Ich habe bis heute noch niemanden getroffen, der behauptet hat, die aventurischen Magieregeln seien nicht komplex genug. Nein, Feyamius, du zählst nicht, du sagst das ja nur über Artefakte. Ich selbst sehe relativ gut durch, auch wenn ich regelmäßig das Wege der Zauberei verfluche, dessen Übersichtlichkeit eher unterirdisch ist. Und dann gibt es da noch Myranische Magie. Hier muss ich gestehen, dass ich die Erstauflage seit einiger Zeit bei mir im Regal stehen habe. Und da ich zu den Hobbycharakterbastlern gehöre, zog ich sie auch des Öfteren mal raus, blätterte darin rum, nickte verständig und stellte sie dann wieder zurück – so ein Myrmidone spielt sich bestimmt auch ganz interessant.
Seit der 2014er Spielemesse Essen ist nun die überarbeitete Neuauflage rausgekommen und vor nunmehr knapp zwei Wochen gelangte sie auch in meinen Besitz. Jetzt wird also alles besser und deshalb will ich im Rahmen dieser Rezension auch ein wenig meinen eigenen Lernprozess dokumentieren, so denn ein solcher eingesetzt hatte. Das Buch selbst hat 256 Seiten, das macht (abzüglich Werbung) sechs mehr als sein Vorgänger. Zielsetzung ist, dass alle beleuchteten Teile der myranischen Zauberkünste – also Traditionsrituale, Instruktionen (was man im aventurischen unter Spruchzauberei fassen würde) und Wesensbeschwörungen – ohne Verweis auf Wege der Zauberei auskommen. Dieses wird ja mit Erscheinen der fünften Edition vermutlich nicht mehr nachgedruckt werden, während Myranor sich mit dem Editionswechsel zumindest noch etwas mehr Zeit lässt. Einzig die Influxion, also die längerfristige Bindung von Magie an Materie, welche Artefakterschaffung, Nekromantie und Golemantie umfassen wird, wird in den Band Myranisches Zauberwerk ausgelagert, auf den schon die erste Auflage von MyMag gern verwies und der bis heute nicht erschienen ist. Aber eines Tages …!
Das Korrektorat des Bandes ist, abgesehen von einigen wenig störenden Schnitzern, gut, die Illustrationen wurden aus der ersten Auflage übernommen und können sich noch immer sehen lassen. Einzig bei der limitierten Edition prangt das Problem gleich auf dem Cover, denn der Titel ist leider erstens leicht verrutscht und zweitens in einer anderen Schriftart als bei den anderen Myranorbänden. Schade drum.
Der Inhalt
Quellen sind quasi myranische Merkmale, wobei jeder Zauber nur eine einzige Quelle hat, aus der er seine Macht bezieht. Der Unterschied: Im Konzept des Merkmals sind verschiedene Prinzipien scheinbar willkürlich zusammengefasst – hier finden sich einerseits extrem spezifische Wirkungen wie „Heilung“, dann etwas gröbere wie „Form“ und schließlich auch solche, die gar nicht die Wirkung des Zaubers, sondern den Ursprung der Wirkung bezeichnen, wie „Humus“. Myranor setzt hier durchgängig die Quellen ein, die jeweils aus den einzelnen Sphären stammen und entweder Ursprungskraft oder Ziel eines Zaubers kennzeichnen. Die häufigsten Quellen sind die elementaren (die bekannten sechs Elemente und Kraft), stellaren (Prinzipien wie „Harmonie“, „Aggression“, „Erfolg“) und dämonischen (die zwölf aventurischen Domänen und noch vier oben drauf), wozu noch als einzelne zusätzliche Quellen „Zeit“, „Natur“ und „Totenwesen“ kommen.
Outgame werden die Quellen durch einzeln steigerbare Zaubertalente abgebildet, getrennt nach Wesens- und Essenzbeschwörungen. Ein meisterlicher Erdzauberer hätte also z. B. „Essenz Humus 15“ auf dem Charakterbogen stehen und spricht damit dann jede ihm bekannte Zauberwirkung der Quelle Humus. Will er hingegen einen Humusgeist beschwören, braucht er „Wesen Humus“.
