„Und der Kompass zeigt nach Norden,
ich kehr zurück zu dir, meine Schneekönigin.
Denn der Kompass zeigt zum Nordpol hin,
der Kristall steckt tief im Herzen, das nur schlägt,
für meine Schneekönigin.“
– Alrik der Fisch, Barde von Schnee und Eis
Der Kampagne zweiter Teil – eine Übersicht
Dem Frostklirren folgt der Feuerbringer. Der zweite Teil der Kampagne um die Erben des Schwarzen Eises greift die Handlung des ersten Teils nach einer Pause von rund 7 Monaten für die Helden wieder auf. Frostklirren endet Anfang Efferd 1036 BF, Feuerbringer startet im Peraine des gleichen Jahres.
Der Band ist als Einsteigerabenteuer ausgewiesen. Deshalb blicke ich, wie schon bei der Rezension zum Vorgänger, besonders darauf, wie Einsteiger-Meister und -Spieler hier unterstützt werden. Außerdem versuche ich im Hinterkopf zu halten, dass die präsentierten vier Szenarien der Mittelteil einer längeren Kampagne sind.
Im Gegensatz zum ersten Teil enthält Feuerbringer keinen längeren allgemeinen Teil, was mehr Platz für die einzelnen Abenteuer lässt. Diese haben folglich mit 23 bis 31 Seiten alle einen höheren Umfang als das längste Szenario des ersten Bandes. Sinnvollerweise wurde auf Doppelung von Informationen verzichtet, weswegen man mehrere Verweise auf Frostklirren, aber auch auf den Abschlussband Tauwetter findet. Ein kleines Manko folgt daraus: Für manche Dinge, wie eine Übersicht über die Herzogsburg oder Regeln zum Lernen in den Ruhemonaten, muss der Meister auf das Erscheinen des letzten Teils warten. Da dieser im November diesen Jahres erscheinen soll, wartet aber wohl niemand allzu lange.
Ein Wort noch zur Unterteilung der Rezension: Leider fand ich beim Lesen viele, oft kleinere Stellen, die mir falsch oder unpassend erschienen. Würde ich diese alle im Block aufführen, würde dies die Rezension stärker überlagern, als ich für sinnvoll erachte. Ich habe mich deshalb dazu entschieden, im jeweiligen Teil nur mir besonders wichtige Punkte aufzunehmen, alles weitere dafür in einer Art Anhang zu sammeln, zu dem und von dem jeweils Links führen. So kann jeder selbst entscheiden, in wieweit diese Kleinigkeiten von Interesse sind oder nicht.
The North remembers … – die Handlung in Kürze
Zu Beginn des Frühlings taucht die nach der Ankunft in Paavi abgetauchte Rondrianerin Sulja Avirion von Festum wieder auf und bringt die Helden dazu, ihr bei der Bergung eines Artefakts zu helfen. Dieses kann ihrer Meinung nach helfen, den Norden aus der kalten Hand Nagrachs zu befreien. Nach erfolgreicher Beschaffung aus den Händen einer Gruppe von Schneeork-Sektierern offenbart sich bei Rückkehr nach Paavi der Anfang eines Handelskrieges zwischen den fremden Handelshäusern. Die Helden werden hineingezogen und sollen den Verlauf möglichst so beeinflussen, dass der Schaden für die Menschen am Ende glimpflich bleibt. Nun kommt die Zeit der rivalisierenden Gruppe der Schneefüchse: Sie werden von Herzogin Geldana hinterhältig abserviert, die Helden sollen sie aber zumindest teilweise retten und als gefeierte Retter ihr Erbe als DIE Helden Paavis antreten. Schließlich gibt es einen ersten Hinweis auf die Eisherzen und eine erste Möglichkeit zur Heilung derselben, angestoßen von der zwielichtigen Magierin Sylphana. Diese schickt die Helden auf eine besondere Mission in Schnee und Eis, bei der es als vorläufiger Höhepunkt zur Begegnung mit Schirr’Zach kommt.
Vom Anfang und Ende – Einleitung und Anhänge
Die Einleitung präsentiert sowohl einen kurzen Abriss der Geschehnisse in Frostklirren, als auch eine Übersicht über die Ereignisse im vorliegenden Band, was einen schnellen Wiedereinstieg in den Lauf der Kampagne beim Lesen ermöglicht. Das ist angenehm und bringt auf wenig Platz viele Informationen. Die lange Pause zwischen erstem und zweitem Band wird als Möglichkeit für die Helden gesehen, sich nun auf die Region eingestellt und entsprechende Fähigkeiten erlernt zu haben. Ich hätte für den Zeitraum gerne noch ein oder zwei Szenarien gesehen, da das Loch doch sehr groß ist und gerade die schwierige Zeit des ersten Winters in der Geschichte ausgespart wird. Zumindest soll es dazu aber noch, wie oben bereits angemerkt, regeltechnische Informationen in Tauwetter geben. Hier heißt es also vorerst abwarten und Käämi trinken.
Wie im ersten Band gefallen mir die Musiktipps auch hier sehr gut. So lerne ich weitere, mir bisher unbekannte Künstler und Stücke kennen, die man als Hintergrundmusik für den Hohen Norden nutzen kann. Sehr schön. Darunter findet sich die sibirische Truppe Vedan Kolod (ВеданЪ КолодЪ). Deren Musik ist zwar nicht instrumental, aber wer kein Russisch spricht, wird die Texte nicht verstehen, was die Ablenkung in Grenzen halten sollte.
Die Anhänge sind kurz gehalten. Es geht los mit sechs Zeilen zum Thema Das veränderliche Gesicht der Stadt. Als ich diese Überschrift im Inhaltsverzeichnis sah, dachte ich zunächst, dass hier dem Meister einige Hilfen gegeben würden, die sich langsam ändernde Situation in Paavi darzustellen, aber stattdessen findet sich nur dies:
„Paavi als Stadt ist natürlich im Wandel, nicht zuletzt durch die Handlungen der Helden. Die genauen Änderungen sind daher in den einzelnen Abenteuern beschrieben, aber eventuelle Zwischenbegegnungen und kleine Szenen, die Sie mit den Helden spielen und die nicht im Buch aufgeführt sind, haben ihre Auswirkungen.“
Ehrlich gesagt, kam mir an dieser Stelle ein lupenreines „What the fuck!?“ über die Lippen. Was hier geholfen hätte, wären meiner Meinung nach einige beispielhafte Straßenszenen gewesen, die einmal die jeweilige Jahreszeit und zum anderen die Reaktion der Bewohner auf die Helden – je nach deren Ruf in der Bevölkerung – zeigen. Nun ja, Schwamm drüber, der verschwendete Platz hält sich in Grenzen.
Enthalten sind im Weiteren vor allem die üblichen Sachen: Die Beschreibungen von zwei Meisterpersonen (Herzogin Geldana II. und Iloïnen Schwanentochter), von zwei besonderen Waffen, jeweils mit Abbildung (mehr zu diesen bei der Besprechung des vierten Szenarios) und zwei Handouts mit sehr schönen Dungeonplänen (Pläne hätten allerdings noch deutlich mehr enthalten sein dürfen, auch dazu später mehr).
Eine sehr schöne Ergänzung ist eine Liste mit 20 Gegnern mit mehr Gesicht. Jeweils Namen mit Kurzbeschreibung und leichten Modifikationen der Kampfwerte – das ist genau das, was gerade einem Einsteiger helfen sollte, Gegner deutlich interessanter darzustellen. Eine gute Idee und eine schöne Sache.
Schließlich findet sich im Anhang noch ein Graustufen-Ausschnitt der Regionalkarte Östliches Nivesenland. Dies ist ein echter Fortschritt gegenüber dem ersten Teil, in dem eine solche Karte fehlte. Leider ist der Ausschnitt nicht ohne wesentlichen Makel: Es fehlt der Maßstab, was jede vernünftige Entfernungsabschätzung unmöglich macht. Ein Hinweis auf das Kartenpaket wäre hier sinnvoller gewesen, zumal in der vollständigen Karte auch noch Bjaldorn und das Eherne Schwert mit drauf gewesen wären. Schade. Dass diese absolute Outgame-Karte im vierten Szenario als Ingame-Karte präsentiert wird, hake ich mal unter Kuriositäten ab. Dazu gibt es noch weitere Kritikpunkte.
Dies ist die Mitte des Filmsder Kampagne: Die vier Szenarien
Der alte Feuergott
Das erste Szenario zerfällt in drei Teile. Zunächst gibt es den Einstieg beim sogenannten Fischerfest in Paavi, bei dem man der Auftraggeberin in spe, der Rondrianerin Sulja Avirion von Festum, begegnet. Es folgt ein kurzer Reiseabschnitt, der schließlich zum Final-Dungeon führt. Die klare Struktur sollte für Einsteiger problemlos umzusetzen sein.
Dies gilt allerdings nicht in vollem Maße für die Reise. Dieser Teil ist zwar inhaltlich auch in Ordnung, aber der Aufbau ist meiner Meinung nach noch verbesserbar. Hilfreich wäre eine Kurzübersicht über die Strukturierung des Reisekapitels gewesen. Diese erschließt sich erst nach und nach beim Lesen, was die Einordnung der Abschnitte erschwert und, zumindest bei mir, auch Verwirrung stiftet. So stößt man beim ersten Lesen zunächst auf eine Stelle, die von einem vorher nicht erwähnten Daimoniden handelt, den die Helden anscheinend aber schon getroffen haben könnten. Ich fragte mich direkt, ob ich was überlesen hatte. Die Verwirrung klärte sich erst bei den Zufallsbegegnungen danach, die die Begegnung enthalten.
