Angbar im Spätsommer 1032 nach dem Fall der Tausendtürmigen: Den maraskanischen Magier Madajin hat es nach Angbar, der Hauptstadt des Fürstentums Kosch, verschlagen. Doch noch bevor er die Sehenswürdigkeiten und kulinarischen Köstlichkeiten der Stadt genießen kann, wird er unfreiwillig in einen mehr als seltsamen und grausamen Mordfall verwickelt. Zusammen mit Gergrimm, der Geliebten des ermordeten Zwerges, muss er nun versuchen, den Täter zu finden. Doch in einer ordentlichen Stadt wie Angbar hat es ein bunter Geselle wie Madajin nicht leicht …
Mike Krzywik-Groß lädt mit Angbar Mortis den Leser ein, einen der Protagonisten seines Debütromans Riva Mortis erneut zu begleiten. Für das Verständnis des Buches ist es jedoch nicht notwendig, den ersten Teil der Mortis-Trilogie gelesen zu haben. Der Aufbau der Handlung ist jedoch ähnlich: Der Autor gibt seinen beiden Protagonisten anfangs viel Raum, sich dem Leser zu präsentieren. Das passiert recht ausführlich, leider zu Lasten des Tempos. Doch das gleicht der Autor mit sehr spaßigen und lustig zu lesenden Szenen z.B. über das Sexleben von Zwergen oder die Lebensweise der Angbarer aus.
Irgendwann wird die Handlung schneller und nimmt den Leser dann auch weit mehr gefangen. Wieder schafft der Autor es, ein gut abgestimmtes Maß an Komplexität zu schaffen. Nichts ist langweiliger als ein zu simpler Handlungsfaden, und nichts stößt einen Leser mehr vor den Kopf als eine unverständlich komplexe Story. Mike Krzywik-Groß findet hier einen wunderbaren Mittelweg und schafft es so, den Leser mitfiebern und ihn den Täter raten zu lassen, um ihn am Ende doch zu überraschen. Und überraschend ist das Finale allemal. Zum einen, weil man dem Autor zutraut, auch mal eine Figur „zu opfern“, die dem Leser ans Herz gewachsen ist, zum anderen, weil der Autor moralische Fragen aufwirft, die keine einfache Lösung haben. Er traut sich trotzdem, seine Figuren an solch schwierigen Fragen zu messen. Und es funktioniert. Auch wenn man als Leser vielleicht anders entschieden hätte, so sind die Entscheidungen der Protagonisten doch nachvollziehbar und glaubwürdig. Dies zu schaffen ist für einen Autor keine Selbstverständlichkeit.
Stilistisch hält sich Mike Krzywik-Groß an das, was in Riva Mortis bereits gut funktionierte. Als Leser nimmt man Anteil an den Gedanken und Handlungen der Protagonisten und zuweilen auch anderer Beteiligter. Dieses Stilmittel ermöglicht es dem Autor, eine große Bandbreite von Gedanken zu zeigen. Die Mischung der Gedanken des fremden Magiers Madajin und denen der Zwergin Gergrimm, deren Weltbilder immer wieder aufeinanderprallen, sind einfach lesenswert. Leider hat dieser Stil auch Nachteile. Mehr als einmal erfolgen die Perspektivwechsel so ungünstig, dass man im Lesefluß unterbrochen wird, weil man erstmal nachschauen muß, wessen Gedanken man da eigentlich gerade folgt. Dies ist aber nicht nur dem Autor, sondern wohl auch dem Lektorat geschuldet, dass auch einige andere aventurische Fehler übersehen hat.
Fazit: Mike Krzywik-Groß kann mit seinem zweiten Roman mühelos an die Qualität des ersten Teils anschließen. Die Figuren sind glaubwürdig, die Handlung meist spannend und das Setting sehr interessant. Damit allein würde er aber die Wertung seines Debütromans noch nicht übertreffen. Der Mehrwert entsteht durch Madajin und dessen weltfremde Sicht der Dinge. Eine gesittete koscher Stadt durch die Augen eines Maraskaners zu betrachten, ist einfach sehr amüsant. Sieben von neun Bruderschwestereinhörnern werfen den Diskus und sind gespannt, wie es im dritten Band der Trilogie, nämlich Tuzak Mortis, weitergeht.