Stätten okkulter Geheimnisse

Man nehme und lege sich zur Hand: Greifenfedern und Zaubertinte, zahlreiche Paraphernalia, unter anderem zur Expurgatio der Fehlerteufel, ein Schelmengewand, Grundwerke der Magica Ludi Fantastica und die Urthesis des SEIDENZUNGE. Was fehlt jetzt noch, um mit dem ANALYS der Stätten okkulter Geheimnisse zu beginnen? Ach ja: die passende Musik.

2012 erschien der dritte Teil der Magierakademienbeschreibung aus dem Waldemser Zauberturm. Ursprünglich einmal als Doppelband angekündigt, haben wir nun also eine Trilogie vorliegen, die einen umfassenden Einblick in magische Studierzimmer und Hörsäle gibt. Die wie immer subjektive und tendentiöse Bewertet die Spielhilfe im Forum von dsa4.deRezension aus meiner Hand wird versuchen ganz nach Akademiemagierart die Matrix des Buches in einzelne Bestandteile zu zerlegen, die Teils einen recht unterschiedlichen Charakter aufweisen. Da ich kein Freund von festen Besprechungsschemata bin, folgt dieser Text wieder einer ganz eigenen (Un)Logik.

Praescriptum: Die äußere Matrix: Look and Feel

SoG_Sirdon_Kosmaar

So alt muss ein Magier aussehen: Gandalfs verwahrloster Bruder (von Verena Schneider)

Wie gewohnt hält man einen stabilen Hardcoverband der blauen Reihe mit passendem Lesebändel in der Hand. Zur Abwechslung ist dem Druckerlehrling einmal nicht die schwarze Tinte ausgerutscht, so dass Karten und Illustrationen diesmal gut erkennbar sind (zumindest in meinem Exemplar). Apropos Illustrationen: Ich habe selten einen so gut illustrierten DSA-Band gesehen wie SoG. Ja, liebe Zeichner und Künstler, ihr habt richtig gehört, ein Riesenlob von mir für eure Arbeit (zur Schelte komme ich natürlich auch noch). Das betrifft vor allem die zahlreichen und wunderhübschen Charakterportraits, die sehr plastisch die NSCs verbildlichen. Davon gibt es so viele gelungene Beispiele, dass man sie hier nicht einzeln loben kann. Deshalb insgesamt 9 Einhörner für die Portraits! Allerdings wirkt manch ein Akademieleiter oder Lehrbeauftragter deutlich jünger als sein Geburtsdatum im Text vermuten lässt. Na, schieben wir’s mal auf Kenntnisse der Temporalmagie. Das Lektorat ist wieder einmal eher schlampig, insgesamt habe ich es beim Lesen aber nicht schlimmer befunden als in andern Publikationen der jüngsten DSA-Vergangenheit. Trotzdem: „So schlecht wie für gewöhnlich ist noch lange nicht zufriedenstellend.

Das Cover wurde schon lange und intensiv im Netz besprochen, wo sich eine gewohnt verhärtete Front zwischen Geschmacksverteidigern und Kettenhemdtanga-Liebhabern gebildet hat. Von mir an dieser Stelle nur so viel: Facepalm für diese erogene Lächerlichkeit auf einem ganz hübsch gemalten Karakil. Man sollte eventuell das Schloss Bellevue aus der Seximusdebatte ausklammern, solange solche Räkelhäschen auf DSA-Publikationen ungehashtagt ihrer Wege fliegen dürfen. Gut, Gauck ist auch bekannter als DSA, zugegeben.

Introductio: Der Matrixgeber – Drum herum

Machen wir’s kurz: Einleitung und Vorwort erläutern sinnvoll und strukturiert den Aufbau der Einträge, der grundsätzlich den Vorgängern entspricht. Endlich kommt der Index am Schluss, eigentlich eine Frechheit, dass die Besitzer der ersten beiden Bände auf dieses Instrument verzichten müssen. Die schon fast etwas blasse Karte auf Seite 7 zeigt endlich mal nützlich, wo sich welche Akademien auf Aventurien tummeln und hinterlässt beim Betrachter zunächst ein spontanes: „Ach – so wenig sind das tatsächlich?“ Kommen wir also gleich zum eigentlich Spannenden:

Ad Primum: Die Kernthesis – Akademien von Al’Anfa bis Ysilia

Insgesamt muss (lobend) gesagt werden, dass die Grundstruktur der Akademienbeschreibungen natürlich beibehalten wurde, so dass man sich, wenn man die Vorgängerbände HaM und HmW kennt, schnell in den Kapiteln zurechtfindet. Alle Institute erhalten somit ein unverwechselbares Gesicht (paradox, aber so ist es, werte Collegae). Damit ist schon alles mal allgemein dahergesagt, was sich allgemein dahersagen lässt. Für die spezielleren Aspekte möchte ich die einzelnen Institutsbeschreibungen etwas genauer heranziehen und sie mit Lob und Tadel überziehen. Da wäre …

1. Al’Anfa

Drei Worte zum Charakter: elitär, korrupt, praxisnah
Persönlicher Eindruck: Hmmm… schon ok. Irgendwie habe ich mir von Al’Anfa aber mehr erwartet. Aber vielleicht liegt es auch nur an der zopfbärtigen Antagonisten-Stiefkinder-Diskussion, dass man bei Al’Anfa immer etwas Tolles antizipiert. Man kann auf alle Fälle damit arbeiten.
Das Beste an der Akademie ist …
… das Kellergeschoss, das geradezu nach heldischen Problemlösern schreit (und das ist nicht mal eine Metapher). Außerdem ist die Spektabilität hübsch abstoßend geraten.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… die pornöse Moha-Sekretärin. Aber abgesehen davon ist eigentlich nix wirklich schlecht … nur halt so – unaufregend.
Spontanbewertung: 5 von 10 Bestechungsgeldern

2. Bethana
Drei Worte zum Charakter: kompetent, bibliophil, Universitätsstadtflair
Persönlicher Eindruck: Coole Sache! Da sich die Akademie über ein ganzes Viertel ausbreitet, hat das Ganze die Atmosphäre eines Sommersemesterabends in Freiburg oder Heidelberg. Die Bethaner sind mir insgesamt als Konzept grundsympathisch.
Das Beste an der Akademie ist …
… viel, unter anderem eine Dunkle Pforte im Keller und die obligatorischen geheimnisvollen Ruinen. Aber ein persönliches Schmankerl sind die beiden Zeichnungen von Landor und Thespia, die zeigen, dass der „Bethaner Pagenkopf“ im Horasiat ganz schwer in Mode ist …
Das Schlechteste an der Akademie ist …
Da die Räumlichkeiten der Akademie über die ganze Stadt verteilt sind, haben wir auf einen Plan der Akademie verzichtet.“ (S. 23) Wie BITTE!!!!??? Gerade da, wo die Architektur und Verteilung einmal wirklich cool gewesen wäre, und wo man nicht das 12. Schulgebäude à la Kleinstadtgymnasium 1912 malen musste, da verzichtet man auf eine Karte? Weil’s zu aufwändig sein soll??? HrmmgrmpflgrxfkGrrrr! So kriegt ihr mich schon noch zum Ranten, Leute.
Spontanbewertung: 9 von 10 Dispensen

Die Banalität des Bösen: Maryan di Shumir (von Verena Schneider)

3. Elburum
Drei Worte zum Charakter: finster, böse, penibel
Persönlicher Eindruck: Ich bin froh. Eine belkelelgefällige, dämonologische Zauberschule hätte es sehr leicht gemacht, entweder die Lack-und-Leder-Fantasien ungeküsster RollenspielER zu bedienen oder einen aventurischen Splattermovie à la Saw-Hostel-Hatchet-eins-bis-neun für alle Freunde der unterdrückten Foltergelüste zu inszenieren. Elburum ist nichts von beiden, und das ist gut so. Stattdessen ist es eine hinreichend düstere und gestörte Version der anatomischen Wissbegier.
Das Beste an der Akademie ist …
… die Spektabilität, die zeigt, dass der Schritt von der fanatischen Weißmagierin zur postborbaradianischen Dämonenrektorin klein ist. Das Böse im makellosen Gewand des Codex Albyricus. Außerdem ist die Liste der Forschungsfelder (S. 36) schön zusammengestellt.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… die langweilige und kreuzbrave Karte. Lang lebe das Quadrat!
Spontanbewertung: 8 von 10 Flaschen schwarzer Wein.

