Sternenleere

Gastrezension von Siebenstreich

Roman_Sternenleere_CoverMit Sternenleere legt Ulisses einen ganz eigenen Adventskalender* vor: in 24 Kurzgeschichten werden allerlei Vorkommnisse rund um den Sternenfall erzählt. Dabei handelt es sich um ein Ereignis kosmischen Ausmaßes, das die Sterblichen vor allem durch die namensgebenden Meteoritenschauer Ende Travia 1039 und den damit einhergehenden Änderungen der Sternbilder, die sog. „Sternenleere“, wahrnehmen. (Traum)Gesichte und ähnliche Visionen deuten an, dass dieses Spektakel nur der erste Teil eines Konflikts ist, der selbst die Götterfestung Alveran bis in ihre Grundmauern erschüttern wird.

Hintergrundinformationen dazu gibt es leider kaum. Es wird zwar beschrieben, dass der Namenlose für den Sternenfall verantwortlich ist, aber was genau er damit bezweckt hat, bleibt erstmal unklar. Insofern ist das Buch eher als Appetitanreger für kommende Publikationen, denn als Nachschlagewerk zu verstehen.

* zugegeben mit etwas Verspätung. Ich hatte Glück, auf der DreieichCon vorab ein Exemplar der Anthologie zu ergattern.

Zum Inhalt:

Die Novellen stammen von 16 Autoren, darunter auch bekannte Schreiber wie das Ehepaar Vogt, die komplette DSA-Redaktion und sogar ein paar (ehemalige) Nanduriaten. Die Texte sind zwischen 6 und 29 Seiten lang und decken wirklich eine ziemlich große Bandbreite ab, sowohl im Hinblick auf Zeit (Dunkle Zeiten, Gegenwart und Zukunft), Ort (Limbus, Myranor und Aventurien) als auch Protagonisten (von Khadan-Horas über Heranwachsende in Yol-Ghurmak bis hin zu einfachen Bürgern des Mittelreiches). Diese tsagefällige Vielfalt ist zugleich auch die große Stärke der Anthologie.

Die allgemeinen Anzeichen des Sternenfalls (s.o.) sind recht begrenzt, und doch haben die Autoren es geschafft, diese auf unterschiedlichste Art und Weise in ihre Erzählungen einzubauen, so dass es auch bei der 23. Geschichte nicht langweilig wird. Manchmal steht der Meteoritenschauer im Mittelpunkt, manchmal werden durch die fallenden Sterne alte Geheimnisse offenbar(t), und manchmal ist das Naturschauspiel lediglich eine Randnotiz.

Die Autoren haben die Anthologie nämlich auch dazu genutzt, um alte Handlungsfäden weiterzuspinnen: so gibt es etwa ein Wiedersehen mit den Helden aus Stefan Schweikerts Roman Mörderlied, während Leser des Aventurischen Boten sich z.B. noch an Khelbara, die Magierin mit dem Schlangentattoo, und ihr Ringen um das Kitab ash Shifa (AvB. Nr. 150f) erinnern werden. Zudem gibt es Verbindungen zu Abenteuern, etwa Quanionsqueste oder Friedlos, und sogar auf die Historica Aventurica wird eingegangen.

Es würde wenig Sinn machen, zwei Dutzend Geschichten (angeblich zufällig die Zahl 2*12, wie Eevie erklärte) einzeln zu rezensieren. Daher möchte ich hier stellvertretend auf die beiden Erzählungen von Marco Findeisen eingehen, die mir besonders gefallen haben und verschiedene Aspekte des Sternenfalls abdecken. [Wichtige Informationen] sind sicherheitsweise geweißt.

„Hinter der Maske“ handelt von einem Zirkel in Myranor, der Mada anbetet und versucht, sie aus ihrem Gefängnis zu befreien – aus Überzeugung, und natürlich, weil sie sich bei ihren Rettern sicher mit einem Ea’Myr (ein zusätzliches Auge auf der Stirn, das als Zeichen von großer Zaubermacht gilt) bedanken wird. Die Geschichte stellt nicht nur eine gute Einleitung für Myranor dar, sondern überrascht durch die Wendung am Schluss, als sich herausstellt, [dass der Protagonist getäuscht wurde. Der Kult betet nicht Mada, sondern den Namenlosen an, und mit einem dunklen Ritual trägt er offenbar zum Sternenfall bei. In den anderen Erzählungen wurden die Personen immer von dem Sternenfall überrascht], deshalb fand ich diesen Tausch der Sichtweisen sehr stimmungsvoll.

