Kulinarische Reise: Honingen

Von Fenia Winterkalt
An Derya Sturmfels

„Liebe Derya, danke für deinen Brief! Ich habe mich überaus gefreut und werde die Ausgabe mit meinem Artikel wie einen Schatz hüten. Dass mal ein Rezept von mir abgedruckt wird, wer hätte das gedacht! Ich hoffe, Zornbold hat auch eine Ausgabe in die Finger bekommen!

Ich habe meine Tage in Angbar wahrlich genossen, aber ich habe ja mein Ziel vor Augen. Nach Havena reisen und Lata sehen. Das Meer scheint allerdings immer noch weit. In Angbar dachte ich, dass ich es vielleicht schon sehen kann, wenn ich erst über die Berge des Kosch hinweg bin. Dass das naiv war, weiß ich jetzt auch. Reisen ist doch ganz anders, als ich dachte. Vielleicht war meine Vorstellung davon, Gareth zu verlassen, doch eher romantisch als realistisch. Ich hatte zwar wieder eine ganz freundliche Reisegesellschaft, bestehend aus mehreren Händlern, gefunden und die Möglichkeit, auf einem Karren mitzufahren, aber an den ersten Ausläufern des Greifenpasses musste ich laufen. Ich dachte immer, das wäre ganz leicht, schließlich mache ich das mein Leben lang schon, aber dieser Weg war steil, der Boden hart und steinig. Mir tat alles weh und zwischenzeitlich hätte ich mich am liebsten einfach irgendwo hingesetzt und wäre nicht mehr weitergegangen. Allerdings wäre das wohl keine gute Idee: Abgesehen davon, dass es nachts noch sehr kalt ist, spukt es hier wohl und garstige Kobolde treiben sich im Gebirge herum. Zwar gilt das angeblich auch für Einhörner und Greifen, aber ich wollte mein Glück lieber nicht aufs Spiel setzen und hab mich durchgebissen.

Route von Angbar nach Honingen

Route von Angbar nach Honingen auf der Reichsstrasse III. Quelle: avespfade.de

Von den Tavernen, die auf unserem Weg lagen, kann ich gar nicht viel berichten. Ich bin meist sehr früh schlafen gegangen und meine Begleiter wollten immer sehr früh aufbrechen. Sie reisen die Strasse entlang bis nach Almada. Das wäre ja auch wirklich mal ein schönes Ziel, die Hauptstadt des Punipan besuchen …

Selbst Gratenfels haben wir über Schleichwege umfahren. Die Stadt ist überaus teuer, die Steuern auf mitgeführte Waren hoch und meine Begleiter haben nicht vor, dort zu handeln. Ich muss sagen, dass ich nicht sehr traurig darüber bin, muss ich doch meine Reisekasse sorgfältig hüten. Aus der Ferne konnte ich sie aber sehen, die Stadt der Mauern und Türme. Wie ein Bollwerk ragt sie auf und scheint unüberwindbar zu sein. Ein lauer Wind wehte den Geruch von faulen Eiern zu uns herüber, der kommt wohl von den Schwefelquellen, die sich in der Stadt befinden. Mir fällt es schwer, mir vorzustellen, wie man lebt, wenn man sowas immer in der Nase hat.

Die Landschaft ist aber ausnehmend schön. Das Gratenfelser Becken ist malerisch und sehr fruchtbar, alles beginnt zu grünen und zu blühen, jetzt im Frühling.

Eigentlich war mein Plan, bis Abilacht in dieser Gesellschaft zu reisen, aber in Honingen habe ich mich von ihnen verabschiedet. Ich brauchte unbedingt eine Pause und, Derya, du kannst dir nicht vorstellen, wie schön diese Stadt ist! Alles ist grün! Es gibt weitläufige Wiesen und Gärten innerhalb der Stadmauern und sogar einen kleinen See im Stadtzentrum. Und stell dir vor wie erstaunt ich war, die Stadt ist voll! Voll mit Menschen und heuer auch bunten Zelten und Bühnen. Findet doch das Aventurische Bardentreffen vom 7.-12. Peraine statt und dieses Jahr in Honingen. Das habe ich gar nicht gewusst und mich wieder mal gefragt, ob ich die Reise vielleicht etwas geplanter hätte angehen sollen. Denn nun hatte ich tatsächlich Probleme, eine Unterkunft zu finden. So bin ich einfach erstmal staunend durch die Gassen gelaufen. Begleitet von wunderbarer Musik trugen mich meine Schritte zum Perainetempel, wo ich mich aber nicht wagte, in die Reihen der Pilger einzureihen, bevor ich eine Unterkunft hatte. Auch wenn ich den Honigtiegel der Heiligen Theria schon immer mal sehen wollte.