Die verwendeten Elemente selbst halte ich größtenteils für stimmig und interessant: Die unerkannt am Rande des Wahnsinns (oder etwas darüber hinaus) stehende Rondrianerin, die harte Entscheidungen trifft, ein urtümliches Dungeon der Ingerimm/Ingra/Inkra-Verehrung, das durch eine wirklich schöne Karte glänzt und schließlich eine Gruppe martialischer Weißpelze, die einem verrückten Schamanen folgen. Damit lässt sich Stimmung erzeugen.
Die weißpelzigen Orks der Schurachai hatten bisher hoch nicht allzu viele öffentliche Auftritte, da ist eine Einbindung schön. Warum es unbedingt eine Sippe sein musste, die einem völlig anderen Glauben als die sonstigen Schneeorks anhängt, darüber kann man diskutieren, allerdings tut es an dieser Stelle wohl niemandem weh und es ist auch kein Bruch mit dem Hintergrund, nur ungewöhnlich.
Was wird dem Meister noch an Hilfen an die Hand gegeben? Ausführliche Beschreibungen, die u.a. auch die wesentlichen Informationen zu den Weißpelzen aus Im Bann des Nordlichts enthalten, und eine Tabelle mit Reiseerlebnissen in Abhängigkeit von Wildnisleben-Proben sind sehr hilfreich. Auch der Hintergrund der Rondrianerin wird umfassend beleuchtet, so dass deren schwierige Darstellung – seltsam, extrem, aber noch nicht wirklich wahnsinnig erscheinend – einleuchtender und etwas einfacher werden sollte.
Aber: Es gibt leider eine ganze Reihe von kleineren und größeren Macken und verwirrenden bzw. meiner Meinung nach nicht hilfreichen oder unpassenden Abschnitten. Viele von diesen würden mich auch in einem Standardabenteuer ärgern, aber bei einem Einsteigerabenteuer sehe ich sie noch kritischer. Worum geht es? Ob es um kanadische Holzfäller-Folklore in der Küstenstadt Paavi geht, Abweichungen zwischen Beschreibung, Bodenplan und Bildern im Dungeon, nicht vorhandene Hilfestellungen zur Ausgestaltung von Wettbewerben oder um halbstarke Orks mit einem profanen Schamanen – da hat sich doch einiges angehäuft. Wer es im Detail wissen möchte, der findet das alles hier.
Der Krieg der Häuser
Das zweite Szenario ist das, was ich in einer Kampagne sehr gerne sehe: Eine längerfristige Rahmenhandlung ohne fest vorgegebenen Ablauf, nur mit starrem Start- und Zielpunkt. Damit lässt sich ein größerer Zeitrahmen in Paavi spielerisch erleben, nachdem die Ereignisse seit der Ankunft im ersten Band bis zu dieser Stelle doch sehr punktuell ausgerichtet waren. Mir fehlte bisher das Gefühl der Kontinuität, das ich in Kampagnen wichtig finde – die Handlung sprang nach der Anreise doch eher von Aktion zu Aktion.
Eine Sandbox ist allerdings für Spielleiter und Spieler eine anspruchsvolle Aufgabe, besonders in einem Einsteigerabenteuer. Damit das klappt, braucht es Hilfe, und diese wird hier zum Glück auch durchaus gegeben. Es gibt einen Zeitstrahl, der zeigt, was passiert, wenn die Helden nicht in die Handlung eingreifen. Diesen kann der Spielleiter als Gerüst nutzen. Alle wichtigen Handlungsträger und ihre Handelshäuser werden ordentlich vorgestellt und haben dazu wirklich schöne Porträts bekommen. Das phexgefällige Paar aus Händler (Akoluth) und seinem unauffälligen Burschen (dem Geweihten) finde ich dabei besonders gelungen.
Neben den Personen werden mit den drei wichtigsten Kontoren auch die Örtlichkeiten detailliert vorgestellt, die sehr wahrscheinlich im Handlungsfokus stehen werden. Dazu gesellen sich allgemeine Überlegungen zu möglichen Aktionen der Helden und Gegner sowie zu deren Auswirkungen. Damit kann sich der Spielleiter eigene Plotbauteile überlegen oder Planungen der Spieler in den Plot einbinden. Als Rahmen gibt es eine ausgearbeitete Veranstaltung als Einstieg, ein konkretes Vorkommnis, das man als Stützpfeiler der Handlung in der Mitte nehmen kann, und den Abschluss des Szenarios, der ebenfalls durch ein festes Ereignis eingeleitet wird. Es bleibt eine anspruchsvolle Aufgabe, die notwendigerweise vorhandenen Lücken mit Handlung zu füllen, aber dies sollte mit dem Material auch für einen Einsteigermeister im Prinzip machbar sein.
Leider fallen mir aber auch hier wieder Punkte auf, die ich für nicht so gelungen halte. Beim angebotenen Material fehlen mir vor allem Karten. Die Kontore werden auf etwa drei vollen Textseiten beschrieben. Da sind viele Informationen drin, aber die Zugänglichkeit ist miserabel. Gerade wenn man im Spiel überlegen muss, welche Türen jetzt wohin abgehen, wie die Räume zueinander liegen etc. bringen diese reinen Textbeschreibungen leider wenig, selbst wenn man sie auswendig lernt. Selbst einem gestandenen Meister dürfte das Leiten eines Einbruchs in einen Kontor ohne Bodenplan einiges an Nerven kosten, auch wenn man irgendwo im Text jeweils finden kann, was wo ist und welche Proben für die Schlösser nötig sind. Einem Einsteiger dürfte das so schnell den Spielspaß rauben, wenn der Spielleiter quasi permanent im Text wieder nach der richtigen Stelle suchen muss. Unschön.
Auch der Abschluss des Szenarios lässt mich etwas unbefriedigt zurück: Nach einer finalen Gewaltaktion gegen eine Kogge sollen die Handelshäuser schließlich dazu gebracht werden, vorerst Frieden zu schließen. Ich finde dort aber keine zwingenden Gründe, warum das nach diesem Finalereignis leichter gehen soll als vorher. Der ganze Zwist basiert auf einer List Geldanas, die über den Krieg höhere Preise und über höhere Preise höhere Steuereinahmen für sich erreichen will. Als Bonus winkt die Schwächung der Macht der Handelshäuser. Das ist soweit ein schöner Ansatz und beginnt auch gut. Sie spielt zwei der Handelshäuser aus, wobei sie einem von beiden Lügen unterbreiten lässt. Der ganze Streit entzündet sich an diesen Lügen.
Ich würde einen Friedensschluss der Handelshäuser sehr plausibel finden, wenn die Helden im Verborgenen den Verantwortlichen dieser List aufdecken könnten, damit die Häuser erkennen, dass der Konflikt vor allem ihnen schadet und seine Beendigung allen nützt. Das ist aber nicht vorgesehen. Der Konflikt endet auch ohne Zutun der Helden, deren Handlungen können allein die Folgen für Paavi (vor allem die Nahrungsmittelknappheit) beeinflussen. Damit wird in meinen Augen eine große Chance vertan, die Helden als Ermittler eine weitere Abenteuerfacette erleben zu lassen. Es gibt auch noch weitere Dinge, die ich nicht optimal finde, siehe hier.
Fuchs, du hast die Gans gestohlen
Es ist die Zeit gekommen, dass die Helden ihre lästige Konkurrenz, die Schneefüchse, beerben sollen. Dabei sollen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Die Helden kommen in eine Position, die sie im letzten Band für den zu vermutenden Aufstand gegen Geldana zur Mobilisierung Paavis nutzen können, gleichzeitig soll das Schicksal der Schneefüchse sie auch warnen, dass sie äußerst vorsichtig sein müssen.
Das Abenteuer selbst ist im Kern ein klassischer Dungeon-Crawl, diesmal mit einem mächtigen Dämon als Endgegner. Positiv fällt auf, dass wieder einmal für den Spielleiter viele Handlungsoptionen aufgeführt sind, jeweils mit Erklärung, wie die jeweilige Situation sich dadurch ändert. Das ist eine wirklich gute Idee. Allerdings wird es konterkariert, wenn dem Spielleiter am Ende folgender Tipp gegeben wird:
„Gelingt es ihnen nicht [die Schneefüchse zu retten] und kehren sie nur mit den Leichen der Schneefüchse heim, könnte es ein schiefes Bild von den Helden geben, woraufhin möglicherweise unschöne Anschuldigungen oder gar Mordanklagen der Helden harren. Dies, verehrter Meister, gilt es zu verhindern, da der Höhepunkt der Kampagne keineswegs erreicht ist, sondern nur ein Puzzleteil des Ganzen an seinen Platz gelegt wurde.“
Also ist die Freiheit doch nur Schein? Ja, in weiten Teilen schon. Wir sind in einer Kampagne, soll diese bis zum Ende erfolgreich spielbar sein, dann können manche Ausgänge kritisch sein. Warum dann aber den Schein der Entscheidungsfreiheit aufrecht erhalten? Das finde ich hier teilweise unnötig und auch in falsche Richtungen verleitend. Das Abenteuer stellt oft klar, was gewünscht ist. Da sollte man den Platz besser nutzen, um dem Meister zu erklären, wie er Situationen vorbereitet, damit die Helden einigermaßen natürlich die angestrebte Richtung einschlagen.
