Rowenas aus dem Überwals

Die aventurischen Hexen sind ein schönes Beispiel für die spezifischen Entwicklungen der Welt des Schwarzen Auges. Nachdem sich aventurische Helden eine zeitlang in bester D&D-Manier durch diverse Dungeons gemetzelt hatten, öffnete sich das Spiel für Geschichten, die über Monster & Gemäuer hinausgingen. Im Jahr 1988 erschien mit Hexennacht ein Abenteuermodul welches unverkennbar eine neue zaubermächtige Klasse einführte. Titel und Cover weckten gleichermaßen die Erwartungen an die Geschichten aus Märchen und Sagen. Hexen, die auf Besen fliegen, sich zum Vollmond an abgelegenen Orten treffen und dort rauschende Feste feiern. Der Band führte nicht nur die Hexen und ihre geheimen Zirkel in Aventurien ein, sondern lieferte auch gleich die Grundlagen diesen Heldentypus als Spieler-Figur einzusetzen.

Auch wenn sie so gewissermaßen als das Abziehbild des europäischen (bzw. deutschen) Hexenklischees eingeführt wurden, haben sich die zumeist weiblichen Zauberwirkerinnen und Anhängerinnen der Göttin Satuaria im Lauf der Zeit weiterentwickelt. Die Hexen des Schwarzen Auges sind vielfältig, besonders und dennoch unverkennbar Abkömmlinge jener Hexen um die sich in Europa so viele Erzählungen ranken. Im Rahmen der Gleichschaltung und Verregelung allen Seins wurde natürlich auch die Magie der Hexen berechenbar. Ob dieser hermetische Ansatz, der für die akademischen Magier des Kontinents gut funktioniert, den eher emotionsbetonten Zauberinnen gut getan hat, muss jeder für sich selbst beurteilen. Die Profession der Hexe erfreut sich jedoch auch mehr als 30 Jahre nach ihrer Einführung großer Beliebtheit.

Idee

Die Vorlage zur Miniatur von Nadine Schäkel

In der vierten Edition des Schwarzen Auges wurde das Konzept ikonischer Heldenfiguren erstmals konkret ausformuliert. Während zu Yüces Zeiten noch Posterboy Alrik Immerdar mit Schnauzbart und Flügelhelm allgegenwärtig war, wurde nun eine ganze Riege von Figuren eingeführt. Natürlich durfte ein Hexe da nicht fehlen und so fand die junge Rowena aus dem Überwals Eingang in den Kanon. In Begleitung ihrer Katze (inzwischen alles andere als selbstverständlich für eine Hexe) zieht die junge Bornländerin mit anderen Heldenfiguren auf Abenteuer aus und ziert so manches Cover. Im Gegensatz zu manchem Fanboy, den mit der 5. Edition der Schlagfluss dahingerafft hat, überstanden die ikonischen Helden den Wechsel im Regelwerk eher unbeschadet. Ja, im Gegenteil, die bunte Truppe scheint noch präsenter geworden zu sein und die Beliebtheit der Hexe als Profession scheint mir mit der letzten Edition sogar noch zugenommen zu haben.

Nun würde ich vermutlich kaum einen Artikel über eine einzelne Profession oder spezifische Person schreiben, wenn es nicht auch die passenden Miniaturen in meinem Bestand gäbe. Für Rowena existieren zwei Versionen als Miniatur. Zum einen gab es die Zinnfigur in der Reihe des Miniaturenspiels Schicksalspfade und dann das Update von Westfalia. Wie schon bei anderen Miniaturen wollte ich hier natürlich die verschiedenen Interpretationen als Miniatur beleuchten. Die Bemalung sollte dabei weitgehend gleich bleiben. Nachdem ich mich bei dem ikonischen Halbelfen Carolan so schwer getan hatte, mich mit dem offiziellen Farbschema anzufreunden, gefiel mit das von Rowena gleich von Anfang an deutlich besser. Zwar würde das meine kreativen Möglichkeiten etwas einschränken, aber das nahm ich für diese Übung in Kauf.

