Gastrezension von Cifer
Gefiederte Schlangen, verhandlungsbereite Götter und sympathische Blutmagier: Wir sind eindeutig in Uthuria. Es geht weiter mit der Grünen Hölle, bei der ich geneigt bin, sie für diesen Band in die Rote Hölle umzutaufen. Der Fluch des Blutsteins ist der Titel des zweiten Bandes der Kampagne und Flüche, Steine und vor allem Blut sind reichlich vertreten. Beim Aufbau der Rezension werde ich mich an das gleiche Muster wie bei Porto Velvenya halten: Erst kommen allgemeine Infos über das Buch, dann wird der (abgesehen von Informationen über die Kultur der Xo’Artal spoilerfreie) zweite Abschnitt besprochen und schließlich folgt die Rezension des enthaltenen Abenteuers.
Der Band hat wie sein Vorgänger 128 Seiten. Die farbigen Seiten des Einbandes zieren diesmal Karten der bespielten Stadt Amakun und ihrer Umgebung, die Monsterbilder wurden durch Bilder von typischen Xo’Artal ersetzt, die an die Farbtafeln der DSA-3-Boxen erinnern. Die restlichen Illustrationen sind größtenteils akzeptabel, können aber meiner Meinung nach nicht mit denen aus Porto Velvenya mithalten. Das Korrektorat ist gut und in der PDF-Version finden sich angenehm viele und gut sortierte Lesezeichen. Es hakt allerdings ein wenig an den Verweisen innerhalb des Textes, von denen der Großteil zwar Seitenzahlen dieses oder eines anderen Buches wiedergibt, manchmal aber auch unmotiviert Angaben wie „(siehe Geschichte)“ ausspuckt. Geschichte wovon? Der Stadt? Des Volkes der Xo’Artal? Irgendein Abschnitt inmitten des Abenteuers? Wenn man darüber beim Leiten stolpert, ist das schon zeitraubend, eine Seitenangabe, so nah sie auch liegen mag, wäre hilfreicher gewesen.
Auf der Ulisseshomepage sind mittlerweile die Handouts sowie ein Bogen zum Erforschungsteil des dritten Abenteuerkapitels als Downloads verfügbar.
Doch genug der Formalia, auf zum Inhalt.
Amakun
Amakun. Amakun. A-ma-kun. Diesen Namen sollte man sich merken. Nicht nur, weil die Stadt im Verlauf des Abenteuers zentrale Bedeutung hat, sondern vor allem, weil es der einzige Name im Buch sein wird, den man sich auf Anhieb merken kann – der Rest ist schönstes Küchen-Nahuatl, wenn (für die Übersetzung markieren) die Xo’Artal- (das ist das Volk) Tlamachil (Priesterin) Hiulaxa einem von den Chilmani (Kriegern) Matlaco und Xatico im Zaum gehaltenes Xupacabrax (fieses Monster) mit ihrem Macuahuitl (Obsidianschwert) die Kehle aufschneidet, damit sein Etzli (Blut) den Durst von Parinteotl und Caljixiuh (zwei Götter) stillt. Aber zurück zur eigentlichen Stadtbeschreibung: Diese folgt ungefähr dem Muster von Porto Velvenya. Nach einem allgemeinen Stadtbild werden die einzelnen Viertel und die dort ansässigen NSCs durchgegangen und immer mal wieder eine Vignette eingefügt.
Die Tempelstadt enthält den Markt, der mit den dort erwerbbaren Gütern beschrieben wird, einen steinernen Kalender, eine Art Ruhmeshalle für die verblichenen Helden der Stadt sowie eine Arena für Gladiatorenkämpfe und natürlich das obligatorische Ballspiel Xor’ta’pok, für das im Abenteuerteil auch Regeln geliefert werden. Es entpuppt sich als eine Mischung aus dem offensichtlichen Vorbild und American Football, vielleicht auch Blood Bowl. Die Regeln dazu sind nett gemacht, dürften aber meiner Einschätzung nach für viele Runden zu viel Buchhaltung (das System erfordert fast zwingend die Benutzung von möglichst vielen Ausdauer-Regeln) und zu viel Zeitaufwand (ein Spiel umfasst 90 KR, was eigentlich schon eine Verkürzung der dargestellten 30 Minuten Spieldauer darstellt) sein.
Fluss-, Palast- und Wohnviertel geben sich demgegenüber vergleichsweise gewöhnlich, mit einem weiteren Tempel, einer Botschaft des wohl aus An fremden Gestaden bekannten Shaz-Nomena, natürlich dem Palast selbst sowie diversen Wohntürmen, die gemäß der Zeichnung mal eben achtzehn Stockwerke haben.
Schließlich folgt noch die Auflistung der für die Stadt wichtigsten Meisterpersonen. An dieser Stelle eine Warnung: Einer der Plottwists des Abenteuers wird hier direkt in der Überschrift eines der NSCs verraten, Spieler sollten den Abschnitt also großzügig überblättern.
Die Xo’Artal
Das nächste Kapitel des Buches behandelt das Volk der Xo’Artal, einen recht klaren Aztekenverschnitt. Da Uthuria ja stark auf Eigenbau von Seiten des SL setzt, möchte ich an dieser Stelle meinen Xo’Artalisierungsalgorithmus vorstellen, mit der man auf der Stelle jedes Konzept an die Hochkultur anpassen kann. Man nimmt dazu den gewöhnlichen Namen des Konzepts (zum Beispiel Mais, Priester, Magier, Opfer, Krieg, Blut, Gold oder Stein) und fügt dann je nach Würfelwurf eines der folgenden Präfixe an: 1: Wald-; 2: Ehren-; 3: Meeres-; 4: Liebes-; 5: Handels-; 6+: Blut-. Gewürfelt wird mit 1W6+5.