Doch das Glück war mir hold. Dort vor dem Tempel sprach mich eine Akoluthin der Peraine an und fragte, ob ich eine Pilgerin sei. Ich erklärte ihr, warum ich auf Reisen war und zeigte ihr auch die Ausgabe der Nandurica Aventurica, die du mir geschickt hast. Und sie wusste mir zu helfen, war heute früh doch ein Bäckergehilfe mit Fieber in den Tempel gebracht worden. Sie erzählte mir, dass die Bäckerin, für die er arbeitete, ziemlich verzweifelt war ob seines Ausfalls, wo es wegen dem Bardentreffen gerade soviel zu tun gab. Sie wies mir den Weg zur Backstube und ich stellte mich dort vor. Wir verstanden uns auf Anhieb und sie bot mir einen Platz in ihrer Kammer an, wenn ich ihr zur Hand ginge. Das Angebot habe ich gerne angenommen.

Und ich hatte nicht nur einen Schlafplatz, der mir persönlich ausreichte, ich hatte auch gleich nette Menschen um mich, konnte mich meinem geliebten Backhandwerk widmen, und genug Zeit die Stadt und das Bardentreffen zu erleben, blieb mir auch. Die Strapazen der Reise scheinen mir jetzt ziemlich weit weg zu sein und ich bin wieder frohen Mutes.

Eine Spur wegen dieser Bunten-Eier-Geschichte habe ich vielleicht auch gefunden.

Hier in Honingen gibt es ein Gebäck, das mit einer wundersamen Geschichte verbunden ist. Ich habe sie in verschiedenen Versionen gehört und heute auch noch einmal gezielt danach gefragt. Sie weicht an vielen Stellen ab, was Zeit und Ort angeht, aber im Kern, lautet sie so:

Von den bunten Eiern und den drei guten Tieren

Es gab eine Zeit, wo der Sommer so heiß war und der anschließende Winter so feucht, dass es im Frühjahr kaum Korn in den Kammern gab. Die Menschen litten Hunger, besonders die Kinder, und obwohl die Menschen nicht immer gut zu den Tieren waren, rührte diese das Schicksal der Menschen.

So trafen sich die Gans, die Kröte und der Hase und überlegten, wie sie den Menschen helfen konnten. ‘Ich kann 1000 Eier legen, so werden sie alle satt’ sagte die Gans, die keine gewöhnliche Gans war. ‘Ich kann die Eier zu den Menschen bringen’ sagte der Hase eifrig und seine Hinterbeine zuckten vor Tatendrang. ‘Aber nur nicht, wenn sie schlafen und zu nah gehe ich auch nicht ran’ fügte er dann etwas zögerlicher hinzu. Die Kröte, die die weiseste von allen Tieren war, dachte darüber nach. ‘Wenn du die Eier einfach irgendwo hinlegst, laufen die Menschen vielleicht darauf oder finden sie gar nicht. Ich werde sie bunt anmalen, dann stechen sie jedem sofort ins Auge!’. Und so taten die Tiere es. Die Gans legte 1000 Eier, die Kröte bemalte sie in bunten Farben und der Hase brachte sie zu den Menschen. Als die Kinder morgens mit leeren Bäuchen ihre Häuser verließen, dauerte es nicht lange bis sie die Eier entdeckten. Sie hingen in niedrigen Sträuchern, lagen in weichem Gras oder gar in manchem Schuh. Freudestrahlend brachten die Kinder sie nach Hause und aßen sie. Die Eier aber waren so wundersam wie die Gans, die sie gelegt hatte und machten so satt, dass die Menschen bis zur nächsten guten Ernte keinen Hunger mehr zu leiden hatten.