Ebenso kritisch finde ich in dem Zusammenhang den Einstieg. Je nach Vorgeschichte der Helden kann dieser unterschiedlich erfolgen. Dabei ist u.U. eine akute Handlungsnotwendigkeit durch die Helden nicht klar gegeben. Sprich: Es ist nicht unbedingt klar, dass die Helden den Schneefüchsen nachreisen sollen. Der Spielleiter soll die Spieler auch zu nichts drängen. Dennoch hat die Geschwindigkeit, mit der die Heldengruppe aufbricht, immensen Einfluss darauf, wie erfolgreich die Spieler am Ende sein können. Ein fairer Meister sollte hier meiner Meinung nach den Spielern klare Signale geben, da sie sich ansonsten, auf gut Deutsch, am Ende verarscht fühlen dürften. So, wie es geschrieben ist, halte ich den freien Einstieg mit dem am Ende geforderten Erfolg der Helden für eine äußerst unglückliche Kombination.
Kommen wir zum eigentlichen Dungeon. Die präsentierte Stimmung ist ausgesprochen gut. Ein beklemmendes Szenario, herausfordernd für die Helden. Gruselige Gegner und Situationen. Ich würde es wirklich lieben, wenn nicht wieder beim Blick auf die Details eine Vielzahl kleiner Unstimmigkeiten und Fehler auftauchten. Was ich am ungünstigsten finde: Der Kampf gegen den Endgegner – ein neuartiger Dämon mit Namen Bragarm – ist mit den gegebenen Informationen nicht vernünftig spielbar.
Die Eigenschaften des Dämons werden zunächst schön beschrieben, darunter ausgesprochen mächtige Fähigkeiten aus den Bereichen Beeinflussung oder Beherrschung. Allein: Dem Meister werden zwar entsprechende Tipps gegeben, wie der Dämon handeln kann (Einflüsterungen etc.), das Ganze wird aber nicht regeltechnisch unterfüttert. „Trotz seiner eindrucksvollen Physis wird Bragarm die Helden nicht körperlich angreifen, sondern ihnen mit seinen geistigen Kräften aus Täuschung und Wahnsinn zusetzen. […] Seine Kräfte der Suggestion sind seine grauenvollste Waffe. Er wird versuchen, die Helden gegeneinander auszuspielen und ihnen Verheißungen in den Geist flüstern, die sie übereinander herfallen lassen.“ Ja, aber wie? Einzig der HORRIPHOBUS steht im Datenblatt. Welche Chance hat der Dämon, um bestimmte Helden zu beeinflussen oder ihre Wahrnehmung zu stören? Entscheide selbst, Meister. Na danke. Einsteiger, be aware.
Eigentlich ist der Dämon auch total einfach zu besiegen, da der Band leider nicht auf die besonderen Fähigkeiten von Dämonen in Kämpfen eingeht. Keine Angabe der allgemeinen Resistenz gegen profane Waffen oder des Geisterpanzers, und auch keine Erklärung der dem Dämon gegebenen Eigenschaft Regeneration I. Die Basis-Regeln helfen hier auch nicht, im Gegenteil. Es gibt hier ja die Sonderfertigkeit Regeneration I. Als Einsteiger gehe ich jetzt also davon aus, dass der Dämon je Tag einen AsP mehr regeneriert? Super. Man braucht für diesen Band nur Einsteiger-Regeln, alles andere wird erklärt? Pustekuchen – und das finde ich bei so einem Endkampf wirklich ärgerlich.
Es bleibt bei mir der Eindruck, dass hier die Regeln zu sehr auf die leichte Schulter genommen wurden. Ein weiteres Beispiel: Mitten durch das Dungeon läuft ein dicker Riss. An einer Stelle sagt der Band, man könne über den Riss auf die andere Seite eines Raums springen, wenn eine Athletik-Probe +3 zum Springen und eine GE+2 zum Landen gelingt. Schön und gut. Aber leider betont die Beschreibung zwar, dass der Rückweg schwerer wird, da kein Anlauf möglich ist, aber wie sich das in den Proben auswirkt: Keine Angabe. Dafür gibt es bei einem Nachbarraum bei der gleichen Art Sprung über eine andere Stelle des Risses eine andere Regelung: Hier wird einfach auf die Sprungweite der Basisregeln verwiesen. Das ist recht und billig so, aber Einheitlichkeit wäre dennoch wünschenswert. Weitere Probleme.
Des Weißen Weisheit
Kommen wir zum letzten Szenario. Epik und Schnee, hier kommen sie endlich. Dazu lernt man weitere, sehr interessante NPC kennen: Magistra Sylphoria als Auftraggeberin, das Ifirnsrudel mit Iloïnen Schwanentochter und natürlich den uralten Frostwurm Schirr’Zach, den ersten seiner Art.
Das Szenario zerfällt in dreieinhalb Teile: Die Anwerbung, die Reise und die Konfrontation mit Schirr’Zach inklusive abschließender Aufgabe. Eine Reise im echten Winter ist dabei endlich die Möglichkeit, die gnadenlose Umwelt kennen zu lernen. Magistra Sylphoria ist auch eine stimmige Auftraggeberin mit nachvollziehbarer Motivation. Und auch die Darstellung Schirr’Zachs ist stimmig und für Einsteiger extra mit Hilfen versehen.
Dennoch, auch hier ist leider längst nicht alles schön und gut. Manche Sachen sind unnötig kompliziert. So engagiert die Magistra am Anfang einen ihrer Vertrauten, um nach einem ersten Treffen mit den Helden, bei dem das Problem der Eisherzen (Im Bann des Nordlichts 173 f.) thematisiert wird, die Heldengruppe auf einige Informationen stoßen zu lassen, die einen Weg zu Schirr’Zach aufzeigen, ohne selbst damit in Verbindung gebracht zu werden. Das Ganze wirkt aber reichlich sinnlos, da sie anschließend die Helden nochmals trifft und auf die Expedition schickt, begleitet sogar von ihrem Lehrling. Warum also zunächst diese Heimlichkeit?
Auf der Reise wird die Kälte durchaus Ernst genommen und auch regeltechnisch integriert – aber das könnte besser aufbereitet werden. Ich finde es sinnvoll, dass man mit der Regelung aus Wege des Schwerts arbeitet und nicht mit der neueren aus Wege des Entdeckers, da dies im Vorgängerband auch schon so war. Aber es wäre für den Spielleiter mit Sicherheit praktischer, die komplette Tabelle der Temperaturen und des Kälteschadens zu bekommen, als nur einzelne Stufen hier und da.
In Frostklirren findet sich der Kälteschaden für Kalt und Eiskalt, mit einer ungefähren Temperaturangabe für Kalt. Nun werden Grimmfrost und Firunskälte hinzugefügt, ohne Temperaturangabe zur Orientierung und nur mit der Schadensangabe für Grimmfrost. Dabei unterläuft den Autoren noch der Fehler, dass sie bei Schneesturm die effektive Kälte nur um eine Stufe statt um zwei erhöhen. Dem Spielleiter fehlen außerdem alle Zwischenstufen, um auf der Fahrt andere Situationen zu improvisieren und außerdem die Temperaturangaben, um einschätzen zu können, in welchem Bereich der Celsius-Skala diese liegen. Grimmfrost? Wie kalt ist das denn? Dazu passt, dass der Kälteschaden erst auf der Hälfte der Reise vom Abenteuer relevant wird, obwohl die Bedingungen nie wärmer sind als bei In die Nacht, auf das sogar hier verwiesen wird.
Schließlich die vorläufige Lösung des Eisherzen-Problems. Ich finde sie enttäuschend. Wie läuft das Ganze? Die Helden erfahren von Magistra Sylphoria, dass anscheinend seit einigen Monaten auf vielen Leuten eine Art Fluch zu liegen scheint. Die genaue Art und Funktionsweise kennt sie nicht, genausowenig ein Gegenmittel. Was für Möglichkeiten zur Brechung des Fluchs werden in Im Bann des Nordlichts aufgeführt und sind in Paavi denkbar? Da gibt es den karmalen EXORZISMUS (leichter für Firun- und Ifirn-Geweihte), die deutlich erschwerten Zauber PENTAGRAMMA und DESTRUCTIBO und den schamanischen EXORZISMUS. Es wird vom Abenteuer allerdings gesetzt, dass keiner der Geweihten und keiner der Magiekundigen der Stadt über diese Fähigkeiten verfügt, die Nivesen-Schamanen der Umgebung sind im Winter außerdem in den Sommerlagern.
Aber was ist bspw. mit dem Ifirnsrudel? Iloïnen ist eine Halbgöttin mit Abstammung von Ifirn, sie gilt außerdem als Ifirn-Geweihte. Sie könnte den Helden doch bestimmt helfen und Wissen weitergeben. Aber das wird leider nicht einmal theoretisch in Erwägung gezogen. Sie sollte den Helden sogar einen Kontakt zu Kailäkinnen vermitteln können, der mit spezieller Mission (siehe das Szenario Der Schwanenflug der Weißen Prinzessin) im Norden ist und als wohl erfahrenster lebender Nivesen-Schamane den EXORZISMUS beherrschen dürfte. Aber die Helden sollen für den Plot natürlich Schirr’Zach treffen und dem anschließend ein Gefallen schulden, deswegen werden hier keine alternativen Möglichkeiten erwähnt, egal, wie sinnvoll sie wären.
Das Abenteuer stellt fest, dass die Helden selbst keine Chance haben, ein Eisherz zu befreien – eine direkte Folge der Basis-Regeln, die diese Möglichkeiten ja auch nicht enthalten. Wie erfolgt also die Erlösung der ersten Opfer? Indem der Drache aus einer Schuppe ein Artefakt macht, mit dem die Helden den Fluch brechen könnne, wenn auch nur begrenzt oft. Wie auch immer ein Drachenschuppen-Artefakt mit den Merkmalen Elementar Eis und Kraft – so die immerhin enthaltenen Ergebnisse magischer Analyse, die zumindest für dieses Artefakt endlich einmal angegeben sind – einen minderen Nagrach-Pakt brechen soll, der Drache ist halt uralt und mächtig.
Die Analyse der Schuppe hat im Übrigen die Schwierigkeit +15. Dies ist exakt die gleiche Schwierigkeit, die das Erkennen eines Eisherzen mit ANALYS hat. Warum wird letzteres nicht angegeben, ersteres aber schon? Hier fehlt mir im Band ein durchgängiges Konzept zur magischen Analyse. Das hat so weder Hand noch Fuß. Auch hier gibt es noch weitere Punkte, die mich stören. Siehe hier.
Fazit
Insgesamt bin ich vom Feuerbringer leider enttäuscht. Die erste Hälfte gefällt mir besser als die zweite, doch für meinen Geschmack sind insgesamt zu viele Fehler, nicht zum Hintergrund passende Beschreibungen und Plotlöcher vorhanden, als dass ich zufrieden sein könnte. Die vier Szenarios kann man so spielen, wer Ahnung von den Regeln hat, kann die meisten Problemstellen auch relativ leicht beheben. Spieler, die den Umgang mit Regeln und Hintergrund eher locker sehen, werden einen Kauf wohl auch nicht bereuen, sofern sie sowohl ein Faible für Wildnisabenteuer als auch für Intrigenspiele haben. Den Krieg der Handelshäuser sehe ich dabei als interessantesten Teil an, da hier die meiste Denkarbeit bei den Spielern gefragt ist.
Gerade Einsteiger-Spielleiter und -Spieler, die Aventurien kennen lernen wollen, dürften mit diesem Band aber ein hartes Stück Arbeit vor sich haben. Die nicht aufgearbeiteten Regeln zum Kampf gegen Dämonen sehe ich besonders kritisch, da in der vorliegenden Version Beschreibungen und Kampf niemals zusammenpassen werden. Schlussendlich finde ich es auch immer noch enttäuschend, dass die Firunkirche anscheinend keinerlei Rolle in der Kampagne spielt, obwohl es hier gerade um ihren Erzwidersacher geht.
Nehme ich alles zusammen, so gehen doch einige Einhörner stiften: Eins stirbt beim Angriff auf einen Dämon, als der Meister plötzlich ein WdZ in die Hände bekommt, eins verirrt sich in den Weiten der Kontore, als es ohne Bodenplan ein Zimmer sucht, eins folgt einer nur scheinbar freien Entscheidung und fliegt so aus der Kampagne, eins ertrinkt beim Holzstammlaufen, als es merkt, dass Hufe einfach schlecht auf nassem Holz halten, und eins hat zuwenig Proviant für die Reise nach Eestiva mitgenommen, weil die auf der Karte doch nur so kurz aussah. Bleiben vier Einhörner, die gewillt sind, die Reise zu Schirr’Zach anzutreten und mit SchuppenAntiFluch Eisherzen zu brechenerlösen. Ich persönlich würde auch noch ein sechstes Einhorn abziehen, da ich einen hohen Anspruch an Regel- und Hintergrundstimmigkeit habe. Da ich denke, dass die Mehrheit der Spielerinnen und Spieler dies nicht ganz so verbissen wie ich sieht, sehe ich vier Einhörner insgesamt aber als gerechter an, zumal das Abenteuer durchaus ein kurzweiliges Spiel erlaubt, nur leider mit mehr Hindernissen als nötig.
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
Es folgt eine längere Auflistung an Punkten, die mich im Abenteuer geärgert haben, wobei auch Mini-Fehler und Dinge enthalten sind, die auf Einschätzungen zum Setting basieren, die andere möglicherweise anders sehen. Das ist eine Menge Text und gerade in der Masse möglicherweise nicht besonders interessant, weshalb ich es aus der eigentlichen Rezension herausgelassen habe. Dennoch basiert meine Wertung nicht unwesentlich auch auf diesen Punkten, weshalb ich sie gerne zugänglich machen möchte, so dass sie auch diskutiert werden können. Deswegen folgt nun noch dieser Appendix. Wer diesen für unnötig erachtet, kann hier zu lesen aufhören und direkt zum Ende des Artikels springen, wo möglicherweise Kommentare stehen.
Haarspaltereien im Appendix: Irrungen und Wirrungen, oder was ich dafür halte
Der allgemeine Teil: Einleitung und Anhang
Herzogin Geldana hat laut ihrer Beschreibung die Schwarze Gabe Beutesinn. Schwarze Gaben gehören jedoch nicht zum Basisregelwerk und sind entsprechend dort nicht erklärt, was im Abenteuer leider auch nicht nachgeholt wird. Auch wurden ihre Finanzkraft und ihr Einfluss nicht mit den Werten der Standard-DSA-Skala beschrieben, die auch im Vorgängerband eingeführt wird. Beides wird mit Enorm eingestuft, gemeint ist wohl immens.
Zur Aquamarinlöwin, eine der beschriebenen besonderen Waffen, heißt es:
„[…] kann von Kennern des Fünften Buchs des Rondrariums mit etwas Recherche auch erkannt werden.“
Das Rondrarium dürfte wohl kaum einem Einsteiger etwas sagen. Hier wäre ein kurzer Einschub, „der Heiligen Schrift der Rondrakirche“ zur sinnvollen Einordnung gut gewesen.
In der Liste der Gegner mit mehr Gesicht taucht mehrfach die Abkürzung BW auf. Vermutlich soll dies für Bewegung stehen und müsste wohl eigentlich GS, wie Geschwindigkeit, heißen. Warum 70% der Gegner Männer sein sollen, verstehe ich auch nicht und entspricht auch nicht dem Hintergrund Aventuriens. Als Nebenszenario wird auf einer Seite ein unbefugtes Eindringen in den Herzogspalast empfohlen, leider findet sich der Plan dazu erst im Abschlussband. Zumindest ein Übersichtsplan wäre auch in diesem Band schon sehr sinnvoll gewesen. Beim enthaltenen Regionalkartenausschnitt fehlt nicht nur der Maßstab, auch die fehlende Beschriftung des Blauen Sees wurde nicht ergänzt. Außerdem ist der Kartenausschnitt so gewählt, dass gleich das erste Abenteuer über die Kartengrenze nach Osten führt. Hier wäre ein Ausschnitt mit etwas mehr Hinterland schön gewesen. Zurück
Szenario 1: Der alte Feuergott
Es geht los mit dem Fischerfest. Laut Setzung (Im Bann des Nordlichts 31) taut es an der Küste erst Mitte Ingerimm und nicht schon im Peraine, wie das Abenteuer vorgibt. Mir ist auch nicht klar, warum im Paavi das Fischerfest im Peraine stattfinden soll, wenn es im restlichen Aventurien als Feiertag am 30. Efferd zum Ende der Schiffs-Saison begangen wird (Wege der Götter 60).
In der Festbeschreibung werden auch die Menschen des Nordens charakterisiert:
„Die Bewohner des Nordens sind in der Regel alles andere als Kinder von Traurigkeit, ist es doch fast unmöglich, dem Wetter und den Unbilden des Landes mit schwerem Gemüt und Leichenbittermiene zu trotzen.“
Reden wir hier über dieses Gemisch von lange unterdrückten Paaviern, Goldsuchern, Eisjägern, Söldnern und Dämonenbündlern? Über die Einwohner der „grimmen Stadt im hohen Norden“, wie es im Abenteuer selbst auf S. 82 heißt? Es geht wohl darum, dass die Menschen sich zu Zeiten des Eisreiches nicht von Glorana haben unterkriegen lassen, zumindest nicht vollständig: „Ganz heimlich feierten die Menschen weiterhin das Frühlingserwachen, wenn auch mit größter Vorsicht.“ Frühlingserwachen in Paavi vor Gloranas Rückzug? Niemals.
Bei der Ausgestaltung der Festlichkeiten gibt es einige schöne Ideen, aber warum positioniert man hier kanadische Holzfäller-Folklore? Paavi ist eine Seestadt, keine Holzfäller-Stadt, und gerade zu Beginn der Schneeschmelze dürften geschlagene Baumstämme nicht gerade im Übermaß vorhanden oder gar schon neu antransportiert sein. Dennoch scheint es genug zu geben, um diese in die Letta zu kippen, damit man in Wettbewerben darüber läuft (Logrolling) oder versucht, andere von den Stämmen zu prügeln (wobei natürlich seit Jahrzehnten auf wundersame Weise niemand umgekommen ist, obwohl ein Fallen zwischen im Fluss treibenden großen Holzstämmen ziemlich tödlich sein dürfte). FISCHERfest? I want to be a lumberjack!
Die Festlichkeiten werden auf zwei Seiten sehr detailliert beschrieben. Auch wird eine Einbindung der Helden vorgeschlagen, was naheliegend ist. Doch: dem Einsteiger-Meister werden leider keine Tipps jenseits fluffiger Beschreibung zur Umsetzung gegeben. Wie stelle ich denn so einen Holzlaufwettbewerb regeltechnisch spannend nach? Auch sieht der Plot seltsamerweise die Teilnahme am Fest gar nicht so richtig vor. Eigentlich sollen die Helden direkt zu Beginn des Festes von der Rondrianerin für den Auftrag gewonnen werden und dann schnell aufbrechen. Unnötig verwirrend.
Kommen wir zur Auftraggeberin. Ihr Hintergrund wird ausführlich beleuchtet. Aber was für eine Version des Rondraglaubens wird hier präsentiert?
„Einige Eisjäger hatten sich die junge Geweihe ausgeguckt, um ihren Glauben an die Göttin der Schwerter zu testen und ihre eigene Kraft zu beweisen. Sulja Avirion verlor sowohl den Kampf als auch ihre Ehre. Tief erschüttert ob ihres Versagens kniete sie nach dem Abzug der Eisjäger noch stundenlang im von zahllosen Füßen aufgewühlten, mit Schnee vermengten Matsch und versuchte, Zwiesprache mit Rondra zu halten – doch die Leuin schwieg. Als der Abend dämmerte, sah Sulja Avirion von Festum keinen anderen Ausweg mehr, als sich selbst zu entleiben, um ihren Ehrverlust zu sühnen. Doch just als sie das Heft des Rondrakamms in die kalte Erde trieb, um sich in die Waffe zu stürzen, vernahm sie die Stimme der Göttin, die zu ihr sprach: ‚Ja, du hast gefrevelt. Doch ich habe Großes mit dir vor. Suche dir ein anderes Quartier für den Winter, bete zu mir und tue Buße.’“
Die gute Frau frevelt Rondra, weil sie in einem Kampf gegen eine Übermacht an Gegnern verliert (und vermutlich vergewaltigt wird, auch wenn das hier nicht direkt ausgesprochen wird)? Übersehen wir mal, dass Eisjäger eine solche Beute wohl entweder töten oder als Sklavin verkaufen würden, aber was für ein Bild des Rondraglaubens präsentiert sich hier? Man missverstehe mich nicht: Vielleicht ist ja nur gemeint, dass in der Vorstellung der verwirrten Geweihten dieser Irrglauben sitzt, was durchaus passen würde – aber dann sollte man darauf auch hinweisen, das steht hier nämlich so nicht.
Warum in diesem Bereich übrigens ein Kasten zur Person Elida von Estven zu finden ist, wissen auch nur die Autoren. Sie spielt im ganzen Band keine direkte Rolle, auch wenn die Einbindung der Familie schon absehbar ist.
Schließlich das Finaldungeon. Die beiliegende Karte ist schön, aber Beschreibung, Karte und Abbildungen passen leider nicht immer zusammen. So spricht die Beschreibung in der ersten Höhle von sieben abgehenden Gängen, neben denen Reliefs von Götterbildern stehen, die auch aufgelistet werden und den Durchgängen zugeordnet werden können (auch wenn sie ansonsten keine Relevanz haben). Auf der Karte sind aber nur sechs Gänge und die eingezeichneten Reliefs lassen sich nicht jeweils nur einem Gang zuordnen, da sie alle mehr oder weniger genau zwischen zwei Eingängen stehen. Vielleicht hat hier ein Fan einer der Lieblingsserien meiner Jugend zugeschlagen?
Eine entscheidende Stelle des Dungeons enthält eine Basaltbrücke über einen Lavasee. Die Enden werden von jeweils zwei (Golem-)Statuen bewacht. Das beigefügte Bild zeigt an beiden Stellen aber jeweils leider nur eine Statue, die auch nicht neben den Enden steht, sondern mitten drauf. Da hier im Kampf gegen die Golems taktisches Vorgehen der Helden explizit gefordert wird, ist eine abweichende bildliche Darstellung alles andere als hilfreich. Hier kommt auch eine der Stellen, die mich plottechnisch am stärksten geärgert hat:
„Die Figuren zur Rechten und Linken der Helden sind in Wirklichkeit Golems, die das Artefakt, das der Tempel beherbergt, bewachen sollen. Warum sie bei Durshak, dem Schamanen der Shurachai, versagten, ist unklar.“
Liebe Autoren, macht einfach eine Setzung! Unklar? Was soll denn dann ein Meister hier seinen Spielern erklären? Wie soll er Vorschläge und Gedanken von ihnen fair bewerten können? „Hey, die Orks sind ja auch nicht angegriffen worden, dann wird uns Zwölfgöttergläubigen ja wohl auch nichts passieren! Schick Bartox, der ist ja schließlich sogar ein frommer Anhänger Angroschs!“ „Tja, tut mir leid, die Statuen greifen euch an!“ „Was? Und warum nicht die Orks?“ „Das ist leider unklar.“ „Na, schönen Dank auch.“
Was auch auffällt, ist, dass die Werte von Gegnern größtenteils nicht aus dem Basisband entnommen, sondern auf Basis der vollständigen Regeln erstellt wurden. Dabei wurde zwar versucht, die Informationen auf Basisniveau zurecht zu schneiden, aber leider hat das nicht immer geklappt. Bei der Riesenamöbe wird so zwar von den Proben zum Befreien aus einer Umklammerung gesprochen, aber es wird nicht erwähnt, um was für Proben es sich handelt. In der Amöben-Beschreibung im Basisbuch stehen diese direkt dabei (GE-Probe), in der Zoo-Botanica müsste man dazu das Manöver Umklammern nachschlagen (GE- und KK-Probe), das nicht in den Basisregeln enthalten ist. Bei den auftretenden Golems wird entsprechend von einer Immunität (Feuer, Stich) gesprochen, ohne diese zu erklären. Dummerweise sprechen die einzigen im Basis-Buch erwähnten Immunitäten ja gerade nicht von vollständigem Schutz – was soll ein Besitzer dieses Regelwerks hier also einplanen? Es wird auch eine Falle angegeben, in der Kasten-Form der Katakomben und Kavernen. Doch was sollen dem Einsteiger die Einträge „Tarnen: 2, Schwierigkeit: 5“ sagen?
Kommen wir zu den Hauptgegnern. In den Höhlen hausen fünf Orkjäger (davon einer der oberste Jäger), der oberste Schmied, vier Leibwächter des Schamanen und der Schamane selbst (dazu noch vier Golems, Elementar-Geister, Höhlenspinnen, Tiere-die-Orks-gebären). Alles in allem also 11 Orks, die theoretisch ordentliche Kämpfer sein sollten. Da kann man sich fragen, wie eine Heldengruppe mit rund 2000 AP diese schlagen soll – was so vorgesehen ist. Die Antwort lautet: Niedrige Werte. Der oberste Schmied hat AT/PA 10/8, die Leibwächter 13/10. Der Schamane kann auch nicht zaubern, er hat keine Astralenergie (wie auch immer er sich so als Schamane halten konnte). Das bei allen Orks konsequent die Distanzklasse falsch mit H statt N angegeben ist, macht den Helden das Leben vermutlich auch leichter. Unschön.
Auch die Plotidee mit den Schurachai halte ich für nicht so richtig gelungen. Eigentlich haben sich die Weißpelze ja Nagrach unterworfen, sind also klassische Gegner. Hier hat sich aber eine Sekte gebildet, die Inkra anbetet, im Endeffekt also Ingerimm. Sie lebt dabei in einem alten Tempel dieser Entität. Man hat hier also Weißpelze, die gegen die eigentlichen Nagrach-Diener stehen, die man mit etwas Fingerspitzengefühl als Verbündete aufbauen könnte, und was fordert der Plot? Man dringt in der Tempel ein, tötet diese von Nagrach abgefallenen Shurachai und stiehlt ihnen ihr heiliges Objekt. Finde ich nicht so gelungen.