Ja, diese Kultur hat einen leichten Blutfetisch, inklusive der klassischen Opferungen oben auf der Stufenpyramide. Und seit die ersten Zeichen davon in Porto Velvenya zu lesen waren und anklang, dass die Xo‘Artal offenbar nicht ausschließlich als Antagonisten gedacht sind, habe ich mir die Frage gestellt: Wie zum Henker soll man Helden und Spieler dazu bekommen, diesen Typen zu helfen, statt sie in die nächste Niederhölle zu wünschen und die Lust am Plot zu verlieren? Vielleicht gar mit ihnen zu sympathisieren? Kann das klappen?
Es kann. Ziemlich gut sogar, indem nämlich die Kultur zumindest aus Spielersicht sonst sehr wenige moralische Schwächen aufweist: Die Typen sind meritokratisch organisiert, haben keine besonderen Geburtsrechte für Nachfahren der oberen Zehntausend, dafür aber allgemeine Schulbildung und Altersversorgung für ihre Sklaven. Der Einzelne steht vom niedersten Sklaven bis zum Triumvirn klar im Dienst seiner Gemeinschaft. Die Blutopfer werden auch dadurch entschärft, dass sie im Vergleich zur aventurischen Blutmagie anders ausgelegt werden – wo der aventurische Zauberer in erster Linie 15 bis 20 AsP in fleischiger Hülle sieht, bringt der xo’artalische Priester oder Magier seinem Opfer Respekt entgegen, da er ihm zu einem Platz bei den Göttern verhilft und das Opfer im Gegenzug mit seinem Blut die Götter und die Gemeinschaft stärkt. Aus diesem Verständnis heraus wird es auch von den Xo’Artal als eine Ehre verstanden, selbst unters Messer zu kommen und der amtierende Hohepriester beendet sein Leben zumeist mit dem Selbstopfer bei besonders wichtigen Ritualen.
Im Abenteuer befindet sich auch nochmal ein Kasten, der genau das Thema „Wie mache ich meinen Spielern Blutopfer schmackhaft?“ behandelt und z. B. vorschlägt, dass man sich am – schließlich auch aventurisch anerkannten – Opfer für die Gemeinschaft (sei es im rondrianischen Heldentod oder im boronischen Sturz vom Rabenfelsen) entlanghangelt. Und ob man nun ein überwundenes Monster an Ort und Stelle erschlägt oder noch zum nächsten Altar schleppt, macht dann auch keinen großen Unterschied mehr, hier könnte man sogar mit der firungefälligen Vermeidung von Verschwendung argumentieren.
Zunächst wird im Kapitel die gut elftausendjährige Geschichte des Volkes abgehandelt, dann im Abschnitt „Körper und Geist“ auf Aussehen, Kleidung und allgemeine Kultur eingegangen. Hier orientiert man sich an den bekannten Formaten aus den aventurischen Regionalbänden. Ebenfalls behandelt werden die Götter, von denen quasi jeder Xo’Artal-Stadtstaat, wenn nicht gar jeder Einwohner seine eigenen verehrt und nach Eignung für seine ganz persönlichen Lebensbereiche aussucht. Der Abschnitt enthält dazu auch einen kleinen Götterbaukasten, eine Tabelle mit je 11 Herkünften, Aspekten, Darstellungen, Verbreitungen und 3*11 Namenssilben. Hierbei würde ich allerdings empfehlen, nicht wie angegeben mit 2W6, sondern 1W12 (bei 1 den Wurf wiederholen) zu würfeln – zumindest glaube ich nicht, dass es die Absicht der Autoren war, dass aufgrund der Wahrscheinlichkeitsverteilung von 2W6 nur jeder 36. erwürfelte Gott als Aspekt den Kampf hat, aber jeder sechste als Herkunft von wilden Stämmen übernommen wurde. Beendet wird der Abschnitt mit Informationen über die für den Band namensgebenden Blutsteine. Diese stellen das Herz einer Xo’Artal-Siedlung dar, nehmen das Opferblut auf und verleihen Magiern und Priestern ihre Macht, da sie eine Brücke zu den Göttern aufbauen. Die scheinen dafür ihrerseits wesentlich präsenter, als sie es zum Beispiel auf Aventurien sind, wo jedes Eingreifen einer Gottheit als Großes Wunder in die Geschichte eingeht. In dieser Hinsicht spannend und im Buch nicht weiter geklärt: Ist der Bezug der Blutmagier auf ihre Götter, von denen einige definitiv karmale Entitäten sind, bösartig gesagt reine Einbildung oder hat man es hier tatsächlich mit Theurgen zu tun? Oder beziehen sich die Fähigkeiten von Priestern wie Magiern eigentlich gar nicht auf die Götter, sondern nur auf die Blutsteine? Das würde dazu passen, dass einige der angebeteten Wesenheiten eher so klingen, als würden sie normalerweise Pakt-GP statt Karma austeilen.
Der nächste Teil behandelt „Die Xo’Artal am Spieltisch“, sowohl aus Meister- als auch aus Spielersicht. Gerade der Spielerteil ist dabei interessant, weil er ebenso wie die Kulturbeschreibung nochmal mit ein paar Missverständnissen und Hindernissen aufräumt: Xo’Artal sind fast schon perfekte Rollenspielcharaktere, weil Selbstverbesserung und Gewinn von Erfahrung das Ideal der Kultur sind, damit man irgendwann mal als wertvolles Opfer zählt. Und dieser Opfertod stellt dabei keineswegs ein „eingebautes Verfallsdatum“ des Helden dar, zumindest nicht mehr oder weniger als das ruhmreiche (eventuell mit dem SL abgesprochene) Ende eines Rondrianers in der Schlacht.