Zunächst werden die Grundzüge der myranischen Magie vorgestellt. Altbekannte Begriffe wie „Astralenergie“ mischen sich mit neuen wie „Quellen“ und werden in beiden Fällen auch wieder neu erklärt. Offenbar meint man es ernst mit der Abkapselung vom WdZ. Danach folgt eine Kurzbeschreibung der Sphären und des Limbus, da in der myranischen Magie für alle Arten von Zaubern entweder auf die Wesen oder die Essenzen fremder Sphären zurückgegriffen wird. Diese gehören darum auch mit zu den wichtigsten Bestandteilen der Zauberei, statt wie in Aventurien effektiv mit „Dere“, „Götter“, „Niederhöllen“ und „Rest“ für 90% des Spiels adäquat abgehandelt zu sein. Nein, im Myranischen handelt es sich hierbei um die Heimstätten der sogenannten „Quellen“, gewissermaßen des Werkzeugkastens aller myranischen Zauberer, die darum im nachfolgenden Kapitel ausführlich beschrieben werden. Jede Quelle bekommt dabei eine Beschreibung, einige positive Aspekte (die man mit Zaubern der Quelle steigern kann), einige negative Aspekte (die man mit Zaubern der Quelle senken kann) und manchmal noch ein zugeordnetes Element – das betrifft logischerweise in erster Linie Elementarquellen, aber auch einige dämonische wie Aggari herrschen über Un-Elemente.
Im nächsten Kapitel geht es um die Beschwörung im Allgemeinen, wobei in Myranor als „Beschwörung“ jede Zauberwirkung gilt, die kein Traditionsritual darstellt. Neben Steigerungskategorien werden hier auch die Bestandteile einer Do-it-yourself-Werkstatt aufgebaut, mit der man sich einzelne Zaubersprüche zusammenbasteln kann. Möchte man also wissen, wie schwer ein Spruch mit Struktur (Komplexität der Wirkung) A, Zauberdauer B, Wirkungsdauer C und Reichweite D ist, muss man einfach nur die jeweiligen Spalten aufaddieren. Fortgeschrittenere Zauberwirker können das ganze auch ohne vorgefasste Zauberformeln spontan zusammenbauen.
Durch die Kombinationen von Quelle und Instruktion können sehr unterschiedliche Zauber erstellt werden. Nimmt man zum Beispiel die Instruktion Transfer und kombiniert sie mit der Quelle Humus, erhält man einen Zauber, mit dem Lebensenergie von einer Person zur anderen verschoben wird. Mit Transfer und Erkenntnis könnte man hingegen Erinnerungen stehlen.
Leicht zu überlesen: Jede Instruktion ist eine eigene Sonderfertigkeit, die erst gekauft werden will. Wer als Meister des Humus heilen will, braucht also die SF Instruktion: Heilung. Mit der kann er dann aber auch z. B. mit der Quelle Erz ein zerbrochenes Schwert kitten.
Darauf folgt dann die Essenzbeschwörung, speziell die Instruktionen – also die Grundformen der Zauber, die 99% des Liber Cantiones ausmachen. Eine Instruktion wie „Hellsicht“ oder „Explosion“ wird dabei stets mit einer Quelle kombiniert und kann dann unterschiedliche Wirkungen erzielen. Jeder Instruktion werden zudem noch gewisse Basiswerte zugeordnet, was Schwierigkeit, AsP-Kosten und Zeit angeht. Ein so freies Konzept weist natürlich auch gewisse Schwächen im Balancingbereich auf: Die meisten Instruktionen haben als Basisdauer eine Spielrunde, egal, ob man sie für einen nützlichen Zauber eigentlich nur einen Kampf lang (Erhöhung eines Kampftalents) bräuchte oder etwas längerfristiger (Erhöhung eines Handwerkstalents). Dem wird durch eine sinnvolle Skalierung entgegengewirkt, in der die AsP eines Zaubers in Basis- und Zeitkosten aufgeteilt sind und die Zeitkosten pro Kategorie (50 KR, 1SR, ZfP* SR…) verdoppelt werden. Auch etwas seltsam wirken die Kosten des Schadenszaubers, mit dem man einem Gegner für 1 AsP 1W6 AuP abziehen kann.
