Die Türme von Taladur V: Türme aus Kristall

Türme-aus-Kristall-CoverDer fünfte und vorletzte Teil der Türme-von-Taladur-Reihe nennt sich Türme aus Kristall und stammt aus der Feder von Dorothea Bergermann.

Erstmals seit dem ersten Teil steht die Geschichte um Boromeo und Jazemina wieder im Vordergrund und nimmt fast das gesamte Buch in Anspruch. Weitere Themen werden nur kurz angeschnitten und wenn, dann eng verzahnt mit der Hauptgeschichte.

Was passiert? In Taladur herrscht eine blutige Fehde zwischen den Ernathesa und Amazetti. So gibt es einige Scharmützel in der Stadt, die dank Semano Ernathesas Vorliebe für Fackeln jeweils mit einem Brand enden. Jazemina ist hochschwanger, und nachdem sie nur knapp einer Intrige gegen ihr ungeborenes Kind entgangen ist, beschließt sie, auf der Hacienda des Dom zu gebären. Bewertet die Spielhilfe im Forum von dsa4.deDoch Feuerteufel Semano wurde von Jazeminas Schwester angestiftet, das Kind zu beseitigen, und so geht auch dieses Anwesen in Flammen auf, sodass Jazemina mit ihrem Neugeborenen fliehen muss. Sie versteckt sich mit Boromeo zeitweise außerhalb der Stadt, um kurze Zeit später zurückzukehren, um endlich klare Verhältnisse zu schaffen. Doch Semano lauert ihnen im Finale auf.

Feuer und Flamme

Nun finde ich die Geschichte um Boromeo und Jazemina (oder liebevoll Borzemina genannt) nicht die innovativste und vor allem nicht die spannendste. Da hatte es mich sehr gefreut, dass den beiden in den Teilen zwei bis vier Nebenplots bereitgestellt wurden. Jetzt aber spielen sie die Hauptrollen, was vor allem dafür sorgt, dass das Buch genauso dahinflattert wie eine Fackel im Sturm kurz vorm Erlöschen. Wenn ich so zurückblicke über die Handlung, passiert zwar einiges Spektakuläres, doch beim Lesen hat sich das nicht so angefühlt. Die Autorin hat das unbestimmte Talent, alles so seicht zu schreiben, dass man nie den Eindruck gewinnt, dass nun etwas wirklich Großes passiert. So etwa auf Seite 160: „Entschlossen riss Jazemina eine von Rahjanos Windeln von der Kleidertruhe, kippte die Waschwasserkaraffe darüber aus und rieb das rote Gesichtchen ihres Kindes ab. Das kalte Wasser tat auch ihren verbrannten Füßen gut, als es über ihre zerrissenen Schuhe rann. Dann griff sie nach dem Korb, den sie auf Nuertas Rat hin schon vor ein paar Tagen gepackt hatte. Nuerta bestand darauf, dass jede junge Mutter eine Tasche voll Windeln, Ersatzkleidung und ein paar Vorräte bei sich haben sollte. Jazemina hatte sich ihren Anweisungen mit langen Zähnen gebeugt und die Mägde des Dom mit Packen beschäftigt. Für ihre liebevolle Besserwisserei hätte Sie in diesem Moment die alte Hexe küssen können. Aber sie hatte schon wieder zu lange gezögert. Der Wind, der durch das Landhaus rauschte, brachte dichteren Qualm.“

Während also das Haus in Flammen aufgeht, drehen sich Jazeminas Gedanken darum, wie sie zu ihrem Notfallkorb kam. In der Tat hat sie „schon wieder“ zu lange gezögert. Solche Momente bremsten mich des Öfteren beim Lesen aus.

Zudem habe ich mich etwas zu oft gefragt, warum die Personen nun den Weg einschlagen, den sie gerade gehen. Nachdem die Hacienda ausgebrannt ist, fliehen die Liebenden nach Premura, und damit ausgerechnet an den Ort, von dem Boromeo Albträume bekommt. Ich fragte mich: Warum? Boromeo bemerkt es dann auch und zieht allein weiter zur Alaunmine der Amazetti. Ich fragte mich: Warum? Boromeo gefällt es dort dann auch nicht, weil er weiterhin Albträume bekommt, also geht er gleich nach Punin, ohne seine Geliebte und den gemeinsamen Sohn. Ich fragte mich: Warum? Letztlich kommt er wieder und sie kehren zurück vor die Tore der Stadt in ein Dorf. Als Boromeo dann aus Versehen ihren Aufenthaltsort in Taladur ausgerechnet vor Daroca ausplaudert, bleiben sie trotzdem dort und halten es auch nicht für nötig, irgendwelche Vorbereitungen zu treffen. Ich fragte mich: Warum? Vielleicht haben sie gute Beweggründe, doch diese haben sich mir jedenfalls nicht erschlossen.

Das ganz große Warum schwebte bei mir aber über dem gesamten Buch: Ich stelle mir nur vor, dass bereits zwei Feuer in der Stadt ausbrachen, die gerade so nicht in einer Katastrophe endeten. Sollte nicht gerade Ernesto und allen anderen höheren Herrschaften daran gelegen sein, die Ursache dafür schnellstmöglich zu ermitteln? Schließlich sitzen die Familias allesamt in wahren Todesfallen: Türme mit einer Durchlüftung wie in einem Kamin. Dass Semano der Schuldige sein muss, ist Erresto auch frühzeitig klar. Jedoch wird erst mal weiter abgewartet, bis die Hacienda abbrennt und letztlich auch noch ein ganzes Dorf. Vielleicht hat Erresto aufgrund des sanften Schreibstils den Ernst der Lage nicht gleich erkannt.

Gut und Böse sind übrigens klar getrennt, was ich ebenfalls als nicht sehr gelungen empfinde, da gerade in dieser Reihe bislang viele ambivalente Personen auftauchten und perfekt in das Bild Taladurs gepasst haben. Einen schönen Kniff fand ich allerdings, dass Semano gleich zu Anfang die Haare abrasiert werden, sodass der Kahlschädel schon optisch als „der Böse“ gelten muss. Dass Daroca sich nun so offensichtlich gegen ihre Schwester stellt, fand ich jedoch überraschend (und damit wiederum gut).

Wie es ohne Gewerkschaft aussieht

Am positivsten ist für mich die Darstellung der Flusspiraten. Die eingespielte Truppe mit sozialmarktwirtschaftlichen Aspekten (z. B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) kommt – typisch almadanisch – sympathisch und höflich rüber. So zeigt es sich einmal mehr, dass selbst almadanische Verbrecher zivilisierter sind als viele Adlige im Rest Aventuriens.

Was ganz und gar nicht zivilisiert ist, sind die Arbeitsbedingungen in den Alaunminen, die die einfachen (und freien) Arbeiter hinnehmen müssen. Hier versteht es die Autorin, darzulegen, dass das Leben außerhalb der Türme kein Zuckerschlecken ist und einsichtig zu machen, warum die vermeintlich böse Seite der Verbrecher auf viele so anziehend wirkt. Eine gelungene Atmosphäre.

Resultado

Der negative Kritikpunkt des seichten Dahinfließens der Geschichte ist dann auch der größte Pluspunkt des Buches: Es kann zügig durchgelesen werden ohne Nervenzusammenbrüche oder große Aufreger. Da es klare Fronten zwischen Gut und Böse gibt, muss man sich auch nicht viele Gedanken über Politik und deren Intrigen machen.

Es ist solide und nett geschrieben, nicht mehr und nicht weniger. Da einschneidende Erlebnisse vorkommen, kann man den fünften Teil auch nicht weglassen, wenn man denn die gesamte Reihe lesen will. Mehr als die Hälfte der Einhörner kommen so natürlich nicht beisammen. Aber immerhin vier haben ausgeharrt und freuen sich schon wahnsinnig auf den letzten Teil der Türme von Taladur.

Bewertung Einhorn 4

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

 

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2 Antworten zu Die Türme von Taladur V: Türme aus Kristall

  1. Thallion sagt:

    Offtopic: Magst du deinen „Tzzz-bot“ auf der Wiki für die DSA-Auktionen mal wieder starten?

    Gruß
    Thallion

    • tzzzpfff sagt:

      Ja das kann ich mal wieder angehen. Nachdem ebay seine Seite geändert hat, funktionierte das nicht mehr und ich fand keine Zeit und Muße, mich darum zu kümmern. Also bei Gelegenheit vielleicht wieder.

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