Jedes Jahr hat seine Aufreger, und 2014 macht da keine Ausnahme. Manche schimpfen auf die Regierung, andere auf den Nachbarn, wieder andere diskutieren wüst über die Misere beim BVB, und das DSA-Herz mancher gefriert beim Anblick der neu erschienenen Historia Aventurica. Zumindest muss man nach den teilweise äußerst negativen und wütenden Reaktionen davon ausgehen, die der Band, insbesondere dessen erste Kapitel, in den Foren und Kommentaren hervorgerufen hat. Was also ist passiert? Wurde hier wirklich endgültig die oft beschworene rote Linie überschritten und DSA einen weiteren großen Schritt in Richtung Abgrund gedrängt? Ist alles halb so wild und nur eine Frage der Perspektive? Könnte es womöglich sogar sein, dass sich in der Vielzahl neuer Setzungen auch reihenweise Lichtblicke finden?
Fragen über Fragen, die wir natürlich nicht einfach stehen lassen können, ohne uns an einem Beitrag zu ihrer Beantwortung zu versuchen. Da der Riss in der Einschätzung des Geschichtsbandes auch tief durch Nandurion geht, haben wir hierfür die wichtigsten Streitpunkte aufgenommen und vier unserer Einhörner in den Ring geschickt, die sich diesmal nicht zu fein sind, die Ärmel hochzukrempeln und schonungslos ins 1-gegen-1 zu gehen. Diesmal werden also Freundschaften und Nasen zerbrechen, Blut, Schweiß und Tränen fließen, und ab sofort werden keine Gefangenen mehr gemacht. Mit anderen Worten: Schluss mit Blümchendiskussion, es ist Zeit für den ultimativen Historia-Disput. (Aber keine Sorge, eine Spaltung ist nicht zu befürchten und die Gründung von www.amazerothian.de steht euch nicht bevor.)
Bevor wir uns nun ins Getümmel stürzen, seien noch ein paar Anmerkungen vorausgeschickt. Wir werden uns im Weiteren den unserer Ansicht nach wichtigsten Streitpunkten widmen, nicht aber eher lässlichen Sünden wie punktuellen Inkonsistenzen (verschiedene Jahreszahlen für dasselbe Ereignis, Namensverwechslungen, eine versehentlich für tot erklärte Kaiserin) und kleineren Retcons. Dass hierbei natürlich massive Spoiler-Gefahr besteht, bedarf keiner besonderen Erwähnung – weiterlesen erfolgt für alle also auf eigene Gefahr. Die teilnehmenden Fraktionen sind heute:
In der rechten Blümchenecke, die „Alles halb so wild“-Fraktion der wie immer zugedröhnt-friedfertigen Altherrenhippies, Ogeron-Fanboys und Tsatuaria-Versteher:
Josch: Die Historia wird nicht meine neue Lieblingspublikation, dafür gefallen mir folgende Sachen daran nicht: Der starke Fokus auf Mittel- und Horasreich in der neuesten Geschichte; die Tatsache, dass die Jahre 1030-1034 nur eine marginale Rolle spielen; die Geschichte zum Fall Charyptoroths; die unpardonierbare Confusion des ehrenhaften Fringlas Kasmyrin mit der niederträchtigen Kanaille Argos Zornbold. Ich finde den Band ansonsten aber ordentlich gemacht und würde alles in allem 6 von 9 Punkten geben. [Update nach Zweitlektüre: Aufgrund der Vielzahl weiterer entdeckter kleinerer Fehler reduziere ich auf 5 von 9.] Wie oft zuvor gibt mir die Wutwelle, die das Buch teils ausgelöst hat, mehr Rätsel auf als das Buch selbst.
Salaza: Als jemand, der die Geschichtskapitel in den Regionalspielhilfen immer gerne liest, sehe ich mich durchaus als Zielgruppe der Historia. Da ich seit DSA1 dabei bin, habe ich schon einige Änderungen der Welt erlebt (Mada ist ein nivesischer Junge! Kaiser Hal ist ein Tyrann hatte einen Bart, und Answin ist ein ignoranter Putschist!), weshalb mich Anpassungen nicht mehr so schnell auf die Palme bringen. Deswegen sehe ich selbst mit Erstaunen und auch einem gewissen Unbehagen die Vehemenz der Meinungsäußerungen in den einschlägigen Threads. Nicht, dass ich alles im Band super fände oder mir nicht weniger Fehler wünschen würde, aber ich würde mich den 6 von 9 Einhörnern vermutlich anschließen, denn grundsätzlich bereitet mir das Lesen überwiegend Vergnügen.
Hinweis: Dem aktuellen Trend zur Theofission entgegen, haben sich Josch und Salaza aufgrund weitreichender Meinungsdeckung entschlossen, für den Disput diesmal zur kommentarspendenden Entität Saljoschza zu fusionieren. (Beide sind aber wohlauf und erfreuen sich ihrer weiterhin Existenz.) Da sie auch die Verpflichtung zur konstruktiven Beurteilung kontroverser Passagen und Ideen übernommen haben, möge man dieser Fraktion eine gewisse Neigung zur Ausführlichkeit nachsehen.
In der linken Blutgruben-Ecke haben sich zwei Kontrahenten mit besonderem Talent für die pointierte Formulierung versammelt, die sich den Kampfnamen „Rächer des Nandus'“ verpasst haben, aber weiterhin getrennt antreten:
Cifer: Mit der Historia ist ziemlich genau das eingetreten, was ich zu ihrer Ankündigung befürchtet hatte: Man stößt die Anhänger fast aller aventurischen Weltbilder vor den Kopf und retcont sich munter und scheinbar ohne Not durch die Lande. Zusammen mit etlichen Detailfehlern, für deren Vermeidung oft ein Wiki-Aventurica-Besuch ausreichend gewesen wäre, bleibt für mich kaum noch etwas positiv Bewertbares. 2 von 9 Einhörnern schütteln daher traurig das Haupt.
Vibart: Auch mir blieb beim Lesen der ersten Kapitel zunehmend das Gesicht stehen: Damit hatte ich nicht gerechnet. Als erklärter Feind allzu grauer Universen kann ich dieses Götter- und Dämonenbild kaum akzeptieren. Wo früher selbst kleine Anpassungen ausführlich diskutiert und abgewogen wurden, scheint mir hier der Retcon doch überbrutal durchgeführt – und vor allem ohne bessere Ergebnisse als vorher. In meiner Rezension habe ich vier Einhörner verteilt, allerdings nicht, ohne mich dabei zu zerreißen. Auch Altherrenhippies können bis zum Starrsinn kritisch sein.
Zur besseren Übersicht und für diejenigen, die sich nur für einzelne Punkte interessieren: Hier die einzelnen Streitfragen mit Verlinkung zur jeweiligen Stelle im Dokument:
1. Fakten Fakten Fakten oder „Bewahrt das Mysterium“? Was ist die Historia denn jetzt?
2. Der Schöpfungsmythos, oder: Dude, where’s my Sumu?
3. My home is my castle: Götter, Unsterbliche und die Karmasteckdose Alveran
4. Ogeron, der Dämonenfürst
5. Nandus, der Halbierte
6. Tsatuaria, die Doppelte
7. Myranor/Aventurien-Abstimmungsprobleme und die Dämonenkrone
8. Alles Retcon, oder was? Wo sind all die Indianer guten Götter hin?
Schlussworte
Herrschaften, es ist also Zeit. Mundschutz rein, Handschuhe schnüren. Let’s get ready to rumble!