In Gedenken an die gute Tat der Tiere backt man hier ein süßes Hefegebäck das aus drei Strängen besteht, die ineinander verflochten werden. Eines für jedes gute Tier. Oft werden auch kleine Hasen, Kröten oder Gänse daraus gebacken. Meine Gastgeberin backt vor allem Eidechsen und bringt sie in den Tsatempel, wo sie an die Kinder und die Bewohner des angeschlossenen Armenhauses verteilt werden. Ich habe auch gehört, dass manch einer diese an einen Feenschrein legt (Ich bin schließlich schon in Albernia!) oder in den Traviatempel bringt als Opfergabe. Das klingt doch ganz so, als habe es etwas mit deiner Spurensuche zu tun. Ich schicke dir das Rezept für das Gebäck, das hier “Hefezopf der drei guten Seelen” heißt. Ich habe mich zudem an einem Drachenschildkröten-Gebäck versucht, vielleicht gefällt Lata das.


Hefezopf der drei guten Seelen

Zutaten

500 g Weizenmehl
50 g weiche Butter
55 g Honig (oder feinen Zucker)
40 g frische Hefe
7 g Salz
1 Ei
ca. 210 ml Vollmilch, kalt

1 Ei zum bestreichen
ggf. Rosinen zum Verzieren

Zubereitung

Alle Zutaten zu einem Teig vermengen und mit den Händen sehr sorgfältig kneten (Ca. 5-7 Minuten lang). Der Teig verliert seine Klebrigkeit beim Kneten, also am besten nicht voreilig weiteres Mehl dazugeben.

Er muss jetzt nicht weiter gehen, nur etwas ruhen, um sich zu entspannen (gerne eine Stunde an einem kühlen Ort, wenn er dabei aufgeht, einmal feste reinboxen, damit die Luft entweicht, aber nicht nochmal neu kneten).
Nun werden die Backwerke geflochten. Entweder mit einfach 3 Strängen, zur Eidechse oder zu kleinen Häschen. Auch komplexere Flechtwerke sind möglich.

Dann wird das Werk auf ein Backblech gelegt. Das Ei wird sorgfältig verquirlt und damit wird das Hefegebäck zweimal bestrichen, während es nun aufgehen darf. (Das ist wichtig, nur so bekommt es diese schöne Farbe.) Je nach Temperatur dauert das ca. 60 Minuten.

Dann wird es bei 180 °C Ober-Unterhitze 20 Minuten lang gebacken.

Am besten schmeckt das Gebäck frisch. Möchte man es am nächsten Tag essen, geht das auch. Es kann aber auch nochmal aufgebacken werden.


Valporatten Gebäck

Valporatten Gebäck

Meine liebe Bäckerin Meriwen behauptet ja steif und fest, ein ganz besonderer Valpodinger hätte sich bei ihr eingeschlichen und würde immer Naschwerk klauen. Vielleicht ist es auch ein besonderer Feenbiestinger. Oder auch mehrere. Manchmal hat er Flügel, dann wieder keine, er sieht aus wie eine große Ratte mit Geweih. Ich hoffe aber doch, dass es eher eine Maus ist, sonst grusel ich mich zu sehr auf meinem Nachtlager. Auch ich bin schon von seltsamen Geräuschen in der Nacht wach geworden und habe leise Geräusche gehört. Ich schwöre dir, es klang wie „Kekseee!„. Können Valpodinger sprechen? Oder spielt meine Phantasie mir einen Streich?

ValporatteJedenfalls haben wir ihm jetzt eine kleine Falle gestellt und kleine Valpodinger Hefeteilchen gebacken, heute Nacht lauern wir ihm auf, ich bin gespannt, ob wir ihn schnappen können.

Ich denke ich werde noch bis zum Ende des Bardentreffens hierbleiben, dann geht es weiter nach Abilacht und Havena. Drück mir die Daumen, dass ich Lata treffen kann. Dass du selbst jetzt auch auf Reisen bist, ist großartig! Selem … klingt nicht unbedingt reizvoll, aber man sollte seinen Eingebungen und Träumen folgen. Ich hoffe nur, der gute Nornal ist weiter so lieb unsere Briefe zu überbringen. Ich sehe zu, dass ich ihn immer ganz besonders gut mit Backwerk versorge.