4. Kuslik
Drei Worte zum Charakter: aristokratisch, traditionsbewusst, verschnarcht
Persönlicher Eindruck: Tja, da hat wohl Harry Potter zugeschlagen. Wer einmal im Greifenflur wohnt, der braucht sofort große runde Augengläser und ein jahrelanges kompliziertes Verhältnis zu Hesindiane Grangorer. Ansonsten ist Kuslik grundsolide, so dass … äh … Pfffff-Schnarch …
Das Beste an der Akademie ist …
… der Grundriss, der schön ein Renaissancegebäude widerspiegelt. Und die Verstrickung des Instituts in alle möglichen Fraktions- und Familienränke.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… die Szenarioidee. Genau, es gibt nur eine: Die Spieler müssen es schaffen, dass der kleine Ersti ins politisch richtige Wohnheimzimmer gelegt wird. Das ist ja mal episch! Was soll danach noch folgen in der Karriere unserer Helden? Zwei Säcke Wurzelgemüse von Sjepengurken nach Ouvenmas tragen? Oder gar … äh … Pfffff-Schnarch …
Spontanbewertung: 4 von 10 geheimen Prüfungsprotokollen

5. Lowangen
Drei Worte zum Charakter: sozialdarwinistisch, traditionell, unterfinanziert
Persönlicher Eindruck: Als alter Freund Lowangens fand ich das Nebeneinander der beiden Akademien schon immer reizvoll. Darüber hinaus stellt die einzige schwarze Schule nördlich des Rashtulswalls etwas Besonderes dar. Das Nebeneinander von tiefschwarzer Pädagogik und Verteidigungswillen gegen die Orks, von einfacher Ausstattung und Omnipräsenz des sinistren Großmeisters macht einfach Spaß.
Das Beste an der Akademie ist …
Oswyn Puschinske. Weil er einfach megacool ist. Und aussieht wie David Carradine.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
Elcarnas Geheimnis, das wirkt nämlich ein wenig konstruiert. Aber so richtig schlecht ist das auch nicht, es muss jetzt nur irgendwas zum Meckern her.
Spontanbewertung: 8 von 10 Gartenhäuschen

6. Mendena
Drei Worte zum Charakter: militärisch, kreativ, taktisch gerissen
Persönlicher Eindruck: Eigentlich ein reizvoller Mix: militärisch ausgerichtete Magier mit unorthodoxer Offensivmagie. Ich mag ja eigentlich jeden Schritt weg von der langweiligen klassischen Kampfmagie hin zur kreativen Zauberanwendung.
Das Beste an der Akademie ist …
… eine Magierausbildung, die auf das Zusammenspiel mit kleinen Kommandoeinheiten hin getrimmt ist. Das schreit gerade zu nach Feldeinsatz mit Helden.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… dass die Mendener allerdings wohl nur in grau-grau-mausegraue Gruppen integrierbar sind. Und bitte: Ist dieses Akademiesiegel euer Ernst? Gekreuzte bluttriefende Beile? Hat da der Aikar Brazoragh einen Tätowiervorlagen-Wettbewerb gewonnen? Dem hingegen ist mir allerdings die Spektabilität eindeutig zu farblos geraten. So wie das Akademiegebäude halt auch.
Spontanbewertung: 6 von 10 halbdämonischen Archen

7. Norburg
Drei Worte zum Charakter: abgelegen, fähig, kundenorientiert
Persönlicher Eindruck: Ich mag ja die kleinen, gemütlichen, lieben Akademien ganz gern und daher finde ich auch die Norburger hochsympathisch. Ob ein pazifistisch gesinnter Heilmagier in der klassischen Heldengruppe glücklich wird, ist eine andere Frage. Arbeit genug gäb’s zumindest meistens für ihn.
Das Beste an der Akademie ist …
… die exotische Fusion mit der aufgelösten Akademie in Ysilia.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… der Szenariovorschlag, der ein langer, langer Schlauch ist. Und die gemütliche Oma auf dem Portrait mag so gar nicht zu der knallharten Beschreibung der Spektabilität passen.
Spontanbewertung: 6 von 10 Leuchtpilzen