1. Fakten Fakten Fakten oder „Bewahrt das Mysterium“? Was ist die Historia denn jetzt?
Saljoschza: Mit „weder noch“ scheint der Ansatz des Bands noch am besten beschrieben – was wohl auch erklärt, warum fast alle irgendwie unzufrieden sind. Eigentlich ist der Kniff mit der Binnenerzählerin ein interessanter Zwischenweg, jedoch muss man als Leser bereit sein, dabei von einigen Postmodernismen (lies: Ungereimtheiten) der Erzählperspektive abzusehen. Besser wäre es wohl gewesen, verschiedene Perspektiven nebeneinander zu stellen (Chalwen, die klassische Lehre, Pyrdacor) oder die althergebrachte Schöpfungslehre nicht nur unter „ferner liefen“ zu behandeln. Wie schlimm ist es nun aber, wenn man mit bestimmten neuen Setzungen aus den grauen Kästen zur Frühgeschichte gar nicht einverstanden ist? Nicht sehr. Wir reden hier schließlich nicht über historische Fakten, sondern über Vorschläge, die im Endeffekt jeder für sein Spiel anpassen kann, und letztendlich spielt sich der ganz kontroverse Kram zu den früheren Zeitaltern auch auf wenigen Seiten ab, so dass immer noch genug übrig bleibt, wenn man diese schlichtweg zu ignorieren beschließt. (Natürlich erleichtert es das Spiel, wenn man sich dank Spielhilfen als Spielleiter nicht in Widersprüche verstrickt – dank der marginalen Abenteuer-Relevanz der Informationen zu den frühen Zeitaltern ist das hier aber kein wirkliches Problem.) Alle mit Sympathien für das maraskanische Weltbild werden übrigens bestätigen können, dass es gar nicht so schwer ist, Helden zu spielen, deren Weltbild nach offizieller Setzung nicht zutrifft, wobei … darauf kommen wir gleich noch mal zurück 🙂 .
Cifer: Zwar ist der Einfluss auf’s Spielgeschehen mäßig, der auf mein Spielgefühl bei z. B. einem Geweihten aber durchaus ordentlich, da ich bevorzugt nah am Offiziellen bleibe, aber ungern mit der Weltsicht meiner Charaktere definitiv falsch liege, weil ich plötzlich einen Gott anbete, der nicht wie bisher Rastullah, Rur oder Gror vielleicht nicht existiert, sondern es ganz sicher nicht tut. Ist tatsächlich das Beste, was man über die Setzungen der Historia sagen kann, dass sie leicht zu ignorieren sind? Ich hätte nicht vermutet, dass ich mal Hadmar von Wieser zustimme, aber „Bewahret das Mysterium!“ trifft in Kombination mit Schrödingers Schöpfungsgeschichte genau meinen Geschmack: Die stetigen inneren Widersprüche und Hinweise, dass jeder irgendwo recht hat, waren für mich eine der großen Stärken der Kosmologie. Nota bene: Das gilt nicht für Dinge, die direkt im Spiel erfahrbar sind. Da hab ich sehr gern klare Aussagen. Aber solche Sachen, durch deren Festlegung keinerlei Mehrwert steht, hätten sehr gern im Unklaren gelassen werden können.
Vibart: Maraskaner werden ist auch keine Lösung, Meister Saljoschza. Chalwen als unzuverlässige Erzählinstanz ist kein gelungener Kunstgriff, denn im Vorwort wird ja recht vollmundig versprochen, man wolle Widersprüche klären. Als malevolenter alter Sack lese ich den „Chalwen-Kniff“ so: Chalwen hat Recht und setzt den Kanon, außer es stört in Zukunft mal offizielle Plotideen. Dann täuscht sie sich halt. Dass Götter und Dämonen massiv entzaubert werden, steht für mich fest: sie sind fortan so mysteriös wie ein Aufsichtsratsgremium, das hinter verschlossenen Türen tagt. Willkommen in Grauenturien.
2. Der Schöpfungsmythos, oder: Dude, where’s my Sumu?
Saljoschza: Trotz aller Aufregung: Aus der Erzählung von Chalwen folgt nicht, dass es Los und Sumu nicht gibt, sondern nur, dass sie nicht 22.000 Meilen große Riesen sind, die sich gegenseitig am Anbeginn der Zeit ordentlich was auf die Ömme gaben. Beide als Manifestation grundlegender Prinzipien und Kräfte des Kosmos anzusehen, wird nicht ausgeschlossen, ebenso wie eine allegorische Deutung der Ingame-Quellen möglich ist (der Zusammenstoß zweier Prinzipien lässt gleich einem Urknall den Kosmos evolutionär entstehen), die auch vor der Historia schon deutlich näher lag als eine wortgetreue 1:1-Übertragung, bei der man u.a. vor der peinlichen Frage stand, was eigentlich aus Los geworden ist. Der Ingame-Schöpfungsmythos der zwölfgöttlichen Kirchen ist immer schon eine Überlieferung mit gewollter Unschärfe gewesen, und viele Teile davon waren in Publikationen der Vergangenheit bereits zu Legenden erklärt worden.
Maraskaner zu werden ist, pace dem hochverehrten Disputanten Vibart, übrigens auch deshalb eine gute Lösung, weil die Historia eines, ganz im Gegensatz etwa zu vielen früheren Publikationen, gerade nicht macht: nämlich die maraskanische Weltsicht explizit auszuschließen. Allein dafür sei die Schönheit der Historia gepriesen. Am Rande sei auch angemerkt, dass gigantische Riesenschildkröten in Schöpfungsmythen eine sehr alte und respektable Tradition haben, an die anzuschließen wohl auch Terry Pratchetts Intention gewesen sein dürfte (dessen Versatzstücke in der Regel eh deutlich weniger albern gemeint sind, als sie von manchen wahrgenommen werden.)
Cifer: Dass Los und Sumu gestrichen wurden, halte ich durchaus für Fakt, da alles, was sie ausmachte (Existenz als verkörperte Prinzipien Werden&Sein, Kampf, Dere als Sumus sterbender Leib) entfernt oder anders erklärt wurde. Die druidische wie die hexische Weltsicht sind also Unfug, weil das zu Rettende gar nicht existiert. Auch der Allvogel als Los‘ Auge muss wohl geretcont werden. Und für Kha als Übergottheit sehe ich auch keine rechte Begründung – bei Los, der z. B. Satinav bestrafte, war klar, dass er eine andere, höhere Wesensklasse war. Kha dagegen ist irgendwie etwas Ähnliches wie Satinav, aber wohl konsistent mächtiger als alles andere. Na gut.
Vibart: Alleine die Tatsache, dass die Sphären nun mehr oder weniger von einer grauen Eminenz in Form einer dicken Schildkröte geleitet werden, macht für mich den neuen Schöpfungsmythos nicht besser als den alten. Von einer „schwer fassbaren kosmischen Kraft“ sehe ich bei dem recht konkret agierenden Chelydra Kha noch weniger als im Gigantenkampf der männlichen und weiblichen Urmetapher. Für Druidenspieler ist das Verschwinden von Sumu aus der Realität, und sei es nur als Urprinzip, bitter. Also: Nichts wurde dadurch besser. Außer, dass man jetzt noch mehr Terry-Pratchett-Anspielung hat, ab 2025 sind sicherlich die Sphären auf Khas Rücken festgemacht. Wenn’s wenigstens lustig wäre!
3. My home is my castle: Götter, Unsterbliche und die Karmasteckdose Alveran
Saljoschza: Karma-Nachschub gibt es nur noch über Alveran. Damit kehrt man wieder zu jenen Grundideen zurück, die einmal so was wie Kanon waren, bevor im Zuge von Myranor, der Dunkle Zeiten–Box und Ähnlichem vorige Setzungen abgeschafft, umgedeutet oder so weit gedehnt wurden, dass Alveran nur noch ein himmlisches Zeltlager ohne besondere kosmische Relevanz war. Beide Ansätze können viele Vor- und Nachteile für sich verbuchen, und wir halten es für kein Sakrileg, jetzt das Pendel wieder in Richtung alveranische Gottheiten ausschlagen zu lassen, solange hierfür keine spieltischrelevanten Retcons der Form „Geweihte von X hat es nie gegeben“ notwendig sind. Danach sieht es aber nicht aus, denn die neuen alten Setzungen lassen genug Platz für die innerweltliche Begründung anderer Kulte, auch wenn deren Geweihte sich über den eigentlichen Ursprung ihrer göttlichen Kraft nicht immer im Klaren sind. Gerade vor dem Hintergrund der gesetzten historischen Götterkonflikte ist es aber durchaus sinnvoll, wenn z. B. Efferd Shinxir stärkt, weil ihm Rondra zu sehr ins eigene Feld rückt. Götter wie Praios und Rondra, die bekanntermaßen wenig Skrupel hätten, 20000 Seelen außerhalb der Reihe zu ernten, um die Seele eines Halbgottes zu sichern (siehe die G7-Kampagne) zeigen auch, dass die Zwölfe gerne mal über den Tod von vielen Gläubigen hinwegsehen, solange deren Seelen nur den rechten Weg finden. Dies findet sich auch an anderen Stellen im bisherigen Kanon, weshalb es kein Widerspruch ist, davon auszugehen, dass manche von ihnen auch mal von den Menschen innerweltlich vermutete „Feinde“ wie etwa Tairach oder Brazoragh stützen.
Nicht zuletzt fragen wir uns: Schließt das neue alte Bild in der Historia Aventurica eigentlich aus, dass Nicht-Alveranische Gottheiten, die vom Karmastrom der Feste abgestöpselt wurden, trotzdem Teile ihrer Essenz an Gläubige vergeben können, um diesen Karmaenergie (oder etwas sehr Ähnliches) zu verschaffen, auch wenn sie hierdurch ihre eigene Existenz schwächen, analog etwa zu Blutmagie? Falls nein, wäre das doch eine schöne Ergänzung zum „Karma-Makler-Modell“, die auch manche Aktionen des Namenlosen und das Mysterium der Sterbenden Götter verständlicher macht. Falls ja, schlagen wir vor, die Historia-Setzungen per Erratierung so weit abzuschwächen, dass eine solche Option möglich wird. Denn diesen Ansatz fänden wir richtig gut.
Cifer: Also, zum Mitschreiben: Die Hochschamanen der Orks, die im Orkensturm massenhaft Zwölfgöttergeweihte massakriert haben, bekamen ihr Karma, weil einer der Zwölf es ihnen in einem Stierhandel mit Tairach übermittelt hat? Der einzige, der auf beiden Seiten mitspielt, ist Ingerimm/Gravesh – aber will ich wirklich in einem Aventurien spielen, in dem ein Gott andere Kulte ermächtigt, seinen eigenen auszulöschen, weil er dadurch irgendwie mehr Macht erhält? Moment, die Diskussion über göttliche Moral kommt später. Hier sage ich darum nur, dass mir Alveran als diffuses „Wer hier sitzt, hat’s drauf!“ mit für Sterblichen nicht begreifbaren Boni (eigene Espressomaschine oder so) völlig ausreicht. Und mal ernsthaft: Der Namenlose kann Karma verteilen, weil er einen Teil von sich „an einem Ort [in Alveran], der den anderen Göttern als uninteressant gilt“ verborgen hat? Klar, wenn einer der größten Feinde Alverans noch immer auf dessen Mächte zurückgreifen kann, würde ich auch nicht die gesamte Zitadelle nach einer Erklärung danach durchkämmen.
Vibart: Für mich als Spieler macht es durchaus einen Unterschied, ob ich als Priester Vertreter eines tatsächlichen höheren Prinzips bin, oder einem Hirngespinst folge und in Wirklichkeit ein anderer Gott mich als Karma-Provider versorgt. Ich bin halt einfach ein Schlechter Rollenspieler™. Wenn das eine Rückkehr zum DSA1-Pantheon sein soll, dann wurde sie kräftig vermurkst. Entweder man hätte es gleich lassen sollen, oder es wäre ein viel massiverer Retcon der Geschichte (andere karmaspendende Entitäten hätte es dann halt im 11. Zeitalter nie geben dürfen) nötig gewesen. Aber so beseitigt man halt keine Widersprüche, sondern multipliziert sie. Und man hätte wenigstens klären müssen, von welcher Entität nun genau welche Geweihten entlohnt werden.
4. Ogeron, der Dämonenfürst
Saljoschza: Jenseits aller Details sehen wir es als interessanten Aspekt dieser Idee an, dass hier erstmals eine stimmige Erklärung der Entstehung der Dämonen vorgelegt wird. Bislang waren die „einfach immer schon irgendwie da“ und wurden in der Schöpfungsgeschichte vollkommen ausgeblendet. Will nun jemand ernsthaft behaupten, dass Ogeron für sein persönliches Aventurienbild bislang so wichtig war, dass ihn die neue Setzung vollkommen aus der Bahn wirft? Das würde uns sehr wundern. Aber eine Nulpe wie Ogeron als Dämonenfürst? Dann war Ogeron wohl eben nicht die Nulpe, als den wir ihn aus der einzig bislang bekannten Ingamequelle kennen. Keine Frage, wenn man sich Ogeron als tumben, 3000 Meter großen Oger vorstellt, der Travia zwischen zwei Brötchenhälften packen möchte, ist die neue Setzung albern. Was allerdings nur ein starker Grund dafür ist, Ogeron vor allem als Personifikation von absoluter Gier, Brutalität und grenzenlosem Willen zu verstehen. Das wiederum sind Prinzipien, deren Pervertierung die perfekte Grundlage für die Entstehung der siebten Sphäre und ihrer Bewohner abgibt – und von daher ist die Wahl Ogerons alles andere als dämlich. Halten wir also fest: Man kann diese neue Idee mit albernen Begriffen beschreiben und sich dann wundern, dass es albern klingt („Das absolut Böse war früher ein tumber Vielfraß, dem die Rübe abgehackt wurde.“). Oder man beschreibt es so, dass es weniger albern ist und erfreut sich dann an der hübschen Idee. Jede Bruderschwester möge es so halten, wie es ihr am schönste erscheint.
Cifer: Der Dämonensultan zeichnete sich für mich immer durch das Mysterium seiner Existenz aus: Gibt es ihn wirklich? Ist er vielleicht nur ein fehlgeleiteter Versuch der Menschen, dem endlosen Chaos eine Struktur zuzuweisen? Die Historia konnte hier nicht gewinnen – mit einem Nein hätte man sich den kompletten Plotstrang abgehackt, mit einem Ja kommt eben heraus, dass das größte kosmologische Böse in Wahrheit die Überreste des Krümelmonsters sind. Frei nach Stephen King: Das Monster hinter dem Sternenwall ist nie so schrecklich wie die Vorstellung des Monsters hinter dem Sternenwall.