Umsetzung

Beide Miniatren sind startbereit. Trotz der identischen Vorlage sind die Unterschiede deutlich zu erkennen.

Für diese beiden Miniaturen bestand der erste Schritt bereits in einer Beschäftigung mit dem Base. Beide Minis werden mit einem Hexbase ausgeliefert. Da Schicksalspfade auf einem Spielfeld mit Hexraster gespielt wurde, passt dies natürlich sehr gut und liefert einen entsprechenden Wiedererkennungswert. Interessanterweise werden auch die Miniaturen aus dem Hause Westfalia mit MDF-Hexbases ausgeliefert. Da ich die übrigen Minis von Westfalia ebenfalls auf diese Hexbases gestellt hatte, wollte ich dies auch hier fortsetzen. Vor dem Beginn prüfte ich als Alternative noch die verfügbaren gestalteten Gussbases für Schicksalspfade, die in einigen Shops noch als Restbestände erhältlich sind. Für Rowena, die ich mit einem Wildnisuntergrund ausstatten wollte, erschienen mir diese jedoch nicht passend. So blieb es also bei dem hohlen Hex.

Lost my base. Zur Stabilisierung muss das Plastik-Hexbase an mehreren Punkten fixiert werden.

Beim Präparieren der Miniaturen für die Bemalung stieß ich nun auf ein bisher unbekanntes Problem. Die Zinnfigur war mit ihrem kleinen angegossenen Base auf das größere Hexbase geklebt worden und wurde danach mit Knetmasse auf die Halterung gesetzt. Dabei entstanden jedoch durch den Druck leichte Verformungen des Bases, welche die Klebestelle sprengten und so die Miniatur wieder ablösten. Ich musste also für dieses Bases mehrere Kontaktpunkte auf die Halterung setzen und so eine stabile Auflage für das Base schaffen. Immerhin konnte ich diese Vorgehensweise gleich für die kommenden Miniaturen der Reihe vormerken.

 

Der große Gleichmacher. Leider vergaß ich nun das Aufhellen der Akzente.

Nach der üblichen schwarzen Grundierung machte ich mich ans Werk. Irgendwann stelle ich irritiert fest, dass die Farben eine geringere Sättigung zu haben schienen, als ich es gewohnt war. Erst in diesem Moment wurde mir klar, dass ich einen Schritt aus meinen sonstigen Arbeitsprozess vergessen hatte. In der Regel werden die Miniaturen nach der Grundierung von mir noch mit weißer Farbe oder Grundierung angeleuchtet, so dass die Akzente besser zutage treten. Gerade im Gesicht mit einem eher dezenten Farbauftrag war das nun etwas ungewohnt. Ich bürstete mache Partien nun noch einmal mit dem Pinsel nach um die helleren Bereiche gerade im Gesicht etwas zu unterstützen. Dennoch blieben die Kontraste auf diese Weise in manchen Bereichen etwas stärker als gewohnt. Gerade für die Gesichter musste ich mich erst etwas daran gewöhnen.

Da Rowena einige rote und braune Elemente aufweist, die sich in einer engen Tonalität bewegen, musste ich hier besonders sorgsam die Unterschiede herausarbeiten. Mit dunklen Washes konnte ich einige Übergange stärker abgrenzen und die Lederteile erhielten mehr Akzente als sonst. Die Haare sind bei diesen Miniaturen immer ein Problem, da man es hier leicht mit den Akzenten übertreiben kann. Zu starke Aufhellungen würden die roten Haare zudem wieder in den gelben Bereich von Lederakzenten und Katzenfell annähern. Ich bliebe also bei den Haaren im orangen Spektrum stehen und ergänzte nur für die Hexensträhne den helleren Grauton. Ledertasche und Katze entwickelten sich mehr in Richtung Ocker während der Überwurf mit rotbraun in den dunkleren Bereich driftete. Für das Korsett (warum trägt eine Hexe ein Korsett?) und den Stab wurden die klassischen Grundfarben eines hellen und dunklen Brauns gewählt.

