In der guten alten Zeit, dem goldenen Zeitalter des Schwarzen Auges, die in meinem Kopfkanon immer Blümchen-DSA heißen wird, durften Meisterpersonen noch echte Typen von Rang und Namen sein. Kein Wischiwaschi und keine verkorkste Kindheit, die das eigene Handeln entschuldigen sollte. Diese Schurken und Heroen mit ihrem larger-than-life Syndrom waren Projektionsflächen der Helden. Ikonen, denen man nacheiferte oder ultimative Gegner, deren Pläne man zwar durchqueren, die man jedoch niemals gänzlich besiegen konnte. Miniaturen dieser Figuren hätten eigentlich nur in GWs heroic scale erscheinen dürfen und ihre Portraits waren in der Spielerschaft so bekannt, wie der Busfahrplan zur Spielrunde im Nachbardorf.
Lowangen, die Königin am Svellt
In jener Zeit war das Svellttal ein Ort des Optimismus und der Hoffnung. Der Svelltsche Städtebund war eine Verbindung aufstrebender Stadtstaaten, die der Bedrohung durch die Orks ins Gesicht lachten. Eine Front menschlichen Siedlungsraumes mit Westerngefühl, in dem die Schwarzpelze die klischeebeladenen Dunkelindianer mimten. Die Stadt Lowangen war die Königin der Westernstädte und das Tor zum Svellttal. Doch das bedeutende Handelszentrum wies noch eine beeindruckende Besonderheit auf, die hohes Konfliktpotential und spannende Geschichten versprach. Lowangen war seinerzeit die einzige Stadt, in der zwei Magierakademien zugleich untergebracht waren. Das Institut der arkanen Analysen zu Kuslik als Sonderfall sei hier einmal außenvorgelassen.
Verbunden mit den beiden Akademien sind von Anfang an ihre Spektabilitäten. Die beiden Erzmagier (!) Elcarna von Hohenstein und Oswyn Puschinske. Ersterer ein gerühmter Heiler, Menschenfreund und Leiter der grauen Akademie der Verformungen. Letzterer der Leiter der Halle der Macht und ein Schwarzmagier wie er im Buche steht. So strahlend der Eine „ich bin der Gute“ schreit, so deutlich klebt dem anderen das Etikett „böser Schwarzmagier“ am Revers. Über Puschinske war dabei nur wenig bekannt. Wie genau Pervals ehemaliger Hofmagier nach Lowangen gekommen war und warum ein solch finsterer Geselle nicht in einem abgelegenen Magierturm auf mordende Helden wartet, sondern einer ganzen Akademie in einer bedeutenden aventurischen Stadt vorsteht, wußte man nicht.
Allein diese Setzung schreit natürlich nach Geschichten, die sich um die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Meistern der Magie drehen. Der alternde Elcarna taucht immer wieder als Ansprechpartner für Helden in verschiedenen Quellen auf. Doch Oswyn Puschinske bleibt weitestgehend im Hintergrund. Als verbindendes Element zwischen den beiden wird der Ausbruch der Zorganpocken in Lowangen in die Geschichte geschrieben. Doch dieses Ereignis spielt ein Jahr nach dem Maraskanfeldzug Retos und liegt damit noch vor der Krönung Hals! Und so dauert es 56 aventurische Jahre, bis der Konflikt der beiden Erzmagier wieder aufgegriffen wird.
Rohals Erben
Mit dem Crowdfunding zu Rohals Erben und seinem Fokus auf die aventurische Magie hat man sich offensichtlich wieder an das Lowanger Duo erinnert. Die uralten Erzmagier und überhaupt Meisterpersonen der führeren aventurischen Geschichte müssen entsorgt werden und Platz machen für – naja lassen wir das. Eine Stadt, zwei Akademien, zwei verfeindete Erzmagier. Wenn das kein guter Schauplatz für den Einstieg in eine höchst gildenmagische Geschichte ist.
Die Erwartungen sind also hoch an das Einstiegsabenteuer Lowanger Lügenmärchen von Fred Ericson und Julian Härtl. Zugleich ist aber auch klar, dass es wohl kaum möglich ist, in einem kurzen Abenteuer zum Losspielen all das nachzuholen, was in 30 Jahren DSA-Geschichte versäumt wurde. Zu sehr gehört Oswyn Puschinske zu jener Riege hoch spannender Meisterpersonen, die einfach konsequent ignoriert wurden. Bis zu jenem Tag, an dem man dann doch feststellt, dass hier dringend mal aufgeräumt werden muss. Doch immerhin soll uns nun ein letztes Duell der Magier geboten werden. Also dann auf ins Abenteuer!
Mandricon-Symposium
Als Aufhänger für das Abenteuer dient wieder einmal eine gildenmagische Zusammenkunft und wer eine Runde aus überwiegend oder gar ausschließlich Magiern spielen will, der ist hier sicher bestens aufgeboben. Da ist es auch nicht weiter schlimm, dass die Inhalte des Symposiums lediglich angedeutet werden. Erwähnt sein noch, dass das Abenteuer mit vorgefertigten Helden kommt und als Erfahrungsgrad brilliant bis legendär nennt. Das ist mal eine Ansage, die sich gewaschen hat. Wer es aus Einsteigerboxen und ähnlichen Szenarien auch anderer Systeme gewohnt ist, dass die spezifischen Hintergründe der Spieler-Figuren aufgegriffen werden und zur Handlung beitragen, der wird hier vermutlich enttäuscht. Lowanger Lügenmärchen dient lediglich der Inszenierung eines Ereignisses, das später als die Magierschlacht von Lowangen in die Geschichte eingehen wird.
Tatsächlich findet die eigentliche Eskalation zunächst an ganz andere Stelle und verborgen vor den Augen unserer Helden statt. Teile von Oswyn Puschinskes Masterplan, schließlich ist er ein waschechter Erzschurke, erregen Aufmerksamkeit in der schwarzen Gilde. Doch dort ist man noch nie sonderlich zimperlich gewesen und ersinnt Gegenmaßnahmen. Diese münden schließlich in der Entsendung eines hochrangigen Schwarzmagiers nach Lowangen, der mit einem eigens geschaffenen Artefakt den Plot ins Rollen bringt. Puschinske muss auf die Entdeckung seiner Pläne reagieren und entfesselt seine Ressourcen um seine Gegner vom Spielbrett zu fegen.
Wenn man sich den Plot anschaut, dann finden wir hier im Grunde genommen lachhaft wenig vor. Zusammenkunft der Magier, Exposition des Problems und darauf folgend die Magierschlacht, an deren Ende die Heldengruppe Puschinske konfrontieren darf. Für mich ist das eigentlich nur die Skizze eines Plots, zumal hier ja sehr hochrangige Heldenfiguren adressiert werden. Einige der Hintergründe lassen sich jedoch gewiss nutzen, um daraus ein Abenteuer angemessener Epik zu gestalten, in dem die Magierschlacht von Lowangen den spektakulären Höhepunkt darstellt.
Bäumchen wechsel dich
Zentrale Agenda des Lowanger Szenarios ist ja die Ablösung der beiden uralten Spektabilitäten. Elcarna tritt hier gewissermaßen nur noch als Schatten seiner Selbst in Erscheinung. Leider ist auch Oswyn Puschinske nur als Mann im Hintergrund vorhanden, auch wenn er in selbstironischer Referenz an die „guten alten Zeiten“ vor seinem Ableben noch einen waschechten Schurkenmonolog halten darf. Interessant sind jedoch auch die weiteren Figuren. Elacarnas Schülerin Mayla Mondhaar wird leider hier als emotional überfordert und sehr defensiv inszeniert. Nicht unbedingt ein guter Start für die neue Spektabilität. Hier hätte ich mir etwas anderes gewünscht. Immerhin werden ihr dann aber zukünftige diplomatische Erfolge angedichtet, die sich gut in Elcarnas Erbe einfügen. Mit Ariana Melethaniem wird eine Figur aus der Donnerwacht Kampagne zurückgeholt, die manchen Spielern bekannt sein dürfte und die mit ihrer ambivalenten Geschichte vielversprechend scheint. Im Gegensatz zu Mayla trifft Ariana auch eine wichtige Entscheidung während des Abenteuers und trägt entscheidend zur Wende in der Schlacht um Lowangen bei.
Eine weitere Person, die Potential für Geschichten bietet ist Ugo von Uspiauen. Der Schwarzmagier mit dem etwas kruden Spezialgebiet Sphärologie hat eine interessante Hintergrundgeschichte und ist als Visitator mit der Überwachung der Gildenregularien in der Schwarzen Gilde betraut. Zweifellos einer der interessanteren Jobs in Aventurien. Ugo ist es auch, der als Agent im Hintergrund, die Geschichte in Lowangen erst ins Rollen bringt. Der diplomatische Schwarzmagier ist eine Figur, die sicher noch Verwendung finden kann. Daher ist er natürlich auch viel zu interessant, um dauerhaft als Spektabilität nach Lowangen abgeschoben zu werden. Die neue Konstellation verspricht dagegen interessanter zu werden. Irgendwann wird mir klar, dass die beiden uralten, männlichen Erzmagier (einer davon mit elfischen Vorfahren) von ihren beiden jungen, weiblichen Lieblingsschülerinnen (!) (eine davon Halbelfe) beerbt werden. Irgendjemand muss hier einen Griff ganz tief in die Kiste der sexistischen Klischees bestellt haben. Und die Autoren haben abgeliefert.
Eine magische Welt
Immer wieder taucht hier und dort die Frage auf, wie magisch Aventurien eigentlich ist. Das Aventurien weniger magisch ist, als die High-Fantasy Settings für Myranor, Barsaive oder Golarion, dürfte unumstritten sein. Gleichzeitig ist Magie weit gewöhnlicher und expliziter als das spezielle Wirken von Tolkiens Zauberern in Mittelerde. Die Idee vom phantastischen Realismus war immer schon Teil der Welt des Schwarzen Auges. Und dennoch wurde im Lauf der Zeit die Magie immer weiter hoch gedreht. In der fünften Edition wollte man uns nun weismachen Magie sei alltäglich. Gleichzeitig wurde die Wirkung von Zaubersprüchen und Magienanwendungen immer weiter herabgeregelt, bis der Begriff „gewöhnlich“ sich eher an der Definition der Magie der Scheibenwelt orientierte, in der eine Problemlösung durch Zauberei nicht weniger aufwendig ist als ohne sie.
In diesem Sinne begrüße ich es immer sehr, wenn das Besondere der Magie herausgehoben wird. Die Wahrung des Mysteriums ist mir ein großes Anliegen. Die Lowanger Lügenmärchen bieten dazu nun wieder Gelegenheit. Zum einen ist da natürlich das Symposium selbst. Die Magier treten als Institution auf, die auch über gesellschaftliche Macht verfügen und nicht nur die Witzfigur in einer Heldengruppe geben. Es werden magische Themen vertieft und es wird sogar von einer aufsehenerregenden Neuentwicklung in der magischen Forschung berichtet. All das zeigt schon wie die lebendige Spielwelt mit der Gildenmagie interagiert.
Der Plot für das Szenario wird auch durch ein magisches Artefakt in Gang gesetzt. Allerdings kein uraltes elfisches oder echsisches Fundstück, sondern eine aktuelle Schöpfung der Gildenleitung. Das diese aufgrund der unklaren Natur der Nachtseele aber nicht ganz so funktioniert wie vorgesehen, verleiht der Magie wiederum eine Glaubwürdigkeit, die auch Thomas Römer gefallen könnte. Auch die Nachtseele selbst ist ein Rückgriff auf eine magische Entwicklung Galottas, der nicht nur in der Welt der Gildenmagie einen Ruf hat. Auch wenn dann die konkrete Bedrohung durch die Nachtseele etwas arg konstruiert wirkt, ist man hier zumindest um eine saubere Begründung bemüht. Sehr gelungen ist auch das Handeln Puschinskes, der magische und nichtmagische Mittel der Manipulation nutzt, um seiner Profession als Beherrscher angemessen Rechnung zu tragen.
Magische Elemente spielen also durchaus eine tragende Rolle in den Lowanger Lügenmärchen. Die Magierschlacht von Lowangen läuft gewiss auch nicht ohne vielfältigen Einsatz von Zauberei ab, auch wenn es hier nicht zu einem Schaulaufen der Kampfmagier kommt. Die Autoren haben also den magieinteressierten Spielern – und solche darf man für dieses Szenario wohl erwarten – einiges an Keksen bereitgelegt.
Fazit
Die Lowanger Lügenmärchen kommen als Einsteiger-Abenteuer daher. Allerdings nicht im Sinne eines Einstiegs in das Rollenspiel für komplette Neulinge. Unter dem Schlagwort Auf ins Abenteuer! präsentiert Ulisses Publikationen, die einen schnellen Einstieg in ein Thema ermöglichen. Das kann eine Region, eine Zeit oder wie hier eine Subkultur sein. Ausgestattet mit entsprechend ausgestatteten Archetypen kann eine interessierte Spielrunde sich hier direkt nach Lowangen begeben und die Magierschlacht von Lowangen erleben. Im Rahmen des verfügbaren Platzes liefern die Autoren hier auf 30 Seiten ein gelungenes Szenario.
Noch interessanter ist die ganze Idee allerdings, wenn man über die Grenzen des vorliegenden Abenteuers hinausdenkt. Die Idee liefert genügend Ansatzpunkte, um die Lowanger Lügenmärchen zu einem deutlich größeren Abenteuer auszubauen. Der Machtkampf in der Schwarzen Gilde, die Feindschaft zwischen den beiden Lowanger Erzmagiern, die Vorgeschichte Arianas in der Donnerwacht. Wer tiefer in die magische Welt einsteigen will, mag vielleicht so gar Puschinskes Recherchen zur Nachtseele zum Teil einer kleinen Kampagne machen, die sich mit dem Masterplan und letztlich dem Fall eines aventurischen Erzschurken beschäftigt. Auch wenn die Spektabilitäten in Lowangen vielleicht nicht über die Mobilität eines Galotta oder Xeraan verfügen, so habe sie doch Mittel um eine Kampagne auch über Lowangen hinaus zu bestreiten. Mit dieser Idee wird aus den Lowanger Lügenmärchen nicht der Einstieg ins Abenteuer, sondern der Abschluss einer erinnerungswürdigen Kampagne. Meines Erachtens wird dieses Vorgehen dem Text von Ericson und Härtl eher gerecht.
Krassen, ich mag deinen blumigen Schreibstil, aber bei der Rezension blieb für mich unklar, „was will uns der Künster damit sagen?“ 😉
In der Ultrakurzfassung: Super Idee, hätte mehr Raum verdient.
Pingback: Nandurion: Rezension von Lowanger Lügenmärchen – Nuntiovolo.de
Hi Krassling,
besten Dank für die Rezension. Hat wirklich Spaß gemacht deine Zeilen zu lesen.
Interessant für die Genese von Lowanger Lügenmärchen ist vielleicht noch, dass wir das Abenteuer mit dem Wissen um das Let’s Play dazu geschrieben haben. Das war in allem recht herausfordernd, da der Anforderungen Vielfalt (Plot, Platz und Präsentierbarkeit am Pildschirm – Alliteration triumphiert über Rechtschreibung) erfüllt werden musste. Vermutlich wäre es weniger anspruchsvoll gewesen, ein 120-Seiten-Hardcover mit unseren Ideen zu füllen.
In allem hatten wir aber viel Spaß beim Schreiben und beim Schauen des Let’s Plays.
In diesem Sinne. Die Welt ist schön!
Fred
Danke für eine weitere schöne Rezension auf dieser Plattform!