Vibart: Dass der Dämonensultan nun der recycelte Ogeron (Ooops, war das jetzt albern?) ist, ist mir eigentlich im Vergleich zum Rest ziemlich mumpe, außer dass es sich strange anfühlt. Mir tut weh, dass der Dämonensultan jetzt überhaupt so konkret ist. Aber alle Aufsichtsräte sind halt irgendwie einfach gestrickt. Wenn ich geahnt hätte, dass die Historia die alten „Gespräche aus Alveran“ so ernst nimmt.
5. Nandus, der Halbierte
Saljoschza: Jetzt geht’s rund, und wir gestehen lieber gleich: Wir mögen auch diese neue Idee. Aber wir möchten auch hier erst mal ein wenig auf die Bremse treten und darauf hinweisen, dass aus der neuen Hintergrundgeschichte zu Nandus nicht ohne Weiteres folgt, dass es Nandus und Hesinde nicht gibt. Hesinde gibt es trivialerweise, und auch Nandus gibt es in gewisser Form weiterhin, schließlich ist ein Teil von ihm mit Hesinde identisch. (Dass die Autoren selbst sich dieser Konsequenz leider nicht bewusst waren, steht auf einem anderen Blatt, was misslich ist und den neuen Ansatz viel radikaler erscheinen lässt, als er es wirklich ist bzw. sein sollte.) Aber wenn Nandus sich doch geteilt hat? Wie soll das denn gehen? Angesichts all der Absurditäten, die wir in unserem Spiel sonst zu akzeptieren bereit sind (Teleportation, Götter und Dämonen, die Erschaffung von etwas aus dem Nichts, Andergast) sollte uns die Idee, dass ein Wesen sich in zwei teilt, ohne dadurch seine Existenz vollständig einzubüßen, eigentlich nicht überfordern. Wer hier schon an die Grenzen seines Logikbegriffs kommt, sollte sich besser gar nicht mit Mythen oder Religion beschäftigen, weder ingame noch outgame. (Katholiken und Maraskaner wissen das längst.) Aber mein Nandusgeweihter hat jetzt Unrecht, wenn er Nandus als Sohn Hesindes anbetet! Ja, aber dein Nandusgeweihter hatte auch vorher schon Unrecht, wenn er Nandus als männliches Wesen verstand, das irgendwie in die Welt kam, als Mami Hesinde und Papi Phex sich mal ganz göttlich lieb hatten. Nandusgeweihte bleiben auch weiterhin möglich, bekommen ihre Karmaenergie aber von Hesinde, in der Nandus (bzw. ein Teil von ihm/sie/es) weiterexistiert. Bislang ist alles doch kein Problem.
Aber! Beschädigt die neue Setzung nicht die unangefochtene Perle der DSA-Historie, die G7-Kampagne, irreparabel, insbesondere das 6. Zeichen? Auch hier hilft zunächst eine Besinnung auf deren Historie: Die Threads zur G7 sind bekanntlich voll von Überarbeitungen und Deutungen der Zeichen, die in vielerlei Hinsicht nach Änderung und Interpretation verlangen. Daher sehen wir nicht, warum eine kleine Anpassung des 6. Zeichens nun ein unüberwindbares Problem darstellen sollte. Klein wäre sie deshalb, weil sich für das Leiten und Spielen der Kampagne nichts ändert. Nach dem Text der G7 wird schließlich selbst der Zeichenträger „nur erahnen können, gegen wen das Sechste Zeichen damals kämpfte.“ Dass Borbarad jetzt nicht mehr der „Enkel“ Phexens ist, dürfte für den Spieler somit völlig irrelevant sein. Der Himmelswolf bleibt eine Waffe gegen Unsterbliche, und ob er im Finale nun die Witterung der Phex-Abstammung aufnimmt, oder anderswie auf Borbarad stößt, spielt keine wesentliche Rolle. Außerdem bekommen wir durch die neue Setzung auch eine interessante Entstehungsgeschichte Amazeroths, welche die Thematik des gespaltenen Alveraniars Rohal/Borbarad sinnvoll aufgreift und spiegelt (pun intendet). Borbarad als Alveraniar, der noch nicht seinem Götterpart in die Niederhöllen gefolgt ist, gibt der Gestalt zudem eine weitere Nuance, die ihren Balanceakt auf dem schmalen Grad zwischen Alveran und Niederhöllen verdeutlicht und vertieft. So ist dann auch der Angelhaken Amazeroths, den Borbarad nach G7-Setzung einfach nicht sieht, mit einem Mal viel besser begründbar, da Amazeroth Borbarad viel besser einschätzen kann, als es nach den bisherigen Setzungen der Fall war.
Schlußendlich bindet man mit der neuen Hintergrundgeschichte übrigens auch die Setzungen der alten Horasreichbox zur Hesindekirche besser ein, nach denen diese mehrmals durch Amazeroth versucht wurde und nach denen auch mindestens ein wichtiges Dogma der Kirche auf Amazeroths Wirken zurückgeht.
Cifer: Sicher gibt es viele Möglichkeiten, sich hier etwas zurechtzuschustern, aber in der Historia wird klar von Nandus‘ Untergang geschrieben. Doch weshalb existiert dann sechs Zeitalter nach seinem Ende noch eine Kirche in seinem Namen und mit seinen Prinzipien? Weshalb füttert Hesinde eine so sehr mit Versuchungspotential behaftete Glaubensgemeinschaft karmal durch? Wer steckt hinter göttlichen Visionen, wer prüft Anwärter? Macht das alles Hesinde, die ja explizit Nandus ohne alle Lust am Verbotenen Wissen ist? Vielleicht gibt es Möglichkeiten, sich das alles geradezubiegen – aber die einfachste Biegung lautet wohl: „Der Metaplot um den geplatzten Nandus wird gestrichen.“ Dabei finde ich das Konzept für sich betrachtet nichtmal schlecht: Die Idee eines Janusgottes, dessen zwei Facetten sich schließlich zerreißen, hat durchaus was – aber eben nicht in einem bereits seit 30 Jahren bestehenden Setting, wo ein paar hundert Spieler ihre Lieblingsfiguren auf den bestehenden Hintergrund aufgebaut haben und jetzt erfahren, dass ihre bevorzugte Gottheit leider Sparmaßnahmen zum Opfer fiel.
Vibart: Ach Leute, der Nandus ist einfach mehr als die Summe seiner Teile. Vor allem wenn der linke Teil die Negierung des rechten ist. Passt einfach nicht, wirkt nicht logisch, und Nandus ist weg, Sophisterei hin oder her. Denn daher kommt der Begriff „Individuum“: Wenn ich’s teile, ist es nicht mehr sich selbst. Kann man daheim mit dem eigenen Wellensittich auprobieren, ruft aber den Tierschutz auf den Plan. Happy Birthday Nandurion.