Danach geht es erstmal weg von den Instruktionen und hin zur Wesensbeschwörung. Geliefert werden hier allerlei Dienste und Eigenschaften von beschwörbaren Kreaturen, gefolgt von einer großen Beispielliste der Wesen selbst. Die Menge an Dämonen ist im Vergleich zu WdZ etwas überschaubarer, sollte aber für den Hobbybeschwörer ausreichen – ansonsten muss es halt doch der Blick über den Thalassion sein. Einzig die im Vorgänger noch präsente Tabelle der aventurischen Dämonen samt myranischen Namen und vor allem der Schwierigkeit, diese um Dienste zu bitten statt zu ihnen zu befehlen, fehlt hier leider. Über einen entsprechenden Download auf der Uhrwerkwebsite würde sicherlich nicht nur ich mich freuen.
Neben der aventurisch bekannten Invocation gibt es hier die Inspiration, mit der der Zaubernde – oder eine andere Person – die Kräfte einer gerufenen Wesenheit erhält, indem diese in ihn hineinbeschworen wird. Dieses Konzept der freiwilligen Besessenheit gehört auf jeden Fall zu meinen liebsten auf dem High-Fantasy-Kontinent Myranor. Gerade die animistischen Traditionen blühen dadurch deutlich auf, die Anlehnung an z.B. das Konzept des Pferdes im Voodoo ist offensichtlich.
Das nächste Kapitel des Buches ist für alle gedacht, die sich nicht auf der Stelle ihre Zauber selbst ausdenken wollen. 175 Formeln – fünf zu jeder Quelle – geben ein recht gutes Gefühl dafür, was man so alles mit der Zauberei anstellen kann, wobei man auch ohne mentale Verrenkungen diese Zahl nochmal vervielfachen kann, indem man beispielsweise bei einem Feuerstrahl die genutzte Quelle gegen eine andere austauscht und mit Aggari einen dämonischen Erzstrahl bekommt oder numerische Werte wie die Zahl der LeP eines Heilzaubers ändert. Positiv fällt dabei auf, dass bei vielen kampfrelevanten Zaubern die Zauberdauer realistisch gehalten ist, statt wie im Liber Cantiones ohne ein paar Halbierungen kaum verwendbar zu sein.
Übrigens: Die alte Version von Myranische Magie wies teilweise andere Formeln auf. Die Zahl ist ungefähr gleich geblieben, aber einige Quellen hatten massiv mehr Formeln abbekommen als andere. Wer also nach Inspiration Anregungen für weitere Formeln sucht und die alte Ausgabe zur Verfügung hat, wird dort sicher fündig werden, sollte aber die dortigen Formeln vor Verwendung lieber nochmal mit den neuen Regeln nachrechnen.
Formeln sind zum einen die festgeschriebenen Zaubersprüche Myranors – also eine genaue Kombination von Quelle, Instruktion (oder Invocation/Inspiration) und Parametern – und zum anderen auch noch ein Bonus auf den Wert der dabei verwendeten Quelle von 1 bis 7 Punkten. Ohne die Spontanzauberei-SFs bleibt ein myranischer Zauberer auf seine gekauften Formeln beschränkt.
Bei diesen gewann ich vor allem den Eindruck, dass myranische Magie, solange man nicht auf die eher hochstufigen Spontanbeschwörungen zurückgreifen kann, extrem rigide ist. Kennt man aus Aventurien seine Zauber mit Varianten, SpoMods und änderbaren Parametern, ist eine einmal gelernte Formel in Myranor in Stein gemeißelt: Der Feuerstrahl macht 6W6 Punkte Schaden, hat eine Reichweite von 21 Schritt und ist in zwei Aktionen zu sprechen. Punkt. Wer was anderes will: Da drüben ist die Zauberwerkstatt. Dort lässt sich mit für SCs vertretbarem Aufwand ein Feuerstrahl in drölfzig verschiedenen Arten basteln, aber am Ende kommt eben immer wieder eine absolut feste Formel raus.