Mir macht das Kapitel durchaus Lust, mal einen Vertreter dieses Volkes anzuspielen.
Erweiterungsregeln
Hier werden die Regeln behandelt, die man benötigt, um Xo’Artal-Charaktere zu spielen oder als NSCs darzustellen. Die Krieger haben eine Akademische Ausbildung, die Priester sind „echte“ karmale Geweihte und die Magier Vollzauberer mit Spruchzaubern und dem Schamanismus entlehnten Ritualen, die allerdings nur eine einzige Ritualkenntnis verwenden.
Und hier kommen die ersten Probleme, denn speziell bei den Regeln für Blutmagier knirscht es ordentlich. Wen die Details nicht interessieren, dem empfehle ich, den nächsten Abschnitt der Rezension zu überspringen, aber als Wort der Warnung: Glaubt nicht, einfach einen Blutmagier erstellen und losspielen zu können.
So wird zum Beispiel der LEIB DER WOGEN in der Auflistung plötzlich zum Spalte-B-Zauber, Blutmagier starten mit Verbotenen Pforten, die sie nach einem anderen Text zutiefst ablehnen und welche Eigenschaften sie für ihre Rituale verwenden, ist ebenfalls unklar. In diesem Thread im Ulisses-Forum wurden bereits einige der problematischen Stellen geklärt, aber ärgerlich bleibt es natürlich trotzdem, zumal noch keine offiziellen Errata publiziert wurden – und gerade an den fehlenden Eigenschaften für die Ritualproben merkt man, dass mindestens diese Profession offenbar in keiner Testrunde angespielt wurde. Schade.
Nun gut, weiter geht’s. Es verwundert nicht, dass es selbstverständlich Regeln für Blutopfer gibt. Diese werden im Gegensatz zu den aventurischen Opfern nicht nach den Lebens- und gegebenenfalls Astralpunkten beurteilt, sondern bei Monstern nach dem Gefährlichkeitswert und bei Humanoiden nach der Stufe. Ja, ganz ohne weiteren Kommentar wird hier mal eben wieder die Stufe als spielrelevanter Wert eingeführt. Die im verlinkten Thread genannte Begründung der Stufe als Ausdruck der Mächtigkeit eines Charakters verstehe ich, wirklich hübsch ist es aber trotzdem nicht.
Dann schauen wir uns doch mal an, was man so alles opfern kann und wie viel Blut man braucht. Blutpunkte (sind wir hier bei Vampire?) werden für die Ritualmagie der Blutmagier und die Liturgien der Blutpriester benötigt, sobald Grad III erreicht ist, wobei die Blutkosten ungefähr quadratisch mit dem Grad wachsen, bis sie dann für Grad VI und VII geradezu explodieren. Als Opfer kann man nun nicht jedes kleine Dschungeläffchen nehmen, weil alles unter GW 11 und Stufe 5 es nicht wert ist, geopfert zu werden und deswegen keine Punkte bringt. Zwischenfrage am Rande: Wann wurde zuletzt ein humanoider Gegner mit seiner Stufe angegeben? Selbst in diesem Buch sind nur genau zwei NSCs Stufen zugeordnet und bei beiden ist eine Opferung durch die SCs hochgradig unwahrscheinlich. Bei anderen NSCs wird selten mal stattdessen ein Kompetenzlevel genannt, aber selbst ein meisterlicher [wasauchimmer] hat nur 4000 AP, eignet sich also noch nicht mal zum minderen Opfer. Die üblichsten Kandidaten für hohe GW-Werte, nämlich Dämonen, sind ebenso wie andere beschworene Wesen auch untauglich.
Eine Korrelation von Opfer zu Macht lässt sich schwer beschreiben ohne den kompletten Regelmechanismus abzutippen. In Kurzfassung kann man aber wohl sagen, dass man für ein Grad III-IV Ritual (bzw. eine Liturgie gleichen Ranges) je nach Güte der Opfer zwischen ein und drei kulturschaffende Wesen oder eine mächtigere Kreatur benötigt. Überlege ich mir, wie fix man als aventurischer Geweihter mal eine Grad-III-Liturgie vom Stapel lässt oder Grad II um eins aufstuft, ist das schon ein massiver Unterschied, da man ja keineswegs jedes unterwegs getötete Monster zählen kann – der Gegner muss kampfunfähig gemacht und dann in einer halbstündigen Zeremonie geopfert werden. Bedenkt man, wie schwierig es ist, bei DSA einen Gegner zu überwinden, ohne ihn in Todesgefahr zu bringen, dürfte das Talent Heilkunde Wunden zum besten Freund des Blutmagiers werden, wenn er nicht regelmäßig ein halbes Jahreseinkommen in Lähmungsgifte investieren möchte.
Sind Blutmagier also nutzlos? Wenn man sich den Repräsentationsvorteil anschaut (2 Punkte Erleichterung auf Selbstbeherrschungsproben zur Konzentration im Kampfgetümmel) könnte man auf die Idee kommen. Und dann stolpert man über das Ritual SCHREI NACH MACHT. Das ist ein Grad II-Spontanritual von 2 Aktionen, kostet also 2W6 AsP. Die Auswirkung ist, dass der nächste danach gewirkte Zauber mit einem um die RkP* erhöhten ZfW gesprochen wird. Das vergleiche man mal mit der Wirkung z. B. des UNITATIO, der einen zweiten Zauberkundigen mit genau dem gleichen gewirkten Zauber erfordert, um ohne SFs nur einen Punkt ZfW hinzuzugeben, ohne dabei die Gelingenswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Oder dem Erzwingen mit seinen exponentiell steigenden Kosten. Vielleicht soll dieses Ritual als Ausgleich zu den eher mäßigen sonstigen Fähigkeiten dienen, aber da es nur Blutmagiern mit bestimmten verehrten Göttern zur Verfügung steht, glaube ich das auch nicht so recht.
Meine Empfehlung: Alles, was mit Blutmagie zu tun hat besser vor dem Spiel nochmal auf Herz und Nieren prüfen und gegebenenfalls hausregeln. Schade, denn das Konzept hat Potenzial.
Regeldesinteressierte Leser können hier aufatmen und weiterlesen.
Der nächste Abschnitt betrachtet die aventurischen Zauber und Sonderfertigkeiten auf ihre Verfügbarkeit unter den Xo’Artal. Auffallend ist, dass diese nichts mit Beschwörungen am Hut haben, wenn man von etwas Geisterherbeirufung und der Konstruktion von belebten Statuen (quasi Golemiden mit hineinbeschworenen Totengeistern statt elementarem oder dämonischem Innenleben) absieht. Interessanter sind aber eigentlich die sogenannten Blutgoldintarsien, goldene „Implantate“, die in die Haut eingelegt werden. Bei der geweihten Variante verleihen sie einem Krieger bei der Aktivierung für ein bis drei LeP eine Spielrunde lang je nach Intarsie Boni wie erhöhte Geschwindigkeit, einen verbesserten Fernkampfwert oder auch eine Erschwernis auf Fernkampfangriffe gegen ihn. Neben einer Grad-V-Liturgie kosten die Intarsien auch noch AP, wobei aber aus dem Text nicht hervorgeht, ob sie vom Empfänger oder vom weihenden Priester zu zahlen sind.
Kreaturen
Das folgende Kapitel ist explizit für die Opfersuche geschrieben, genannt werden also mit zwei Ausnahmen nur Tiere mit GW 11 und höher. Deren Kampfwerte sind zwar oftmals eher mäßig, allerdings haben sie durchweg die Sonderregel (Sehr) Großer Gegner – wer also keinen Kämpfer mit Schildkampf, Gegenhalten oder Ausweichen in der Gruppe hat, wird mit den Viechern keine Freude haben. Hier wäre ein wenig Abwechslung angenehm gewesen.
Abgerundet wird das Kapitel durch eine Vorstellung der zwei Lasttierarten der Xo’Artal, den nach zu groß geratenen Leguanen aussehenden Huzpal und den antilopenartigen Yaxu. Witzig: Die Besitzer der Tiere verbindet eine alte Fehde darum, welches das bessere Lasttier ist, die man hierzulande wohl von Autoliebhabern und ihren bevorzugten Marken kennt. Ein wenig seltsam hingegen sind die Werte des Huzpal, der zwar im Text eine Länge von bis zu 5 Schritt zugeordnet bekommt, aber nur 90 Kilo wiegt und dessen Tragkraft auch nur minimal größer als die des anscheinend normalgroßen Yaxu ist. Kein weltbewegendes Problem, aber als SL sollte man da eine Entscheidung treffen, bevor einen mal ein Spieler fragt, warum dieses Riesenvieh eigentlich weniger als ein handelsüblicher Esel tragen kann.
Ausrüstung
Auch in diesem Band gibt es wieder ein Ausrüstungskapitel. Zuerst einmal: Ja, die Xo’Artal haben Stahl, was die ganzen klassischen Obsidianwaffen ziemlich an den Rand drängt, da diese sowohl weniger TP als auch einen höheren BF als auch einen schlechteren WM haben. Schade, hier hätte man mit höheren TP (weil bösartig scharf) und höherem BF (weil schnell splitternd) eine schöne Alternative schaffen können. Apropos Alternative: Zumindest mit der stählernen Ausgabe des Macuahuitl hat man mal tatsächlich eine gute Alternative zum klassischen Langschwert. Die Werte der Waffe sind grob dem Barbarenschwert entliehen. Das restliche Arsenal bewegt sich zwischen „halbwegs ok“ und „Grütze“.
Im Bereich der Rüstungen gibt es neben weiteren Formen des Hartholzpanzers einen eher untauglichen vergoldeten Harnisch für Elitekrieger und Offiziere. Das eigentliche Highlight des Kapitels sind aber die diversen Trophäenrüstungen, die man aus den erlegten Monstern des letzten Kapitels und des entsprechenden Abschnitts aus Porto Velvenya herstellen kann. Die Werte gehen auch hier wieder von ziemlich gut bis eher schlecht. Übrigens: Auch außerhalb dieses Kapitels gibt es Einiges für findige Trophäenjäger, da in den Profilen der Monster von Porto Velvenya, Fluch des Blutsteins und den begleitenden Aventurischen Uthurischen Boten häufiger mal vermerkt ist, was man mit diversen Körperteilen erlegter Bestien anstellen kann, außer sie zum nächsten Händler zu schleppen oder damit mangelnde Körpermaße zu kompensieren – die Haut des chamäleonartigen Xupacabrax wirkt zum Beispiel auch nach dessen Tod noch leicht tarnend. Eine schöne Idee, die gut zum Flair des Kontinents passt.
Beendet wird das Buch wieder mit den (diesmal dringend notwendigen) Aussprachehilfen und einem Index.
Zwischenfazit zum Spielhilfen-Teil
Im Vergleich zu Porto Velvenya hat der Spielhilfenteil wesentlich mehr Fleisch auf den Rippen. Die Xo’Artal werden aus den relevanten Perspektiven ausführlich beleuchtet und die Stadt Amakun wird gut dargestellt. Wenn man das Volk also als NSCs darstellt und bei der Magie etwas handwedelt, hat man eine wunderbare Kulisse, vor der man das vorliegende Abenteuer oder auch andere, selbsterdachte Plots gut spielen kann. Nur bei der Umsetzung von karmalen und magischen Regeln wird man auf klare Probleme stoßen, so dass meine Empfehlung ist, keinen entsprechenden Charakter zu spielen, wenn man sich nicht auf extensive Hausregeln einlassen möchte. Bedenkt man, dass Blutmagier und -priester gerade die ikonischen Charaktere des Settings sind, ist das natürlich, gelinde gesagt, doof.
Das Abenteuer
Nach dem zweiten Teil des Buches folgt der erste – ist doch ganz logisch. Deswegen gilt auch hier wieder: Spieler, die jetzt noch weiterlesen, mögen sich zur Besänftigung der Götter direkt beim nächsten Priester melden!
Das Abenteuer besteht aus drei Kapiteln, was man diesmal auch wörtlich nehmen kann – es handelt sich nicht wie bei Porto Velvenya um eher lose verknüpfte Einzelabenteuer, sondern einen durchgängig bespielten Handlungsbogen. Das erste Kapitel stellt dabei eher ein Präludium zur Erkundung der Stadt dar, während das zweite und dritte den Löwenanteil ausmachen. Die Kapitel sind dabei nochmals unterteilt in Szenarien, quasi in sich geschlossene Kleinstabenteuer, die meist eher grob in Ablauf und Örtlichkeiten skizziert als Szene für Szene ausgearbeitet sind. Die Konzepte von zu leicht?/zu schwer? werden weiter umgesetzt, diesmal auch oft kreativer als in Porto Velvenya, wenn sich beispielsweise ein wichtiger Hinweis in der Kammer eines Feindes statt eines Verbündeten befindet oder in einem zu durchquerenden Raum mit Monsterkäfigen besonders langarmige Exemplare an den Gitterstäben vorbei nach der Gruppe greifen. Leider hat dafür die Zahl der Schwierigkeitshinweise abgenommen. Die humanoiden Gegner sind mir von den Kampfwerten weiterhin zu lasch, woran auch der Xo’Artal-Elite-Krieger mit AT/PA 17/13 nichts ändert. Als sehr angenehm empfinde ich hingegen, dass nur wenige Erfolgserlebnisse wirklich zwingend für den Abenteuerverlauf sind. Auch nach Misserfolgen geht das Abenteuer meist weiter, nur wird es dann eben schwieriger, weil man seine weiteren Ziele auf anderen Wegen erreichen muss oder Ressourcen und Verbündete verliert.
Als Gruppe ist natürlich einerseits die Heldengruppe aus Porto Velvenya geeignet, es scheint mir aber auch möglich, das Abenteuer ohne den Rest der Kampagne mit einer reinen Xo’Artal Gruppe aus einem verbündeten Stadtstaat zu spielen.
Kapitel I – Ankunft in Amakun
Wie angekündigt setzt Fluch des Blutsteins genau dort ein, wo Porto Velvenya aufgehört hat, nämlich am östlichen Abhang des Tocatepetl-Gebirges, quasi direkt vor den Toren Amakuns. Im ersten Kapitel erfahren die Helden, dass man heldentypischerweise kurz vor dem wohl wichtigsten Ereignis der letzten hundert Jahre angekommen ist: Das kulturelle Zentrum der Stadt, der Blutstein, soll neu geweiht werden. Wer jetzt fragt, was man für diese Erneuerung als Ritualzutat benötigt, scheint die letzten paar Seiten im Tiefschlaf verbracht zu haben.
Sollten die Charaktere allen Ernstes den Guereni aus dem letzten Abenteuer lebend mitgeschleppt haben, spart man sich mal eben einen Abenteuerabschnitt, in dem man sonst eine der im hinteren Teil des Buches genannten Bestien sucht, jagt und einfängt, um ein passendes Gastgeschenk vorweisen zu können. Mit dem Einfangen ist es im Übrigen nicht getan, wie eine andere Gesandtschaft feststellt, der ganz klassisch ihr Monster ausbüxt. Hier wird lediglich der zeitliche Ablauf in Spielrunden von „bricht aus“ zu „verschwindet im Dschungel“ angegeben, wie und ob die SCs das Vieh aufhalten, ist ihre Sache. Etwas gewöhnungsbedürftig: Wenn die Charaktere das Monster, das da gerade munter links und rechts Bürger der Stadt zerfetzt, töten, statt es einzufangen, sind die Gesandten der anderen Stadt sauer und verlangen, dass man ihnen beim Fangen eines neuen Tierchens hilft. Klar, weil es besser für ihr Ansehen gewesen wäre, wenn die SCs sich rausgehalten hätten, so dass das Vieh noch mehr amakunische Bürger umgebracht hätte und dann ungefangen verschwunden wäre. Gelingt das erneute Einfangen von Ursprungs- oder Ersatzvieh, hat man jedenfalls ein paar neue Freunde, die einem, falls nötig, auch bei der Jagd eines eigenen Opfertiers helfen. Zu den einzelnen Tierarten gibt es jeweils eine grobe Skizzierung eines möglichen Jagdverlaufs.
Das Kapitel endet auf jeden Fall mit der Opferung an der großen Pyramide und einer Audienz bei der designierten Nachfolgerin des aktuellen Hohepriesters, wo die Charaktere ihr kleines Spinnenproblem aus dem letzten Teil vorbringen können, aber bis auf nach der Weihe vertröstet werden.