6. Tsatuaria, die Doppelte
Saljoschza: Es steht geschrieben: „Da kamen die Götter und Giganten in der Sechsten Sphäre zusammen, die Sterne und Kraft heisst, Rat zu halten und einen Vetrag zu schließen. Ingerimm und Efferd, Firun, Peraine und Tsa Atuara hielten mit ihrem Gefolge Einzug in die Gefilde von Alveran […]“. Quelle ist allerdings nicht die Historia, sondern Die Götter des Schwarzen Auges aus der grandiosen Götter, Magier und Geweihte-Box von 1994. Neu ist der Gedanke der Identität beider Entitäten also keineswegs, die jetzt getroffene Zusammenlegung aber natürlich im Lichte zahlreicher post-1994-Setzungen nicht zwingend notwendig gewesen. Sie ist aber, wie gesehen, auch keine völlig aus der Luft gegriffene Aktion. Angesichts all der Aspekte, die den Göttinnen jeweils zugeordnet wurden, fanden wir die Trennung schon immer recht artifiziell. Man muss sich jetzt auch nicht mehr fragen, warum denn eine Gottheit namens Satu, die in Myranor verehrt wird, anscheinend seit eineinhalb Jahrtausenden unfähig ist, ihren Kult wieder nach Aventurien auszudehnen, obwohl sie (im Gegensatz zu Göttern wie Shinxir oder Chrysir) sogar eine große Gemeinschaft gläubiger Wesen auf dem Kontinent hat, die ihr mit Sicherheit auch karmal dienen würden. Die Antwort lautet nun: Sie braucht es nicht, weil sie bereits in Aventurien ist, wenn auch unter anderem Namen. So ergibt die ganze Sache deutlich mehr Sinn, und die freudige Aufgabe der kreativen Quellen-Interpretation fällt hier einmal den Gegnern der neuen alten Setzung zu. Angesichts des Ausmaßes an Fundamentaländerungen, die seit DSA2 regelmäßig über die Götter- und Geweihtenbühne wehen, erscheint uns dieses Detail insgesamt wie ein Sturm im Wasserglas, zumal es sich spieltechnisch eh nicht auswirkt.
Cifer: Wie schon beim Dämonensultan: Die Idee, dass Tsa und Satuaria eine Gottheit sein könnten, fand ich eine klasse Verschwörungstheorie – aber ihre Bestätigung ist demgegenüber langweilig und vor allem unnötig. Satuaria ist nicht mehr die von Levthan gebundene Unsterbliche, die ihren aventurischen Kult an den Namenlosen verloren hat und ihn von ihren eigenen astralen Anhängern auslöschen lassen musste, sondern eine Göttin, der es völlig gleichgültig ist, dass ihre Hexen keinen karmalen Zugang mehr zu ihr haben. Dass ihre myranischen Satu-Geweihten ebenso wenig nach Aventurien kommen wie das restliche Güldenland, finde ich da leichter zu verdauen. Und schließlich ist mir die Dopplung der Zuständigkeitsbereiche, wie sie teils angekreidet wurde, ziemlich wurscht: Erstens werden die beiden nur von sehr wenigen Personen gemeinsam verehrt und zweitens existieren derartige Uneindeutigkeiten auch in vielen irdischen Religionen, tragen also eher zur Plausibilität des Settings bei, als es „unrealistisch“ zu machen.
Vibart: Sehe ich auch so. Wenn wir in Aventurien immer noch zwei Wassergottheiten und gefühlt 80 Entitäten haben, die für den Krieg zuständig sind, dann hätte es auch zwei Lebensgöttinnen noch vertragen. Aber Zuständigkeiten sind ja neuerdings eher mehr befristet übertragene Verwaltungsaufgaben, weniger transzendente Aspekte einer Gottheit. Ich ändere meine Meinung zu Tsatuaria allerdings, wenn in ein, zwei Jahren die geile, große Tsatuaria-Kampagne herauskommt, die erklärt, warum diese Fusion absolut notwendig war.
7. Myranor/Aventurien-Abstimmungsprobleme und die Dämonenkrone
Saljoschza: Weniger Widersprüche in der Historia hätten uns auch besser gefallen, da beißt der Kha keinen Faden ab. Von der Häufung scheint der Band im Vergleich mit anderen Publikationen vergleichbaren Umfangs aber nicht in besonders schlechtem Licht dazustehen, sofern man deutlich zwischen Retcons, nicht-kanonisierten Ingamequellen und handfesten Widersprüchen unterscheidet. Misslich ist jedoch ohne Zweifel der unklare Status der restlichen sechs Hörner der Dämonenkrone. Hier halten wir uns nun an die seit DSA1 bewährte und für unser Spiel überlebensnotwendige Maxime: Die (vermeintliche) Inkonsistenz von heute ist interessante Neuerung von morgen – es bedarf nur einer kreativen Deutung, dann kann uns auch egal sein, ob wir es mit einem Fehler oder mit einer bewussten Abweichung zu tun hatten.
Die Dämonenkrone hatte in der Vergangenheit bekanntlich eine bewegte Interpretationsgeschichte, da wird sie uns auch diesen nächsten Schritt nicht übelnehmen. Wir müssen also dies unter einen Hut bekommen: Die Dämonenkrone hat inzwischen nur noch sieben Teile, die restlichen sind nach aktueller Setzung „vor langer Zeit mithilfe des Ea’Myr vernichtet“ worden. Zugleich gibt es in Myranor aber das Horn des Blakharaz. Verphext noch eins! Wie passt das nur zusammen? Folgendermaßen: Dass es nur noch sieben Teile der Krone gibt, heißt, dass nur noch sieben Hörner als Teile der Krone Verwendung finden können (also nur noch sieben von ihnen über das vom Namenlosen verliehene Potential und damit auch über einen karmalen Teil verfügen). Das lässt offen, dass noch weitere Hörner aus der alten Krone existieren, die aber nur noch besonders mächtige dämonische Artefakte und eben nicht mehr (entfernte) Teile der Dämonenkrone sind, da sie als solche nicht mehr eingesetzt werden könnten.
Doch schon hören wir den Chor der unzufriedenen Leser brüllen: „Spitzfindigkeit! Sophisterei! Damit hat sich Saljoschza keinen Gefallen getan! In den Thuran-See, mit einer Steineiche an den Füßen!“ Doch bedenket auch dieses: Wenn wir etwa einen Teil einer Uhr ausbauen und so verändern, dass er nicht mehr als Teil der Uhr verwendet werden kann, dann existiert das Ding, das früher einmal Teil der Uhr war, immer noch – aber es ist dann kein Teil der Uhr mehr, weil es nicht mehr als solcher verwendet werden kann. Und was bei Uhren recht ist, sollte bei vom Namenlosen geschaffenen Artefakten doch nur billig sein. Schwupps ist die Dämonenkrone wieder um einen interessanten Aspekt reicher und wir um einen Aufreger ärmer. Gern geschehen, liebe Redax, diese Idee schenken wir euch glatt zum 3. Advent für 1W13 Marzipanhörnchen.
Cifer: Ich sehe hier vor allem einen klaren handwerklichen Fehler und, so leid es mir tut, Schlampigkeit. Man hätte die Historia Aventurica legitimerweise auf Aventurien fokussieren können. Aber mit fremden Rassen rumzuhantieren, von denen man offensichtlich nicht einmal die Beschreibung gelesen hat (es gibt keine längeren Texte zu den Ashariel, in denen ihre Herkunft als imperiale Chimären nicht erwähnt wird), finde ich unangemessen. Auch die myranischen Setzungen zur Dämonenkrone, die zuletzt in einem dieses Jahr herausgekommenen und von Ulisses abgesegneten Myranorabenteuer genutzt wurden, direkt zu brechen, erscheint mir als schlechter Stil.
Vibart: Interpretieren tu ich hohe und schöne Literatur. Und dann auch nur im wissenschaftlichen Kontext, nicht zum Lesevergnügen. Von Rollenspielhintergründen erwarte ich, dass sie erklären und mich nicht zum Wegfantasieren von Widersprüchen zwingen. Zumindest nicht auf jeder zweiten Seite. Ohne auf Details eingehen zu können, mangels Spielerfahrung jenseits des Efferdswalls: Die gewachsene Myranor-Fangemeinde hätte einen sorgfältigeren Umgang mit ihrem Hintergrund verdient gehabt. Als Nebengedanke: Fremde Kontinenten anyone? Uthuria? Land der 10000 Götter? Werden die alle von Kamaluq karmagemakelt, der wiederum von Rondra karmagemakelt wird? Es gibt einfach keinen Sinn.
