Eine Hausregelsammlung von Christian Götz via Scriptorium Aventuris
Eine der wesentlichen Innovationen der fünften Edition des Schwarzen Auges betrifft nicht den Hintergrund oder die Regeln, sondern die Infrastruktur. Das Scriptorium Aventuris erlaubt es grundsätzlich jedermann eigene Dokumente – sogenanntes Fanwerk – in einem definierten und durch den Verlag unterstützten Layout zu erstellen und über die entsprechende Online-Plattform mit verschiedenen Bezahloptionen anzubieten. Ungeachtet dieser starken Unterstützung von Verlagsseite handelt es sich bei diesen Fanarbeiten weiterhin um inoffizielle Werke. Die maximale Freiheit für die Freunde des Schwarzen Auges bedeutet auch, dass Ideen ungefiltert angeboten und verbreitet werden können. Genau das ist auch der Sinn und Zweck des Scriptoriums.
Der Gegenstand
Das nächste Mal spielen wir „Mensch, ärgere dich nicht“ ohne Hausregeln.
Matt, Dork Towers
Seit jeher gehören Erweiterungen der Spielregeln für den Hausgebrauch zu den beliebtesten Eigenkreationen und Anpassungen in der Welt der Rollenspiele. Die erweiterten Tierverwandlungsregeln von Christian Götz sind genau das. Eine Sammlung von Hausregeln, die das bestehende Gerüst der Regeln erweitern oder verändern sollen, um sie dem eigenen Geschmack besser anzupassen. Die Animalia et Magicae wurden von Götz inzwischen wiederholt überarbeitet und erweitert und so an den jeweiligen Stand der offiziellen Regeln angepasst. Die hier besprochene Version trägt die Kennung 1.0, ist jedoch keineswegs der erste Release. Einzelne Komponenten wurden inzwischen durch die Veröffentlichung des Aventurischen Götterwirkens (Nandurion disputierte) überholt. Kürzlich sprach mich ein Spieler, der einen Selbstverwandler in unserer Runde spielt darauf an, ob wir nicht die entsprechenden Regeln nutzen wollten. Grund genug sich die Hausregeln einmal anzusehen und eine praxistaugliche Meinung zu bilden.
Die Hausregeln des Animalia et Magicae beziehen sich größtenteils auf die drei Selbstverwandlungszauber Adlerschwinge, Wolfstatze und Fischflosse, ehedem bekannt als der Zauber Adler, Wolf und Hammerhai. Die wichtigste Beschränkung dieses Zaubers, die Festlegung einer (!) Zielform, wurde in der fünften Edition bereits eliminiert. Die hohen Kosten von ursprünglich mehreren AsP je SR wurden drastisch reduziert, so dass Verwandlungen über mehrere Stunden nun kein Ding der Unmöglichkeit sind. Damit bleiben noch zwei Beschränkungen übrig, die dem Helden ohne Grenzen lästig sein dürften. Zum einen der Umstand, dass die Selbstverwandlung keine Ausrüstung umfasst und zum anderen die begrenzten Möglichkeiten in Tiergestalt Zauber oder Liturgien zu wirken.
Christan Götzs Spielhilfe teilt sich in zwei Kapitel. Der erste Teil beschäftigt sich wesentlich mit der Umgehung der oben genannten Einschränkungen, während der zweite und jüngere Teil sich unter anderem mit der regeltechnischen Abbildung von Wolfskindern und Zauberstilen für elfische oder druidische Selbstverwandler befasst.
Erweiterte Regeln für Tierverwandlungen
Grenzen sind dazu da, um überschritten zu werden.
Nach einem Vorschlag dazu, wie lange es dauert sich die Kleider vom Leib zu reißen, kommen wir gleich zum Kern der ersten Limitierung. Nachdem mit dem Magieband inzwischen eine offizielle Sonderfertigkeit zur Mitverwandlung von Ausrüstung erschienen ist, setzt Götz noch einen drauf und bringt die Erweiterte Mitverwandlung. Diese erlaubt es noch mehr Ausrüstung mitzuverwandeln und endlich auch das Element Erz (zum Beispiel in Form einer Waffe) zu integrieren. Es folgen einige weitere Sonderfertigkeiten und Regeln, die es erlauben sollen, die Spielwerte der Tiergestalt zur verbessern und einem Geweihten in Tiergestalt weiterhin das Wirken von Liturgien zu ermöglichen. Elfen erhalten auch eine Variante für eine nochmals drastisch erweiterte Wirkungsdauer.