Wenn der Humusheiler also kein besonders guter Spontanzauberer ist, benötigt er eine Formel – zum Beispiel den „Großen Heilzauber“, der mit der Quelle Humus und der Instruktion Heilung 21 LeP heilt (und je nach Qualität der Formel die regulär um 6 Punkte erschwerte Probe auf die Humusessenzbeschwörung noch um ein paar Punkte erleichtert).
Nächster Halt: Ritualzauberei. Als ich das Buch zum ersten Mal durchlas, fühlte ich mich hier wie ein Entdecker, der endlich wieder auf festem Land stand. Die Druckerschwärze ist mittlerweile wieder von meinen Lippen entfernt, aber hier ist eben noch alles so, wie man es aus Aventurien kennt: Objekt- und sonstige Rituale, die als SFs gekauft und dann auf einen einzigen Ritualkenntniswert gewürfelt werden. Nur gibt es ein wenig mehr davon. Allein die Stäbe der Optimaten bekommen sieben Seiten voller Zauber. Darunter gibt es sowohl viele sehr interessante, als auch ein paar, die gelinde gesagt weniger hilfreich sind. In letztere Kategorie fällt wohl der „Schild vor [Umstand]“, welcher ein Kraftfeld gegen bestimmte Gegnerarten erzeugt. Zitat: „Wesen können das Feld je nach eigener Mächtigkeit und Höhe der RkP* durchbrechen (Einzelheiten sind Spielleiterentscheid).“ Etwas genauer hätte es schon sein dürfen. Nach den Stäben kommen dann noch ein, zwei weitere Ritualarten: Bann- und Schutzkreisrituale, Siegelrituale, Trioptenrituale, Speerrituale, Instrumentrituale, Bogenrituale, Vertrautenrituale, Ahnenrituale, Strafrituale, Exorzismusrituale, Ritualplätze, Liederrituale, Schlangenrituale. Nein, an Ritualen herrscht wahrlich kein Mangel – abgesehen davon, dass die animistischen Traditionen noch ein Äquivalent zum Opferdolch hätten vertragen können. Gossenvoodoo ohne schwarze Hähne hat einfach keinen Stil.
Nachdem nun die Grundlagen abgeschlossen sind, folgen die Erweiterungsregeln. Wieder findet sich ein bunter Mischmasch aus schon aventurisch Bekanntem (Astrale Meditation, Bann des Eisens, …) und neuen Ideen, darunter zum Beispiel die Möglichkeit, die Kontrollmechanismen Bitte und Befehl in unkonventioneller Weise zu nutzen, indem man Elementaren befiehlt und Dämonen bittet. Einzig, dass die Regeln für Schleichenden Verfall übernommen werden, ohne eine magische Gegenmaßnahme zu präsentieren, stört das Setting der alltäglichen Dämonenbeschwörungen meines Erachtens ein wenig.
Weiter geht es dann mit der Erschaffung eines Zauberkundigen, einem Kapitel mit den stark abgekürzten Generierungsregeln sowie magischen Vorteilen, Nachteilen, Sonderfertigkeiten und Professionen. Hier handelt es sich um den ersten Abschnitt, mit dem ich eher unglücklich bin. Zu einem Großteil wurde hier schlicht und einfach Wege nach Myranor kopiert, das man aber zum Generieren dennoch zwingend benötigt. Wer den Wege-Band hat, muss nicht erklärt bekommen, was Generierungspunkte sind – und wer ihn nicht hat, weiß nach der Erklärung noch immer nicht, was er mit ihnen zum Beispiel als Rasse kaufen kann. Mir ist nicht bekannt, ob und welche Änderungen es im Vergleich zu WnM gab, doch etliche Vor- und Nachteile sowie Magische Professionen sehen noch ziemlich genauso aus wie zuvor. Hier könnte man wohl locker sechs oder mehr Seiten einsparen, die das Buch an erklärenden Beispielen gut vertragen hätte. Schade.