8. Alles Retcon, oder was? Wo sind all die Indianer guten Götter hin?
Saljoschza: Gute Frage, nur: Wo waren sie vorher? Unbestritten ist, dass der aventurische Zwölfgötterglauben ein rosiges Bild der Zwölfe zeichnet, aber unbestritten sollte auch sein, dass eben dieses Bild durch die Geschichte der bisherigen DSA-Publikationen nicht wirklich eingelöst wurde – ganz im Gegenteil. Schauen wir uns die Zwielichtigen Zwölf doch einmal etwas genauer an, indem wir ein paar willkürlich ausgewählte Punkte Revue passieren passen: Das Auserwählen und Auslöschen ganzer Völker oder Bevölkerungsgruppen gehört etwa seit jeher zum Programm. Oder man denke an den Kampf der Götter um Zuständigkeiten in den Dunklen Zeiten, Tar Honaks durch Boron verliehene Macht, die ambivalente Rolle der Götter in der G7 („22000 Seelen Sterblicher für einen Viertelgott“), an die bloße Tatsache, dass auch Tairach und Brazoragh einmal Götter waren (und Kor, Levthan und Xeledon es immer noch sind), und die teils drakonischen Strafen nebst massiver Kollateralschäden bei Gotteslästerung und Paktiererei (Hela Horas, die Flutwelle in Havena, Grangor, der Stern von Elem). Anhänger der Zwölf werden von ihren Göttern oft zudem auch dann noch unterstützt, wenn sie vollkommen aus dem Ruder laufen (Priesterkaiser, Theaterritter, die Tempelritter auf Maraskan), aus dem Nichts dem Verderben preisgegeben (Nebachoter) oder nicht vor der Verdammnis bewahrt, wenn sich die kosmischen Gegebenheiten zu Ungunsten einer Gottheit verändert haben (Krakonier). Die klassische inneraventurische Schöpfungsgeschichte des Zwölfgötterglaubens, wie wir sie seit jeher kennen, setzt an den Anfang des Kosmos zudem Eifersucht, Neid, Machtgier, Mordlust, Krieg und Gemetzel. Dass Götter zu Dämonen werden können (Charyptoroth) und manche womöglich gefährlich nahe am Abgrund wandeln (Kor, Levthan) war auch vor der Historia schon kein Geheimnis, ebenso wenig, dass im Karmakorthäon alle gegeneinander antreten und jede Form von Harmonie und Ringelpiez in den höheren Sphären somit nur Frieden auf Zeit ist. Wer hat’s immer schon gewusst? Die Echsen. (Auch dies übrigens ein Ansatz, der nicht erst seit gestern durch die offiziellen Publikationen geistert.) Daher denken wir: Wer bislang ein eher-weißes-wenn-auch-nicht-blütenweißes Götterbild mit nur gelegentlichen Grausprenklern hatte, hat sich einfach vom aventurieninternen Zwölfgötterglauben blenden lassen und hätte auch schon vor der Historia bei genauer Lektüre der Referenzwerke ausreichend Anlass zum Ärgern gehabt.
Des Weiteren: Fallen etwa die wichtigsten Unterschiede weg, nur weil Göttern und Erzdämonen nun das teils rücksichtslose Streben nach Macht und Einfluss gemeinsam ist? Natürlich nicht. Die einen wollen Macht zum Gestalten und Ordnen der Schöpfung im Sinne ihrer Prinzipien, die anderen wollen Macht zum Zerstören der Welt. Das eine ist die vollkommene Pervertierung des anderen, die Trennlinie könnte also in jeder Hinsicht (ethisch, kosmologisch, ästhetisch usw.) nicht deutlicher sein, auch wenn sie überschritten werden kann. Nur weil wir viel Grau in der Mitte des Spektrums haben, bleiben die Enden trotzdem so weiß und schwarz, wie man sie kennt und fürs Spiel braucht.
Abschließend noch eine kurze Randbemerkung zur „vermenschlichten Soap-Opera-Darstellung“ der Götter und ihrer Motive: Hier hilft es, sich zu verdeutlichen, wer die Geschichte der Götter eigentlich erzählt (nämlich Chalwen), sowie, dass an mehreren Stellen darauf hingewiesen wird, dass die Erzählfigur versucht, die Zusammenhänge auf eine Sterblichen begreifliche Weise zu erzählen. Deshalb werden die Götter auch weiterhin fein nach „männlich“ und „weiblich“ aufgeteilt, und die teils stark anthropomorphisierende Darstellung dürfte auch hiermit zusammenhängen.
Cifer: Sicher, die Götter waren auch früher weder nach irdisch-westlicher noch nach aventurischer Moral absolut blütenweiß. Aber war es nicht die Pointe der Borbaradkampagne, dass keine Seele an die Niederhöllen verloren gehen darf? Wie passt es da, dass Efferd mal eben Charypta in die siebte Sphäre mobbt? Zudem haben viele der Intrigen nichts göttliches an sich und werden in der Forenlandschaft zurecht als Aufguss bekannter Soap Operas kritisiert. Chalwens einleitende Worte, dass man sich die Unsterblichen nicht bloß als besonders mächtige Menschen vorstellen sollte, klingen angesichts ihrer Charakterisierung im Text bald sehr hohl.
Vibart: Aber Leute, die Götter und Dämonen neuerer Modellbaureihe sind doch gar nicht zwielichtig, sondern so eindeutig und simpel wie nur noch was. Grau hat nicht viele Farbtöne zu bieten. Ich will keine makellosen Götter, aber welche, die als Handlungsmotiv mehr zu bieten haben als Machtstreben. Dass die Scheidung zwischen Ordnungsgott und Zerstörungsdämon nicht mehr funktioniert, zeigen die diversen Seitenwechselgeschichten, wie Charypta oder Amazeroth. Letztendlich würde ab jetzt wohl Blakharaz, käme er aus den Niederhöllen irgendwie raus und ins alveranische Kanzleramt, die Politik seines Vorgängers nahtlos fortsetzen. Und dass die Götter eigentlich schon die letzten zehn Jahre so waren, habe ich rein persönlich auch anders wahrgenommen. Noch die aktuelle Quanionsqueste atmet einen ganz anderen Geist als die Historia. So möchte ich den Kampf der Mächte um die Seelen haben! Nicht als Geschacher einiger jämmerlicher Krämer.
Schlussworte
Vibart: Ein langer Disput, und wir fechten nur um die ersten 50 Seiten? Man kann sagen, das Vorgeplänkel zur eigentlichen Historie Aventuriens hat eingeschlagen wie eine Bombe. Bomben sind aber nichts Gutes. Die Umgestaltung des Kosmos war nicht wirklich notwendig für eine Zusammenfassung der aventurischen Geschichte. Aber jetzt überstrahlt sie alles, was danach über Menschen, Zwerge und alles andere gesagt wird. Diesmal meine ich es völlig ernst und traurig: Die Historia hat sich mit diesem pseudotranszendenten Käse einen Bärendienst erwiesen. Sie hätte Geschichtsbuch bleiben sollen.
Josch: War die Umgestaltung denn wirklich so groß? Das Wort selbst ist doch tendenziös, denn nur weil manche Ingame-Quellen nicht kanonisiert wurde, wurde noch keine kanonische Setzung geändert. Aber sei’s drum. Ich kann jeden verstehen, der Setzungen zur Entstehung des Kosmos und zu den frühen Zeitaltern ablehnt, und ich bin selbst noch unentschlossen, wie gut ich es finde, dass jetzt konkrete Fakten zur derischen Kosmologie geschaffen wurden. Ich neige insgesamt eher dazu, die Erzählung Chalwens als nur eine von mehreren Möglichkeiten zu betrachten. Deren Inhalt finde ich in vielerlei Hinsicht aber sehr anregend und gelungen. Dass die Historia im Endeffekt weniger festklopft, als sie selbst suggeriert, und teils auch ganz neue Fragen aufwirft, halte ich nicht für ein großes Problem – ganz im Gegenteil. Wer bei den paar interpretatorischen Fingerübungen schon das Handtuch wirft, hätte es niemals heil durch die spannende DSA-Gründerzeit und das goldene DSA-Mittelalter geschafft, geschweige denn die massiven Retcons der DSA4-Zeit ohne Herzkaspar überstanden. Aber der letzte Retcon ist wohl halt immer der beste. Mein Maraskanerherz erfreut sich zudem an der neu gewonnen Vielfalt und Freiheit für das einzig ernstzunehmende Ingame-Glaubenssystem. Wäre es in dieser Hinsicht beim schändlichen status quo geblieben, hätte ich aber auch weiterhin gut damit leben können. Was Nandurion betrifft, sehe ich aus den oben genannten Gründen keinerlei Grund, an der Existenz Nandus‘ zu zweifeln und in Umbenennungsaktionismus zu verfallen. Im Notfall könnten wir aber immer noch den Nandu als neues Wappentier wählen und uns in „Nandu-Orion umbenennen. Wie auch immer: Preiset die Schönheit, Bruderschwestern. Rur liebt die Vielfalt.
Salaza: Ich verstehe durchaus, dass man Setzungen nicht mag, denn die Geschmäcker sind bekanntermaßen sehr vielfältig. Aber mir kommt zu oft der Hammer: „XY ist nach der Historie jetzt falsch und geht nicht mehr.“ Da fehlt mir der Blick über den Buchrand mit den Möglichkeiten, wie man mit dessen Inhalt und dem eigenen Aventurienbild ein spannendes Spiel und interessante neue Hintergründe gestalten kann. Ich kann für mich sagen, dass mir da einige Möglichkeiten vorschweben. Allerdings ist mir für den Glauben meiner Charaktere auch die Outgame-Setzung wirklich schnurz.
Cifer: Die Historia wurde als ein Werk angekündigt, das Klarheit schaffen und Widersprüche auflösen sollte. Aus meiner Sicht wirkt es da bezeichnend, wie viele zusätzliche Annahmen die Blümchenecke tätigen musste, um den Setzungen irgendwie Sinn zu verleihen. Wie Vibart bereits sagte: Wenn ich interpretieren will, versuche ich mich an schöner Literatur, nicht an einem Werk, das eine Zusammenfassung von Fakten sein will, denn die sollen eigentlich aus sich selbst heraus verständlich sein – ein DSA-Buch bewerte ich in erster Linie danach, was drinsteht und nicht nach dem, was ich mir noch dazu denken könnte. Andersherum kann ich auch nicht dem Gedanken folgen, dass Setzungen von Autorenseite problemlos umgestoßen werden können, weil Spielleiter das auch ständig machen. Genauso erwarte ich ja schließlich, dass in einem DSA4.1-Abenteuer die 4.1-Regeln angewandt werden statt den Hausregeln von Autor Hans Müller. Auch wenn ich mich also den Beleidigungen und Flames der Forengemeinschaft nicht anschließen mag: Die grundlegende Bewertung trifft voll ins Schwarze.
Darf’s noch etwas mehr sein? Dann geht’s hier zur Rezension von Vibarts Voice.
Pro Saljoschza!
Ich habe das Buch zwar nicht gelesen und kann zu Einzelheiten nichts sagen, aber ich glaube auch nicht, dass es hier Neusetzungen im großen Stil gegeben hat. Von dem Grundkonzept Götter/Dämonen/Karma/Alveran hat Florian schon vor über 10 Jahren so gesprochen, als er noch Chefredakteur war.
Erstaunlich, dass im Detail offenbar so viele Fehler gemacht wurden, was Widersprüche zu anderen Publikationen angeht.
Auch kann man natürlich diskutieren, ob es nicht besser wäre, das Konzept weiter nur im Hintergrund zu haben und nicht so offen auszusprechen, im Sinne von „Wahrt das Mysterium“.
Kann mich dem Schlusswort von Cifer nur anschließen: Hier wurden Probleme im DSA-Kosmos gelöst, die sonst niemand gesehen hat und dafür ein Mehrfaches an neuen Problemen geschaffen. Über den Sinn etwa der Aussagen zur Ordination für die Qualität der Spielwelt kann man nur rätseln. Das beste, was man über HA sagen kann, ist deshalb in der Tat: Ignorieren tut nicht weh.
Ich bleib auch weiterhin treuer Anhänger der Blümchen-Fraktion. Schade nur, dass die auf mich wesentlich besonnener, reflektierter und weniger in Populismus verfallende Saljoschza-Argumentation immer zuerst kommen musste, so dass die beiden „Stänkerer“ dann immer das letzte Wort hatten, ohne mich dabei auf der Sachebene wirklich überzeugen zu können.
Leider muss ich vor dem Erwerb der Historia noch in Verhandlungen mit Satinav und Phex treten, ein Pflichtkauf ist sie für mich aber allemal. Danach kann ich dann vielleicht auch sagen, was ich wirklich von den Änderungen halte und ob mir die Fehlerdichte zu hoch ist, wenn ich aber die Erfahrungen der letzten fünfzehn Jahre extrapoliere, dürfte ich an dem Buch wieder mal wesentlich mehr Freude haben, als mir der wütende Mob gerne zubilligen möchte…
@Xeledon: Die Reihenfolge war ein fairer Kompromiss: Wenn wir schon das Maul bzw. die Hände nicht halten können, müssen wir zumindest als erste ran. Über die kleineren Inkonsistenzen und Fehler haben wir im Disput jetzt extra nicht gesprochen, das meiste ist aber m.E. Kram, den man fix und ohne großen Aufwand mit einem Bleistift korrigieren kann und angesichts des Textumfangs leicht zu verschmerzen (abgesehen von der Namensverwechslung im Falle Nostrias natürlich, das ist ehrabschneidend).
Habe ja schon auf der Ratcon gemerkt dass ich mich gut mit Cifer verstehe, Hier die Bestätigung 🙂
Pro Cifer und Vibart.
Für mich machen es völlig unnötige Änderungen in der HA nötig, dass man entweder akzeptiert, dass das gesamte Götterbild bisher schlicht falsch war oder man fängt an, die Wortlaut- und Interpretationsgrenze sehr arg zu strecken, bis krampfhaft wieder etwas rauskommt, was zumindest grob in den bisherigen Hintergrund einzufügen ist (s. Salzjoscha).
Für mich beides keine gewinnbringenden Alternativen, zumal das Umschmeissen der Setzungen schlichtweg eins war: Unnötig.
Ich sehe HA und den toll geschriebenen Disput ähnlich wie Xeledon und die Blümchenfraktion.
Schöner Disput, vielen Dank! Ich kann die hohen Wellen, die die HA ausgelöst haben, auch nicht recht nachvollziehen und die Blümchenfraktion schrieb vieles, was ich ebenso gedacht habe und nur befürworten kann. Ich mag emotionale Meinungsmache nicht besonders und in Bezug auf HA nehme ich die besonders stark im Netz wahr (man muss sich ja gefühlt rechtfertigen, HA was Gutes abzugewinnen). Unabhängig davon: die HA hat mir beim Lesen Spaß gemacht, mein Interesse geweckt und Lust gemacht mich wieder mehr mit DSA zu beschäftigen!
So, angesichts der angekündigten Überarbeitung der Historia melde ich mich auch mal, jedoch in völlig anderer Reihenfolge.
Generell: Die zu Alveran, Dämonen etc. pp. getroffenen Setzungen erinnern mich an die Ratcon- und Dreieich-Workshops während der Umstellung auf DSA4 und vor dem Erscheinen von G&D. Da haben FDS und TR schon ziemlich ähnliche Dinge gesagt. Die Sache mit der Notwendigkeit eines Alveran-Postens zur Ordination finde ich auch etwas doof (wobei das größere Problem mE die Ordination an sich ist), das müsste man lockern, dann würde es Möglichkeiten eröffnen. Außerdem kann dieser Kniff die Omnipräsenz des Maklers Phex in Alveran recht gut erklären und den Glauben erweitern.
1. Der Ogeron
Für mich gab es immer nur zwei Alternativen für den Dämonensultan:
a) Eine Täuschung Amazeroths
b) Ein gefallener „Unsterblicher“ (ja, das als Begriff für Götter ist angesichts von Elfen, eigeborenen Hexen und Nahema doof), wobei hier Ogeron und Rashtul in Frage kommen. Ich halte diese beiden Lösungen für besser, als „Gefallener Unsterblicher, wo bisher niemand kennen tut“. Rashtul würde zu Rastullah=Dämonensultan führen. Nicht so toll. Dann bleibt Ogeron.
Damit passt es auch, denn die Existenz des Dämonensultans wurde über die deutliche Zuschreibung des Omegatherions zum Dämonensultan, die ja spätestens mit Donner & Sturm erfolgte, bestätigt. (Somit keine Täuschung seitens AMZ, sondern existierende Wesenheit) Und zu den Viechern, die die Schöpfung zerstören wollen und v.a. der „Vielleibigen Bestie“ passt Ogeron mE wie Arsch auf Eimer.
2. Der geplatzte Nandus: Das halte ich für eine richtig töfte Idee. Und ja, ich bin Nandus-Geweihten-Spieler (aber auch Maraskaner) Und abseits davon, dass Nandus die Möglichkeit eröffnet hat einen hintergrundkompatiblen Demokraten/Anarchisten zu spielen, fand ich die Chose zwar interessant, aber jetzt wesentlich besser. Das hat nämlich mal, abseits von ganz vielem anderen Kram der Historia, Abenteuer-Potential. Die in der G7 und auch später erwähnte Tendenz von Nandus-Kreisen zu AMZ, die völlig übertiebenen Probleme der Kirche (NICHT des Reichs) mit der Nandus-Republik Sibur, das alles passt. Zudem gilt auch IdV: „Die Alveraniare des verbotenen und des verborgenen Wissens und Nostria Thamos sollen die Inkarnationen eines zerstörten Wandelsternes und Halbgottes sein.“ Passt auch. Dennoch bin ich mit der Umsetzung nicht glücklich: Es fehlen Andeutungen zur Spielrelevanz und Überlegungen dazu, warum sich der Nandus-Kult gehalten hat, etwa als Vabanquespiel seitens Hesindes und Phex‘ (was somit auch das Problem mit dem 6. Zeichen lösen würde), damit die Übereifrigen nicht gleich zu AMZ laufen, sondern in gewisser Kontrolle seitens der Götter bleiben.
3. Tsatuaria: Gefällt mir auch. Die Suche nach der Primärliturgie ist unsinnig, weil sie schon existiert. Plus eine der wenigen guten Überlegungen zur Myranor-Kompatibilität.
4. Kha, Los, Sumu: Mir doch egal. Ob ich als Druide & Co Sumu als Entität vertrete oder vielmehr das generelle Prinzip der Lebenskraft (Sikaryan). Da bleibt mein Druide bei seinem Glauben, find ich sogar eleganter als die da halbtot rumliegende Urmutter. Der druidische Glaubens ist damit tatsächlich nicht an eine personifizierte Entität, sondern an ein die Schöpfung begründendes und möglich machendes Prinzip gebunden. Geilster Glaube ever, auch, weil man sich aus diesen Alveran- Schachereien und mein-Gott-ist-besser-als-dein-Gott-Prinzip de facto raushält.
5. Myranor-Problematik:
Splitter kaputt ist echt doof. Hätte man mal besser „gelten als zerstört“ geschrieben, wäre das Problem gelöst. Unschön. Ashariel: Finde ich gut. Würde ein Vorbild für die Chimärenerschaffung erklären und dem Volk noch was abseits von „Chimären halt“ geben. Versuchte Re-Population mittels Kloning.
6. Zeitalter der Menschen
Ganz ehrlich, gemäß der bisherigen Geschichte kann das 11. Zeitalter nicht das der Zwerge und Elfen sein. Vgl. Bedeutung auf anderen Kontinenten, Zeit der Bedeutung etc. pp. Menschen passt schon gut, gerade in Bezug auf Aventurien und v.a. Myranor. Und statt: Schnappt euch die Herrschaft über das Neue Zeitalter, finde ich den Auftrag: Schafft das, was niemand zuvor geschafft hat. Woran Drachen und Echsen wegen dem Güldenen gescheitert sind und holt euch noch ein Zeitalter; oder: Schafft ein neues Zeitalter der Vielfalt viel besser. Und gemäß der alten Zeitalter-Theroie war bisher ohnehin alles für den Popo, weil am Ende zum 13. hin triumphiert der Namenlose und es kommt zum Weltenbrand. Die Möglichkeit der Historia finde ich positiver und reizvoller als zwanghaften Untergang und Apokalypse. Auch weil die Zahl 13 insgesamt deutlich entmystifiziert wird und das 13. Zeitalter nicht mehr das Ende bedeuten würde.
Mit dem ganzen Werk bin ich aber nicht zufrieden, es gibt zu viele kleine Fehler, so großartig finde ich Chalwens Schreibe wahrlich nicht und v.a. fehlt Spielrelevanz. Das ganze Ding löst nur Meta- und Meta-Meta-Diskussionen aus. Über mehr graue Kästen und Co. hätte man Beispiele aufzeigen können, wie die unterschiedl. Besetzung von Alveran, Mythen vs. Realität, der geplatzte Nandus, das Tsatuaria-Problemee etc. pp. spielrelevant werden. Durch unterschiedliche Auslegung der Mythen und differenzierende Glaubensrichtungen, durch Relikte aus der Vergangenheit und Andeutungen zur Zukunft. In Reich des Horas wurde recht vorbildlich mit der Bedeutung der Historie für die Gegenwart des Spiels umgegangen, indem die Mysterien-Sektion die Geschichte auf ihre Spielrelevanz abgeklopft hat. Das fehlt hier. Somit steht er ganze Brei leider gefangen im Limbus und erreicht nie die Sphäre des Spieltisches
Dem kann ich fast in allen Punkten zustimmen! Hoffen wir mal, dass die Neuauflage der HA stärker in diese Richtung geht 🙂
Pingback: Schöner leben mit DSA: Teil 2 — Irrare humanum est. | Asboran
Pingback: Yukiijidas 4 mal 4 Fragen zur Einsteigerbox – Asboran