Den Mantel hatte ich mir ursprünglich stärker als Kontrast zu den Rottönen um Rowenas Haare vorgestellt. Gerade in der Vorderansicht war das Grün hier aber nun deutlich weniger präsent als zum Beispiel in dem ursprünglichen Bild. Daher beließ ich es bei einem gedeckten Grün und verzichtete auf weitere Spielereien. In der Rückansicht wurden die Falten noch einmal mit den blauen Schatten betont und die helleren Akzente nur sehr vorsichtig gesetzt. Eine kurze Weile überlegte ich noch der Katze hellere Streifen zu verpassen. Einige kurze Versuche sagten mir jedoch nicht zu und so nahm ich davon wieder Abstand.

Wohin mit all dem Zeug?

Die Miniaturen waren alles andere als perfekt bemalt, aber mir stand inzwischen der Sinn nach etwas anderem. So entschied ich mich also die Minis zum Basen vorzubereiten. Unglücklicherweise geriet eine Figur in die Hände von Kleinkindern und musste danach erst mal wieder repariert werden. Irgendwie klappt das mit dem Fliegen wohl scheinbar doch noch nicht so gut.

Die Bases wurden dieses Mal wieder aufwendiger mit Streu und Grünzeug bearbeitet. Auch hier versuchte ich möglichst ähnlich vorzugehen. Für den gewählten Ansatz ist es nicht ganz so entscheidend, ob das Base über eine plane Oberfläche verfügt, wie das MDF-Base. Die Bases für Schicksalspfade wirken optisch vielleicht ein wenig aufgeräumter, weil wir hier einen erhabenen Rand haben. Durch die wuchernde Vegetation wird dieser Unterschied jedoch weitgehend egalisiert. Mit meiner Vorstellung von Wildnis konnte ich noch mal tief in die Kiste mit den Krümeln und Fitzeln greifen und hier allerlei verschiedenes Zeug streuen. Auch bei den verwendeten Naturmaterialien ist hie und da noch etwas Bemalung erforderlich. Dann konnte ich die beiden Hexen jedoch hinter mir lassen.

War´s das jetzt?

Das Projekt Rowenas aus dem Überwals lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Auch wenn ich die Figur prinzipiell interessant finde, hatte ich bei diesem Projekt zwischendurch doch einen Hänger. Wenn man dann am Ende die Photos macht und die Bilder auf dem großen Bildschirm (ein Vielfaches der Originalgröße messend) sieht, dann fallen einem gleich wieder hundert Sachen auf. Dieses Element hätte anders aufgebaut werden müssen, jenes sorgfältiger gearbeitet. Da die Figuren allerdings kein Promomaterial sind, sondern meinem Vergnügen und vielleicht noch dem der kleinen Racker dienen, spielt das keine so große Rolle. Einige Dinge habe ich ausprobiert und andere eher vernachlässigt. Und es gibt da noch ein paar Hexen mehr. Wäre doch gelacht.

Im direkten Vergleich sieht man sowohl die stolze Höhe der Rowena für Schicksalspfade, als auch den Unterschied zur neuen Miniatur von Westfalia. In der Vergrößerung eines Makrophotos werden auch die Unterschiede in der Proportionierung noch einmal sehr deutlich. Während seinerzeit ein true scale – also realistische Proportionen – verwendet wurde, orientiert sich Westfalia mehr am heroic scale, wie er von Marktführer Games Workshop verwendet wird. Hier sind filigranere Elemente wie Kopf oder Hände üblicherweise überproportional vergrößert modelliert. Dadurch wirkt die neue Version der Rowena aber auch klobiger. Durch die kräftigen Farbkombinationen stellen die Miniaturen in jedem Fall eine ausdrucksstarke Bereicherung für meine Miniaturensammlung dar.

Dieser Beitrag wurde unter Aventurien, Das Schwarze Auge, Kolumnen, Miniaturen, Sonstiges abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu Rowenas aus dem Überwals

  1. Pingback: Nandurion: Rowenas aus dem Überwals – Nuntiovolo.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert