Gastrezension von Raul Ehrwald
Nach nun einigen mehr oder weniger nützlichen Spielkartensets hat Ulisses Spiele mit Falltüren & Speergruben ein Spielkartenset für die Dungeonfans seines Rollenspiel-Flaggschiffs Indiana Jon… Das Schwarze Auge herausgebracht. Als großer Freund von einer gewissen Portion Zufall am Spielabend, habe ich das vorliegende Set zum Anlass genommen mein lange angedachtes Großprojekt „meine erste eigene Rezension“ endlich in Angriff zu nehmen.
Inhalt
Inhaltlich bietet das Spielkartenset auf 53 Karten verschiedenste Fallen, die entweder per Zufall in beliebigen Dungeons gezogen oder bei der Vorbereitung des Abends gezielt im Abenteuer platziert werden können. Die Vielfalt des Decks geht dabei deutlich über die im Namen erwähnten Falltüren und Speergruben hinaus. So bietet das Deck einen bunten Strauß des typischen Repertoires, welches man aus Titeln wie Indiana Jones, Tomb Raider oder Prince of Persia kennt.
Das Spielkartenset beinhaltet neben den namensgebenden Falltüren zu Speergruben noch diverse andere Fallgruben sowie weitere Klassiker wie Bolzenschussfallen, durch den Raum schwingende Klingen, Räume deren Decken sich senken und natürlich den König der Klassiker: der rollende Felsbrocken. Amüsanterweise hat letzterer sogar Eigenschaften und einen Fertigkeitswert für Körperbeherrschung (Laufen), damit die slapstickmäßige Verfolgungsjagd durch den Gang auch ausgewürfelt werden kann.
Um die Helden nicht schnell mit der x-ten Standardspeergrube oder Bolzenschussfalle zu nerven, bieten die Karten verschiedenste, von profan bis magisch reichende Auslöser sowie variierende Zusatzeffekte in Form von Giften, Krankheiten, Verbrennungen oder Zaubern. Dementsprechend reicht die Tödlichkeit von „Huch!“ bis hin zu „sehr wahrscheinlich tödlich“. Wobei es da auch stark davon abhängt, welcher Held nun der Unglückliche war. So kann der zähe Zwerg mit hohen Lebenspunkten bei etwas Glück sicher auch mal den tonnenschweren Granitbrocken über sich her rollen lassen, während das alte Kräuterhexlein besser nicht voran gehen sollte.
Im Gegensatz zum gleichzeitig erschienen Kartendeck Schätze & Kostbarkeiten ist diese komplett illustrationslos.
Kritik
Bevor hier jemand aufhört zu lesen, weil ich unbewusst zu überschwänglich mein Gefallen am Spielkartenset zum Ausdruck bringe, möchte ich erstmal mit den negativen Kritikpunkten beginnen. Denn die gibt es definitiv, hängen aber stark von den persönlichen Erwartungen an ein Fallen-Deck ab.
Als wichtigstes Bewertungskriterium für die Spielkartensets generell sehe ich den Nutzen als schlanken Ersatz irgendwelcher Regelbücher an. Sicher können sie auch als Gedankenstützen an die Spieler ausgeteilt oder zur Markierung von Fallen auf einem Spielplan genutzt werden, aber den Bedarf an dieser Form der Anwendung schätze ich als eher gering ein.
Also eben nachgezählt: zwölf von 53 Karten verweisen auf eine weiterführende Quelle. Mehrere Karten davon verweisen auf dieselben Stellen und der überwiegende Teil tatsächlich auf das Grundregelwerk, welches ohnehin zum Spielen vorausgesetzt wird. Nichtsdestotrotz können damit näherungsweise ein Fünftel der Karten nicht ohne weiterführende Regelbücher, andere Kartensets mit Zaubern und Effekten (so es die denn alle schon gibt) oder das Regelwiki von Ulisses-Spiele genutzt werden. Bei Zaubern fehlen sogar gänzlich Angaben zur Quelle und zu Seitenzahlen. Das sehe ich deswegen besonders kritisch, da die Karten damit ihr Hauptziel als schlanker Ersatz von Regelbüchern wenigstens teilweise verfehlen. Ob die Regelwerke schlicht nicht obsolet werden sollen oder zu wenig Platz auf den Karten vorhanden war, ist nicht eindeutig ersichtlich. Bei einigen Karten hat es jedenfalls geklappt, beispielsweise die Beschreibung des Gifts mit unterzubringen. Ich hätte mir gut vorstellen können, drei oder vier Fallenkarten weniger zu haben und dafür Karten mit den fehlenden Effekten für den Spielleiter zu bekommen.
Davon abgesehen sind die Karten voll einsatzfähig und bieten alle notwendigen Informationen, um sie schnell einzusetzen. So sind darauf die Schwierigkeiten zum Entdecken und Entschärfen der Fallen genauso angegeben, wie passende Werkzeuge, Auslöser, Schaden und die Komplexität. Lediglich die eine oder andere stimmungsvolle Illustration hätte den Fallenkarten sicher noch gutgetan.
Wer sehr viel Wert auf Simulationismus legt, wird sich an der einen oder anderen Stelle wundern, warum eine Falle weniger oder mehr Schaden macht als eine vergleichbare oder warum eine komplexe Falle manchmal keine Erschwernis auf das Entschärfen bringt und manchmal eine hohe. Für alle anderen kann das als Feature gesehen werden, weil so nie schon bei den Worten „Fallgrube mit Speeren“ klar ist, was die Falle im Detail macht.
Darüber hinaus sind für meinen Geschmack die Schwierigkeiten für das Entdecken und Entschärfen häufig zu niedrig. Am Ende darf die Heldenanzahl nicht außer Acht gelassen werden. Von den üblicherweise drei bis sechs Helden werden ebenso viele Proben gewürfelt und mindestens einer hat eine hohe Sinnesschärfe, um die Falle zu entdecken. Wenn der Dungeon mit seinen Fallen von höherstufigen Gruppen nur noch müde belächelt wird, hatten die Karten zwar ihren Nutzen, aber verschenken doch sehr viel Potenzial. Hier sollte der Spielleiter ggf. die Erschwernis pauschal um einen oder zwei Punkte erhöhen.
Der Punkt der neben der Brauchbarkeit vermutlich mit am meisten über Gefallen oder nicht Gefallen entscheiden wird ist die stimmige Einbindung in jedermanns DSA-Welt. Allen recht kann man es in dieser Hinsicht nicht machen, sind doch die in den Gruppen erspielten Welten bei jedem anders und einzigartig. Wie eingangs schon angedeutet, fühlt sich das Spielkartenset Falltüren und Speergruben nach echtem Abenteuer-Dungeon mit klassischen Fallen an, wie man sie aus Abenteuerfilmen und –videospielen kennt. Persönlich mag ich das sehr gerne, weil es gerade als Zufallselement bei klassischen Dungeons einiges an Bereicherung bieten kann. Da diese meiner Erfahrung nach mit einem Hauch von „Trashigkeit“ behaftet sind und seltener in DSA-Abenteuern vorkommen, muss sich jeder die Frage stellen: Will oder brauche ich das unbedingt für mein Aventurien? Hier kommt die Flexibilität des Decks ins Spiel. Auch stimmungsvoll ausgearbeitete Höhlen, Schlosskeller oder andere unterirdische Gebilde können gezielt mit passenden Fallen ausgestattet werden. Genauso gut können bei der Vorbereitung des Abends alle unpassenden Fallen aus dem Deck entfernt und trotzdem die einzelne Falle per Zufall gezogen werden.
Diese Modularität bietet noch weitere Möglichkeiten. Beispielsweise können nur nichtmagische oder nur weniger tödliche Fallen gewählt werden. Die Diebesgilde, die ihr Versteck gesichert hat, wird vermutlich mehr auf Bolzenschussfallen zurückgreifen, als vorher Gruben zu graben oder Steinbrocken durch ihr Lager rollen zu lassen. Wenngleich bei dem Gedanken mein Kopfkino anspringt und ein paar lustige Szenen auswirft. Irgendeine Form von Markern als Hilfe, um bestimmte Kartentypen (magisch, besonders tödlich usw.) besser auszusortieren wäre jedoch praktisch gewesen.
Fazit
Alles in allem ist das Spielkartenset Falltüren und Speergruben eine angenehme Bereicherung für die eigene DSA-Runde. So kann es als reine Inspirationsquelle, als gezielt eingesetzter Fundus an Fallen oder als Zufallsgenerator für ebenjene eingesetzt werden. Die Karten sind zwar nicht uneingeschränkt losgelöst von Regelbüchern nutzbar, bieten aber genügend Flexibilität, um darüber hinwegsehen zu können. Zumal in diesem Fall hauptsächlich das sowieso erforderliche Grundregelwerk benötigt wird. Darüber hinaus hätten Marker für die Auswahl bestimmter Kartentypen und ein paar Illustrationen das Deck noch abrunden können.
In Einhörnern ausgedrückt, ärgern sich zwei darüber, dass DSA5 zu viele Bücher benötigt und selbst mit dem Spielkartenset der Spieltisch nicht viel leerer geworden ist. Ein weiteres grübelt irritiert darüber, wie man das neue Addon für den letzten Titel der Prince of Persia-Reihe nun auf der Playstation installieren kann. Somit bleiben sechs Einhörner, die sich über Inspiration, ein wenig Slapstick und viele neue Herausforderungen in zukünftigen Dungeons freuen. Sollte eure Gruppe eher einen simulationistischen Spielstil verfolgen, wird sicher noch ein weiteres Einhorn kreischend aufspringen und mähneraufend davonlaufen.
Nandurion dankt Ulisses-Spiele GmbH für das Rezensionsexemplar und Raul Ehrwald für die Gastrezension!
Raul Ehrwald: Hi, ich bin Peter, Jahrgang 86 und komme aus Dortmund. Mit DSA bin ich ursprünglich durch Schatten über Riva in Kontakt gekommen und habe etwa 2003 mit der 3. Edition von DSA das P&P für mich entdeckt. Heute spiele ich neben wechselnden anderen Systemen hauptsächlich immer noch DSA. Nebenbei schreibe ich soweit es die Zeit zulässt für DSAnews und PnPnews, um die Community über Rollenspiel-Neuigkeiten auf dem Laufenden zu halten.
Fehlen mir Karten? Ich finde nur vier mit weiterführenden Verweisen: F 024+F 041 (Aventurischer Almanach) und F 008+F 021 (Regelwerk).
Ansonsten sehr schöne Rezension und das Kartenset ist auch super um es als Inspiration in anderen Regelsystemen zu verwenden.
Danke für dein Feedback und entschuldige bitte die späte Antwort. Tatsächlich habe ich das etwas ungünstig formuliert. Ein direkter Verweis ist, wie du sagst, nur auf den vier von dir genannten Karten enthalten. Darüber hinaus gibt es jedoch noch einige Karten mit Zaubersprüchen, die nicht auf der Karte abgedruckt sind. Diese habe ich auch unter „verweisen auf eine weiterführende Quelle“ gezählt.