Kapitel II – Stadt des Blutes
Das zweite Kapitel des Abenteuers steht ganz im Zeichen der Blutsteinweihe und eines kleinen Schönheitsfehlers daran: Das in Porto Velvenya schon erwähnte Auge des Namenlosen Tezatica hat nämlich vor Kurzem vorbeigeschaut und die Weihezeremonie korrumpiert, so dass der Stein damit Burdu, aka dem Namenlosen, geweiht werden würde. Hierzu werden zwei Mechanismen eingeführt: einerseits die Blutpunkte, die durch die Aktionen der Spieler und NSCs stetig steigen und bei einem gewissen Wert zur Weihe des Steins führen werden, und andererseits die Beweispunkte, mit denen man mit entsprechenden Indizien die Stadtoberen überzeugen kann, dass die Weihe eine ganz doofe Idee wäre.
Das erzeugt eine geradezu perverse Situation: Anfänglich glauben die Spieler, dass sie viele Blutpunkte ansammeln müssen, um die Weihe schnellstmöglich über die Bühne zu bringen und ihre eigenen Probleme behandeln zu können. Wird ihnen dann aber offenbar, was tatsächlich vorgeht, müssen sie im Gegenteil dafür sorgen, dass so wenig Blut wie möglich auf den Altären vergossen wird, damit sie mehr Zeit zum Sammeln von Beweisen haben. Der Augenblick, an dem herauskommt, dass die Spieler mit ihren Bemühungen gerade dem Namenlosen zugearbeitet haben und genau wegen ihrer Erfolge nun weniger Zeit haben, dürfte für herunterklappende Kiefer sorgen.
Abgesehen vom feststehenden Finale besteht dieses Kapitel praktisch nur aus Szenarien, bei denen die Spieler nach Beweisen suchen und je nach Kenntnisstand entweder Blutpunkte zu erringen versuchen oder gerade sicherstellen müssen, dass am Ende kein gutes Opfer rauskommt.
Beim Ringen der Zwillingsgötter kann man ein kleines Naturheiligtum gerade noch vor dem Einfluss des Namenlosen retten (und dabei mit der richtigen Idee sogar eine Ackerbau-Probe nutzbringend einsetzen!).
In Das Heilige Spiel werden die drei letzten Spiele einer Xor’ta’pok-Meisterschaft ausgetragen, wobei man einer Mannschaft behilflich sein kann. Eine nette Idee, die aber vermutlich in der Praxis darunter leiden wird, dass die vollen drei Spiele meiner Einschätzung nach mindestens eine komplette Spielsitzung erfordern, wenn nicht eher zwei – außerdem sind sie nur für Charaktere mit guten Talentwerten in Raufen/Ringen und Wurfwaffen wirklich interessant, der Rest kann bestenfalls hinter den Kulissen unterstützen.
Beim Anker der Träume trifft man eine Bekannte aus der Traumqueste aus Porto Velvenya wieder, die Blutmagierin Jaxarona (genauer: ihren Geist). Diese hätte statt vereinzelten Visionen gerne eine Standleitung zu den Charakteren und schlägt deshalb vor, dass man aus einem Gegenstand einen Anker für sie erschafft. Für das passende Ritual braucht man (Achtung, festhalten!) kein Blut, dafür aber eine Freizauberin namens Mariella Ninivea, die man wohl schon aus An fremden Gestaden kennt. Wenn man An fremden Gestaden gelesen oder gespielt hat jedenfalls. Ansonsten kann man sich zusammenreimen, dass die Dame wohl eine Freizauberin ist und irgendwie mit der Kultur der Nanshemu zu tun hat, aber nicht bei diesen aufwuchs. Und das mit dem „zusammenreimen“ meine ich wörtlich – es steht zwar im Text, was sie seit dem Abenteuer AfG gemacht hat, aber Informationen darüber, wer sie eigentlich ist, fehlen vollständig. Für den wichtigsten NSC aus zwei der Szenarien gibt es nicht mal einen kleinen „[Name] ([Alter], [Aussehen], [Charaktereigenschaften], [Kompetenz])“-Eintrag, wie ihn in der Stadtbeschreibung zum Beispiel ein Garküchenbesitzer, eine Kunsthandwerkerin und ein Gerber bekommen haben. Produktvernetzung schön und gut, aber ich dachte bisher, die Grüne Hölle bestünde aus drei Bänden und nicht aus vier.
Das nächste Szenario Diplomatie im Grünen Gewand greift die erwähnte Freizauberin nochmal auf, weil die Nanshemu als Geschenk wohl ein übergroßes Fischmonster übergeben wollen. Da das natürliche Habitat eines solchen Wesens nicht das Dach einer Stufenpyramide ist und den Amakunern gerade die tragbaren 500.000–Liter-Aquarien ausgegangen sind, müssen die Helden an einem magischen Ritual der unbekannten Freizauberin teilnehmen, um das Vieh in ein Amphibium zu verwandeln. Das beinhaltet einen kurzen Limbusaufenthalt, eventuell samt Bekämpfung eines zufällig auftauchenden Amrychoth, der als fünfgehörnter Dämon hier aus meiner Sicht dramaturgisch verschwendet wird, selbst wenn die Gruppe ihn totkriegen sollte.
Im vorletzten Szenario Die gefiederte Schlange muss der Karfunkel einer solchen befreit werden, bevor er auf dem Altar landet – dieses auf Heimlichkeit basierende Szenario ist also erst spielbar, wenn die SCs wissen, dass die Opferungen nicht weitergehen sollten. Sonst ist nicht allzu viel dazu zu sagen, wenn man davon absieht, dass an seinem Ende die SCs im Besitz eines erwachten Karfunkels sein werden. Zusammen mit dem Bernsteinamulett der Pra-Jobo-Schamanin aus Porto Velvenya und dem Anker der Träume haben die SCs also mittlerweile 3 geisterhafte Mitreisende. Man kann es auch übertreiben.