Schließlich das Artefakt. „Das Feuer Ingras“ soll tatsächlich kein karmales Artefakt sein, sondern ein magisches Objekt elfischer Herkunft. Doch was macht es? Nichts Genaues weiß man. Was bei einer magischen Analyse herauskäme – keine Angabe. Beim Schamanen steht:
„Darüber hinaus verleiht ihm das Feuer Ingras unerwartete Kräfte, die zwar nicht logisch erklärbar sind, wohl aber aus seinem durch das Artefakt errungenen Selbstbewusstsein resultieren.“
Nicht logisch erklärbar? Ein Artefakt erklärt das doch ganz gut. ATTRIBUTO Mut, beispielsweise. Was bleibt dem Einsteiger-Meister aber im Falle eines ANALYS durch einen Spielermagier? Nicht viel. „Sorry, meine lieben Spieler, ja, das Dingen ist magisch, aber, puh, ja, wohl irgendwie elfisch und naja… keine Ahnung.“ Das Artefakt, das Ziel der ganzen Aktion, ist im Endeffekt nur ein beliebiges, mysteriöses Show-Stück. Bleibt abzuwarten, ob es im Finalband noch eine Rolle spielt, womöglich zur Etablierung einer charismatischen Führungsperson. Dann aber bitte deutlich besser ausgearbeitet. Zurück
Szenario 2: Der Krieg der Häuser
Bei den Personenbeschreibungen zieht sich das alte Übel des ersten Bandes weiter, da wieder jeweils nur einzelne Eigenschaften angegeben wurden und nicht der komplette Satz. Dazu kommt häufig das Talent Handel, das zwar im Handelskrieg Sinn macht, aber leider in den Basisregeln nicht vorkommt. Zumindest die relevanten Proben (KL/IN/CH) sollten angeben werden.
Zwei Artefakte, die die Helden erhalten können, finde ich ebenfalls nicht so richtig durchdacht. Da sind zum einen die Erzhände. Sie werden zwar mit ihrer Wirkung eingeführt, aber diese ist nicht regelgerecht, da es keine akkumulierten ATTRIBUTO-Effekte gibt (jede der beiden Hände soll KK+2 geben). Dann wird zwar gesagt, dass man sie einmal täglich für jeweils eine Stunde aktivieren kann, aber es wird weder verraten, wie die Aktivierung läuft, noch, wie man das ganze durch magische Analyse erkennen kann. Ob ein Einsteiger etwas mit der Aussage „[…] genauer ein intervallbasierter Spruchspeicher mit einem ATTRIBUTO.“ anfangen können, wage ich auch zu bezweifeln.
Das zweite Artefakt ist ein phexgeweihtes Rapier, das die Helden von einem getarnten Phexgeweihten geschenkt bekommen, nachdem sie einen nicht so wirklich anspruchsvollen Auftrag für ihn erledigt haben. Nun ist es eh schon selten, das Waffen phexgeweiht werden, da ja vor allem Rondra- und Ingerimmkirche dies tun. Eine permanent geweihte Waffe (da ist immerhin eine Grad V-Liturgie nötig, die einen pKaP benötigt) wird aber schon gar nicht als Belohnung für nicht mindestens herausragende Taten verschenkt. Noch sinnloser wird dies, wenn der neue Träger nicht von der Wirkung weiß, denn die Weihe wirkt ja nur in der Hand von jemanden, der sich an die Regeln der Gottheit hält. Das wird hier leider nicht thematisiert, ebensowenig wie die Vorteile einer solchen Waffe, vor allem gegenüber Dämonen – etwas, was im dritten Szenario sehr wichtig wäre.
Der Auftrag, für den die Helden die Waffe als Belohnung bekommen, ist schließlich auch so eine Sache: Sie sollen nach einem Freund des Händlers Alrik Glorreiter suchen, der im Würfelpech, der aus dem ersten Teil bekannten Kneipe von Coljew Tollinow, wohnte. In Wahrheit ist dieser ein Spion des Phex-Geweihten, den dieser positioniert hatte, um mehr über die Aktivitäten der Sammler zu erfahren. Das sollen die Helden natürlich nicht erfahren, sie sollen vor allem auch einen besonderen Kasten zurückbringen, in dem die Aufzeichnungen des Spitzels sind. Dazu müssen sie phexisch vorgehend einen Geheimraum im Erdgeschoss der verwüsteten Kneipe finden. Warum macht das der auftraggebende Phexgeweihte bzw. sein Akoluth denn nicht selbst? Sollte doch seine Paradedisziplin sein, dazu mit möglicher göttlicher Unterstützung. Er sollte auch in etwa wissen, wie sein Spion untergekommen war (Geheimraum!). Außerdem: Wenn er es selber macht, ist die Gefahr, dass Informationen über ihn an die Helden gelangen, deutlich geringer. Irgendwie passt das vorne und hinten nicht. Zurück
Szenario 3: Fuchs, du hast die Gans gestohlen
Die Schneefüchse, die hier ein Hauptthema darstellen, sind meiner Meinung nach längst nicht so gut in die Kampagne integriert, wie die Beschreibungen suggerieren. Die Mitglieder sind zwar gut ausgearbeitet, sie bleiben als handelnde Gruppe aber blass. Sie werden zwar immer wieder als die Konkurrenten der Helden präsentiert, schaut man sich die präsentierten Szenarios an, so frage ich mich aber, wie dieser Nimbus entstanden sein soll. In einem einzigen Szenario haben sie lose miteinander zu tun (Des Schlitzers letzter Weg), in allen anderen Abenteuern spielen die Schneefüchse keine direkte Rolle. Da, wo sie in diesem Band dann durchaus als echte Konkurrenz auftauchen könnten – im Krieg der Häuser –, wird stark davon abgeraten, sie einzusetzen, da sie ja noch für dieses dritte Szenario gebraucht werden. Chance vertan. Will man eine echte Konkurrenz außerhalb von reinen Erzählungen schaffen, so muss der Spielleiter dies nahezu komplett auf eigenen Ideen aufbauen.
Ebenfalls für nicht gelungen halte ich den Hintergrund der Handlungen von Herzogin Geldana. Sie will die Schneefüchse loswerden, weil diese ihr zu populär werden und sich zu oft einmischen. Ihre Entourage dichtet dabei auch die Taten der Helden den Schneefüchsen an. Hier bekomme ich schon Schwierigkeiten, mir das ganze plausibel vorzustellen. Gerade im langen vorhergehenden Szenario, dem Krieg der Häuser, sind es zuvorderst die Helden, die sich ganz massiv in Geldanas Pläne einmischen. Und schon am Ende von Des Schlitzers letzter Weg wird beschrieben, wie durch die Ereignisse die Namen der Helden in der Stadt die Runde machen. Irgendwie passt das in meinen Augen nicht dazu, dass die Taten der Helden von Geldana in weiten Teilen irrtümlich den Schneefüchsen angelastet werden, das ist mir zu gewollt.
Auch die Durchführung des Plans: Die Schneefüchse sollen bei der Suche nach einer verschwundenen Holzlieferung (Winter is coming! – Wir brauchen Feuerholz! Vielleicht sollten wir es nicht im Peraine in die Letta kippen…) in eine Falle gelockt werden. Statt dafür die ihr absolut loyalen Eisjäger zu schicken, überlässt Geldana diese Sache Mittelsmännern, die ihr von den verschiedenen Freiherren und ihr loyalen Familien gestellt werden müssen. Also statt das Ganze still und leise von Profis erledigen zu lassen, gibt sie gleich mehreren Familien einen Auftrag, der sie mit dem Verbrechen verbinden kann. Nun muss eine Herrscherin, die später fallen soll, natürlich angreifbar sein, aber diesen Plan finde ich dann doch zu schlecht.
Im Dungeon lauert ein gefährlicher Dämon, der dank „kruder Bannrunen und -siegel gegen Dämonen“ am Eingang eingesperrt war. Dieser Schutz wurde aber vor kurzem ausgelöst. Beides soll der Kundige erkennen können. Offenkundig wollten die Autoren diesen Schutz aber nicht genauer erklären, was schade ist. Regeltechnisch soll das ganze wohl ein Schutzkreis sein, der den Eingangsbereich abdeckt und vom Dämon nicht betreten werden kann. Warum der beim Betreten von Menschen ausgelöst und nun unbrauchbar ist? Keine Ahnung. Der Plot will es.
Auch bei der im Dungeon aufgeführten Möglichkeit, den vier Schritt breiten Riss mittels des Sprungs aus dem Stand nach den Regeln des Basis-Buchs S. 190 zu bewältigen, gibt es Probleme. Man gibt zwar sogar den Hinweis auf die Auswirkungen von ATTRIBUTO und AXXELERATUS, aber durchgerechnet hat man die Situation wohl nicht. Schauen wir mal: Unser Musterathlet Alrik der Starke mit GE 14 und KK 14 soll axxeleriert aus dem Stand springen. Sein Athletik-TaW sei 18 (er ist wirklich gut!). Wir gehen einfach mal davon aus, dass die Probe voll gelingt und er maximal leicht bekleidet ist (BE 0) – fast ideale Bedingungen. Dann ist seine Sprungweite mit Anlauf: GE+KK-BE Spann (28 Spann = 5,60 Schritt) plus 2 Finger je TaP* x 2 (axxeleriert! 72 Finger = 1,44 Schritt), insgesamt also 7,04 Schritt. Sehr ordentlich. Aus dem Stand wird der Wert aber halbiert: Bleiben 3,52 Schritt. Armer Alrik! Da stürzt er wohl ab, hoffentlich ist er gesichert. Also bitte, liebe Autoren: Welcher Held, selbst mit 2000 AP, soll denn diesen Sprung schaffen?
Der Dämon Bragarm ist nur halb in unserer Welt. Das kam daher, dass die Magierin, die ihn beschwor, eigentlich einen anderen Dämon beschwören wollte, den sie durch ein Spiegelartefakt gesehen hatte, welches einen Blick in die Niederhöllen zulässt. Der Dämon kann vollständig in unsere Sphäre wechseln, wenn er einen Menschen in seine Sphäre zieht – der dabei stirbt. Lässt sich das Ganze auch nur ansatzweise mit dem abdecken, was im Wege der Zauberei zur Dämonenbeschwörung steht? Eine schöne Beschreibung, aber ich finde sie leider nicht zu DSA passend. Ja, eine Beschwörung kann schief gehen, und ein Dämon kann auch völlig chaotische Eigenschaften haben – aber entweder er ist da oder nicht. Richtig da ist ein Dämon ja selbst nicht mit der Eigenschaft Präsenz. Wird er vernichtet, dann stirbt er nicht, sondern kehrt nach gewisser Zeit aus den Niederhöllen wieder zurück.
Auch die Beschwörung eines Dämons, nur weil man ihn durch ein Artefakt in den Niederhöllen gesehen hatte … ich dachte, man müsste zumindest noch wissen, unter welchem Namen man einen Dämonen beschwören will. Dass nicht der gewünschte Dämon erscheint – Zauberpatzer, das kann passieren. Aber das erklärt dann immer noch nicht das „halb da, kann aber noch komplett kommen“. Dazu wird davor gewarnt, dass der Dämon für die Helden quasi unbezwingbar würde, wenn er ganz in unsere Sphäre wechselte. Der vollständige Dämon hat AT, PA, MR und INI jeweils um 2 erhöht. Ist das jetzt monströs viel stärker? Wird er dadurch unbezwingbar? Beschreibung und Werte passen da nicht.
Zum Abschluss der Blick auf die Werte der Schneefüchse. Diese wurden moderat angepasst, da ja ein Jahr vergangen ist. Das ist gut. Aber warum baut man dabei bei der Hälfte gleich Fehler ein? Birgit Andris Rapier hat auf einmal DK S, Volundr hat im waffenlosen Kampf auf einmal je 1 Punkt INI, AT und PA eingebüßt, und Skrayana hat ebenfalls einen Punkt INI eingebüßt, ebenso einen LeP und bei der Skraja einen Punkt AT, dafür dort aber einen Punkt PA mehr. Wie, nach Beschreibung im Szenario, der Halbelf Mikkel, wenn die Helden ihn finden, 18 AsP weniger als normal haben kann, wenn er insgesamt nur 13 hat, ist auch unklar. Zurück
Szenario 4: Des Weißen Weisheit
Zu Beginn des Abenteuers versucht die gute Magistra Sylphoria, den Fluch des Eisherzes, der auf Vito Granske, dem Leiter des Freibund-Kontors, liegt, zu brechen. Dazu versucht sie eine experimentelle Verschmelzung von BLICK IN DIE GEDANKEN und EINFLUSS BANNEN. Warum? Eine solche Technik, die für einen erfolgreichen Abschluss lange Forschungen und eine große Modifikation in der Zauberwerkstatt benötigen würde, ist natürlich hier zum Scheitern verursacht. Dennoch ist ein Probieren durch einen verzweifelten NPC nicht undenkbar. Doch was soll diese konkrete Kombination denn überhaupt bringen? EINFLUSS BANNEN ist in Ordnung, das ist eine Möglichkeit, die ein NPC völlig verständlich ausprobiert. Aber was soll der quasi gleichzeitige Blick in die Gedanken? Ich sehe da keinen Sinn drin. Aber selbst wenn es den gäbe: Warum nicht erst ein BLICK IN DIE GEDANKEN zur Analyse des Geistes und anschließend der EINFLUSS BANNEN? Das passt so nicht. Netterweise wird aber die Möglichkeit der Heilkunde Seele zur Heilung von Eisherzen aufgeführt, auch wenn die Proben im +30er Bereich liegen. Doch leider ist dieses Talent keines, das in den Basis-Regeln aufgeführt wird.
Ein weiteres Artefakt wird in Magistra Sylphorias Lager aufgeführt: Das Augenglas des Isdira. Leider fehlt die im Text angekündigte umfassende Beschreibung des Artefaktes im Anhang – sprich: man weiß weder über Ladungen noch Aktivierung noch Analyse Bescheid – aber die grundlegende Funktion ist schnell ersichtlich. Warum aber eine Brille zur Isdira-Übersetzung für ein Elfengesicht gemacht sein soll, finde ich schon sehr fragwürdig. Warum die ebenfalls hier auftauchenden Heiltränke jeweils 4W6 LeP wiedergeben und sich nicht an die sonst übliche Heiltrank-Stufung halten (3W6+6 LeP wäre doch nah dran) – keine Ahnung. Auch die beiden Unsichtbarkeitselixiere sind außerordentlich: Sie halten 1 Stunde, da verblassen selbst die besten einsetzbaren Versionen der Qualitätsstufe E mit ihren 7 SR.
Dass der im Anhang befindliche Regionalkartenausschnitt ebenfalls hier von den Helden gefunden werden soll („Auf dem Tisch liegt die Karte aus dem Anhang; der Text darauf ist komplett in Isdira, da wir aber davon ausgehen, dass einer der Helden die direkt danebenliegende Brille ausprobieren wird, haben wir sie in Klarschrift beschriftet.“) halte ich ebenfalls für eine billige Krücke. Dann doch bitte eine echte, grobe Ingame-Karte.
Auf der Reise gibt es einen meiner Lieblings-Abenteueransätze: „Sie, werter Spielleiter, können für die Reise eine Tabelle nach dem Muster der in Der alte Feuergott vorgestellten zusammenstellen, um sie abwechslungsreicher zu gestalten“. Wir hatten keinen Platz oder keine Lust mehr, also, lieber Spielleiter, machen sie es doch einfach selbst einmal. Ne, deswegen kaufe ich nicht Abenteuer.
Dann kommen die Konfrontationen mit den Sammlern auf der Reise. Beim ersten Vorfall ist irgendwie ein Gegner verschütt gegangen, da es acht sein sollten, aber nur das Auftauchen bzw. die Position von sieben beschrieben werden. Dafür wollen es die Überlebenden den Helden anschließend heimzahlen. Nachts wollen sie das Lager der Helden überfallen. Dazu schicken sie zwei dank Unsichtbarkeitselixier unsichtbare Sammler vor, um heimlich Dinge zu entwenden. Es ist Travia, wir sind in der Grimmfrostöde und zwei Sammler ziehen sich aus, um nackt durch Schnee und Eis zu schleichen? Oder war den Autoren nicht klar, dass die Ausrüstung nicht unsichtbar wird? Glücklicherweise haben die Tränke ja nur eine Wirkungsdauer von 12 KR – gibt es in der Standardstufung auch nicht. Qualitätsstufe C wäre dabei sogar sehr interessant.
Wie die Helden mit den im Abenteuer gegebenen Angaben auch nur einen Moment daran denken können, den Hort Schirr’Zachs in der verschneiten Grimmfrostöde selbst zu finden – keine Ahnung. Zum Glück taucht aber, bevor es zu großen Schwierigkeiten kommt, als dea ex machina die gute Iloïnen auf und weist den Helden den Weg. Der Plot ebnet aber auch jeden Weg. Am Hort angekommen, stellen die Helden fest, dass es eine steile Klippe hochgeht, bei der der Aufstieg gut 10 Stunden dauern wird, mit Übernachtung in der Wand.
Wie läuft nun der Aufstieg? Für die ersten 30 Schritt eine Klettern-Probe +2, dann kommt eine Gefahrstelle mit abbrechendem Schneebrett, bei der eine sehr schwere Probe +12 gelingen muss, oder die anderen Helden den hoffentlich angeseilten Kollegen mit KK-Proben -2 halten müssen. Das geht ja gut los, denkt man sich, wie gehen die näksten Stunden wohl weiter? Antwort: Einfach beschreibend ohne weitere Probe. Ein Absturz hier wäre ja auch fatal, also besser nicht beschwören. Gut, dann kommt nochmal eine Lawine, bei der man noch einmal würfeln muss, aber hat man diese überlebt, kann man entweder einem zufällig freigelegtem Stollen folgen oder ohne weitere Probe auch das letzte Stück hochklettern. Irgendwie geht mir das zu glatt für so eine monströse Klippe.
Nun kommen wir zur Schirr’Zachs Eisstatuen-Sammlung. Wie Glorana sammelt ja auch der Frostwurm vereiste Gegner. Dafür hat er auch die Eis-Variante des GRANIT UND MARMORS, wie sein Wertekasten verkündet. Leider ist der Zauber nicht in den Basis-Regeln enthalten, und auch die Autoren scheinen seine Wirkung nicht zu kennen. Anders kann ich mir die Eisstatuen in der Version „toter Humanoide unter Eispanzer“ nicht erklären. Der Witz am Zauber ist doch, dass der Körper selbst sich in Eis verwandelt und die Person mitnichten tot ist, auch wenn ein EXPOSAMI nichts mehr anzeigt. Dass in dem Eis Magie steckt, sollte aber durch einen Zauber entdeckt werden können. Das ist nur leider hier nicht erklärt.
Dafür sollen die Helden hier im Endeffekt direkt Grabschändung begehen und einem eingefrorenen Swafnir-Geweihten sein besonderes Schwert, die Aquamarinlöwin, stehlen. Dazu müssen sie nur den Eispanzer freihacken, was wohl zur Verstümmelung der Leiche an der Hand führt, aber dieser potentielle innerweltliche Hinderungsgrund wird hier noch nicht einmal mit einem Wort erwähnt. Die Waffe kann dann aber nur führen, wer „mindestens 4 TaP im Kampftalent Schwerter investiert hat.“ Aha, eine solche Regelung bei DSA ist mir neu. Zum Glück entfällt sie dann auch wieder bei der Beschreibung im Anhang.
Für das Domizil Schirr’Zachs, ein alter Firnelfenpalast, gibt es leider ebenfalls keine Übersichtskarte. Manche Sätze in der Beschreibung werden dadurch skurril: Da wird beim Aufstieg gesagt, dass man, folgt man nicht der freigelegten Höhle, im Erdgeschoss raus kommt. Wovon dieses gebildet wird, wird aber nirgendwo erklärt. Bei einem Lagerhaus-Abschnitt steht „Beschreiben Sie den Spielern die Ausmaße dieses Nebengebäudes […]“ – nur leider gibt es nichts, wo man diese Ausmaße ablesen oder anderweitig erfahren könnte.
Nun kommt als letztes ein kleines, unwichtiges Detail, das aber meinen persönlichen Hintergrund-Tiefpunkt darstellt: Im Keller finden sich eingefrorene Fässer mit Elfenwein. In welchem Setting wird denn hier geschrieben? Elfen und Alkohol? Nicht bei DSA. Unfähigkeit Zechen und eine ABVENENUM-Version, bei der Alkohol als verdorbener Bestandteil eines Getränks entfernt wird – das ist DSA.
Alrik und Kippel sind von Nadine Schäkel, Geldana II. von Marc Bornhöft und der Dämon von Michael Jaecks.
Danke! Ich habe die Namen ergänzt.
„Darüber hinaus verleiht ihm das Feuer Ingras unerwartete Kräfte, die zwar nicht logisch erklärbar sind, wohl aber aus seinem durch das Artefakt errungenen Selbstbewusstsein resultieren.“
Das bringe ich demnächst auch mal an. „Lieber Spielleiter, ich hab mir hier einen Helden gebastelt – der hat da diesen kleinen bronzenen Stift im Ohr. Aus diesem, äh, Artefakt zieht er so viel Selbstbewußtsein, daß er jetzt fliegen kann und KK+15 kriegt. Nee, is‘ nicht logisch erklärbar.“ 😀
Danke für die Rezension!
Schade, dass du so enttäuscht warst, aber die ausführliche Fehlerliste macht das auch mehr als nachvollziehbar. Ich finde das wirklich extrem bedauerlich, gerade weil ich den Hohen Norden wirklich sehr gern mag und mir von der Abenteuerausarbeitung bzw. Einsteigerkampagne einiges erhofft hatte. Doppelt enttäuschend wirkt dabei, dass hier offensichtlich das Potenzial schaufelweise verschenkt wurde, denn von der reinen Beschreibung her klingt das wirklich alles sehr interessant.
Mit Eigenarbeit kann man sicherlich noch einiges davon retten, was aber auch größere Schnitzer wie die fehlenden Karten nicht auswetzt (ganz abgesehen davon, dass sowas für Einsteiger halt echt blöd ist und eigentlich auch nicht der Anspruch war). Wirklich schade. Vielleicht spielen wir das irgendwann trotzdem mal, einfach, weil es im Hohen Norden ja sonst nicht so viel Einsteigermaterial – oder anderes Material – gibt…
Einen Extraapplaus für das vorangestellte Zitat. Über „Alrik der Fisch“ musste ich zu (zu!) früher Stunde herzlich lachen… 🙂
Sehr sehr sehr ausführliche Rezension, aber das ist positiv gemeint. Ich hab sogar die Fehlerliste komplett gelesen, weil mich sowas immer interessiert, und für einen Meister auch sicher sehr hilfreich ist, wenn er das Abenteuer leiten sollte.
Und da drängt sich mir die Frage auf: hat das denn niemand beim Verlag bemerkt? Klar, manche Kritikpunkte sind schon subjektiv, aber gerade die unaventurischen Details oder die fehlenden Karten sollten doch einem mit der Materie vertrauten DSA’ler auffallen.
Außerdem finde ich es schade, wenn ein Band extra für Einsteiger deklariert wurde, und es dann zu einer Häufung an nicht erklärten Fähigkeiten oder Regeln kommt.
Eine Anmerkung zu den Heilungsmöglichkeiten für die Herzen: Nur weil IBdN die von dir genannten erwähnt, heißt es nicht, dass sie den Helden bzw der Magierin bekannt sind. Es wäre schön, wenn sie im Lauf der Zeit auch die anderen Optionen herausfinden, aber ihre erste Spur führt sie eben zu Schirr’Zach. So falsch finde ich das gar nicht. Gut, wie sein Artefakt einen Minderpakt brechen soll, das ist in der Tat fragwürdig (auch wenn das mit dem Schmelzen poetisch ist), aber ich war auch verwundert, dass ein EXORZISMUS das kann.
Will deinen Punkt damit nicht komplett widerlegen, nur ergänzen.
@Xeledon
Danke für die Blumen 🙂 Fairerweise muss ich aber sagen, dass der erste Hinweis auf das Lied von Curima kam, da wir hier nur die Alben davor haben…
@Aelyn
Danke, für die Anmerkungen. Ja, man muss natürlich outgame und ingame trennen und Shirr’Zach ist aufgrund seines Alters und Zauberfähigkeit sicher eine denkbare Option. Allerdings finde ich es ungünstig keinerlei andere Optionen zumindest zu diskutieren oder anzuspielen. Ein Fluch durch eine Nagrach-Paktiererin, da würde ich zumindest einmal mit den ortsansässigen Geweihten reden.Und ingame sollte das Ifirnsrudel, das in Paavi zumindest gerüchteweise bekannt sein müsste, definitiv ebenfalls eine Option sein, genauso die Firnelfen. Aber die Auftraggeberin legt sich gleich auf einem Weg zu diesem mystischen Drachen fest, wohl wissend, dass die Überlebenschance und damit Erfolgschance der Helden eigentlich nahe Null steht. Die Helden ziehen ja nur mit einer Karte (ohne genauerer Ortsangabe als Grimmfrostöde) aus und haben keinen echten Plan, wo der Drache ist. Hier hilft das Ifirnsrudel, als Element, dessen Erscheinen vor Start der Reise niemand ahnen kann und ohne das die Helden tot wären (den Schneesturm würden sie nicht überleben).
Ein poetischer Ansatz zum Schmelzen des Eisherzes ist meinetwegen OK – aber dann doch bitte nicht durch einen Eisdrachen, sondern einen normalen, der auch Feuer spuckt.
Danke für die ausführliche Rezension, gut geschrieben und sehr lesenswert – und das gilt auch für den Fehlerteil.
Beim Durchblättern des Bandes hatte ich ebenfalls diverse Fragezeichen über meinem Kopf. Angesichts der Vielzahl an Problemen – willkürliche Setzungen, fehlende Karten und/oder Beschreibungen, mangelnde Regel- und Aventurienkenntnisse der externen Autoren (inkl. daraus resultierender Fehler und Unstimmigkeiten), teilweise deutlich über die Basisregeln hinausgehende Regelaspekte, die gleichwohl nicht vernüfntig erklärt werden – finde ich deine Bewertung sogar noch ausgesprochen großzügig … 😉
Ich werde auf den dritten Band warten, bevor ich die Kurzkampagne leite. Allerdings werden die ersten beiden Bände wohl nur als Gerüst dienen können, da die Vielzahl an ( meist kleineren) Fehlern ein direktes Spielen unmöglich macht. Unsere Gruppe spielt seit den 80 ern, wir sind also nicht gerade „Einsteiger“, aber es könnte eine gute Gelegenheit sein, neue Helden einzuführen. Irgendwie bleibt aber nach den ersten beiden Bänden ein etwas schaler Nachgeschmack, verpasste Gelegenheit…
Danke für die gut geschriebene, ausführliche und enorm informative Rezension!
Danke für diese lange Rezension.
Ich finde es traurig, wenn solche Chancen vergeben werden (Einsteigerabenteuer).
Hoffentlich verkauft sich das Teil so schlecht, dass Ulisses daraus lernt.
der elfenwein.
allein dafür hat es sich gelohnt, bis zum Ende zu lesen.
vielen dank für die ausführliche Rezension. schade um das Produkt.
Ich stimme Salaza zu: Es gibt viele Hintergrund- und Regelungereimtheiten. Das ist zwar ärgerlich, aber – ehrlich gesagt – na und?
Mir persönlich hat das Abenteuer gut gefallen, weil die Ideen und das Flair gut waren (und darauf kommt es mir sehr viel mehr an als diese ewige DSA Hintergrund- und Regelfuchserei)…
BESONDERS gut haben mir übrigens die beiden (sogar toll gezeichneten – juhuu!) Artefaktwaffen aus dem Anhang (Aquamarinlöwin und das Enduriumschwert Fiatenn) gefallen (endlich mal wieder tolle Waffe in einer offiziellen Publikation).
Grüße,
Jan