Einen stärkeren Hintergrundbezug weisen die Gedanken zur Nahrungsaufnahme, den Tiersprachen und dem Einsatz von Talenten auf. Auch wenn diese nicht wahnsinnig innovativ sind, so kann es sich hierbei dennoch um wertvolle Hinweise für den konkreten Einsatz am Spieltisch handeln. Gerade die Frage, ob Tiere in einer phantastischen Welt wirklich nur Tiere sind oder der Zauberer regelrechte Gespräche mit Ihnen führen kann, macht ggf. einen großen Unterschied.
Magische Tiere, Wolfskinder und Zauberstile
Dann wirkt mein Pferd jetzt einen Axxeleratus und die Sache ist erledigt.
Alrik, der ewige Held
Der Vorschlag zu zauberkräftigen Tieren beruht auf der Idee, dass Tiere ebenfalls Magiedilettanten sein könnten und so über verschiedene Zauber verfügen. Das oben erwähnte Pferd mit AXXELERATUS, der Fuchs mit VISIBILI oder der Bär mit ARMATRUTZ und ATTRIBUTO können so wieder zu echten Herausforderungen werden. Dazu bedarf es dann auch keiner geheimnisvollen Hintergrundgeschichte, eines Fluches oder anderer mystischer Komponenten mehr. Wozu sollte der Jäger von Welt sich auch mit einem gewöhnlichen Wildschwein zufrieden geben, wenn sein Vetter letzten Mond einen magischen Kronenhirsch zur Strecke gebracht hat.
Die Regeln zu den Wolfskindern sind eher unspektakulär. Ich habe die Regeln mangels Interesse nicht in der DSA4 Version nachgeschlagen. Dennoch hätte ich hier etwas anderes erwartet, als einen Vorteil, der es mir erlaubt einen Zauber zu erwerben. Diese Variante erscheint mir doch nicht sonderlich passend auf den Hintergrund abgestimmt. In jedem Fall wird diese Ausprägung wohl in absehbarer Zeit durch die offiziellen Regeln ersetzt werden.
Den Abschluss bilden dann drei neue Zauberstile für Elfen und Druiden, die explizit alle über den Zugriff auf die Sonderfertigkeit Mitverwandlung definiert werden. Obwohl die Zauberstile laut Aventurische Magie explizit ein Feature der Gildenmagier sind, müssen hier im Rahmen der Fokusregel entsprechende Stile auch für andere Traditionen definiert werden, da der Zugriff auf die Zauberstilsonderfertigkeit Mitverwandlung innerhalb des Kanons über dieses Vehikel stattfindet.
Fazit
Der Einsatz eines Helden, der sich sehr stark auf den Adlerschwinge und seine Varianten fokussiert hat, wirft durchaus einige Fragen auf. Neben verschiedenen Komponenten zur Einbettung in den Hintergrund werden auch regeltechnische Fragen relevanter als bei einem Gelegenheitsnutzer. Das Hausregelpaket von Christian Götz liefert dazu einen kleinen Beitrag. Der eigentliche Fokus liegt hier jedoch darauf, Limitierungen und Einschränkungen für Selbstverwandler aufzuheben oder zumindest abzuschwächen. Wer der Meinung ist, dass die Beschränkungen für Verwandlungsmagier oder Elfen dem Spielspaß abträglich sind, der findet hier ein paar Werkzeuge um seine Helden noch etwas aufzurüsten. Der mechanistische Fehler besteht für mich genau darin, dass vieles von dem was hier als „Fokusregel“ präsentiert wird gerade nicht ergebnisneutral fokussiert. Es dient lediglich dazu das Spektrum der Selbstverwandlung nach oben zu erweitern.
Mein persönlicher Bedarf wird mit dem Animalia et Magicae leider nicht gedeckt. Statt dessen gehört es für mich zu einem der Beispiele für Scriptoriumswerke, die ich eher unter Flurschaden verbuchen würde. Die hervorragende Aufmachung und die verlagsgestützte Präsentation erwecken den Eindruck es handle sich hier um ein fast schon kanonisches Werk. Die kleinteilige Aufbereitung in einzelnen Regelelementen tut ein übriges. Für eine weitere Aufrüstung der Selbstverwandler sehe ich jedoch im Moment keinen Bedarf. Wer mit den diversen Einschränkungen aventurischer Zauberwirker unglücklich ist, der muss vielleicht nach einer einfacheren Lösung suchen als das Sammeln neuer Sonderfertigkeiten. Sonst wäre DSA4 vielleicht doch wieder die bessere Alternative.