Das dünnste Hemd von Punin: Sexy Elfe (rated MMMM)

Das dünnste Hemd von Punin: heißes Elfchen, rated MMMM (von Verena Schneider)

8. Punin
Drei Worte zum Charakter: groß, größer, Punin
Persönlicher Eindruck: Punin erfüllt die Erwartungen, die man nach all den Jahren an DIE Akademie schlechthin auf aventurischem Boden hat. Die stocksteife und abgehobene Wissenschaftlichkeit der Puniner wird gelungen ausgebreitet.
Das Beste an der Akademie ist …
… die gelungen-sinnvoll-sinnlose Architektur des Bodenplans. Das Portrait Sirdon Kosmaars als verwahrloster Gandalf.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… die Erotikelfe mit der vierfachen M-Alliteration im Namen, die nach Punin passt wie Dolly Buster auf den Lehrstuhl für angewandte Philosophie der TU Berlin.
Spontanbewertung: 8 von 10 Elfenbeintürmen

9. Rommilys
Drei Worte zum Charakter: knallharte Zauber-Geheimagenten
Persönlicher Eindruck: Tja, der Spagat zwischen praiosgefälliger Reichsgöttertreue und phexischem Informationsgewinn ist nicht so einfach – und wirkt als Akrobatiknummer auch etwas gezwungen. Ach, und schon wieder ein „Greifenflügel“. Wenigstens ist „Gänseflügel“ als Wortschöpfung lustig.
Das Beste an der Akademie ist …
… endlich mal eine Liste mit genauen magischen Sicherungen für den vollgestopften Giftschrank.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… eigentlich nix. Allerdings ist die Szenarioidee mit einer namenlosen Verschwörung irgendwie … Pfff-Schnarch …
Spontanbewertung: 5 von 10 Praiostempeln

10. Tuzak
Drei Worte zum Charakter: maraskanisch, verschroben, tierlieb
Persönlicher Eindruck: Maraskan … Ich HASSE Maraskan. Aber … wie geil ist das denn?!? Diese Akademie finde ich so klasse, dass ich sofort ein Abenteuer dort leiten möchte! Schade, dass es sie im aktuellen Aventurien gar nicht mehr gibt.
Das Beste an der Akademie sind …
… unglaublich viele lustige Einfälle: Die Angst, dass irgendwelche Tiere die adlergeschwingten Mitnovizen sein könnten, der Zusammenhang zwischen mittelreichischer Unterdrückung und maraskanischem Widerstand, die „neopeldische Selbstwandlung“ und die „synaloephische Universalität der Milz“ – hier war jemand mal stimmig-kreativ. Auch toll: Der Szenariovorschlag lässt den Untergang der Akademie durch die borbaradianische Infiltration nacherleben. Daumen hoch.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… eigentlich nix. Der Akademieplan sieht halt aus wie ein niedrigaufgelöstes GIF aus den späten 90ern (vielleicht ist er ja eins) …
Spontanbewertung: 10 von 10 Maraskantaranteln, Bruderschwester! (ungerade Zahlen gehen hier nicht ..!)

11. Vinsalt
Drei Worte zum Charakter: schnippel-die-Leich
Persönlicher Eindruck: Wer den sanften Schauer einer nüchtern beleuchteten Pathologie mag, fühlt sich in Vinsalt zuhause. Die Vinsalter sind ein bisschen gruslig und ziemlich professionell.
Das Beste an der Akademie ist …
… die Zusammenarbeit mit der Connetablia, die das Krimiflair perfekt macht; Einführung der vier-Säfte… äh … sechs-Elemente-Lehre, schön historisch angehauchte Medizin. Toller Lageplan, sehr barock.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… ein Babykopf in einem Einmachglas (S. 125)? Seriously!? Und: Ist das noch Magie oder bloß eine medizinische Fakultät?
Spontanbewertung: 6 von 10 Rippenspreizern

