötigte. Übrigens auch so ein kleines Detail, bei dem die Novadis schlecht wegkamen. In einer Welt realexistierender Götter verehren sie etwas, das möglicherweise ein Hirngespinst ist.

Nandurion: Was war euch bei den Veränderungen wichtig? Gibt es Botschaften, die ihr der Leserschaft oder den Spielenden vermitteln wollt?

Zoe: Mir hat es viel Freude bereitet, die Kulturen des Wüstenreichs, insbesondere die Novadis, aber auch die Ferkinas, Thalusier und Wüstenelfen (!) als solche herauszuarbeiten, die nicht nur facettenreich, sondern auch liebenswert sind. Es gibt einige Figuren, die ich in mein Herz geschlossen habe und mit denen ich unbedingt auf Abenteuerreise gehen möchte. Das Wüstenreich ist von komplexer Politik und einer Vielfalt an Perspektiven geprägt – Diskurs ist ein zentraler Aspekt Rastullahs und der novadischen Kultur und das wird hier überall in Beispielen und Abenteuerideen ausformuliert. Aber es ist auch ein schönes Setting und eine schöne Kultur. Sie ist logisch, konsistent, spannungsreich und etwas, das die Spieler:innen als schützenswert kennenlernen sollen – das heißt nicht, dass es nicht, wie überall, Missstände gibt, die bespielt, besiegt und gewandelt werden wollen oder aber als konstanter Geschichtentreiber erhalten bleiben. Es ist ganz normal und typisch für Aventurien, dass jedes Setting und jede Region ihre Helden hat und je nachdem, welche dieser Perspektiven man einnimmt, die anderen Settings auch potenzielle Feinde sein können. Nun schlägt die Stunde der Novadis, der Ferkinas, der Thalusier und Wüstenelfen, in den Ring zu steigen und sich als die coolsten Heldenarchetypen zu beweisen. Und dass ich ihnen eine realistische Chance einrechne, jemandes neuer Favorit zu werden, erfüllt mich mit Vorfreude und auch etwas Stolz. 😊

Nandurion: Stereotype und Klischees sind und waren schon immer Teil von Rollenspielen. Viele Menschen würden auch sagen, dass ihnen diese dabei helfen, die Herausforderungen einer Darstellung am Spieltisch beherrschbar zu machen. Wie seht ihr das?

Nördliches Kalifat von Malte Zirbel

David: Es ist ja logisch, dass wir nach Haltegriffen suchen, um einen Charakter darstellen zu können. Aber offen gesagt, fand ich, insbesondere in einer so tief ausgearbeiteten Welt wie Aventurien, die Klischee-Darstellungen schon immer am langweiligsten. Den oberfrommen Praioten, den finsteren Brabaker Magier – ich möchte meinen Figuren doch Leben einhauchen! Ich sehe meine Arbeit als Autor auch darin, den Lesern Varianten anbieten zu können, Ideen an die Hand zu geben, damit nicht jede Figur dieselbe ist und sich allenfalls dadurch unterscheidet, ob bei ihrer Geburt ein Unwetter getobt hat. Und dieser Weg führt zwangsläufig darüber, dass man sich fragt, warum ist diese Person denn so? Was steckt denn hinter dem Stereotyp? Meistens ist der Hintergrund ja viel komplexer. Drehen wir es doch mal um: Sind alle Deutschen pünktlich? Niemals. Es gibt sehr, sehr viele Deutsche, die extrem unpünktlich sind. Aber die moralische Norm „Pünktlichkeit“ existiert in den Köpfen von allen, viele fühlen sich etwas unwohl, wenn sie unpünktlich sind; ein Vorgesetzter, der Pünktlichkeit einfordert, muss das meist nicht rechtfertigen. Das heißt aber eben nicht, wenn ich jetzt im Rollenspiel „Der Blaue Planet“ einen Deutschen spiele, dass der mit „Achtung!“ und „Jawohl!“ herumlaufen und überall pünktlich sein muss. Das ist doch ein komplettes Zerrbild. Wer von uns ist so? Kann man mal machen, taugt für einen Abend lang als Lacher – aber ist das wirklich etwas, das langfristig Spaß macht? Mir jedenfalls nicht. Und dieser Denkansatz ist aus meiner Sicht der entscheidende Unterschied zwischen einem Haltegriff zur besseren Darstellung und dem Herumplanschen in Klischees.