Der Gestaltwandler am Spieltisch
Der Einsatz eines aktiven Gestaltwandlers am Spieltisch wirft durchaus einige Fragen auf. Die folgenden Überlegungen können bestenfalls als Arbeitsstand gelten, mögen aber ein Licht auf die Fragen werfen, die sich in meiner Spielrunde stellen und wie sie vielleicht beantwortet werden.
- In welche Tiere kann ich mich verwandeln?
Die Frage mag sich zunächst banal anhören, schließlich gibt der Regeltext Auskunft über Typ (fliegend, laufend, schwimmend) und Größe der möglichen Tiere. Dennoch sollte sich ein Held prinzipiell nur in ein Tier verwandeln können, dass er schon einmal gesehen hat. Die Vertrautheit mit dem Tier steigt mit der Häufigkeit, mit der man sich in genau diese Tierform verwandelt. Wenn sich ein Held zum allerersten Mal in ein Tier verwandelt sollte der Zauber zudem erschwert sein. Diese Erschwernis baut sich mit zunehmender Wiederholung sukzessive ab. Ein intensives Studium des Tieres vor der Verwandlung kann den Malus ebenfalls vermindern. Was ein Aventurier eigentlich mit der Verwandlung in ein „großes“ Fluglebewesen erreichen will ist mir bis allerdings bis dato noch unklar. -
Ach was Tiere – Drachen, Greifen, Mantikore. Nur die Phantasie ist meine Grenze!
Mitnichten! Auch wenn der erste Satz in der Zauberbeschreibung aufgrund der völlig unplausiblen Aufteilung (Was bitte soll ein Fluglebewesen sein und warum soll das die Grenze eines Zaubers spezifizieren?) missverständlich ist, so referenzieren alle weiteren Texte (natürlich) wieder auf „Tier“. Drachen sind keine Tiere! Frag doch mal den Purpurwurm was er davon hält. Da der Zauber keine Magie von Tieren emuliert sind auch Chimären, Ikanarischmetterlinge und Greifen (Praios hilf!) keine Option. Nicht dass es deshalb an Möglichkeiten mangeln würde. Einen Moment lang habe ich mit der Möglichkeit zaubernder Tiere geliebäugelt, aber der feuerspeiende Löwe und der baladin beliebte Langfinger-Affe haben mich doch eines besseren belehrt. Nicht alles an DSA4 war schlecht. - Was mache ich mit meinen FP/QS?
Im Gegensatz zu vielen anderen Zaubern kennen die Selbstverwandlungen keine Abstufung nach QS. Eine QS von 2 sollte Voraussetzung sein, um überhaupt die Tierform ohne äußerlichen Makel hinzubekommen. QS von drei oder mehr können eingesetzt werden um besondere Merkmale (z.B. Fellfarbe) oder körperliche Eigenschaften zu formen. Die maximale QS entspricht der Anzahl der bisherigen Verwandlungen. Ab einer QS von vier kann ein besonders prächtiges Tier mit überdurchschnittlichen Spielwerten geformt werden. - Ich möchte den aufrechterhaltenen Zauber unterbrechen. Das kostet mich nur eine frei Aktion!
Auch wenn die Genese der Editionen eher dafür spricht, dass die Sonderfertigkeit niemals für Zauber aus dem Bereich Mutanda gedacht war, so lassen sich regeltechnisch mit diesem Kniff die Kosten für eine zweite Verwandlung nach einer Unterbrechung einsparen. Dennoch sollte die Dauer der Umgestaltung sich an der Zauberdauer orientieren. Eine kurze Rückverwandlung im Flug mit erneutem Aufsteigen nach 1,5 Sekunden sollte eher unrealistisch sein. - Ich möchte meine Ausrüstung mitverwandeln, obwohl ich nicht in Sinoda oder Lowangen studiert habe.
Hier würde ich ganz profan von einer Zaubersonderfertigkeit sprechen, die gegen entsprechende Gefallen und Aufwand in Zeit und AP bei einem der Verwandlungsmeister aus den genannten Akademien erlernt werden kann. Schon hat man wieder einen Aufhänger für eine Belohnung und einen Anstoß für ein Abenteuer. Eine Allerweltsfähigkeit dürfte die Mitverwandlung dadurch aber auch nicht werden.