„Tod einer Löwin“ spielt einige Zeit nach dem Sternenfall. Eine Gruppe Abenteurer versucht, in Al’Anfa einen Sklaven zu befreien, und lässt sich mit den Granden auf einen gefährlichen Handel ein: Ein Arenakampf soll über das Schicksal des Jungen entscheiden. Streuner und Magier ahnen, dass ihre rondragläubige Freundin auf ehrliche Art nicht gewinnen kann und versuchen, sie zum Einsatz von Gift oder Zauberei zu überreden. [Es kommt, wie es kommen muss, und die Kriegerin gewinnt nicht dadurch, dass sie sich an die Gebote des ehrenhaften Zweikampfes hält, sondern durch einen „guten Kampf“] Da ich die Perle des Südens mag, hat die Geschichte schonmal einen guten Start bei mir. Zwar sind sowohl die Handlung, als auch die Charaktere klare Stereotypen, aber sie sind dafür sehr überzeugend geschildert. Der Sternenfall wird hier nur am Rande erwähnt, nämlich [dass die bisherige Kriegsgöttin Rondra durch eine rivalisierende Entität herausgefordert wird, in diesem Fall von Kor. Andere Geschichten deuten zudem ein Wiedererstarken von Shinxir, dem altbosparanischen Gott der Legionen an].

Obwohl die Anthologie eine große Bandbreite an Ereignissen rund um den Sternenfall abdeckt, wäre sicher noch das Potential für weitere Erzählungen dagewesen. Theologische Deutungen (insbesondere aus dem Umfeld von Phex, dem Hüter der Sterne) beispielsweise oder aber eine historische Einordnung zu anderen Großereignissen (wie etwa dem Stern von Elem) werden im Buch zwar angerissen, hätten aber auch Aufmacher für weitere Texte geboten.

Mir selbst kam übrigens folgender Gedanke: Meteoriten beinhalten ja oft auch magische Metalle. Was bedeutet das für Schmiede wie Thorn Eisinger? Wird der Traum aller Krieger von einer eigenen Enduriumklinge vielleicht bald Wirklichkeit?

Trotzdem bin ich mit der Anthologie insgesamt sehr zufrieden. Die zwei Dutzend Momentaufnahmen aus Aventurien haben ein vielseitiges Bild gezeichnet und laden dazu ein, die Lücke dazwischen mit der eigenen Phantasie zu füllen.

Zum Format:

Das Buch beinhaltet 336 Seiten für 14,95 Euro, was ein wenig teuer ist. Dafür ist der Band in einem etwas größeren Format als andere DSA-Romane gedruckt, und hat auch einen edleren Einband.

Im Gegensatz zu Schattenlichter oder Das Echo der Tiefe ist diese Anthologie nicht nur als elektronisches Format, sondern auch gedruckt erschienen, was das Lesen für mich deutlich angenehmer macht.

Neben den Geschichten gibt es noch ein kurzes Vorwort, zwei Aventurien-Karten in den Innenseiten der Buchumschläge, sowie ein Glossar, wobei Letzteres leider nicht vollständig ist bzw. Informationen beinhaltet, die für das Buch irrelevant sind.

Und, wie immer, zum Schluss ein Wort zur Rechtschreibung. Obwohl es dieses Mal laut Impressum sogar zwei Korrekturleser gab, hat es leider wieder eine größere Zahl an Fehlern geschafft, sich einzuschleichen. Es tut mir leid, aber das geht noch besser – bzw. muss besser gehen, denn (zumindest) mich reißt es jedes Mal aus dem Lesefluss, wenn ich über einen Tippfehler stolpere.

Fazit:

Für mich ist „Sternenleere“ das aventurische Pendant zum myranischen „Netz der Intrige“: ein Kurzgeschichtenband voller kreativer Ideen, der es schafft, den Leser in seinen Bann zu ziehen.

Das Lesefutter ist für dunkle Winterabende hervorragend geeignet und würde es schaffen, alle neun Rentiere vor dem heimeligen Kamin zu versammeln, – aber zwei von ihnen stolpern leider über die Rechtschreibung (und den Anhang) und so fallen sie dem Zantaclauth zum Opfer, den sie für den Santa Claus gehalten haben.

Somit bleiben noch 7 Leseratten, ähm Rentiere, die sich über einen (geistigen) Ausflug nach Aventurien freuen, insbesondere auf die warme Khôm.

Bewertung Rentiere 7

Nandurion dankt Siebenstreich für die Gastrezension
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3 Antworten zu Sternenleere

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