Mir ist klar, dass die Zeiten der Einhörner-Wertungen genau so zu Ende gehen wie die Epoche des Svelltland-Western, oder wie die der NSC-Dinosaurier Elcarna-Puschinske. Das ist alles so in Ordnung. Was mich noch interessieren würde ist, wie du zwischen Skizzenhaftigkeit und Kryptosexismus auf der einen Seite und fettem Magiercontent und Plot-Fäden-Aufnehmen auf der anderen Seite abwägen würdest. Ich lese aus deinen Worten so etwas wie ein Einerseits-Andererseits. Ist die Lowanger Magierschlacht aus deiner Sicht unter dem Strich ein gelungenes Abenteuer?
Es grüßt euch in nomine unicornis
Vibart
Zu Ariana und Mayla mag ich dann doch noch meine Sichtweise darlegen.
Dass die beiden die Lieblingsschülerinnen ihrer Spektabilitäten sind/waren, ist ja keine neue Setzung des Abenteuers. Selbstverständlich hätte man sie dennoch austauschen können. Für mich gab und gibt es jedoch zwei Gründe, eben das nicht zu tun.
Einerseits fügen sich die beiden gut in das dualistische Bild, das sowohl Lowangen als auch den beiden dortigen Akademien vom Setting innewohnt. Da ist die leicht zu verunsichernde, emotionale und fürsorgende Mayla und die knallhart-skrupellose, aktiv handelnde Ariana.
Andererseits sind das zwei NSC, die bereits in Abenteuern der fünften Edition aufgetreten sind und in Maylas Fall auch in einem Roman (nicht DSA5). Ich finde es schöner, zwei Spektabilitäten zu haben, denen die Helden bereits begegnen konnten.
Es gab also keinen redaktionellen Auftrag sich sexistischer Klischees zu bedienen. Die Entscheidung für Ariana und Mayla kam von uns Autoren.
Grüße vom Flughafen
Fred
Fred, dass es einen regelrechten Auftrag gegeben haben soll, hat ja niemand gesagt. Das wäre ja entsetzlich. Es ist ja das Ding, und jetzt nennen wir es mal zur Entschärfung „Klischees“, das sich sowas in unserem Kulturkreis immer und überall ohne bewusste Zielsetzung einschleichen kann. Zumindest bei den Meisten und bei den Guten entwickeln sich diese Narrative ohne politische Agenda, sondern aus dem Bauch heraus. Ich kenne ja den Text selbst auch nicht und überlasse mich in diesem Vorwurf ganz der Einschätzung von Krassling. Und man kann ja das gezeichnete Bild der beiden jungen Frauenfiguren auch erst einmal nüchtern überprüfen, in wie weit das Fazit greift oder in wie weit da auch Gegennarrative übersehen wurden.
Und damit war’s das für mich. Eine „das-ist-alles-gar-nicht-sexistisch“-Diskussion war für mich itzemal der Hauptgrund, mich aus dem über DSA Schreiben vor vielen Jahren zurückzuziehen. Ich möchte noch einmal ausdrücklich meine Wertschätzung ausdrücken, für alle die für und über Aventurien schreiben. Ohne euch würde es diese wunderbare Welt nicht geben.
Danke für die Erläuterungen, auch die vorausgegangenen in Sachen Lets Play.
Ich hätte es wahrscheinlich an eurer Stelle genauso gemacht. Nicht ohne mich diebisch zu freuen über die alten Männer, welche die Augenbrauen hochziehen. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass die beiden neuen Spektabilitäten sehr gute Ansätze für Abenteuer bieten. Für mich also alles richtig gemacht.
Wie oben schon angedeutet. Die Idee ist großartig. Ich selbst würde diesen Konflikt aber nicht in einem Kurzabenteuer abwickeln wollen, sondern daraus eine ganze Kampagne machen. Leider werden wir aktuell so mit Material überschwemmt, dass ein einzelnes Abenteuer kaum noch die Aufmerksamkeit und Unterstützung aus der Fangemeinschaft bekommt, wie das in alten Zeiten der Fall war.
Wenn es Menschen geben würde, die das Abenteuer mit weiterem Material für eine solche Kampagne versehen würden, dann wäre da phantastisch. Statt dessen erscheint nächste Woche das nächste Produkt und das braucht dann Aufmerksamkeit um Umsatz zu generieren.