Zoe: Ich sehe da unterschiedliche Einschätzungen aus Autor:innen- und Redaktionsperspektive einerseits sowie Spieler:innenperspektive andererseits. Als Redakteurin sehe ich Klischees, wenn sie mir in Pitches oder Texten begegnen, sehr kritisch. Ein wenig Innovation erwarte ich von jedem Projekt. Es kann sehr viel Spaß machen, mit Erwartungen zu spielen, aber dafür muss man eben auch mit ihnen spielen, sonst wird es langweilig und man bleibt hinter seinem Potenzial zurück.

Am Spieltisch hingegen muss man spontan reagieren und improvisieren können. Bewährte Klischees bieten dann eine Erwartungssicherheit, mit der sich leichter planen lässt. Wenn Spieler:innen unerwartete Wege bestreiten und man sich spontan eine neue Figur oder einen Nebenplot aus dem Ärmel schütteln muss, sind Klischees eine hilfreiche Ressource – weil sie jeder am Tisch kennt, kann man gut einschätzen, wie die Gruppe anschließen wird. Und weil man gemeinsam am Tisch sitzt, wirkt die Einlage, dank benefit of the doubt gegenüber der Kompetenz einer vor einem sitzenden Person, viel gewollter und wie von langer Hand geplant, als wenn man dem Klischee in einem Buch begegnet. Von dem wird man aufgrund des Entstehungsprozesses mehr erwarten, immerhin schimpfen sich die Leute dahinter auch Profis. Als Redakteurin sehe ich von Klischees daher ab, wenn sie nicht gerade Teil einer größeren Entwicklung sind, die dem Gesamtwerk eine neue Facette verpasst. An ihre Stelle tritt das transparente Präsentieren einer intuitiv verständlichen inneren Logik des Settings, die man frei auf alle Situationen anwenden kann, um zu improvisieren.

Kaweh: Da bin ich sehr zwiegespalten. Ich kann mir schon vorstellen, dass es kurzfristig als Spieler oder Spielleiterin den Einstieg vereinfacht. Dennoch sind Klischees und Stereotypen häufig vereinfachte, einseitige und nicht selten auch negative Interpretationen der Realität.

Es gibt dazu ein schönes Zitat von Chimamanda Ngozi Adichie “The problem with stereotypes is not that they are untrue, but that they are incomplete. They make one story become the only story.” Und von genau dieser einen Story, dieser partiellen und unvollständigen Darstellung wollten wir weg. Nach meinem Empfinden, und da bin ich bei David, verlieren so einseitige Darstellungen schnell ihren Reiz. Sie bleiben als Kulisse für mich eindimensional, und, wenn man hinter die Bühne guckt, farblos. Das kann für bestimmte Zwecke ausreichend oder als Feindbild geeignet sein, aber es gibt alternative Lösungen für das ursächliche Problem wie von Zoe erläutert.

Nandurion: Welche Anregungen können Menschen, die in der Vergangenheit begeistert einen klischeehaften Novadi gespielt haben, aus der neuen Regionalspielhilfe mitnehmen?

David: Ich möchte da vorweg schicken, dass ich nicht die Rollenspielpolizei bin und es auch nirgendwo eine Rollenspielpolizei gibt. Wenn jemand Klischees spielen möchte, egal ob kulturelle oder berufliche, dann soll er das tun. Ich habe das sicherlich früher auch gemacht – aber ich würde es heute nicht mehr machen und mich wahrscheinlich am Spieltisch auch nicht wohlfühlen, weil Klischees sich eben im Kopf festsetzen, gerade weil sie so eingängig sind. Also prägen dann ironischerweise die Klischees, die wir am Spieltisch spielen, doch wieder umgekehrt die irdische Welt, und sei es nur unterbewusst. Und ich glaube, dass wir eine ganze Reihe an solchen unterbewussten Stereotypen einfach ganz still und leise abgeräumt haben, ohne dass man es bemerkt. Mein Wunsch jedenfalls wäre, dass die Leser die Kultur der Novadis als runder wahrnehmen, als vielfältiger, als lebensechter, und sich davon inspirieren lassen, einen Novadi spielen zu wollen. Weil die Figur Lust auf das Spiel macht, weil sie Facetten bietet, in die man hineinschlüpfen möchte.

Zoe: Was Leute statt Klischees für die Darstellung eines typischen Novadis aus Das Wüstenreich mitnehmen können, sind ganz konkrete Ressourcen. Der wertneutrale und funktional reflektierte Begriff wäre „Archetyp“. Im Wüstenreich erfährt man handfest, wie sich ein:e archetypische:r Novadi spielen lässt (und ein:e Ferkina, ein:e Thalushim, ein:e Wüstenelf:e).

Nandurion: Viele von uns da draußen schütteln keine Novadidarstellung so einfach aus dem Ärmel. Gibt es Tipps für die Darstellung und wie seid ihr dabei mit dem Thema Klischees umgegangen?

Zoe: Ein Ziel für die Spielhilfe war es, dass man sein Gegenüber im Wüstenreich anhand weniger Angaben direkt einschätzen kann, ohne sich mit potenziell verwirrenden Kleinstinterpretationen, etwa der 99 Gesetze, aufzuhalten. Es gibt eine Tabelle für alle Stämme der Novadis und Ferkinas, die allgemeine Informationen enthält (wer ist Anführer, wo siedeln sie, wie viele gibt es, womit verdienen sie ihr Geld etc.) und eine, die grob kulturelle Impulse zusammenfasst (welcher Rechtsschule gehören sie typischerweise an, wie stehen sie zum Thema Frauenrechte usw.). Eine weitere Tabelle fasst die Haltung der Rechtsschulen zu zentralen Themen zusammen. Wenn man also weiß, welchem Stamm und welcher Rechtsschule eine Figur angehört (was konsequenterweise auch angegeben ist), dann kann man die Figur in wenigen Stichworten einordnen und weiß genau, wie man sie in beliebigen Situationen darstellen kann oder sollte. Gepaart mit den gewöhnlichen Kurzcharakteristiken zu Aussehen, persönlichen Vorlieben und Zielen entfalten sich so zahlreiche Charakterkonzepte. Wer für sein Spiel für Novadis, Ferkinas, Thalushim oder Wüstenelfen nur allgemeine Character Beats sucht, wird natürlich auch allgemeinere Beschreibungen finden, nicht zuletzt in Regelform, den bewährten Wesenszügen.

Nandurion: Die 99 Gesetze sind ein besonders heikles Feld zwischen ernsthaftem Anspruch und unfreiwilligem Humor. Wie seid ihr mit diesem Vermächtnis umgegangen?

David: Die 99 Gesetze sind im Grunde ein sehr schönes Beispiel für das, was wir vorhin besprochen haben. Sicherlich macht die Komik darin Spaß, im Sinne von kurzfristigem Spaß. Man stellt sich vor, wie die armen Leute zum Beispiel versuchen, scheinbar unvereinbare Gesetze zu vereinen. Aber genau hier bleiben wir im Grunde ganz häufig bei der Sicht von außen: Wir schauen von außen auf ein Volk, das „seltsame Gebräuche“ hat. Aber wie viel spannender wäre es denn, sich tatsächlich hineinzuversetzen und sinnvoll zu ergründen, warum sich jemand an Gesetze hält, und an welche? Erst an der Stelle überschreiten wir doch die Grenze vom Klischee zum Menschen – indem wir tatsächlich versuchen, uns in ihn einzudenken. Genau das ist doch Rollenspiel.

Zoe: Genau dies. Wir haben mit viel Sorgfalt griffige Beispiele für Interpretationen der wichtigsten von den 99 Gesetzen dargelegt. Zentral ist hier immer der Sinn. Wer den Sinn versteht, kann dann selbst nach Situation im Spiel entscheiden, wie er die Ressource der 99 Gesetze nutzen will – für Dramatik, Komik, Zwischengeplänkel oder was auch immer gerade Spaß machen würde.

Nandurion: Was findet ihr besonders reizvoll am Spiel in den Wüstenlanden?

Östliches Kalifat von Stefan Wacker

Zoe: Ich hatte es oben schon angesprochen: Hier konnten wir eine Geschichte erzählen (oder eher: einen verwobenen Komplex an Geschichten), die sich nirgendwo sonst erzählen lässt. Ich werde hier nicht spoilern, was genau die Held:innen erwartet, aber der Plot um die Königin der Tränen im Regional-Abenteuer ist genuin aventurisch, schließt an viele Lore- und Plotfäden an, die schon länger ausgelegt wurden und wird doch sicherlich überraschen können. Hier steckt viel klassisches Rollenspielmaterial drin, so kann man natürlich mit einer Karawanenreise durch die Wüste rechnen, mit politischen Intrigen am Kalifenhof und Antagonisten mit einem Masterplan. Aber wie genau alles zusammenhängt und wie wichtig die einzelnen Figuren sind, die den Helden begegnen werden, wird sich erst nach und nach offenbaren und durchaus lange beschäftigen können. So war es uns insbesondere wichtig, dass das Abenteuer nicht gespielt und dann weggestellt wird und dann ist die Welt heile und es gibt nichts mehr zu tun – nein, die Held:innen werden zwar einen kritischen Sieg erringen können, doch beginnt das Zeitalter der Rache damit erst so richtig. Ein besonders fetter Epilog mit weiterführenden Heldenaufgaben und Abenteuerideen ist da erst der Anfang, in der Regionalspielhilfe geht es richtig zur Sache!

David: Zoe hat das schon sehr schön konkret gemacht, ich formuliere meine Antwort etwas allgemeiner: Ich mag Wüste, das hatte ich ja eingangs erwähnt. Wüste hat ganz unglaublich viel Flair und tatsächlich ist es etwas schade, dass es nur eine einzige große Wüste in Aventurien gibt. Aber was die Khôm auf jeden Fall hat, und vielleicht jetzt noch ein klein bisschen mehr sogar als früher, ist Vielfältigkeit. Sie hat die klassische Sandwüste, an die wir denken, sie hat Geröllwüsten, sie hat die kargen Südhänge des Amhallassih-Massivs, im Süden geht sie langsam in feuchtere Gebiete über – in all dem steckt eine unglaublich faszinierende Landschaft und ich kann jedem nur empfehlen, sich auf diese Landschaft einzulassen und das auszuprobieren. Und ich hoffe sehr, wir haben es geschafft, mit unseren Worten diese Landschaft zum Leben zu erwecken und zu inspirieren, dass sowohl Spielleitung als auch Spielende sich da in ihrer ganzen Phantasie hineinwerfen können.

Kaweh: Die Einzigartigkeit der kulturellen Hintergründe auszuprobieren. Wie fühlt es sich an, als Bân Khalil die Leidenschaft als gangbaren Weg zwischen Schmerz und Liebe zu beschreiten? Wie interagiert man innerhalb seiner einzigartigen Kultur, wie ist es außerhalb? Wie fühlt es sich an, als thalusischer Rebell ein Feind in seinem eigenen Land zu sein und in den Fußstapfen vergangener Reiche zu schreiten? Das Wüstenreich bietet durch die neue Bedrohung und den gewaltigen gesellschaftlichen Konflikt in Thalusien einen unglaublich vielseitigen Rahmen, den ich gerne mit Leben füllen will, sei es als Spielleiter oder auch als Spieler. Und ich will eine Amadah als Held:inneneinstieg mit meiner Gruppe meistern!

Nandurion: An vorangegangenen Regionalspielhilfen gab es wiederholt die Kritik, dass u. a. der Mysterienteil zu unspektakulär ist und vor allem zu wenige Abenteueraufhänger bietet. Wie steht’s damit bei der neuen Regionalspielhilfe?

Zoe: 😁 Hehe, also da mache ich mir hier so gar keine Sorgen. Meine größte Angst wäre eher, dass die Leute sich so lange mit dem Wüstenreich beschäftigen, dass sie nie wieder ein Rollenspielbuch kaufen und ich mir so mein eigenes Grab geschaufelt habe. 😂 Allerdings haben wir dem mit einem spannenden Ausblick in die Zukunft vorgebeugt. Wir wissen schon genau, was in der nächsten Regionalspielhilfe alles passieren müsste und haben da die Plotfäden weit, weit in die Zukunft gesponnen. Natürlich ist die Zukunft dank der Helden im Wandel und es kann auf sehr unterschiedliche Weisen ausgehen, aber ihr werdet sehen, dass sich so manche Entwicklungen andeuten, die ein fulminantes Finale irgendwann in der Zukunft mehr als verdient haben.

Nandurion: Was erscheint begleitend zur Regionalspielhilfe und welches Produkt ist euer persönlicher Liebling?

Zoe: Neben der Regionalspielhilfe Das Wüstenreich – Die Wüste Khôm und Thalusien haben wir das Regionalabenteuer Königin der Tränen, das Heldenbrevier des Wüstenreichs, das Rastullah-Vademecum, die Rüstkammer, das Landkartenset, den Sphärenklang, Sammelbox, Würfel, Stoffkarte, Spielpläne und Acryl-Marker entworfen.

Mein Favorit ist das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten. 😉 Im Heldenbrevier erleben wir eine Vorgeschichte zum Regionalabenteuer und bekommen durch Dschinja saba Malkillahs Augen zudem vorgelebt, wie der Alltag einer novadischen Frau und Zauberin aussieht – da sollten bewusst auch Klischeevorstellungen korrigiert werden und Emanzipation ist zentrales Thema der Geschichte, wenngleich der Plot neben einer Reise durch das Wüstenreich vor allem auch phantastisches und abenteuerliches illustriert, das ihr direkt als Inspiration für eigene Abenteuer und Charakterkonzepte nutzen könnt. Im Regionalabenteuer werdet ihr Zeugen der Folgen des anbrechenden Zeitalters der Rache, erhascht einen Blick auf die Schrecken aus der Nacht und ihre politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen. Ihr werdet den Glauben der Novadis und den Willen Rastullahs kennenlernen und euch als Spielsteine in seinem großen, aber verzweifelten Plan wiederfinden. Die Regionalspielhilfe bildet den Zustand des Settings nach diesen Ereignissen ab und wagt an vielen Stellen Blicke in die Zukunft, gibt aber auch Hinweise, wie ihr die Frühzeit des Zeitalters der Rache thematisieren oder aber auch Abenteuer erleben könnt, die mit dem neuen Plot nichts oder kaum zu tun haben. Das Rastullah-Vademecum reflektiert die Geschehnisse aus dem Regionalabenteuer und bietet handfeste Darstellungshilfen für novadische Figuren, gerade auch in Gruppen mit Andersgläubigen und in Abenteuern jenseits des Wüstenreichs. Die Rüstkammer stellt neben typischen Waffen und Rüstungen auch eine Reihe von mythischen Artefakten vor, die zentrale Rollen in Heldenbrevier, Regionalabenteuer und Vademecum einnehmen. Und alles weitere optimiert das Spiel für Taktiker, Sammlerinnen und alle, die Spaß an Krimskrams haben. Gesondert erwähnt sei die wundervolle Sphärenklang-CD von Ralf Kurtsiefer! Er hat die unterschiedlichen Klänge der Kulturen des Wüstenreichs herausgearbeitet und damit wieder den perfekten Begleiter fürs Schmökern und Spielen geschaffen.