Schon besser sieht es im nachfolgenden Kapitel aus, welches die Traditionen Myranors ausarbeitet. Hier werden zum einen optimatische wie animistische Traditionen beschrieben, zum anderen speziell der Blickpunkt auf die optimatischen Häuser gesetzt – da diese gleichzeitig den Adel der am häufigsten bespielten Region darstellen, erscheint mir dieser Fokus gerechtfertigt. Die einzelnen Gruppierungen erhalten jeweils Repräsentationsboni, die im Vergleich zu den aventurischen wesentlich weniger vielfältig, dadurch aber auch eher miteinander vergleichbar und ausbalanciert sind. Auch sind sie im Allgemeinen so gestaltet, dass ein Charakter, der seine Tradition für etwas Unübliches nutzt (z. B. ein Alantinos-Chimärologe), zwar nicht ganz mit dem echten Spezialisten (Phraisopos-Chimärologe) mithalten kann, aber auch nicht soweit abgeschlagen ist, dass man für bestimmte grundlegende Charakterkonzepte gleich die eine und einzige sinnvolle regelseitige Ausarbeitung mitgeliefert bekommt.
Danach folgt dann noch ein wenig magisches Allerlei: Die myranische Ausgabe der magischen Bibliothek (*), einige magische Phänomene und Legenden, magische Krankheiten, eine Hilfe zur Wechselwirkung aventurischer und myranischer Magie und nicht zu vergessen die Möglichkeit, verblichene Helden als Totengeister weiterzuspielen. Warum auch nicht?
Ach ja: Einen Index gibt’s auch noch. Freude!
(*) Ein wunderbar verquerer Hintergrund des rückwärtsgerichteten Imperiums – wer als Forscher will, dass seine Erkenntnisse Beachtung finden, publiziert sie nicht selbst, sondern „findet“ eine Version eines älteren und bekannteren Buchs, in dem sie bereits vermerkt waren.
Das Fazit
Ein myranischer Magier ist quasi die Personifizierung von Linear Warriors, Quadratic Wizards. Anfänglich ist er sehr auf sein Fachgebiet konzentriert – aventurische Allerweltssprüche wie Flim Flam oder Odem gibt es kaum. Wer die dazu passende Quelle nicht hat, der hat sie eben nicht, auch nicht für die Taschenspielerzauber. Auf der anderen Seite blühen sie mit jedem erlernten Fitzelchen Wissen deutlich weiter auf: Jede zusätzliche Quelle schaltet Wirkungen für alle Instruktionen frei, jede gelernte Instruktion kann auf alle Quellen angewandt werden. Und wenn irgendwann die Spontanzauberer-fähigkeiten anstehen, in die man bis zu 5000 AP versenken kann, werden sogar die Formeln überflüssig.
Durchgearbeitet ist das Buch nun, eine Nutzung am Spieltisch steht für mich aber noch in weiter Ferne – dementsprechend kann ich wenig von der praktischen Nutzbarkeit schreiben. Ein wenig seltsam schien mir anfänglich die Aufteilung, doch bei genauerem Nachdenken ist sie abgesehen von den abgetrennten Erweiterungsregeln relativ logisch aufgebaut: Zusammen steht, was man einerseits in erster Linie abseits des Spieltischs zum Formelbasteln und andererseits direkt im Spiel zum Zaubern braucht. Wenn man dann die grundlegenden Prinzipien erstmal verinnerlicht hat, sieht die Essenzbeschwörung tatsächlich weniger kompliziert aus, als ich anfänglich befürchtet hatte: Quelle nehmen, mit Instruktion kreuzen, Formel für die Parameter obendraufklatschen, fertig. Einzig die wirklich hochrangige Spontanzauberei, in der man idealerweise innerhalb der outgame-Zeitspanne, die ein bis drei Aktionen brauchen, einen kompletten Zauber zusammengesponnen und ausgewürfelt hat, wird doch etwas schwierig – aber bis dahin vergehen auch ein paar bespielte Jahre, denn myranische Magier sind mit ihren Quellen, Instruktionen, Formeln und SFs AP-Gräber ohnegleichen. Am Ende ihrer Laufbahn dürften sie locker die mächtigsten spielbaren Charaktere des gesamten DSA-Systems sein, doch auf niedrigerem Niveau scheint mir das Balancing gelungen. Keine kleine Leistung angesichts eines sehr offen angelegten Systems, mit dem man wirklich viele magische Wirkungen zusammenkonstruieren kann.