Beim letzten Szenario Die Zeichen falscher Götter gibt es nötigenfalls nochmal einen Boost für die Beweispunkte – bei geschicktem Handeln kann allein in diesem Szenario die Hälfte der notwendigen Punkte errungen werden, da man hier herausfindet, dass der für den karmal-mechanischen Kalender zuständige Priester mittlerweile dem Namenlosen dient, so dass die Opferungen an für den Namenlosen günstigen Sternkonstellationen vollzogen wurden. Das Szenario ähnelt durch seinen Infiltrationsaspekt dem vorangegangenen, ergänzt das aber durch einen relativ krassen Astrologieteil, bei dem ich ganz ehrlich nicht mehr durchgesehen habe, wie welche Sternzeichen nun manipuliert wurden. Dennoch kann das gerade für sternkundlich bewanderte Charaktere endlich mal ein Punkt sein, an dem sich das Talent auszahlt. Sofern man die Manipulation nicht selbst durchschaut, muss erst ein NSC-Priester überzeugt werden, der mangels Kenntnis des nördlichen Sternenhimmels wesentlich länger zur Überprüfung braucht.
Während all dieser Szenarien laufen zwei Handlungsstränge parallel mit, einer davon leider nur in sehr rudimentärer Form. Zum einen versuchen nämlich Angehörige eines weiteren Stadtstaats, die Vorbereitungen zu den Opferungen zu sabotieren. Ob sie das tun, um andere Gesandtschaften in Misskredit zu bringen oder andere Motive haben, bleibt leider im Dunkeln, was schade ist, da sie, sobald die SCs das wahre Ziel des Kapitels erkannt haben, sicher von manchen Gruppen als mögliche Verbündete aufgesucht werden würden. Zweitens ist auch einer der Stadtgötter im Gegensatz zu seinen Kollegen noch fähig, zu den Bewohnern der Stadt durchzudringen um eine Warnung zu überbringen. Allerdings handelt es sich dabei um Nepillome, Gott der Lügner und Betrüger. In seinen Visionen, die sich zum Beispiel über kurzzeitig besessene Passanten äußern, die die SCs unvermittelt in deren Muttersprache ansprechen, behauptet er also grundsätzlich das Gegenteil der Wahrheit – „Alles ist bestens hier, alle Götter sind wohlauf und das mit der Blutsteinweihe ist ne total tolle Idee“. Wenn die SCs die Art der Visionen einem Priester beschreiben und dieser die dahinterstehende Gottheit identifiziert, stellt das die beste Möglichkeit für die Helden dar, auf den Hauptplot aufmerksam zu werden.
Enden kann das Kapitel schließlich auf drei Arten: Entweder die SCs beweisen, dass der Ritus korrumpiert wurde und er wird ausgesetzt. Das ist quasi der Königsweg. Die problematischere Alternative ist es, den Ritus selbst zu unterbinden, beispielsweise durch die Ermordung des Hohepriesters – sollten die SCs dabei gefasst werden, haben sie aber dann besser ein paar stichhaltige Argumente. Der dritte Ausgang ist schlicht und ergreifend, dass die Helden versagen: Genug Blutpunkte wurden gesammelt, der Hohepriester opfert sich und der Blutstein wird dem Namenlosen geweiht. „Genug Blutpunkte“ sind hierbei etwas unklar definiert: Die Weiheszene findet bei 150 statt, der Hohepriester gibt laut Text nochmal 60 dazu. Laut Aussage des Autors im Ulisses-Forum ist das so gedacht, dass tatsächlich nur 90 Punkte anzusammeln sind und die 60 zu den zu erreichenden 150 zählen. Das bedeutet aber, dass die Charaktere sehr wahrscheinlich verlieren, wenn auch nur ein Szenario mit einem hochwertigen Opfer endet (wozu sie anfänglich ja sogar beitragen wollen!), denn etwa 45 Punkte werden schon im Kapitel I gesammelt und ein paar Punkte kommen täglich durch weitere Opferungen dazu. Die einzige Möglichkeit, die Helden siegreich aus dem Kapitel hervorgehen zu lassen, wäre also, den Plottwist extrem früh aufzulösen, was ihm aber einen guten Teil des Reizes nimmt. Hier sollte man lieber den Hohepriester aus der Rechnung herausnehmen, die Punkte kriegt man auch so schnell genug voll.
Kapitel III – Die Jagd nach dem Blutstein
Da nach dem zweiten Kapitel die Stadt mit einem entweder teilweise oder vollständig korrumpierten Blutstein dasteht, muss ein neuer her. Glücklicherweise können die SCs aus mehreren der Szenarien in Kapitel II erfahren haben, dass eine vor langer Zeit zerstörte Stadt in der Nähe noch einen intakten Stein besitzt. Vom Triumvirat Amarkuns erhalten sie den Auftrag, eine Expedition dorthin zu leiten und den Stein zu holen. Und nein, mit „Expedition“ ist nicht „Ihr fünf schafft das schon!“ gemeint, sondern ein rund hundert Mann starker Trupp. Für die Handhabung werden einige nützliche Tipps gegeben und ansonsten auf Wege des Entdeckers verwiesen. Dazu werden ein paar NSCs vorgestellt (teils mit Kurzbeschreibung, teils mit ausgearbeiteten Werten), um den Scharen ein Gesicht zu verleihen. Mein persönlicher Liebling ist dabei Jokom, der Blutmagier – ein rundlicher und gutmütiger Mann von imposanten 1,60m, bei dem ich mir wunderbar vorstellen kann, wie er sich nach dem dritten Blutopfer des Tages die besudelten Hände abspült und dann pfeifend ein Süppchen kocht. Sollte übrigens das zweite Kapitel mit der namenlosen Weihe des Blutsteins geendet haben, spürt man jetzt auch die Konsequenzen. Dank des korrumpierten Steins ist der Magier dann ebenso wie die mitgeführte Priesterin noch ungefähr so effektiv wie ein Druide in Gestechrüstung.