Kaweh: Ich denke, man hat immer eine besondere Bindung zu den eigenen Werken. Doch darüber hinaus hat jedes Produkt seinen individuellen Charakter, der dennoch das Gesamtbild facettenreich aufspannt. Ich finde, Bilder fördern unglaublich die Immersion und gerade Steffens zauberhafte Unauer Glyphen sind ein wundervolles Beispiel interdisziplinären Schaffens. Hier werden wesentliche Elemente der Kultur der Novadis aufgegriffen und auf einzigartige Weise illustriert. Auch beim Portrait des Blauen Lotus erkennt man sofort Sebastians Hingabe zur Figur, die eine tolle geistige Vorlage schafft, die malerisch hervorragend interpretiert wurde. Verzeih, jetzt habe ich unhöflicherweise doch die RSH als erstes gelobt 😀. Das Brevier habe ich an vielen Stellen gefeiert, Yistarrechs Sprüche werden mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Im Vademecum mochte ich die Tugenden, die die Frauen Rastullahs repräsentieren und der Moral der Novadis mehr Profil verleihen. Allgemein haben Anni Dürr und David Lukaßen nicht nur im Vademecum, sondern für das gesamte Werk Unglaubliches geleistet. Die Ingamelandkarte der Region ist von Kurt Jakobi und eine wahre Augenweide. Er greift Elemente aus vielen Produkten, wie dem Regionalabenteuer auf und bindet sie gekonnt visuell ein. Auch hier werden wir mit einer wunderschönen Kalligraphie belohnt.

Nandurion: Welcher novadischer Charakter wärt ihr?

Berittener Sippenkrieger von Dagmara Matuszak

David: Der „Pile of Shame“ meiner niemals gespielten Charakterideen ist vermutlich höher als mein ungelesener Bücherstapel – und der ist schon ziemlich hoch. Ich habe beim Schreiben unglaubliche Lust bekommen, einen Derwisch zu spielen. Oder einen Mherweder Magier. Oder einen Anach-Nûr. Wenn die Frage darauf abzielt, wer ich wohl als reale Person wäre, vermutlich irgendein Schreiber, der sich mit Unauer Glyphen beschäftigt.

Zoe: Normalerweise spiele ich immer Zauberer, aber das Wüstenreich hat mir richtig Lust auf eine Kämpferprofession gemacht! Ich denke, ich würde als erstes eine Al’Beni, also eine Sippenkriegerin, spielen wollen. Mit Shadif, Dschadra und redegewandtem Schneid geht es auf gegen die große Bedrohung!

Kaweh: Mir geht es da ähnlich wie David. Ich könnte gefühlt aus jeder Kultur mindestens einen Charakter spielen und dabei bin ich meistens der Spielleiter 😀. In der engeren Auswahl wären ein thalusischer Rebell, ein raschaverbundener Söldner der Bân Khalil und ein Mawdli der Beni Szelemjati, deren Rechtsschule ich aus philosophischen Aspekten am interessantesten finde. Als reale Person wäre ich wohl ein Ingenieur Unaus oder Mherweds, in meiner beratenden Funktion vielleicht auch ein Wesir.

9 Fragen an den geheimen Großwesir

Nandurion: Malkillah oder Hasrabal?

Zoe: Malkillah ist eine wunderbar komplexe Figur voller Schuldgefühle, Furcht und Makeln und doch kompetent, bis ins hohe Alter voller Potenzial und Hoffnung darauf, dass er am Ende seiner Tage die richtigen Entscheidungen treffen wird. Ich verfolge seine Schritte mit Interesse. 😉

David: Ich glaube auch, in Malkillah steckt mehr Potenzial als Figur.

Kaweh: Gorien war zu häufig meine Heimat und ich dem Sultan zu oft verbunden, als dass diese Wahl eine faire wäre.

Nandurion: Sultan oder Emir?

Zoe: Ach, wie, ich? Nun, da ich wohl als Al’Beni in die Schlacht ziehen werde, wäre Sultana doch ein hehres Ziel. 😁 Ansonsten haben sowohl Sultane als auch Emire sinnvoll zugeteilte Aufgabenbereiche, wobei man natürlich fragen darf, ob so ein Emir nicht auch bald von den Umständen zu den Waffen genötigt werden könnte? 😁

Kaweh: Ich dachte, ich bin schon der geheime Großwesir?

Nandurion: Dschinn der Lüfte oder fliegender Teppich?

David: Mit Dschinnen kann man sich unterhalten, und die sind berechenbarer. Oder?

Zoe: Für mich das Dschinnen-Taxi, bitte. 😊

Kaweh: Aber werft doch einen Blick auf diese Fanal magischer Schaffenskraft! Seht, wie Kette und Schuss ein Bündnis der Kunstfertigkeit eingehen und einander verbunden sind, wie der Liebreiz der Schönheit. Edelste Seide schuf ein so dichtes …*Seufz* Den fliegenden Teppich bitte. Habt Dank für eure Mühen und möge Heschinja über euren Gang wachen. *Schuhe auszieht*

Nandurion: Unau oder Mherwed?