Neun Einhörner warfen 27 Augen auf ein Buch. Eins grummelt über den verschenkten Platz der Generierungsregeln, fehlende Beispiele und einige Bugs im System. Die anderen acht ächzen ob stellenweise recht abstrakter Regeln, gestehen aber letztlich neidlos zu, dass hier ein extrem freies und universell einsetzbares Magiesystem geschaffen wurde, welches einem magielastigen Kontinent wie Myranor zur Ehre gereicht – und das mit größtenteils in sich logischen und ausbalancierten Regeln, was bei einem Mammutprojekt dieser Art nicht eben selbstverständlich ist. Somit verabschieden sie das Werk in der Hoffnung, dass es auch tatsächlich in weiteren Regelbänden und Abenteuern eingesetzt wird, statt den Kampf gegen seinen Erzfeind Handwedelios pi Maldaumos zu verlieren.
Danke für die ausführliche Rezi! Leider wird aus meiner Sicht die Frage nicht beantwortet, ob die Anschaffung der Neuauflage für Besitzer der alten Ausgabe lohnt – wenig überraschend stehe ich nämlich gerade vor eben dieser Frage… 😉
Vielleicht kannst da dazu noch ein-zwei Sätze ergänzen?
Ich bin zwar nicht Cifer, kann aber dazu immerhin sagen, dass es wohl an sich geplant ist, die wichtigsten Neuerungen als Download anzubieten. (siehe hier: http://www.uhrwerk-verlag.de/?p=2203)
Ob das ausreicht oder ob sich die Neuauflage lohnt, weiß ich leider nicht.
Verdammt, da war tatsächlich noch was – wollte ich ja eigentlich auch noch in der Rezi anmerken…
Aaalso: Tatsächlich wurden alle Errata im Uhrwerk! Magazin Nummer 4 auf S.55 ff abgedruckt. An sich besteht also für Inhaber der Erstausgabe kein Bedarf an der Neuauflage – wenn man denn damit leben kann, in dem ohnehin schon komplexen Text noch eine Zettelsammlung zu liegen zu haben, mit der die einzelnen Passagen korrigiert werden. Begreift man den Band als Arbeitsbuch und scheut sich nicht, darin kräftig herumzustreichen, um sich die Stellen zu markieren, bei denen man nachschauen muss, könnte das sicherlich funktionieren, komfortabler ist aber wohl das neue Buch.
Davor muss man sich natürlich erstmal die Frage stellen, ob man mit den Änderungen der zweiten Version eigentlich spielen will. Soweit ich sie überblicke (wie gesagt, die erste Version habe ich zumeist eher überflogen) scheinen sie mir aber allgemein sinnvoll zu sein.
Und dann gibt es natürlich noch den unschlagbaren Punkt für alle OCDler: Die neue MyMag fügt sich mit ihrem Einband deutlich besser in die restlichen neuen Myranorbücher im Regal ein.
Zum Magazin mit den Errata: http://uhrwerk-magazin.de/ausgabe-4/
Merci! Zettel oder gar Einträge *schüttel* in Büchern gehen gar nicht, da wird wohl doch die Neuauflage fällig…
Nicht nur wegen der Zettelwirtschaft die das Zwangsläufig mit sich bringt, lohnt sich die Neuauflange.
Die neue Sortierung der MyMa ist einfach um einiges Übersichtlicher. Man findet sich Praktisch sofort zurecht, was in der ersten Auflage selbst mit dem nach gelieferten Inhaltsverzeichnis nicht so eben möglich war.
Die Neuauflange hat aber auch einen gewaltigen Pferdefuß:
Sie ist Handwerklich um Welten schlechter als die alte Version.