In den Ruinen der Stadt angekommen muss zunächst ein wenig gesucht werden, bis man herausfindet, dass der Stein kurz vor dem Fall der Stadt in ein Ausbildungslager der Stadtelite im nahegelegenen Sumpf verbracht wurde. Dort angekommen ärgert man sich zunächst etwas mit den lokalen Stämmen von Menschen, Echsen und Echsenmenschen (H. P. Lovecraft und Selem lassen grüßen!) herum, bevor man mit einer archäologischen Ausgrabung beginnt. Diese ist als Planspiel gehalten – die mitreisenden Gelehrten müssen jeweils die Erschließung von einzelnen Gebäuden planen, die Sklaven und Handwerker führen dann die Arbeiten aus. Die Krieger sorgen für die Bewachung des Lagers und die Jäger für Nahrungsbeschaffung. Bei der Expeditionsplanung falsch eingeschätzte Prioritäten rächen sich jetzt, da z. B. ein zur Nahrungsbeschaffung eingeteilter Krieger weniger effektiv als ein Jäger ist – von Wache schiebenden Sklaven wollen wir gar nicht anfangen. Nachdem ein Gebäude freigeräumt ist, kann es dann von den SCs erforscht werden.
Natürlich verläuft die Ausgrabung nicht ganz reibungslos: Die Sklaven wollen abhauen, die Echsen wollen den Stein, diverse Wildtiere wollen eine Zwischenmahlzeit und die Verräter – ihr wusstet, dass es Verräter geben würde, oder? – wollen die Expedition sabotieren. Das geht solange, bis man irgendwann den Zugang zum Blutstein entdeckt hat. Das ist aber erst die halbe Arbeit. Der Blutstein wird noch von einer Gottheit in Beschlag genommen, die einen Abtransport verhindert. Was tut man also? Man beschwört sie in eine stoffliche Form. Und dann ist die Stunde des Gruppendiplomaten gekommen, der nun mit einem Gott darum feilschen kann, ob man den Blutstein bewegen darf, wobei ihm argumentativ von den Verrätern Paroli geboten wird. Hier zahlt es sich aus, im Kapitel gut aufgepasst zu haben, denn wenn man Informationen über die Gottheit sammelt und genau weiß, was ihr gefällt, kann man damit Bonuspunkte in der Verhandlung erhalten. Ein Schwachpunkt ist hier, dass leider unklar bleibt, ob man dem Gott die Anbetung in Amarkun versprechen kann, da die Weihe des neuen Steins und sonstige Konsequenzen erst im dritten Teil der Kampagne stattfinden – und diesmal ist der ja bekanntlich noch nicht erschienen.
Auch hier ist wieder die Möglichkeit des Fehlschlags einkalkuliert: Sollten die Verräter die argumentative Oberhand gewinnen, muss der Einfluss des Gottes über das Gebiet geschwächt werden, bevor man den Stein dann doch abtransportieren kann, was Einfluss auf den dritten Teil der Kampagne haben wird. Mit dem triumphalen Einzug nach Amakun endet der Band.
Fazit und Bewertung
Man möge mir den Flachwitz verzeihen, aber: Mir blutet das Herz. Abgesehen von dem Schnitzer mit der AfG-Freizauberin und dem zu geringen Blutlimit für Kapitel II ist Der Fluch des Blutsteins ein wunderbares Abenteuer. Es hat viel Ergebnisoffenheit, es hat schön ausgearbeitete Mechanismen für seine zentralen Konzepte, es hat eine stimmige Geschichte, es hat einen coolen Plottwist, es hat als Anhang eine gut geschriebene Kulturbeschreibung. Und dann hat es diese vermaledeiten Blutmagier- und Opferregeln, die an zu vielen Stellen nicht passen und gleichzeitig die wichtigsten Regeln für die ikonischsten Charaktere des Settings darstellen sollten! Hätten die nicht ein wenig ausgiebiger getestet, etwas mehr mit den grundlegenden DSA4.1-Regeln in Einklang gebracht oder zumindest nach dem Erscheinen mit baldigen Errata versehen werden können?
Sechs aventurische Einhörner werden nach anfänglichen Missverständnissen von drei Xo’Artal-Bluteinhörnern verstärkt. Da diese allerdings noch immer nicht so recht verstehen, wie man nun korrekt opfert, bittet das Blutmagiereinhorn direkt zwei seiner Blutskollegen auf den Blutaltar oben auf der Blutpyramide, um noch ein wenig zu üben, so dass am Ende doch nur sieben Einhörner den Fluch des Blutsteins überstehen.
Sollte man allerdings an Regeln für SC-Blutmagier/-Priester ohnehin nicht interessiert sein, kann problemlos ein Einhorn wiederbelebt werden. Ist man hingegen nicht willens, des Öfteren mal aus einem grob gehaltenen Szenariotext zu improvisieren und bevorzugt lieber Szene für Szene ausgearbeitete Abenteuer, könnte noch ein Einhorn dran glauben müssen.
P.S.: Im Buch kommt auf 128 Seiten genau siebenhundertsiebenunddreißigmal das Wort Blut vor, in der Rezension sind es noch vierundsechzig Erwähnungen. Passt also besser auf, dass ihr nicht ausrutscht …
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
Nandurion dankt Cifer für die Gastrezension!
Schöne Rezension!
Fantastisch unterhaltsam geschrieben und obendrein erhellend – klasse!