Zoe: Unau ist eine meiner aventurischen Lieblingsstädte geworden. Da hat sich RICHTIG was getan dank ein paar neuer Amtsträger im Kalifat. Seid gespannt, euch erwartet hier wahrlich die Stadt des Kalifen. 😉

David: Da ich mich ja vorhin schon für die Akademie gemeldet habe, nehme ich Mherwed.

Kaweh: Hättest du mich vor den Arbeiten an der RSH gefragt, es wäre sicher Mherwed gewesen. Und Christian hatte auch schöne Einfälle für Mherwed, bei denen mir das Herz aufging. Doch jetzt, da Unau zum Juwel der Novadis erhoben wurde, ist es sehr, sehr knapp und ich glaube aufgrund des Fischerviertels ist es am Ende Unau.

Nandurion: Amadah mit dem Schwert oder der Zunge?

Zoe: Ich bin ja ausgesprochen diskursfreudig, aber den Schwertkampf romantisieren kann ich auch gut – versuchen würde ich es mal, auch wenn ich im Diskurs mehr Überlebenschancen hätte. 😅

David: Meine Fechtkünste sind leider etwas eingerostet. Also vielleicht doch eher die Zunge. Die ist nach diesem Interview auch schon aufgewärmt.

Kaweh: Die Amadah der Zunge, aber wie gesagt, freue ich mich, beide Versionen der Amadah einmal als Spielleiter zu gestalten.

Nandurion: Lange Ohren und/oder eine Schuppenhaut und/oder im Wasser lebend?

Zoe: Als Vegetarierin ist man bei sämtlichen novadischen Speisegeboten fein raus, hehehe.

David: Können wir an der Stelle nochmal kurz festhalten, wie viele Wassertiere es übrigens in Wüstenregionen gibt, auch wenn wir da als Mitteleuropäer vielleicht spontan nicht dran denken? Nein? Gut, sorry. Ich nehme den im Wasser lebenden, geschuppten Hasen.

Kaweh: Dann nehme ich den geschuppten, im Wasser lebenden Esel. Esel könnte ich eh kein Haar krümmen, die sind viel zu süß.

Nandurion: Pferd oder Kamel?

Zoe: Kamele sind schon knuffig, aber ich denke, ich möchte lieber ein Shadif. 😊

David: Kamele sind unglaublich faszinierend und übrigens auch total vielfältig. Man unterscheidet da zwischen … okay, ich höre schon auf.

Kaweh: Also nochmal wegen dem Esel …

Nandurion: Khôm oder Thalusien?

Zoe: Thalusien ist wundervoll mit seiner feinsinnigen Kunst, den Feldern, Tälern und Bambuswäldern, seinen urtulamidischen Bräuchen, mysteriösen Zeitverzerrungen und dem Kampf Rebellen gegen Despoten, das spricht mich alles sehr an. Aber die Wüste hat alles in allem mein Herz gestohlen und es zieht mich zu den Dünen! 😊

David: Das ist ein bisschen unfair, weil die Khôm inklusive ihrer Randgebiete deutlich vielfältiger und größer ist. Ich habe zum Beispiel sehr viel Lust bekommen, mal das Szinto-Tal zu erkunden – aber ich nehme trotzdem Thalusien. Da gibt es mehr Reis, das ist immer ein guter Grund.

Kaweh: Das ist wirklich schwer. Ich liebe die Stimmung in der Wüste und fand sie bei den Arbeiten der RSH auch in ihrer Symbolik unglaublich tiefgründig. Thalusien erinnert mich von der Landschaft her an die Heimat meiner Mutter, dazu gibt es Reis und Chai. Kulturell sind alle einzigartig und erstaunlich vielseitig, wenn man sich intensiver mit ihnen beschäftigt. Ich würfle einfach mal! 4! Die Zahl des Feqz! Oh, warte, ich hätte vorher festlegen sollen, was das bedeutet, oder?