Man hat den Eindruck das Lektorat und Layouter regelmäßig beim Arbeiten eingepennt sind. Da sind Fehler drin… die sind einfach nicht Lustig (und ich spreche hier nicht von Rechtschreibfehlern. Die würde ich eh nicht finden).
Dazu kommt eine unnötige, weil vollständig Obsolete, Zwischenbezeichnung für unterschiedlich schwer zu Erzielende Zauberwirkungen bei den Instrucktionen.
Anstelle der Wirkung direkt eine Struktur zu zuweisen… Hat man sich für diesen unnötig aufwendigen Weg entschieden: Man Unterteil diese in 3 Gruppe, wobei man den Beschreibungstext braucht um zu wissen wie welche Gruppe für welche Instruktion definiert ist. Und benötigt dann noch einmal den Struktur-Abschnitt um zu wissen welche Kategorie welche Struktur zugeordnet wurde.
Das kann die alte Auflage deutlich besser.
Genauso wie die Instrucktion in der alten Auflage deutlich felxieblier sind als in der Neuauflage (bedingt durch die Kategorisierung).
So kann man z.B. mittels der Illusion-Instruktion nur noch maximal 3 Sinne täuschen, da dies bereits der höchsten Kategorie zugewiesen wurde. Vorher war es zumindest noch Denkbar eine voll sensorische Illusion zu erschaffen.
Man hat viel mit der neuen Auflange richtig gemacht.
Aber leider ist man auch hier und da über das Ziel hinaus geschossen.
Moin,
im Uhrwerk! 4 wurde nur ein Teil abgedruckt, der nächste/zweite Teil kommt in Kürze in der Sonderausgabe zu Myranor. … es waren einfach zu viele Seiten für eine Ausgabe. 😉
Zitat aus #4:
„[Anm. Red.] Im Folgenden sind die Errata zur Publikation Myranische Magie von 2009 aufgelistet. Dies soll den Besitzern der Erstausgabe als Hilfe dienen. Der in der erratierten und erweiterten Neuauflage von 2014 erhaltene Anhang wird in der Sonderausgabe zu Myranor […] folgen.“
Liebe Grüße
Peter Horstmann
Von meiner Seite ein Lob für die Beispiele in den grauen Balken. Da meine einzige Myranor-Erfahrung das Buch „Netz der Intrige“ war, kamen mir die Erklärungen sehr entgegen. 🙂
Das klingt sehr intressant. Schade fast, dass einigen meiner Runde auch eine nur 1/10 Pelzträger Quote eventuell noch zu viel ist. 😉 Von mir aber nun die Frage, wäre es vorstellbar die aventurischen Beschwörungsregeln nach WdZ et.al. damit, mit vertretbarem Aufwand, zu ersetzen? Ist es vielleicht leichter, die Myranor Regeln zu dem Thema zu portieren als sich geistig um die aventurischen Regelkonstrukte zu verbiegen?
Geht es dir beim Thema Beschwörung um das, was man myranisch unter dem Begriff versteht (nämlich quasi alle Zauberwirkungen) oder das, was man aventurisch als Beschwörung ansieht (Herbeirufung von Wesen)?
Letztere sind im Prinzip identisch mit den aventurischen, wenn man davon absieht, dass myranische Wesensbeschwörungen ein paar Optionen mehr bieten, was z.B. Inspiration und nicht-traditionelle Kontrollregeln (Bitte an Dämonen, Befehl an Elementare) angeht.
Hatte da irgendwie den Eindruck bekommen, dass die Wesensbeschwörungen bach MyMa einheitlicher sind als das Mischmasch nach WdZ. Aber vielleicht war das auch nur Wunschdenken?
Was interpretierst du in WdZ als „nicht einheitlich“?
Aber ja, falls du die Regeln in WdZ als „nicht einheitlich“ betrachtest, dann unterliegst du wohl einem Wunschdenken.
Mals sehen, da gibt es Allgemeine Regeln zur Beschwörung. Wenn das alle wären, dann wäre es einheitlich.
Aber dann gibt es Unterkapitel zu Geistern, Dämonen und Elementaren (Untote, Golems etc. mal aussen vor weil MyMa das ja auch auslagert?), in denen Extrawürste der einzelnen Beschwörungsarten erklärt werden.