Es tut mir leid für die Idee und die Autoren um das nicht realisierte Potential. Für Leute, die Lowangen und sein Personal schon lange kennen ein perfektes Abenteuer. Alle anderen müsste man erst an den Konflikt und die Geschichte heranführen und das kann hier nicht geleistet werden.
Ich setze hier jetzt einfach mal ein „I respectfully disagree“ hin. Ich mag deine Rezension und du beleuchtest eine Menge interessanter Aspekte. Ich gehe auch mit, dass „nachhaltig“ betreute, umfangreiche Publikationen zu bestimmten Themen etwas sind, das DSA gerade fehlt.
Beim „Lowanger Lügenmärchen“ finde ich das Format aber genau richtig gewählt. In seinem Kern ist es halt ein „Die redaktion schiebt den Metaplot vorwärts und ihr dürft dabei sein“-Abenteuer. Es ist sehr genau gesetzt, welche Weltlage sich wie in welche andere Weltlage verschiebt. und da smuss ja auch so sein, weil die Urgestein Magier in Rente sollen und die Neue Generation in die Spielhilfe. Klassischer „Metaplot zu dabeisein“ halt. Und das ist ja auch OK, ds gehört zu DSA dazu. Diese Format aht aber geweungenermaßen immer Probleme. Es sit linear, das Ende steht fest, eigentlich kompetende Akteure wie Mayla müssen sich bisschen blöd anstellen, damit die Helden auch was tun dürfen etc.
Ich bin der Überzeugung, dass im vorliegenden Format, nämlich als Actionkracher in Lets Play tauglicher Geschwindigkeit die Stärken so eines Abenetuers, nämlich seine Epicness und bedeutungsschwere hervorgehoben werden, während seine Schwaächen in den Hintergrund treten. (Für zwei Abende Spass lasse ich mich deutlich lieber am Gängelband durch den Plot führen, als in einer halbjährlichen Kampagne.) Auf 120 Seiten hätte eine ähnliche Prämiss ein meinen Augen schnell die gleuchen Fehler gemacht, wie das vielzitierte Jahr des Feuers 2. (Auf einer herbeikonstruierten Brotkrumenspur lenen Helden lauter sachen über die tollen Hauptpersonen, bis sie endlich soweit sind, das geskriptete Finale auch intelektuell würdigen zu können).
Wo ich wieder zru Rezension zurück finde ist aber, dass weiteres Material, vielleich noch 1-2 Abenteuerskizzen, aus denen man im eigenen Aventurien was bauen kann, wilkommen gewesen wären.
LG
Seldrakon (Jan)
Danke für deinen Beitrag.
Ich lese da ein Metaplot = Gängelband, also lieber Augen zu und durch als unnötig in die Länge ziehen. Ist das so deine Wahrnehmung?
Heißt das, DSA kann keine gescheiten Metaplotabenteuer? Zugegeben Indizien dafür gibt es genug, siehe letzte Umwälzung im Wüstereich. Wäre es nicht mal an der Zeit das Gegenteil unter Beweis zu stellen?
Und ich bin ganz bei dir, dass eine der neuen Spektabilitäten hier eher durch Inkompetenz glänzt. Etwas das mich sehr gestört hat. Ich bin aber erklärtermaßen ein Gegner von inkompetent geplotteten Meisterpersonen, die eigentlich kompetent sein sollten. Warum muss das noch mal so sein? Können Helden wirklich nur glänzen, wenn der Rest der Spielwelt aus Trotteln besteht?
Eine Verallgemeinerun im Sinne von „Metaplot ist immer linear“ -> „Linearität ist immer böse“ -> „Metaplot ist immer doof“ will ich jetzt nicht bringen, von sowas halte ich mich fern.