Peraine und Aves mit dir,
deine Fenia Winterkalt”

Über Fenia Winterkalt

Hallo, ich nenne mich Fenia Winterkalt und bin seit 2004 in Aventurien unterwegs. Die letzten Jahre könnte man mich im DSAForum getroffen haben, wo ich Administratorin bin, oder bei DSANews. Ich liebe selbstgemachtes, daher liegen mir besonders Fanprojekte am Herzen.
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6 Antworten zu Kulinarische Reise: Honingen

  1. Pingback: Tierisches Flechtgebäck in Honingen | Nandurion

  2. Fenia Winterkalt sagt:

    Da ich es jetzt schon ein paarmal gefragt worden bin: Das ganze Gebäck ist an Kollegen und Familie verfüttert worden, kam sehr gut an und es ist alles aufgefuttert worden 😀

  3. Nottel sagt:

    Für wen war das und hat es wirklich so gut geschmeckt, wie es aussieht?

  4. Fenia Winterkalt sagt:

    Lustigerweise hatte ein Kollege die Woche Geburtstag und da er nie was mitbringt (normalerweise hat er Urlaub), gabs halt Hefegebäckbuffet als Geschenk für alle 😀 Ansonsten hab ichs vorallem zum testen gebacken. Einmal mit Zucker, einmal mit Honig, klappt beides 🙂
    Besonders die Eidechse hat alle Blicke auf sich gezogen, und ist echt nicht schwer zu machen.
    Geschmeckt hats auch!

  5. Bluthandel sagt:

    Ich finde es nett und putzig, wie das Rezept in den Beitrag integriert wurde und wie ihr euch offenbar Gedanken macht, wie ihr zur aktuellen Season passende Inhalte leifern könnt.
    Allerdings: Meins ist es nicht nbedingt. Der Text ist me E süss, aber auch sehr brav, arbeitet eben das ab, was so in den Regionalbeschreibungen zur Reiseroute steht. Neues, inspirierendes, womöglich gar Provokantes vermisse ich. Zur reinen Unterhaltung fehlt mir als verwöhntem User der Reiz. Wahrscheinlich hätte ich den Text garnicht ganz gelesen — im tatgtäglichen Hintergrundrauschen des Internets liest man ernsthaft dann doch eher gezielt, was einen wirklich interessiert.
    Ich verstehe, dass ein Portal ohne frischen Content nicht gut ist und es nicht einfach ist, diesen stets zu produzieren. Trotzdem konsultiere ich persönlich regelmäßig nur die Portale, die für mich gewohnt spannende Dinge aufbereiten. Ich persönlich brauche auch nicht immer den Bezug zum aktuellen IRL Geschehen, den gibt´s anderswo schon en Masse.
    Aber wichtig ist natürlich auch, dass ihr selbst Spaß hatet bei dieser Art des „offenen Briefspiels“. 🙂

    • Fenia Winterkalt sagt:

      Super lieben Dank für dein Feedback! Es ist schwierig etwas zu verbessern wenn man gar nicht weiß was die Leute denken. Das das alles so brav ist ist erstmal Absicht.
      Mein Alter Ego Fenia Winterkalt von den Dere Nachrichten wurde so in unserem DSANews Abenteuer beschrieben. Sie war noch nie aus Gareth weg und ist wirklich eher ein bisschen naiv. In ihrer Vorstellung ist das alles ein großes spaßigs Abenteuer und bislang ist sie wirklich noch nicht viel angeeckt. Ehrlich gesagt wusste ich auch gar nicht ob ich da nochmal einen zweiten Beitrag schreiben will, da zum ersten, der ja zum Karneval gehörte, nicht soviel Feedback kam.

      Würde dir mehr Spannung besser gefallen? Oder was fehlt euch, ich frag mal alle, generell an dem Format? Bislang ist es ja vor allem ein bisschen Reisebeschreibung und 1-2 Rezepte.
      Lieber gar keine Fluff drumrum?

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