Also, ist das entweder nicht wirklich einheitlich (ala, ein Regelmechanismus ohne Varianten für alle Spielarten) oder einfach nur schlecht geschrieben.
@Christian
Es ist weder das eine, noch das andere.
Die Abschnitte zu den einzelnen Wesenheiten, enthalten ja keine direkten neuen Regeln.
Sie Beschreiben die Wesen und ihre Eigenarten. Zu dem selbstverständlich auch gehört, welche Beschwöhrungsumstände für sie gelten und was bei ihnen bei Patzern passiert (was ja besonders bei Dämonen etwas anderes ist).
Die grundsätzlichen Regeln sind für alle gleich. Inc. der Tatsache, das es für jede Wesensart wesenstypische Besonderheiten gibt.
Klar sind die Wesen unterschiedlich. Die Abschnitte mitr den Wesensbeschreibungen meine ich aber auch nicht.
Die Grundlegenden Regeln würde ich als gleich erachten, wenn die Diesntbarkeit etwa sowohl von Elementaren als auch Dämonen über Dienste (wie bei Dämonen) oder (exklusiv!) ein Dienstvolumen gehandhabt würden. Nicht das eine hier und das andere dort.
Dass Dämonen und Elementare sich grundlegend anders Verhalten, muss hier nicht in den Regeln zu den Diensten abgeblidet werden.
Es tut mir leid…
Aber du scheinst leider ein anderes WdZ zu haben als ich.
Denn in meinen, benutzten Dämonen, Geister und Elementare exakt die selben Regeln für die Dienste und die Beschwörung. Denn ob ich nun XY-AsP vom dem Wesen in Diensten Vordern kann, oder XY Deinste deren Kosten ich selbst zu tragen habe… Ist Wurscht. Denn es Funktioniert nach exakt den selben Mechanismus.
Einzig in den Modifikatoren für die Beschwörung unterscheiden sie sich.
Und ja, das läuft in Myranor genauso.
Nur das ich beides bei allen Wesnheiten haben kann. Abhängig davon ob ich ihnen Befehle (Begrenzte Dienstezahl, deren Kosten ich trage), oder sie Bitte (Wesenheiten setzten ihre AsP in Diensten für mich ein) etwas zu tun.
Du musst sie nicht ersetzten, da sie weitestgehend Identisch sind.
Die Myraner haben nur ein paar mehr Optionen, als die Aventurier.
Zumindest solange man nach WdZ geht.
Nimmt den TcD, vTuT und EG dazu, dann können die Aventurier sogar noch etwas mehr ^^;
Denn leider wurden die Optionen des TcD und von EG, die keine Übertragungen der MyMa nach Aventurien waren, in der Neuauflage von MyMa nicht berücksichtigt. So würfeln Elementare und Dämonen z.B. immer noch mit dem W20 auf ihrem TaW/ZfW und benutzen nicht den regulären Probenmechanismuss (wie ihn zumindest EG als sinnvolle Alternative vorstellt)…
(vTuT ist Sinnigerweise nicht dabei, weil MyMa wie ihr Vorgänger keine Untoten enthält. Der Band dazu, wie zu allen „Artefakten“, kommt erst noch)
Also von TcD, vTuT und EG besitze ich nur letzteres und wünschte mir ich hätte es nicht, da ich es als zienmlich arge Verschlimmbesserung empfinde.
Abgesehen davon, ist mMn ein Buch (die MyMa) was so ziemlich alles in einem Aufguss bietet um Welten attraktiver als ein ganzer Satz von Büchern, der noch mehr bietet, dafür hübsch verstreut und mit potentiellen widersprüchen.
Ich finde es, ganz unabhängig von der Qualität der verschiedenen Ergänzungsbände, sinnvoll, für Myranor die Auswahl so zu treffen, dass sie im Lichte dessen, was man dort magisch für Spieler möglich machen will, zielführend ist.
Naja, mit EG hat man hier und da Dinge verschlimmbessert.
Aber im Großen und Ganzen sind mEn die Bände alle ein großer Gewinn.
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