Dass es spezifische „Metaplotabenteuer-Probleme“ gibt ist glaube ich unbestritten. (Man kommt halt letztendlich aus dem Zwiespalt nicht raus, dass entweder die Helden die relevanten Entscheidungen treffen oder es Canon-Events gibt. beides geht schwer) Ich bin aber der Meinung, dass es völlig OK ist, dass ein Abenteuer nicht in allem Kategorien glänzt, wenn es dafür in denen, die es sich vorgenommen hat alle Punkte mitnimmt. Ich bin als Spieler tatsächlich gerne bereit, ein bisschen Freiheit aufzugeben, um dafür beim großen NPC-Verschieben dabei zu sein. (Und die Tatsache, wie kontrovers das Wüstenreich Abenteuer diskutiert wurde zeigt glaube ich, dass etwas die Hälfte von uns das ähnlich sieht). Damit das aber funktioniert müssen die Stärken nach vorne und die Schwächen nach hinten gestellt werden. Oder anders gesagt: Die Prämisse des Films „Armageddon“, dass eine Gruppe Bohrinselarbeiter unter der Führung von Bruce Willis in 6 Wochen lernt Astronauten zu sein, weil nur sie und ihre Bohr-Skills die Welt retten können ist völlig idiotisch. Aber ich habe kein Problem damit, weil der Film genau deswegen coole Explosionen und markige Sprüche bietet und nach 2 Stunden auch wieder vorbei ist. Würde mir der gleiche Lösungsansatz in einer komplexen Serie a la „die drei Sonnen“ Angeboten, würde er mich erheblich mehr stören. (Und ich mag beide Filme/Serien sehr gerne, aber eben jeweils für etwas völlig anderes).
Ob man das Paradoxon auflösen kann und ein Abenteuer schreiben, das sowohl komplexe und individuelle Spieler Interaktion zulässt als auch ,Metaplothart ist, ist natürlich die komplexere Frage. Mein Positivbeispiel ist immer „der Mondenkaiser“. (SPOILER folgen).
Das hat ja eigentlich eine sehr ähnliche Prämisse wie das „Lügenmärchen“. Ein mächtiger NPC hat ein dunkles Geheimnis, das von Bösen Mächten mit Longtermplan ausgenutzt wird. Nach geskripteten Szenen von Verrat und Loyalität sind dann zwei mächtige Personen neu besetzt, zwei mächtige NPCs tot und die neue Weltlage kann im Aventurischen Boten nachgelesen werden.
„Mondenkaiser“ kriegt es aber hin, sich nicht nach Eisenbahn anzufühlen, weil es in seinem Kern ein Mystery-Abenteuer ist. Die Frage für die Helden ist nicht wirklich „Schaffen wir es, Selindian zu stürzen?“ sondern „Was ist sein Geheimnis?“. Die Frage ist auch nicht „Schaffen wir es, Marschall Gwain dazu zu überreden, seinen Herrn zu verraten, damit er der neue Fürst wird“ sondern „Wie könnte Gwain damals aus Al’Muktur entkommen und können wir es reproduzieren?“.
Durch diesen Blickwinkel passiert zwar Metaplot, aber die Spieler haben narrativ immer eine eigene Aufgabe, die sie nach Gutdünken lösen können.
Das ist nur ein positives Beispiel von mehreren und tatsächlich ein Abenteuer in dessen Stil ich gerne wieder mehr sehen würde. (Trotz des Weggangs des Autoren). Ich muss aber gestehen, dass ich die Krachbumm-Lets-Play-Variante auch ganz charmant fand.)
LG
Seldrakon (Jan)
Für Krasslings „Können Helden wirklich nur glänzen, wenn der Rest der Spielwelt aus Trotteln besteht?“:
In meinen Augen ein klares Ja. Weil, falls die Spielwelt kompetent wäre wird das Abenteuer ohne Helden gelöst. Das machen kompetente ohne Hilfe von außen. Mit Leuten von außen (=Helden) wären diese zum Zusehen verdammt, wie der kompetente NSC die Welt rettet.
Für Seldrakons „Mein Positivbeispiel ist immer „der Mondenkaiser“. „:
Genau dieses Abenteuer wurde in unserer Runde als schlecht bewertet. So viel Railroading und dann musst Du an der Haltestelle diese eine Tür mit dem grünen Knopf finden, das war schwach und es ist heute noch ein Beispiel für „wollen wir nicht mehr“.