12. Yol-Ghurmak
Drei Worte zum Charakter: gigantischer akademiegewordener Alptraum
Persönlicher Eindruck: Wem Norburg zu nüchtern ist, der darf in Yol-Ghurmak Highfantasy-Dämonentürme bekraxeln, bis er in die Sternenleere spucken kann. Man hat sich Mühe gegeben, das dämonisch-groteske auf die Spitze zu treiben. Das muss bei DSA auch mal ok sein.
Das Beste an der Akademie ist …
… die Idee, dass sich die monströsen Türme je nach Beschwörung neu ausrichten. Überhaupt ist der Grundansatz der dämonologischen Gigantomanie gut.
Das Schlechteste an der Akademie ist…
… dass Balphemor von Punin noch immer aussieht wie eine verholzte Grundschullehrerin. Und der Sternenturm hat eindeutig zu viele Treppen. Man darf sich darüber hinaus getrost fragen, ob Yol-Ghurmak nicht eher nach Mordor gehört, für Fans des fantastischen Realismus (reflexhafte Hasstiraden zu dem Begriff bitte in die Kommentare) dürften die Dämonentürme (Achtung: Witz) eine Nummer zu groß sein.
Spontanbewertung: 8 von 10 Paktgeschenken

13. Ysilia
Drei Worte zum Charakter: tragischer Untergang einer Akademie (gut, es sind vier)
Persönlicher Eindruck: In Ysilia ist erst mal nicht alles shiny, und Magister, die in Ruinen hausen und von der weißen Gilde vergessen werden, stellen eine schöne Alternative zur den vielen „wir sind ja so cool und privilegiert“-Schulen der Magie dar.
Das Beste an der Akademie ist …
… der Kurs „tobrische Tonkunde für Fortgeschrittene“. Nein, im Ernst: Das Beste ist die Fallhöhe hin zu Magiern, die Dächer decken und Mauern ausbessern.
Das Schlechteste an der Akademie ist …
… dass die Szenariovorschläge eher kleine Einfälle sind. Der kürzeste ist gerade mal 54 Worte stark.
Spontanbewertung: 7 von 10 Töpferscheiben

Ad Secundum: Paraphernalia – ein Kessel bunter Lehrmeister

Lehre, wie man sie sich unter Meistern vorstellt

Lehre, wie man sie sich unter Meistern vorstellt (von Tristan Denecke)

Der einleitende Text zu allgemeinen Bedingungen für aventurische Lehrmeister, dem Leben der Lehrlinge und der Ausbildung macht Lust darauf, einmal mehr aus diesem vernachlässigten Zweig der aventurischen Magietradition in den Spieleabend einzubauen. Auch eigene Lehrmeister lassen sich damit sicherlich vortrefflich generieren, zumindest als Grundkonzept. Die grauen Kästen geben dazu noch nützliche Rahmeninformationen.

Die folgenden Lehrmeister versammeln wieder einiges an Kreativität und schöner Ausgestaltung, allerdings scheint mir der Kessel gar nicht so bunt wie von mir selbst betitelt, im Gegenteil, ich erkenne einen deutlich Hang zum dunkelgrauen Einerlei. Sprich:

Würden Sie dieser Frau ihr magisch begabtes Kind anvertrauen?

Würden Sie dieser Frau ihr magisch begabtes Kind anvertrauen? (von NN)

Eine erstaunlich große Anzahl der Lehrmeisternden sind irgendwie finster, sinister, moralisch flexibel … modernes Rollenspiel halt. Apropos Magie in den Schatten: Viel wurde auch über den Sinn und Unsinn der Obskuromantie in Foren diskutiert, wie sie Deveron Elgarstyn betreibt. Mir ist das Ganze auch eine Spur zu cool und stylish, das liegt aber auch einfach daran, dass mir alleine das Begriffsfeld „Assassinen, Attentäter und Meuchler“ eine akute Tyron-Nightfire-Allergie beschert …

Machen wirs kurz: Ich hätte ein paar mehr liebe, nette, verschrobene, märchenhafte, idealistische Lehrmeister als Gegenpool zu all den Wuhahaha-Missetätern gut gefunden. Sehr cool hingegen und mein Highlight: Luminoffs kulinarische Köstlichkeiten. Die Emanzipation des Zuckerbäckers vom Toilettenwitz der DSA-Welt hat längst begonnen.

Addendum: Zahlen, Zeichen, Zwischensummen

Der abschließende Regelblock bietet auf alle Fälle jede Menge Neues für Generierungsexperimente. Er macht eigentlich Lust vom etwas ausgetretenen Puniner Schwert-und-Stab-Halle-des-Dracheneis-Pfad abzuweichen. Auch hier gilt wie immer: Aufgrund einer akuten angeborenen Regelblindheit gilt für mich die Antidiskriminierungsverordnung für charakterspielorientierte Rollenspieler. Gesegnetere Regelfüchse sind natürlich herzlich eingeladen, hier Fehler und Ungereimtheiten zusammenzutragen und uns mitzuteilen.

Largitio: Die Wertung

Auch der letzte Rest vom Filetstück „aventurische Magierakademien“ schmeckt mir und kann den recht hohen Standard der beiden Vorgängerbände halten. Noch einmal werden die Institutionen ausführlich und mit geschärftem Profil vorgestellt und bieten Meistern und Spielern von klassischen Magiern jede Menge nützlichen Hintergrund. Wer die beiden anderen Akademiebände hat und schätzt (Nandurion rezensierte hier und hier), für den ist Teil drei eigentlich ein Muss.

Spielhilfe Brauen für Fortgeschrittene II (Proseminar mit praktischer Übung)

Spielhilfe Brauen für Fortgeschrittene II – Proseminar mit praktischer Übung (von Verena Schneider)

Aber: Mir hätte das Festmahl auf zwei große Portionen verteilt besser geschmeckt, so wie es auch ursprünglich angedacht war. Stätten okkulter Geheimnisse wirkt auf mich schon ein wenig, als hätte man den Rest noch einmal gestreckt: Man kratze alle aufgelösten Akademien zusammen, garniere das Ganze mit 3W6 Lehrmeistern und schmecke es mit einem kräftigen Schuss Generierungsregeln ab. Kein schlechtes Restessen, wirtschaftlich sinnvolles Kochen und es schmeckt ja auch – aber der Beigeschmack der Sättigungsbeilage bleibt zurück.

So, dann schreiten wir mal zur Endbeurteilung, liebe Collegae: Der Prüfling verfügt über das im Erwartungshorizont festgelegte Grundwissen, steht somit in der Tradition seiner großen Vorbilder und kann durch Detailwissen durchaus glänzen: Macht schon mal zwei Unicorni unter dem Examensprotokoll. Darüber hinaus kann er vor allem im Malen und Zeichnen hohes Talent demonstrieren, dafür verleihen wir ihm das große Unicornis Illustrationis; allerdings weist das Titelkupfer darauf hin, dass der Candidatus seine Examensfeier im örtlichen Rahjatempel abhalten sollte, um etwas Druck abzulassen. Ein Unicornis wird gestrichen für merkliche Schwächen in der schriftlichen Form, was vor allem im akademischen Bereich intolerabel ist. Ansonsten sind einzelne Teile der Arbeit mal gelungener, mal weniger gelungen. Hmmm – und für eine Notenfindung ist natürlich der Vergleich mit den vorhergehenden Prüfungen unerlässlich: Der erste Candidatus erhielt 8 Unicorni, der zweite noch 7, war der hier nicht noch einen Tick … ich meine einen Tick weniger gut aufgestellt? Insgesamt, werte Collegae, schien er mir etwas dünner vorbereitet, weniger gehaltvoll und arbeitete auch etwas mit Versatzstücken, nicht wahr? Also: auf alle Fälle bestanden, aber eher „gut bis befriedigend“ als „vollkommen gut“? Sechs Einhörner, will ich meinen.

Bewertung Einhorn 6

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars durch Ulisses Spiele.

Über Vibarts Voice

1986 entwickelte Michael Gorbachow den Begriff "Glasnost" und die Raumfähre Challenger explodierte beim Start. Im selben Jahr wurde DSA Teil meines Lebens, und obwohl die UdSSR und das Space-Shuttle-Programm längst Geschichte sind, ist DSA noch immer zentraler Aspekt meiner Existenz. Ich spiele und meistere regelmäßig. Seit Mai 2012 bin ich darüber hinaus hier bei Nandurion tätig.
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14 Antworten zu Stätten okkulter Geheimnisse

  1. Bedanker sagt:

    Vielen Dank für diese schöne Rezi !!!

  2. Cifer sagt:

    Zwei Anmerkungen:
    Das Zeichen, das bei Mendena in der Kurzbeschreibung zu finden ist, ist nicht das Akademiesiegel (die Akademie hat keins), sondern das Symbol Belhalhars, wie es auch z.B. schon im TCD zu finden war. (Yol-Ghurmak genauso)
    Und die Lehrmeisterauswahl ist IMO sehr verständlich, wenn man sich einfach mal die Zahl der Akademien ansieht: 11 weiße, 18 graue und ganze 5 schwarze.

    • Vibarts Voice sagt:

      Vielen Dank für den Hinweis! Das mit dem Symbol Belhalhars war mir tatsächlich nicht aufgefallen, bleibt natürlich die Frage, in wie weit das für die Mendener letztendlich passend ist.
      Ah, nur etwa ein Siebtel der Akademien ist schwarz? So genau hatte ich mir das noch gar nicht ausgerechnet. Eventuell sollte das ja tatsächlich durch eine Landplage an finsteren Lehrmeistern ausgeglichen werden… 🙂

      • FJ sagt:

        Eben das (die schwarzen und gildenlosen haben aus verschiedenen Gründen die meisten unabhängigen Lehrmeister) steht sogar im von dir gelobten Lehrmeister-Einleitungstext 😉
        Ansonsten danke für die Rezension.

    • ulix sagt:

      Auch ohne die Spielhilfe gelesen zu haben macht es durchaus Sinn, dass sich eher „schwarze“ Magier entscheiden, den Weg eines privaten Lehrmeisters einzuschlagen, als dies graue (von weißen ganz zu schweigen) tun würden.

  3. Tasle sagt:

    Es wird ja auch immer angemerkt, dass die schwarze Gilde ihre Schüler vor allem von privaten Lehrmeistern bezieht

    • Xeledon sagt:

      Da spielt insbesondere halt auch der Hang zum Individualismus und das grundsätzlich größere Mißtrauen in übergreifend regulierende Organisationen mit rein. Trotzdem wäre es imho durchaus sinnvoll gewesen, noch ein oder zwei weniger dunkle Alternativen mehr mit ins Programm zu nehmen. Aber vielleicht könnte man ja auch im Boten mal noch den ein oder anderen Lehrmeister nachliefern…

  4. Varana sagt:

    Das Beste an der Rezension ist…
    … die musikalische Untermalung für Maraskan. 😀

  5. Gerrit sagt:

    Schöne Rezension weil deutlich erhellender und trotzdem unterhaltsamer als was ich bisher dazu lesen durfte. Vielleicht ja hoffentlich dann die „Klingentänzer“ in ähnlicher Manier.

    Diesen Band hole ich mir allein wegen des Titelbildes nicht. Sowas gehört boykottiert.

  6. Allondro sagt:

    Lieber Vibart, Deine Rezensionen sind immer wieder ein Lesegenuss!
    Auch ich hatte mir (qua persönlichen Bezugs 😉 die al’anfanische Fakultät ein wenig reizvoller erhofft.

  7. Horus sagt:

    Hi VV,
    sehr gute Rezession! Hat mir gefallen!
    Grüße aus dem Ruhrgebiet

  8. Vibarts Voice sagt:

    Kurz ein Gruß aus meinem diesjährigen Urlaub auf den Zyklopeninseln:

    1. An alle die mich völlig zur Recht darauf aufmerksam gemacht haben, dass laut Setzung die Mehrheit der privaten Lehrmeister Schwarzkappen sind: Das trägt natürlich absolut zur Konsistenz der Setzung bei und ist legitim für die Spielhilfe. Aus meiner Sicht wäre es aber für alle Spieler, die nicht sinistre Kapuzenträger spielen wollen, ein schönes Angebot gewesen, ihnen dafür etwas Futter zu geben. Mehr will ich zu deisem Thema gar nicht aussagen.

    2. An Allondro und Horus: Schön von euch zu hören, gerade da euch der Hang zu sinistren und moralisch nicht ganz einwandfreien Akademiemagiern verbindet, deren Akademien im jüngsten Band besprochen werden. 🙂

  9. Honak sagt:

    Die „Erotikelfe“ hat nach einem Gastauftritt an unserem heimischen Spieltisch nur noch den Spitznamen „die Cheerleder-Magistra“.

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