Nandurion: Hirsebrot, am Stein gebacken, mit handgepresstem Ziegenkäse oder feinstes Rauschkraut aus dem fernen Setokan?

Zoe: Ich habe hier weltbewegende Arbeit zu verrichten! 😆 Ich bleibe nüchtern und nibbele zufrieden an meinem Hirsebrot.

David: Auf jeden Fall Ziegenkäse.

Kaweh: Oh jetzt habe ich Hunger! Gehen wir zusammen essen?

Nandurion: Vielen Dank für das Interview!

Zoe: Danke an euch und euren Willen, uns so lange ausschweifen zu lassen!

Links:

Dieser Beitrag wurde unter Aventurien, Das Schwarze Auge, DSA-Autor, DSA5, Interviews abgelegt und mit , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

8 Antworten zu Interview zur Regionalspielhilfe „Das Wüstenreich“

  1. queery sagt:

    Dieses Interview ist sicher etwas lang geraten. Ich persönlich fand es aber sehr spannend so viel zu den Gedanken im Redaktionsprozess zu Erfahren und finde super dass sich da etwas in unserem Rollenspiel am verändern ist. Ich hab nach dem Gespräch den Eindruck, dass vom eingeschlagenen Weg mehr Farbe, mehr Details, mehr Lebendigkeit, mehr Liebenswürdigkeit und mehr Vielfallt für die Novadi-Kultur statt einfälltiges, rückwärtsgewandtes Fundamentalistenklischee am Ende nur alle profitieren können. Deshalb an dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an alle die sich in den letzten Jahren bemüht haben eine Kritik an Rassismus in DSA zu Vermitteln. Ich bin sehr gespannt darauf zu schauen wie sich diese Überlegungen in der RSH tatsächlich niedergeschlagen haben.

  2. Pingback: Wüstenreich-Interview bei Nandurion – Nuntiovolo.de

  3. Christian Gross sagt:

    Meine Güte! So etwas schönes, inspirierendes, nachdenkliches habe ich im DSA-Kontext lange nicht gelesen! Wirklich beeindruckend! So viel positive Energie! Ich bin wirklich begeistert!

  4. Krassling sagt:

    Zunächst war ich ein bisschen besorgt ob des Umfangs dieses Interviews. Aber ich denke es lohnt sich den ganzen Artikel zu lesen.
    Die Kultur der Novadis hat mich immer fasziniert, da sie inmitten der Vielgötterei eine monotheistische Religion ist. Leider war es nicht immer leicht einen guten Zugang zu dieser Kultur zu finden. Ich hoffe die neue Spielhilfe findet nicht nur einen respektvollen sondern auch praktikablen Ansatz, der überzeugende und interessante Figuren in die Spielwelt bringt.

  5. aikar sagt:

    Gute Antworten und mir gefällt, dass da offenbar sehr viele gute Überlegungen gemacht werden.

    Meine größte Sorge ist aber tatsächlich, dass über all den Aufwand für eine plausible, gut durchdachte, vielfältige Kultur und dem Umgang mit problematischen Themen das auf der Strecke bleibt, was eine Rollenspielhilfe für mich wirklich interessant macht: Möglichst viele Aufhänger für gute Geschichten und Abenteuer. Und zwar nicht nur auf ein paar wenigen Seiten im Mysterienteil, sondern im ganzen Band.
    Die letzten Regionalspielhilfen haben mich dahingehend leider ziemlich enttäuscht, die waren mehr Reiseführer als brauchbare Grundlage für interessante Kampagnen und wurden nach dem ersten Drüberlesen großteils nicht mehr aus dem Schrank geholt. Ich hoffe sehr, dass es hier anders kommt.
    Ich weiß, dass das sehr anspruchsvoll ist, aber ich würde mir wünschen, dass ich praktisch eine beliebige Seite aufschlagen und lesen kann und zumindest eine gute Inspiration für ein Abenteuer erhalte. Bis jetzt hat das eigentlich nur der Havena-Band wirklich geschafft.

  6. Tobias sagt:

    Vielen Dank für dieses absolut lesenswerte Interview! Es macht wirklich Lust auf die Region mit ihren Menschen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert