Im Dezember 2018 ist nun mit Aventurische Magie 3 der nächste und vermutlich letzte der magischen Erweiterungsregeln erschienen, der sich hauptsächlich rund um Beschwörung, Konstruktion, Elementaristen und ihre Gegenstücke dreht. Da nutzen unsere gehörnten Nanduriaten Derya Eulenhexe, Cifer und Queery doch schnell mal die Gelegenheit und versuchen sich mit Hilfe ihrer Adventskerzen an der Beschwörung eines Zantaclauth. Aber auch über das Buch wird vor dem Kaminfeuer eifrig disputiert.
Im Lauf dieser Rezension werden die Rezensenten wiederholt auf Fehler im Buch hinweisen. Das hat folgenden Grund: Das Buch enthält Fehler. Für diese hat Ulisses bereits Besserung gelobt und versprochen, noch vor Weihnachten Errata zu veröffentlichen. Da die Errata aber bis zum Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht waren und die erste Hardcoverauflage wohl auch nicht mehr im Nachhinein von einer Praktikantenhorde mit Skalpell, Kleber und Tipp Ex bearbeitet wird, bleiben sie hier fürs Erste unberücksichtigt.
Update (22.12.18): Das versprochene Errata ist inzwischen veröffentlicht. Außerdem kündigt Ulisses an im neuen Jahr ein zweites Dokument bereitzustellen, in dem die Korrekturen gelayoutet sind (also korrekte Wertekästen usw.) und in dem außerdem als Bonus ein neuer privater agrimothischer Lehrmeister aus Transysilien, Geoden der Brobrim, sowie die Kultur dieser wilden Zwerge enthalten sind.
Formalia
Cifer: Klassische 240 Seiten misst Aventurische Magie III, wie üblich vollfarbig. Die Illustrationen sind größtenteils solide und mit Ausnahme der Vinsalterin haben sich die Zauberinnen des Bandes mittlerweile auch darauf geeinigt, lieber mit Kompetenz statt zur Schau gestellten rahjanischen Reizen zu beeindrucken. Einzig bei wenigen Illus habe ich das Gefühl, dass Autor und Künstler nicht ganz auf einer Linie waren, was die zu transportierende Stimmung angeht. Der Steingolem, der hier mit Moosbewuchs, einer kleinen Tanne und einem auf ihm gebauten Vogelnest dargestellt wird, sieht zwar putzig aus, passt aber eher wenig zum Tsa verhöhnenden dämonischen Schrecken.
Derya: Mir gefallen die Illustrationen im Großen und Ganzen. Allerdings habe ich bei den Magiern durchaus ab und zu verwundert den Kopf geneigt, weil ich sie eher bei einer anderen Akademie erwartet hätte oder sich mir die gewählte Darstellung erst mit der zugehörigen Beschreibung erschloss. Positiv aufgefallen ist mir auch die ein oder andere Dame ohne Modelmaße, doch wo sind ihre männlichen Gegenstücke abseits des hageren Typs? Verwundert war ich zugegebenermaßen auch über ein Elfenbild, für die Darstellung eines Zaubers, den es in elfischer Tradition gar nicht gibt. Schließlich spielen die Elfen in dem Band eigentlich keine Rolle. Da hätte ein Zwerg in der Rolle besser gepasst.
Queery: Mein Eindruck ist, dass das Lektorat den Band nicht sauber überarbeitet hat. An etlichen Stellen habe ich Fehler und z.T. ganze falsche Textstellen entdeckt. So sollen sich alle Dschinne im Kampf in Feuer zurückziehen, was vermutlich für die Wasserdschinne böse endet.
Cifer: Nicht sauber überarbeitet ist noch sehr freundlich formuliert. Ja, DSA schwimmt gerade auf der Retro-Welle, aber in die Lektoratszeiten von 2011 muss ich eigentlich wirklich nicht zurück. Bitte schaut nach, was diesmal schief gegangen ist, und bereinigt das! Die allermeisten Bände der jüngeren Vergangenheit haben gezeigt, dass ihr es mittlerweile besser könnt. Mein persönlicher Favorit ist übrigens neben dem Haidruiden die Fortpflanzungsfähigkeit für Golems und Daimonide, die 56 QS kosten soll. Nein, ich will mir das ja auch nicht vorstellen. Aber.
Derya: Abseits vom Lektorat macht Aventurische Magie 3 mir beim ersten Drüberblättern einen aufgeräumteren und den Platz besser ausnutzenden Eindruck. Sieht so aus, als hätte sich die Redaktion so einige der früheren Kritikpunkte zu seinen Vorgängern zu Herzen genommen. Nur inwieweit dieser erste positive Eindruck auch einer tieferen Analyse und dem Sezieren seiner Inhalte standhält, werden wir in den folgenden Kapiteln noch sehen.
Traditionen
Cifer: In diesem Kapitel werden fünf Traditionen vorgestellt: vier mehr oder weniger neue (die Druiden kennt man ja schon) und dazu mal wieder die Gildenmagier. Los geht es mit den Animisten, die die diversen Konzepte teilmagischer Stammeskrieger aus 4.1 zusammenfassen – bisher fallen darunter die Gjalsker Tierkrieger, die Wolfskinder der Nivesen, die Zauberschmiede der Fjarninger und die Ferkina Besessenen, dazu kommen nun auch noch Trollzacker Elementmeister und Moha Geisterkrieger. Die Umsetzung gelingt mal mehr und mal weniger: Die Zauberschmiede haben, soweit ich das erkennen kann, eigentlich nichts, was ihnen beim Schmieden hilft. Die meisten Kampffähigkeiten sind ganz interessant, einzig Durch feste Materie erscheint mir in seinen Implikationen nicht ganz durchdacht. Für 4 AsP Startkosten und 2 AsP pro KR wird die Kämpferin samt Waffe unstofflich. Gedacht scheint das, um durch Wände hindurch zu treten, aber der Verweis, dass lebende Wesen anscheinend den üblichen Widerstand leisten, lässt überlegen, ob man derartig explizit unverwundbar auch angreifen (und eventuell sogar Rüstungen ignorieren) kann. Utility-Fähigkeiten wie Immunität gegen Hitze/Kälte leisten, was sie versprechen, einzig bei Steinmacht scheint mir der Autor nicht ganz darauf geachtet zu haben, wie viel eigentlich die QS*50 Kilo Steine sind, die man damit bewegen kann, um einen Steinschlag auszulösen oder den Weg freizumachen. Zum Vergleich: Ein Kubikmeter der meisten Gesteinsarten wiegt deutlich oberhalb einer Tonne. Außerdem verfügen die Animisten über bestimmte rituelle Waffen, die mindestens teilweise auch von Nichtanimisten sehr interessiert beäugt werden dürften – so zum Beispiel die gjalskische Bakka, die einzige Raufen-Waffe mit 1W6+4 TP. Die zugehörigen Waffenzauber sehen mir nach netten Spielereien aus, mit Ausnahme einer Fähigkeit zum Werfen der Waffe samt Wiederkehr war aber nichts darunter, was mich unbedingt vom Sitz aufspringen und jubeln ließ. Bei einigen Fähigkeiten fehlt zudem eine Wirkungsdauer.
Queery: Insgesamt gefällt mir das Animistenkonzept. Mit primären und sekundären Patronen (z.B. Tiergeister) kann ich unterschiedliche Talente erhöhen. Außerdem gibt es die Möglichkeit 3 Zauber (bis zur Steigerungskategorie B, einen davon bis zu C) aus allen Magietraditionen zu erwählen und in der eigenen Tradition zu erlernen. Damit ist es m.E. relativ einfach eine Animistin nicht übermächtig aber flexibel und stimmig auszugestalten. Das ganze ist in einfachen Regeln gehalten, einheitlich und trotzdem anpassbar. Ein wenig ist die Vereinheitlichung bislang sehr separater Professionen vielleicht bei den Animistenkräften übers Ziel hinausgeschossen. Die ein oder andere spezielle Animistenkraft (Analog z.B. zu den Vertrautenzaubern bestimmter Tierarten) hätte hier deutlich den Flair erhöhen können.
Derya: Auch mir gefallen die Animisten im Großen und Ganzen. Allerdings hätte ich es schöner gefunden, wenn man seinen Sekundärpatron nochmal aus allen Kategorien hätte aussuchen können, statt nur aus jenen abseits des Primärpatrons, so dass z. B. vielleicht auch zwei Tiergeister ihnen Kraft verleihen könnten. Zudem scheinen mir die Wolfskinder bei den kultureigenen Animistenkräften eindeutig zu kurz gekommen zu sein. Eventuell soll dies dem Fakt Rechnung tragen, dass die Wolfskinder zwingend auch noch Wolfsblut in den Adern haben, aber sollte dies der Fall sein, würde es mich nicht überzeugen. Insgesamt ähneln die Animisten aufgebohrten, aufgrund ihrer Ausbildung wahrscheinlich nicht mehr ganz so intuitiven Zauberern mit mehr Fähigkeiten, während die Zauberalchemisten aufgebohrte Meistertalentierte waren.
Cifer: Interessante Betrachtung. Damit wären die Zibiljas quasi die verbesserte Variante eines hypothetischen Ritual-Dilettanten. Aber die sind jetzt noch nicht dran, denn weiter geht es mit …
Queery: Druiden kennen wir ja in Grundzügen schon aus der Regionalspielhilfe Die Streitenden Königreiche. Wie dort sind auch hier nochmal die Herrschaftsrituale aufgeführt. Mithilfe von Haaren oder Blut des Opfers kann ein Druide sein Opfer, das lediglich auf dem selben Kontinent weilen muss, in einem Nächtlichen Ritual verzaubern. Schon in der Regionalspielhilfe hat mir vor allem das stimmungsvolle Ritual Macht über Schlafwandler gefallen, bei dem ich das Opfer als Schlafwandler in der Nacht kontrollieren kann. Neu hinzugekommen sind die Herrschaftsrituale Kristall der Herrschaft und Wurzel des Blutes, auch wenn ich letzteres aufgrund eines Layoutfehlers (apropos schlampiges Lektorat) beinahe übersehen hätte.
Derya: Wo du Wurzel des Blutes erwähnst… *Schnell nachschauen geh* Ah ja, du hast recht, da steht das Herrschaftsritual ja, ich hatte es schon vermisst. Danke, ohne dich hätte ich es doch glatt übersehen.
Queery: Auch die Dolchrituale sind wieder abgedruckt und um Blutbaum, Borkenhaut, Flug des Dolches, Schutz des Dolches, Tieropferung und Weg des Dolches ergänzt, wobei mir die blutige und opferorientierte Anwendung, die jeweils eher kleine aber nützliche Boni gewährt, gut gefallen hat. Gänzlich neu ist die Druidensichel als sekundäres Traditionsartefakt mit Sichelritualen. Die Wirkungen sind insgesamt stimmungsvoll und begrenzt wie bei der Kraft der Sichel, die für 8 AsP und QS-Unabhängig w2+1 zusätzliche Körperkraft für die nächsten 5 Minuaten gewährt, oder die Kräuterernte, die einen Bonus von 2 Punkten auf eine Alchemieprobe bringt. Insgesamt scheint mir hier ein sinniges Gesamtpaket zusammengeschnürt zu sein, was (anders als die um einen Tag versetzt einsetzenden und damit meist nutzlosen Hexenflüche) für einen Druiden-Helden zu einem zentralen und vielfälltig einsetzbaren Charakteristikum seines Druidentums bilden kann. Daumen hoch.
Cifer: Ja, das kann man so stehenlassen. Mit den Ritualen kann man sehr gut sowohl den netten alten Mann im Wald spielen als auch den blutig-archaischen Naturkultisten. Die Druidensichel hat bei mir aber gleich zwei buschige Augenbrauen hochgehen lassen. Erstens sieht die Illustration nicht ganz so golden aus, wie die Beschreibung vermuten lässt – und zweitens war das doch mal das Markenzeichen der geodischen Herren der Erde?
Derya: Da hat der Herr nicht ganz so unrecht. Dafür haben die jetzt ebenfalls Anrecht auf die Vertrautenbindung ihrer Brudergeoden. Zudem muss ich zugeben, dass ich die Sichel bei den Druiden stimmiger finde. Mag an all den Druidensicheln in Mythologie, Geschichte und Medien liegen. Außerdem finden so die Rituale nach grober Gewichtung eine stimmungsvolle Unterscheidung in verschiedenen Artefakten. Ich erinnere mich an so einige Überlegungen in Foren über zwei Druidendolche mit einerseits mehr spendenden Ritualen und mehr raubenden Ritualen andererseits.
Cifer: Na, zumindest haben es die Geoden jetzt auch in den Band geschafft. Ein Running Gag weniger, schätze ich. Dafür überlebt der zweite wohl mindestens bis zu den Errata, aber dazu später mehr. Die Geoden bekommen eine solide Portion Hintergrund ab, der auch die geretconten weiblichen Geodinnen meines Erachtens zufriedenstellend abhandelt: als Ausnahme der Ausnahme, aber durchaus existent. Ebenso fallen auch ein paar Worte zum Geschlechterverhältnis der Druiden, das abseits des Andergaster Patriarchats hier schlicht damit erklärt wird, dass magiebegabter Nachwuchs rar ist, ein Großteil an die prestigeträchtigen Akademien geht und die Hexen im Rest eher nach magiebegabten Mädchen suchen, so dass bei Druiden automatisch ein Überhang an Männern verbleibt. Aber zurück zu den halben Portionen: Die Geoden haben drei Kategorien von Ritualen. Einmal sind das Vertraute wie bei den Hexen, die noch zwei recht praktische Tricks mitbekommen.
Derya: Dummerweise vermisse ich auch bei den neuen Geodenvertrauten, wie bei jenen der Hexen aus Aventurische Magie 2, die Info, welchen Stimmungssinn sie ihrem Zwergen denn nun vermitteln. Also wieder vermuten und raten.
Cifer: Zum zweiten können die Geoden je nach Spezialisierung entweder mit einem gebrauten Trank deutlich besser durch die Natur hindurchkommen oder eine ziemlich heftige Gestalt aus Rauch beschwören, die als Kampfgefährte dient – Säbelzahntiger-Pet mit Resistenz gegen profane Waffen für 12 AsP gefällig?
Derya: Wobei die Gestalt aus Rauch jetzt ja keine neue Erfindung ist. Die gab es für die Herren der Erde ja schon bei DSA4.
Cifer: Richtig – nur ist sie jetzt nicht mehr massiv von den RkP*/QS abhängig und macht auch nicht mehr nur halbierten Schaden.
Queery: Damit haben die Geoden wahrscheinlich derzeit eine der mächtigeren Kampfbeschwörungen überhaupt. Was allerdings auch daran liegt, dass der Säbelzahntiger insgesamt nicht in die Kategorie Tiere passt und im Bestiarium ja auch unter dem Abschnitt Ungeheuer und nicht Tiere auftaucht. Auch das Verwandeln in den selben ist nämlich für alle Zaubertraditionen mittels Wolfstatze sehr einfach und billig geworden und alle anderen Tiere, die mir bislang unter die Augen gelaufen sind, wurden passend dazu generft.
Cifer: Zum dritten gibt es noch den ikonischen goldenen Schlangenring, der das wohl bisher seltsamste Balancingfeature aufweist: Er kann nicht abgenommen werden und verfügt daher “als Ausgleich” über ein geringeres Volumen für Ringzauber. Zwar weiß ich nicht, was die Unmöglichkeit des Abnehmens für ein Vorteil sein soll, aber Balancing kann dem Ring durchaus nicht schaden – einige der Rituale haben es nämlich in sich. Ich würde keins davon als echten Gamebreaker bezeichnen, aber man merkt schon, dass sie durchaus stärker sind als etliche andere magische Effekte. Heilkräfte der Natur kann zum Beispiel ohne Probe AsP zu LeP im Verhältnis 1:3 umsetzen, während andere Traditionen oftmals schon zu knabbern haben, um auf 1:1 zu kommen. Und: Die Abbildung des Reifs zeigt irgendwie schon wieder kein Gold. War Illumination im Illu-Budget nicht mehr drin?
Queery: Insgesamt haben die Ringzauber schon Stimmung, aber es auch in sich. Neben dem von dir erwähnten Powerheilen ist mir dabei vor allem Pforte durch Sumus Leib aufgefallen, die bis zu 6 Personen via Schnellreise (GS 100) zu einem bis zu 10 Meilen entfernten Punkt durch Humus oder Erz transportiert. Wobei zur Verteidigung der Redakteure angeführt werden muss, dass es den meisten Heldengruppen wenig passen wird, dass dabei alle Metallgegenstände zurückbleiben müssen. Trotzdem sollte der Geoden-Stoßtrupp, der blitzschnell “Skaven-artig” hinter den Linien aus dem Boden hervorbricht, zur Kampftaktik der Zwerge hinzugefügt werden. Wenn sie dann noch ihre Rauch-Tiger loslassen …
Derya: Vielleicht ziehen die Geoden am Ende ihre Macht vor allem aus ihren Ritualen? Weshalb fällt mir da jetzt eigentlich die Geodenvariante aus Drakensang – Am Fluss der Zeit ein? Erklärung folgt später.
Queery: Auch die Gildenmagier bekommen in Aventurische Magie III neue Geschenke. Mir am meisten ins Auge gefallen sind die Zauberspeicher, die schon unter 4.1. das Balancing wegen fehlender Zauberdauer und zusätzlich gespeicherten AsP gebrochen haben. Und dann mit Erweiterungen auch noch bis zu 3 flexibel auslösende Zauber mit je bis zu 32 AsP. Wtf? Damit kann ich als Schwarzmagier in den ersten 3 KR gleich mal 3 vielgehörnte Dämonen ausspucken ohne meinen AsP-Vorrat auch nur angebrochen zu haben. Why?
Cifer: Keine Sorge, das ist aktuell tatsächlich nicht drin. Kurz nachgerechnet: Kraftfokus 6 Punkte, Merkmalsfokus 8 Punkte, Zauberspeicher des Adepten 7 Punkte. Macht 21 Punkte Volumen, also schon 3 über dem Standardvolumen von 18. Die Volumenerweiterung gibt bis zu 5. Zauberspeicher des Magus kostet 5 Punkte und Zauberspeicher des Erzmagus nochmal 3. Ohne die Stapelung und die Rituale sind wir also nur mit der Zauberspeicher-des-XY-Kette bereits 6 Punkte über dem überhaupt erreichbaren Maximum, mit den beiden Zusätzen bräuchten wir einen Stab mit 45 Volumenpunkten. Und jetzt ist auch geklärt, warum Saruman Gandalfs Stab geklaut hat: Mit zwei Stäben hätte er endlich genug Volumen für den voll ausgebauten Zauberspeicher, der olle Powergamer!
Derya: Mich stört abseits der Geschichte um die ganzen übersehenen Voraussetzungen und Volumenbegrenzungen irgendwie vor allem, dass die Gildenmagier aufgrund ihrer breiten Darstellung über alle drei magischen Erweiterungen auch zu allen drei Ritualgegenständen noch erweiterte Möglichkeiten bekommen. Rückblickend wäre es aus meiner Sicht besser gewesen, wenn das Bannschwert aus Aventurische Magie 1 erst hier vorgestellt worden. Schließlich haben die Magier sogar drei Traditionsartefakte in ihrem Besitz und das Bannschwert hätte auch thematisch gut in diesen Band gepasst. Hätte zumindest für mich diesen unbefriedigten Nachgeschmack verhindert. Auch wenn es zum Zeitpunkt der Drucklegung zugegebenermaßen für diese Entscheidung zu spät war. Da hätte der Beschluss schon früher bei der Festlegung über die Aufteilung der Magier auf die Erweiterungen fallen müssen. Wandern wir von den Bücher versessenen Magiern weiter zu den, die Chronik ihrer Sippe bewahrenden, norbardischen Zibiljas. Insgesamt erscheinen mir die DSA5-Zibiljas mit ihren Ritualen und ihrer Sippenchronik am Ende spielbarer als ihre DSA4-Schwesterbienen. Nur frage ich mich, ob das Ritual Ruf des Bienenstocks aus der Theaterritter-Kampagne 1: Der Weiße See verändert und unter dem Namen Band zur Ware ihren Weg in diese Magiechronik gefunden hat oder vielleicht doch schlicht vergessen wurde?
Cifer: Die Zibilja ist auf jeden Fall ein interessanter Charaktertypus. Ob sie jetzt explizit spielbarer als früher ist, weiß ich nicht. Die Trennung zwischen (größtenteils) lang vorzubereitenden Ritualen und wenigen 1-Aktion-Chronikzaubern ist aber auf jeden Fall eine spannende Idee. Ebenfalls spannend: Einige der Rituale dauern mal eben Jahrhunderte an, ohne dabei pAsP zu kosten. Zumeist sind diese nicht wirklich spielrelevant (so häufig sind einfach keine Gräber zu versiegeln), aber bei ein paar merkt man doch gewisse Unterschiede zum restlichen Regelwerk: Die Wachskonservierung ist der in jeder Hinsicht bessere Unberührt von Satinav (nur ohne Zeitfrevel-Regelung – siehe unten) und von der Fähigkeit, für 16 AsP jahrhundertelang aktive Wächtermumien zu erschaffen, können Brabaker nur (alp-)träumen. Hier habe ich das Gefühl, dass der Autor nicht davor zurückschreckte, in eher plotfernen Bereichen SCs Zugriff auf ziemlich große Geschütze zu gewähren, statt wie bei vielen anderen Zaubern Macht eher sehr rationiert auszuteilen. Fühlt sich ungewohnt an, kann man aber machen. Eine Entscheidung finde ich allerdings balancingtechnisch etwas seltsam: Zibiljas bekommen +1 Erleichterung auf alle Rituale, wenn mindestens fünf Sippenmitglieder in der Nähe sind. Da 99 % aller Heldenzibiljas binnen des ersten Abenteuers die Heldengruppe zu ihrer Zweitsippe erklären, kann man also auch sagen: Wer in einer Gruppe mit sechs Spielern spielt, bekommt einen Dauerbonus, alle anderen stehen eher doof da. Hier fände ich eine Änderung in Richtung “5 Sippenmitglieder oder die gesamte Sippe” sinnvoll. Apropos Änderung: Die Zibiljarituale zählen allesamt als Magische Handlungen, die ganzen “Kosten/Ritualdauer/Honigkuchen sind nicht modifizierbar”-Angaben sind also ohnehin überflüssig. Die andere alte Stütze der Zibiljamagie, die Zauberzeichen, sind für die Tradition übrigens, soweit ich das sehe, noch immer theoretisch verfügbar, es wurden aber noch keine zibiljatypischen Glyphen beschrieben – einige frühere Glyphen wie das Hermetische Siegel wurden allerdings in reguläre Rituale überführt.
Erweiterte Magieregeln
Cifer: Die erweiterten Magieregeln sind mal wieder ein buntes Allerlei, dieses Mal mit Schwerpunkt auf den exotischeren Bereichen der Magie. Doch begonnen wird ganz mundan mal wieder mit gildenmagischen Unterrichtsplänen, wie wir sie schon in Aventurische Magie I und II durchgekaut haben. Jemand was dagegen, wenn wir das überspringen? Nein?
Derya: Doch, doch, ich. *Kurz zu Wort meld* Die Unterrichtspläne gefallen mir auch weiterhin gut, nur fällt mir bei diesen Akademien gerade durchaus auf, dass dabei vielleicht teilweise mehr auch die Lehrpläne der DSA4-Akademien Beachtung fanden als die veränderten Traditionszugehörigkeiten der Zauber in DSA5. Denn ich sehe da so einige Fremdzauber und -rituale in den Plänen, die bei DSA4 noch eine Magierverbreitung hatten. Was auf gewisse Weise eine größere Durchlässigkeit bei der Lehre zwischen den Traditionen impliziert als früher.
Cifer: Na gut. Weiter geht es mit Die Erschaffung von Monstrositäten, meiner traditionellen Lieblingsbaustelle. Hier werden die Beschwörungsregeln so erweitert, dass sie auch auf Golems, Untote und Chimären passen. Die Grundidee, das über einen sehr ähnlichen Regelsatz laufen zu lassen, gefällt mir dabei gut. Die starre Dienstzahl über QS wird ersetzt durch den Wert Loyalität, welcher als Talent auf MU/IN/CH gewürfelt wird. Grundlegend eine gute Idee, auch wenn es mir seltsam erscheint, dass eine Chimäre mit besonders hohem MU besonders leicht ihrem Herrchen gehorcht. Vielleicht wäre es sinnvoller, hier die Eigenschaften des Beschwörers zu verwenden? Ebenfalls bin ich mir nicht sicher, warum dem Talent eine Steigerungskategorie B zugewiesen wurde, aber gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass es nicht mit AP zu steigern ist. Die Probe kann auch für angenehme oder unangenehme Aufträge modifiziert werden, wobei es leider an beispielhaften Erschwernissen und Erleichterungen fehlt. Ebenfalls können Monstrositäten nur von ihrem Erschaffer kontrolliert werden, was mir nicht so recht zu chimärologischen Auftragsarbeiten zu passen scheint, die es im Hintergrund ja gibt – und fortpflanzungsfähige Wesen haben bisher erst recht keinen Sinn. Die größte Änderung im Hintergrund ist aber wohl, dass es aktuell keine Möglichkeit gibt, Wesen dauerhaft zu erschaffen: Selbst mit zwei Zaubererweiterungen kommt man nicht über QS Jahre hinaus. pAsP kosten die Viecher dafür bereits in ihrer Standardversion, die QS Wochen anhält. Bisher liegen also die untoten Wächter uralter Grabanlagen abseits der norbardischen Kultur noch deutlich außerhalb der Regeln. Apropos außerhalb der Regeln: Obwohl Rashdul im Band vorgestellt wird, wird über elementare Golemiden kein Wort verloren. Das erscheint mir seltsam, wird man so doch vermutlich bei deren Einführung dann erstmal das komplette Monstrositätenkapitel wiederkäuen müssen, statt hier einfach “Golemiden: Wie Golems, mit Sonderregeln A/B/C” zu schreiben. Ebenfalls aus meiner Sicht kritikwürdig: Es gibt keinen freien Baukasten, sondern nur die Möglichkeit, bestehende Werteblöcke mit QS etwas anzupassen. So steht man am Ende des Kapitels über die unendlichen Möglichkeiten asfalothischen Schöpfungswahns mit je nach Fachgebiet drei bis fünf nutzbaren Kreaturen da.
Queery: So mancher Gildenmagier mag sich gelegentlich zum Philosophieren, selten sogar Forschen, über die Sphären, den Limbus, Globule und Feenwelten hingerissen fühlen. Ein theoretisches Thema, was in den ansonsten übersichtlich zusammengefassten Beschreibungen zu den unterschiedlichen Gebieten spätestens deutlich wird, wenn sie sich darüber auslässt, welche Sphären wiederum einzelne Globulen oder Feenwelten haben könnten. Beidem hätte es besser gestanden, hier Texte zu liefern, die die Phantasie anregen, Beispiele bringen und Ideen für Abenteuer mit abgefahrenen Globulen oder den Helden völlig fremden Feenwelten entstehen lassen. Schöner als zu versuchen, das ganze mit einer irgendwie gesetzmäßigen Beschreibung, die dann aus lauter “könnte”-Sätzen besteht, abzuhandeln. Die Kästen zu bekannten Globulen oder bekannten Feenwelten sind für mich so das Nützlichste in diesen beiden Abschnitten. Spielpraktisch ist hingegen die Beschreibung des Limbus geraten, in der sich auch eine nette Tabelle zu Chaoseffekten der Zauberei und Begegnungen im Limbus findet. Ebenfalls eine gute Übersicht bieten die Einführung in Rohals Sphärenmodell, nur der Kasten zu anderen Sphärenmodellen ist mir etwas zu unkreativ geraten. Sowohl Limbus- als auch Sphärenabschnitt hätten inneraventurische Zitate und Texte gut getan, um stärker zu vermitteln, wie Aventurier sich mit diesem Thema beschäftigen. Insgesamt wünsche ich mir ein kleines Büchlein zum gesamten Themenkomplex mit einem mehr in-game Fluff-Ansatz ähnlich den Vademecums. Ergänzt werden könnte der Fluff um Ideen und Tabellen, die dem Meister Hilfestellungen und vor allem Anregungen geben, sollten die Spieler die 3. Sphäre verlassen.
Derya: Ich dachte beim Lesen des Sphärenabschnitts dagegen ständig, ich wäre ins falsche Buch transversaliert – entweder Richtung Aventurisches Götterwirken oder eine noch unbekannte Spielhilfe. Sprich, die Sphären schienen mir in diesem Buch fehl am Platze. Überzeugt haben mich dagegen der Limbus, die Globulen und Feenwelten.
Cifer: Ich finde die völlig korrekt platziert. Ohne grundlegende Sphärenkunde machen Limbus, Globulen und Niederhöllen schlicht keinen Sinn. Nicht explizit erwähnt wird übrigens die Abwesenheit von Geräuschen im Limbus – die Tage der Limbusreisen mit Gefuchtel und vollgeschriebenen Notizblöcken könnten also leider vorüber sein, wenn man das nicht aus dem beschriebenen Mangel an Luft folgert. Aber die Parade der exotischsten Zaubersparten geht weiter. Heute: Zeitmagie. Die bekommt ein bisschen Hintergrundeinbindung und einen deftigen Packen Zusatzregeln, nach der insbesondere (aber nicht ausschließlich) fehlgeschlagene Zeitmagie öfters mal sehr unschöne Nebenwirkungen kriegt, weil Satinav Not Amused ist – auf der entsprechenden W20-Tabelle enden 5 von 20 Würfelergebnissen relativ wahrscheinlich tödlich oder zumindest kampagnenbeendend.
Queery: Also es geht hier ja um eine optionale Fokusregel der Stufe I, bei deren Anwendung wir einmal (nicht gelungen) oder zweimal (gelungener Temporalzauber) mit einem W20 unter ein Zehntel der eingesetzten Temporalspruch- AsP würfeln müssen damit es zu Satinavs Störungen kommt. Öfters ist also übertrieben, trotzdem macht diese Regel den Unberührt von Satinav für die Lebensmittelhaltbarmachung deutlich uninteressant, wenn immerhin jede zehnte verbockte Zauberprobe zu diesem Todesrisiko führt. Aber insgesamt stimmig zum Hintergrund.
Derya: Mir scheint die Zeitmagie inklusive der zugehörigen Zauber vor allem etwas aus der Thematik der Publikation gefallen, als hätte man sie zwanghaft noch hier rein bringen wollen. Nur irgendwie wäre sie aus meiner Sicht auch gut in einer anderen Publikation aufgehoben gewesen, schließlich scheint mir der Komplex abseits ihrer Aufführung keine weitere Rolle für die Publikation zu spielen. Stattdessen hätte ich die Darstellung der aus meiner Sicht thematisch um einiges besser passenden Borbaradianer vorgezogen.
Cifer: Gute Idee. Mehr Borbaradianer gehen sowieso immer! Hingegen etwas seltsam: Der ziemlich banale Haltbarmachungszauber Unberührt von Satinav, der in 4.1 noch eine 6er Kristallomanten- und 4er Gildenmagierverbreitung hatte und in DSA5 bei den Töchtern Niobaras auf dem Lehrplan steht (und ausschließlich in Kuslik explizit nicht zusätzlich gewählt werden kann), wird jetzt zu den nahezu mythischen Sieben Formeln der Zeit gezählt.
Derya: Zugegeben, die Veränderungen in Verbreitungen und Traditionen gibt es ja an einigen Stellen. Teilweise sicher positiv, an anderen Stellen für Veteranen aber auch irritierend. Nur ist das sicher kein neues Phänomen. Ich erinnere mich noch an die Beschreibung so einiger Hexen, die angeblich Meisterinnen der Illusion waren. Sicher ein Erbe aus DSA3-Zeiten, hatten sie in DSA4 in der Hinsicht doch nicht viel zu bieten. Ich fahre eigentlich ganz gut damit, mir Editionsparallelwelten vorzustellen, mildert es doch einige Irritationen und Inkonsistenzen bei Editionswechseln ab.
Cifer: Klar, komplette Kontinuität erwarte ich nicht – mir ging es eher darum, wie jetzt die legendären Formeln der Zeit aussehen: Zeitreisen! Unsterblichkeit! Haltbare Lebensmittel! Aber wenden wir uns lieber einem etwas weniger kontroversen Thema zu. Zum Beispiel … Dämonenpakten. Wie die unter den Designmaximen von DSA5 abgehandelt werden, habe ich mich schon eine ganze Weile gefragt. In Kurzform: Dämonenpakte geben “lediglich” zusätzliche (mächtige) Optionen, AP zu verteilen. Außerdem muss der Möchtegernpaktierer eine ordentlich erschwerte Willenskraftprobe ablegen, um den Pakt einzugehen. Aus meiner Sicht geht damit ein ziemlich starker Hintergrundwechsel einher. Früher gab es Pakte sowohl als vom Paktierer ausgehendes Gesuch nach Hilfe, aber auch als Verlockung des Erzdämonen. Dieser zweite Aspekt scheint fast völlig weg zufallen, denn erstens kann anscheinend der Erzdämon die Willenskraftprobe nicht erlassen und zweitens haben Charaktere in Notsituationen nicht gerade die 20+ AP frei, die für etliche der Fähigkeiten fällig sind. Ein Konzept der “AP-Schulden” ist nicht vorgesehen. Insofern muss man Yoda deutlich widersprechen, denn schneller und leichter ist der Weg zur Dunklen Seite keineswegs. Im Gegenteil: Willensschwache Charaktere, denen man am ehesten den Moment der moralischen Schwäche in einer Notsituation zutraut, haben trotz minimalem Bonus fast keine Chance und auch keine Motivation, einen Pakt einzugehen. Auch andere “lohnende Ziele” wie Geweihte oder besonders erfahrene Recken bekommen keine Sondereinladung. Der ideale Paktierer ist in diesem System ganz klar der kühl berechnende Beschwörer mit eisernem Willen, der sich noch einen Dämon zur Vermittlung ruft, ein Unheiligtum aufsucht und auf die Namenlosen Tage wartet. Seelenverpfändung ist harte Arbeit!
Auf das Thema Paktschluss folgt, ganz logisch: Karmale Objekte. Was auch sonst? Es geht hier primär darum, dass Paktierer auf geweihtes Wirken wie Dämonen reagieren, wozu man natürlich den entsprechenden Abschnitt aus Aventurisches Götterwirken herauskopieren musste. Leider wurden hier aus Platzgründen Erklärungen entfernt, so dass man zwar weiß, was gesegnete, geweihte, zweifachgeweihte und heilige Dinge und Orte so mit Dämonen anstellen, aber nicht, wo man derartige Dinge und Orte antrifft. Und wo wir gerade bei Aventurischem Götterwirken waren, gibt es gleich noch die seelischen Makel der Frevler und Verdammten. Auf die seelischen folgen dann mit dem Dämonenmal die körperlichen, geordnet nach Erzdämon. Und weil man dann hoffentlich eingesehen hat, dass das alles irgendwie doch keine so tolle Idee ist, kommt der Paktbruch. Diesen gibt es profan, karmal und magisch. Profan läuft das ganze wieder über Willenskraft, magisch und karmal gibt es ein Ritual und eine Zeremonie. Diese sind aufwändig zu lernen, kosten die Exorzistin 8 permanente AsP/KaP und … sind bei Seelenpaktierern eigentlich komplett sinnfrei. Der Seelenmakel bleibt nämlich normalerweise voll erhalten – die AP für die Paktgeschenke werden hingegen zurückerstattet. Verdammt bleibt also Verdammt, wenn da nicht noch eine Gottheit persönlich eingreift. Die hätte aber auch gleich den Pakt brechen können. Insofern vermutlich nächste Hintergrundänderung: Geweihte streben nicht mehr danach, Paktierer vor der Hinrichtung aus dem Pakt zu holen. Das ist für die Seele nämlich wurscht, in die Niederhöllen fährt sie sehr wahrscheinlich so oder so. Trotz der dafür aufgelisteten Boni ist es übrigens eher nicht empfehlenswert, Seelenpakte im Tempel oder Heiligtum zu lösen, da wird die Paktiererin nämlich – siehe oben – weit vor dem Ablauf der 8 Stunden knusprig durchgebraten. Beim Minderpakt sieht die Sache hingegen anders aus: Eine Minderpaktiererin, die mit der Zeremonie samt Erweiterung behandelt wird, wird auch gleich das Mal des Frevlers los. Und das gilt auch für die magische Variante. Seit wann können Magier Seelenmakel tilgen?
Derya: Ganz so schwarz wie der gehörnte Kollege sehe ich die Pakte nun nicht: Nicht unproblematisch, aber durchaus verführerisch. Nur weshalb mischt bei den unabhängigen Dämonen da schon wieder die Zeit mit rein? Abseits davon, dass Heskatet genau wie Aphestadil bisher irgendwie komplett an mir vorbeigezogen sind, hat sie anscheinend auch nur Interesse an mächtigen Zauberern. Da hätte mich die in Abenteuern und Hintergrund immer wieder auftauchende Kyrjaka mehr interessiert, auch in Verbindung mit den in diesem Band auftauchenden Wolfskindern.
Cifer: Heskatet gibt es schon eine ganze Weile, sie tritt aber in der Tat nur selten in Abenteuern in Erscheinung (Interessierte mögen hier nachschlagen). Spannend finde ich allerdings, dass die drei “unabhängigen” Dämonen tatsächlich die sind, denen auf Myranor auch eine eigene Domäne (Avastada/Eskates/Ghorgumor) zugerechnet wird. Vielleicht mischen die sich ja auch aventurisch demnächst etwas mehr ein? Aber bei all dem Stress, in einen Pakt rein- und möglicherweise auch wieder rauszukommen, was kriegt man eigentlich dafür? Paktgeschenke. Und die haben es oftmals in sich. Blakharazpaktierer bekommen mit dem Lodernden Blick einen stundenlang wirksamen Imperavi – ab Stufe 3 ohne wesentliche Gegenwehrmöglichkeiten –, Nagrachpaktierer können Freipfeile mit 2W6+13 TP und um 8 erleichterten Angriffswürfen schaffen, Thargunitothpaktierer erheben zwischen drei und zehn Untote gleichzeitig zu minimalen Kosten. Amazerothpaktierer können den Zauberervorteil (samt Tradition) nachkaufen, wobei die Kosten allerdings im Gegenteil zu den Behauptungen eines nebenstehenden Erklärungskastens identisch bleiben. Im Einsatz bezahlt werden diese Fähigkeiten mit Dämonischer Auszehrung, einem neuen Zustand, für den Paktierer in ansteigendem Machtgrad eine Art Puffer bekommen, bevor er sie tatsächlich behindert. Schöne Idee. Apropops schöne Idee: Mit am besten an den neuen Regeln gefällt mir, dass “unzugängliche” Fähigkeiten grundsätzlich ihre AP zurückerstatten. Wenn man also Fall und Erlösung eines Geweihten ausspielt, steht man am Ende nicht mit mehreren hundert blockierten AP in Form einer gebrochenen Weihe und widerrufenen Paktgeschenken da.
Derya: Aber lasst uns von Dämonenmalen und Verdammniskreisen zu Prägungen und Zauberstilen wechseln. Und ähm, ähm, ja, da musste ich verwirrt erstmal in Glaube, Macht & Heldenmut – Die Streitenden Königreiche nachschlagen. Und tatsächlich, bei den Druiden gab es zwei Seelenwanderungen: aus Mehrer der Macht wurde ein Beherrscher des Geistes und aus Sumudiener mal schnell Diener der Natur.
Cifer: Ich vermute, man wollte hier nicht mehrere Regelaspekte – Profession und Prägung – gleich benennen, zumal ja nicht jeder Beherrscher des Geistes tatsächlich Mehrer der Macht sein muss. Nu gut, gegen Übersichtlichkeit und klare Namensregeln hab ich als alter Informatiker nichts einzuwenden, auch wenn Mehrer der Macht einfach mal cooler klingt. Die Prägungen selbst haben einige coole (andergastische Sumen bekommen Boni, wenn sie als Sumupriester auftreten und ihre Rituale in einer Gemeinde wirken), einige eher langweilige (Ritualsorte XY ist um 1 erleichtert) und einige zum Kopfschütteln animierende Wirkungen: Die Ausgeglichenen Geoden, die so halb zwischen den Strömungen der Herren der Erde und Diener der Erdmutter stehen, kriegen für ihre Prägung … gar nichts, also weder Vor- noch Nachteile – lehnen es aber laut Flufftext ab, andere nichtausgeglichene Geoden auch nur zu treffen. Ebenfalls seltsam: Während alle anderen Prägungen nur die passende Tradition zur Voraussetzung haben, muss man für die Druidenprägungen jeweils einer spezifischen Profession angehören bzw. einen bestimmten Zauberstil gekauft haben.
Magische Sonderfertigkeiten
Derya: Hier finden sich vor allem Konstruktionssonderfertigkeiten und eine vergleichsweise kleine Ergänzung an Zauberstilen und ihren Erweiterungen. Die meisten wurden dann doch schon in den beiden Vorgängern aufgeführt. Dennoch scheinen sie mir im Großen und Ganze eher zu den schöneren aber auch mächtigeren Varianten unter ihren Kollegen zu gehören. Ach ja, und nun kann man auch die richtig mächtigen Wesen entschwören. Da stieß man ja vorher so an seine Grenzen.
Cifer: Mit den Worten eines gewissen Komikers: Konsequenz heißt, auch Holzwege zu Ende zu gehen. Man mag sich erinnern, wie im Rahmen der Einführung des Pentagramma bemerkt wurde, dass schon die eingehörnten Karakile nicht zu bannen sind, weil man mit den QS ihre Beschwörungsschwierigkeit von 6 nur schwer übertreffen konnte. Dafür wurde jetzt die SF Exzellenter Entschwörer in den Stufen I bis V eingeführt, die schlicht auf den Pentagramma weitere QS draufsetzt. Witzigerweise ist sie dabei billiger als bereits der flache Teil der Pentagramma-Steigerungskurve, so dass es eigentlich keinen Grund gibt, den Zauber selbst jenseits von sagen wir 7 zu steigern, wenn man die SFs kaufen kann. Wenn ich das richtig interpretiere, addiert die SF sogar QS auf alle Entschwörungszauber – mittlerweile vier Stück, auch wenn man eher selten dazu kommt, Feen und Elementare bannen zu müssen. Ansonsten gibt es noch die obligatorische Druidenrache und eine SF, um endlich wieder magischen Schaden mit waffenlosem Kampf zu verursachen, was gerade von ein paar Animisten sicher gern genommen wird. Die Zauberstil-SFs sehen für mich durchweg solide aus. Ein paar sind eher langweilige “spare 1 AsP bei Merkmal X”-Teile, aber die Idee, als Fasarer Bannmagier für Betäubungsstufen Zauberkomponenten weglassen zu können oder als druidischer Hüter der Kraft ein paar Animistenfähigkeiten zukaufen zu können, hat schon was.
Zauber
Cifer: Das Zauberkapitel beginnt erstmal mit zwei Seiten Regeln, die man schon aus den Vorgängerbänden kennt. Dann folgen die obligatorischen Zaubertricks, die größtenteils auf der eher harmlosen Seite sind. Gamebreaker wie den Eiskalten Blick findet man diesmal keine. Stattdessen gibt es gefühlt ein halbes Dutzend Möglichkeiten, irgendwelche leuchtenden (aber auf keinen Fall beleuchtenden!) Zeichen zu erzeugen. Schön finde ich dagegen Pflanzen- und Steinempathie, welche etwas über den Zustand von Pflanzen bzw. über die Geschichte eines spezifischen Steins aussagen – die sind tatsächlich sowohl so spezifisch, dass sie in den seltensten Fällen plotrelevant werden, aber gleichzeitig nicht auf vollkommene Nutzlosigkeit getrimmt und im Gegensatz zu einem Bartwuchszauber auch esoterisch genug, dass man damit das Außergewöhnliche eines Zauberkundigen unterstreichen kann. Von der Sorte darf es gerne mehr geben!
Derya: Ich dagegen habe eigene Zaubertricks für die Animisten und Zibiljas vermisst. Schließlich können auch diese welche erlernen und auch Barden, Tänzer und Schelme hatten ihr Anrecht auf eigene Tricks.
Cifer: Apropos Anrecht: Hat jemand von euch die Zaubertricks Unauffälliger Stab und Einfache Telekinese entdeckt? Die werden den Rommilysern und Kuslikern zugeschrieben, finden sich aber nicht in der Auflistung. Waren wohl zu unauffällig.
Derya: Huh, jetzt wo du es erwähnst… Da scheint noch eine Reihe anderer Tricks zu fehlen: Aura der Eitelkeit aus Yol-Ghurmak, Feuerspiel von Halib abu’l Ketab und Wind im Haar bei den Olportern. Und außerdem hat diesmal nicht jeder Magier seinen eigenen Trick. Bei den Zaubern und Ritualen finden sich dagegen hauptsächlich die Merkmale Elementar und Einfluss. Bei den Traditionen haben dagegen die Druiden und Geoden eine Bartlänge Vorsprung vor den Magiern und Hexen. Elfen und die Allgemeinheit trotten weit abgeschlagen ins Ziel. Auffällig ist für Veteranen des Spiels zudem die schon bekannten Wechsel in Merkmalen und Traditionen und das Auftauchen ehemaliger Varianten als neue Zauber. Allerdings ist mir in der Beziehung keine Veränderung aufgefallen, die ich als komplett misslungen erachten würde.
Cifer: Insgesamt sind es übrigens 53 Zaubersprüche und Rituale, die hier Einzug gehalten haben, darunter 12 noch fehlende Hexalogie-Teile rund um -faxius, -sphaero und Wand. Sumus Elixiere ist übrigens in meinen Augen massiv besser geworden und erhöht jetzt die Haltbarkeit von beliebigen Zutaten und sogar echten Alchimica um Jahre, statt sie nach wenigen Minuten wirkungslos werden zu lassen. Weniger gut gefallen mir die “Massenzustandszauber” Sturm der Verunsicherung, Aura der Erschöpfung, Woge der Versteinerung und Panik überkomme euch. Flufftext zum letzteren: “Der Spruch versetzt die gesamte Umgebung des Zauberers in Furcht und lässt die meisten Wesen panisch fliehen.” Regeltext zum letzteren: “1 Stufe des Zustands Furcht”. Und es gibt nicht mal eine Erweiterung, die das irgendwie verstärkt. Dafür darf man dann aber 32 AsP berappen. Witzig wird das durch die Existenz von Angst auslösen aus Aventurische Magie 1, der fast das gleiche macht – nur mit 2 Stufen Furcht und zu halben Kosten.
Queery: Bei den Ritualen hab ich mich über den Applicatus gefreut. Ansonsten finden sich hier brauchbares Handwerkszeug für Chimärologen, Golembauer, Beschwörer und Temporalmagier. Hätte man nur Elementare Meister im Band, um diese auch tatsächlich beschwören zu können! Außerdem braucht der Zauber als Voraussetzung bestimmt einen Dschinnenruf von 10 und nicht von 1.
Cifer: Den Abschluss des Kapitels bilden die schon bekannten Übersichten, die die Zauber nach Tradition, nach Merkmal und alphabetisch mit Kurzinfo ordnen. Erstmal vielen Dank, dass darauf nicht wie bei Aventurische Magie 2 tatsächlich sämtliche bisher veröffentlichten Sprüche stehen. Damit schrumpft nämlich die Übersicht mal eben von 27 auf etwas weniger aberwitzige 7 Seiten zusammen. Der einzige kleine Haken daran: Dadurch, dass die Sprüche vergangener Regelwerke keine Erwähnung finden, steht auch nirgends, welche vielleicht eine Verbreitung hinzugewonnen haben. Und damit kommen wir auch zum zweiten Running Gag der Geoden: Man erinnere sich an 4.1, wo Feuergeoden sich vorhalten lassen mussten, dass in ihrer Repräsentation genau zwei Feuerzauber existierten (davon einer mit Verbreitung 2). Dadurch, dass keine Zauberverbreitungen aktualisiert wurden, hat man es geschafft, dass die geodischen Gefährten des Feuers in ihrem Professionspaket genau einen Zauber haben, der RAW nicht ausschließlich in Fremdrepräsentation vorliegt – es handelt sich um den Manifesto. Zwar gibt es im Anhang eine Fokusregel, mit der Elementaristen Extra-AP ausgeben können, um Zauber ihres Elements in ihre Tradition überführt lernen zu können, aber das sollte ja nun nicht für die komplette Spruchpalette Pflicht sein, bloß weil die Geoden gegenüber Magiern, Elfen und Hexen ein paar Regelwerke Verzögerung haben. Hier hoffe ich auf Nachbesserung.
Derya: Dieser Rede kann ich nur beipflichten. Auch ich bin dankbar über die Abschaffung dieser überbordenden Zauberlisten aus Aventurische Magie 2. Allerdings hätte ich hier oder vielleicht auch im Anhang gerne kleine Kästen für die Druiden und Geoden gefunden, wie man sie für die Druiden in den Regionalbänden Die Streitenden Königreiche und Die Flusslande für Zauber aus dem Regelwerk findet, allerdings bitte auch auf Magie 1 + 2 bezogen. Stückelt man die Informationen aus diesen anderen Bänden zusammen, hat man für die Druiden zumindest den groben Überblick. Schließlich war ihre Tradition auch bei den Zaubern aus Magie 1 angegeben. Damit bleiben für sie nur die Zauber aus Magie 2 offen, wobei es natürlich theoretisch möglich wäre, dass diese Zauber einfach nicht in ihrer Tradition vorkommen. Allerdings scheitert der Band auch in dem Fall an seinen eigenen Ansprüchen, bräuchte man für diese Information doch abseits des Regelwerks und der Magieerweiterungen noch mindestens einen Regionalband. Den Geoden hilft all dies allerdings nicht. Denen fehlt zur Zeit sogar diese Krücke, womit sie abseits ihrer machtvollen Rituale nur auf einen minimalistischen Zauberkanon zurückgreifen können. Die Geoden von Drakensang waren damals sogar so aufgebaut. Dummerweise führt es derzeit auch dazu, dass unsere Bartmurmler für die Erlernung des Meister der Elemente in eigener Tradition sich nach dem Manifesto erstmal den Elementaren Diener und Dschinnenruf in fremder Tradition reinziehen müssen. Irgendwie sicher nicht Sinn der Sache.
Professionen
Cifer: Sage und schreibe 33 Professionen haben den Weg in Aventurische Magie 3 gefunden, von Anach-Nûr bis zur Zibilja, mit einigen wesentlich leichter aussprechbaren Gesellen zwischendrin. Und wo wir gerade bei Reihenfolgen sind: Die Professionen sind seit Aventurische Magie 2 nicht mehr rein alphabetisch, sondern erst nach Überkategorie geordnet, es kommen also zuerst alle Animisten, dann alle Druiden und so weiter. Finde ich sinnvoll. Bei den Regeln zeichnet sich schon ab, dass man die Professionen besser nochmal von Hand durchrechnen sollte – zumindest schlägt die Animistische Tradition überall mit 25 AP zu viel zu Buche. Angesichts des Baukastensystems wichtiger ist mir aber ohnehin der mitgelieferte Hintergrund. Der sieht allgemein solide aus, wobei ich mir bei etlichen Professionen gewünscht hätte, noch etwas mehr zu deren normalem Leben zu erfahren, wenn sie sich nicht für eine Abenteurerkarriere entschieden hätten. “Ihr entreißt also die Toten Borons Griff und erweckt sie zu widernatürlichem Unleben. Und, kann man damit Geld verdienen? Ist man da Festangestellter oder eher selbstständig tätig?”
Queery: Bei den Professionen kann ich endlich etwas mehr Hintergrund zu den verschiedenen Traditionen erfahren. Da ist schon einiges an brauchbaren Beschreibungen dabei. Insgesamt wünsche ich mir aber mehr davon und noch mehr Details was grade die sehr verschiedenen Animisten angeht. Die Werte sind mir da weniger wichtig und ich würde immer den Selbstbau dem Professionspaket vorziehen, mir sind aber beim Drüberschauen keine offensichtlichen Schnitzer aufgefallen. Auf welchen Fähigkeiten die Hadan-Harigasta oder Zauberschmied_innen der Fjarninger genau ihre besonderen magische Schmiedefähigkeiten begründen (Cifer erwähnte das bereits oben) ist mir aber auch bei der Profession nicht klar geworden.
Derya: Auch ich bin wie meine Einhornkollegen froh um den nach Magie 2 eher mangelhaften, diesmal aber wieder weidlich ausgenutzten Platz für den Hintergrund der verschiedenen Professionen. Da hat man mit den in vorherigen Kapiteln gelieferten Informationen doch schon mal eine solide Basis für das Spiel. Was mich hier allerdings mal wieder stört, ist die mangelnde Trennung zwischen Zaubern in eigener und fremder Tradition. Besonders auffällig diesmal bei den Geoden, die diesmal bunt durchmischt eigene Zauber, nicht sauber aufgeführte Fremdzauber aus diesem Buch, sauber dargestellte Fremdzauber und eventuelle Eigen- oder doch Fremdzauber aus anderen Publikationen in sich vereinen.
Cifer: Extrem interessant finde ich übrigens den Rommilyser Weißmagier. Nachdem ich in Stätten Okkulter Geheimnisse das Gefühl hatte, dass Autor Michael Masberg bei dieser Akademie an der Wahrheitstreue in den Prinzipien der Spitzelzauberer ein bisschen verzweifelt ist, wurde diese nunmehr schlicht entfernt. Rommilyser sind nun Kriminalermittlungs- und Geheimdienstmagier, die in verdeckter Mission auch mal den Codex brechen und sich verkleiden. Nicht ganz klar wird, inwieweit die Magier von Haus aus Verpflichtungen haben – einerseits erwähnt der Flufftext eine illegale Lossagung vom Dienst, andererseits sind Verpflichtungen in den Regeln lediglich ein empfohlener Nachteil.
Archetypen
Derya: Bei den Archetypen bin ich gespalten. Gerade bei den Naturzauberern finde ich den Einblick in die verschiedenen Sichtweisen auf die Welt und Selbstverständnis äußerst interessant. Dummerweise können mich ihre Magierkollegen in dieser Hinsicht nicht überzeugen und auch die verknüpfte Geschichte erscheint mir durchaus wirr und den Faden verlierend. Irgendwie schade.
Cifer: Die Brieffreundschaft der Drakonierin mit dem Brabaker Nekromanten fand ich auch eher … ungewöhnlich. Und sonst merkte ich mal wieder, dass mich Archetypen schlicht nicht so recht interessieren.
Derya: Das war ein Teil, der mich bei diesen beiden Magiern nicht so wirklich überzeugen wollte. Insgesamt fand ich die Gelehrten aus der Zivilisation dann auch weniger überzeugend als die *Wilden* aus der Natur.
Anhang
Cifer: Was wäre der Beschwörer ohne das zu Beschwörende? Im Anhang finden sich neben Vor- und Nachteilen sowie einigen zum wiederholten Mal abgedruckten Sonderregeln zu Schwärmen, niedriger KK und Wesenstypen vor allem Kreaturen. Und zwar 35 Stück, die jeweils mit Wertekasten und dieses Mal auch mit einer aussagekräftigen Kurzbeschreibung geliefert werden. Welche der 35 der Fehlertaifelel ist, weiß ich noch nicht, aber er hat hier auf jeden Fall ordentlich gewütet. Es fehlen die Elementaren Meister, deren Herbeirufungsformeln im Buch stehen, Dschinne haben wie oben erwähnt Copy/Paste-Fehler, das Gift des Mantikors kostet im gleichen Werteblock einmal 250 und einmal 1000 Silbertaler und so weiter. Unter der Fehlerschicht entdeckt man aber doch einige DSA-Klassiker. Hexen können sich über Wildkatzenvertraute freuen, Geoden bekommen ihre Falken und Hunde…
Derya: Kurzer Einwurf vom Rande – natürlich freuen sich neben Katzenhexen vor allem Feuergeoden über ihre Wildkatzenvertrauten. Und du hast doch prompt den Vielfraß vergessen.
Cifer: Es gibt Stein-, Lehm- und Fleischgolems und neben dem erwähnten Mantikor entdeckt man noch die obligatorischen Schlangenmenschen, Wolfsechsen und Widderhyänen. Witziges Detail zu letzteren: Sie können sich “nach vielen Generationen in der Wildnis mittlerweile sogar fortpflanzen”. Erinnert nur mich das an den Mönch, der zölibatär lebte wie sein Vater und dessen Vater vor ihm?
Derya: Jep, die Elementare wurden kräftig gerupft. Neben den schon erwähnten Meistern und Dschinnen wurde ja auch noch der Wassergeist schnell zum Wasserdschinn. Apropos Elemente: Die Fokusregel des Meisters der Elemente schlägt vor, dass spezialisierte Ausbilder eine Möglichkeit kennen, Elementzauber des bevorzugten Elements wie Zauber der eigenen Tradition zu behandeln. Das kann natürlich das ein oder andere Logikloch stopfen. Dumm nur, dass für die Druiden dort nur die Konzilsdruiden als Spezialisten aufgeführt werden, die Beschreibung der Druiden aber insgesamt Elementaristen nahelegt. Zudem sollte man aus meiner Sicht bei allen Lehrstätten dafür ein bevorzugtes Element wählen müssen.
Bei den Chimären und Dämonen ist es dagegen ein wenig schade, dass sie alle auch schon in den Bestiarien auftauchten und es diesbezüglich keine Erweiterung gibt. Verwunderlich aus meiner Sicht ist auch die Auswahl der Dämonen. Ich hätte bei der Thematik und den Professionen des Bandes Diener von Agrimoth, Asfaloth und Thargunitoth ja als um einiges passender gehalten, was dann auch für so einige neue Dämonen gesorgt hätte. Ein paar Untote gibt es zumindest. Und nach Feen- und Dschinnenblütigen gibt es jetzt auch die Wolfsahnen. Damit sind wir in gewisser Weise bei den Animisten, die natürlich auch Wurzeln brauchen und so liefert der Band an noch fehlenden Kulturen diesmal die Ferkina, die Gjalsker und die Trollzacker. Damit wären wir über drei Magieerweiterungen bei inzwischen sechs neuen Kulturen. Irgendwie schade, dass die wilden Brobimzwerge dabei ausgelassen wurden, ebenso wie die Info, ob diese am Ende mehr den Geoden oder den Animisten zuneigen. Schließlich stellte ihre DSA4-Variante auf gewisse Weise ein Mischwerk dar.
Bei der Checkliste für die Erweiterten Zaubersonderfertigkeiten und passende Zauberstile finde ich es dagegen schade, dass dort wirklich alle aufgeführt werden und nicht nur die für die Professionen dieses Bandes relevanten. Mit dem so gewonnenen Platz hätte man vielleicht in selber Art noch eine Verweisliste über den Standort der nicht in diesem Band aufgeführten, aber für die Professionen genutzten Zauber bringen können und natürlich Verbreitungskästen für Zaubersprüche aus Regelwerk und Magie 1 + 2 für die Traditionen der Druiden und Geoden.
Fazit
Derya: Schade, Aventurische Magie 3 hätte aus meiner Sicht das Potential zum besten Band seiner Reihe gehabt. Es ist viel nach meinem Geschmack dabei. Aber hätte, hätte, Dämonenfäule, da hat der Band doch leichtfertig seine Seele verkauft. Zu viele (Limbus)löcher und Fehlerdaimonen haben drei Einhörner in die Kreise der Verdammnis gelockt. Ein weiteres hat den falschen Zeitpunkt erwischt. Somit versuchen sich noch 5 von 9 Einhörnern am Bannen, Beschwören und Konstruieren von verschiedenen Wesen. Je nach Inhalt und Umfang des angekündigten Zusatzmaterials und nachfolgender Errata mag ihnen zu dem Zeitpunkt ihrer Erscheinungen vielleicht noch die Erhebung von insgesamt bis zu W3 untoten Gehörnten gelingen.
Queery: Insgesamt sehe ich einen Band mit vielen guten Stellen und Ideen, dem vermutlich ein wenig mehr Zeit und Konzentration für einen runden Abschluss gefehlt hat. Ich persönlich würde deshalb empfehlen, sich erstmal nur ein PDF zu besorgen und ansonsten geduldig auf eine hoffentlich irgendwann kommende überarbeitete 2. Auflage zu warten. In der vorliegenden Form bekommt er wegen insgesamt gelungener Animist_innen und coolen Goeden- und Druidenfähigkeiten trotzdem 6 von 9 Einhörnern von mir. Nicht einbezogen – weil dieser Band dafür nichts kann – ist in diese Wertung, dass die Verteilung von Zaubern und Regelelementen in nicht sauber sortierte Einzelbände trotz Regelwiki weiterhin meinen Rücken, meinen Nachschlagefähigkeiten und meine Nerven regelmäßig beim Spielen strapaziert. Einbezogen ist hingegen, dass dieses Konzept auch in diesem Band zu konkreten Problemen führt (siehe Geodenzauber) und insgesamt mein Eindruck ist, dass die Bereiche Golems, Untote, Chimären und Dämonenbeschwörung in diesem Band keinesfalls abschließend behandelt sind. Dafür sind beispielsweise 4-5 Chimären ohne Baukasten für eigene Kreationen viel zu dürftig, so dass sich mehr notwendiges Material wieder auf weitere Bände verteilen wird oder gar konzentrierte Extrabände a la Elementare Gewalten notwendig werden. Schade. Trotzdem hat mir das Lesen von Aventurische Magie 3 viel Freude gemacht und meine Lust, verschiedene Bereiche spielerisch umzusetzen, angeregt. Ich konnte mir Beispielsweise jetzt zum ersten mal in meiner recht langen DSA-Karriere vorstellen selbst eine Druid_in zu spielen. Das ist schon was.
Cifer: Vieles haben meine Kollegen ja schon erwähnt. Grundlegend schöne Konzepte und gute Ideen zur Einbindung, dazu noch mehr Hintergrund als in früheren Büchern. Aber der Grundaspekt eines Regelwerks sind noch immer die Regeln und wenn die an so vielen Stellen haken oder unvollständig sind, während das schlechte Lektorat das Lesevergnügen trübt, ist das Mist. Als PDF-Käufer kann man sich auf die schon angekündigte baldige Erratierung freuen, aber für die Bücher heißt das natürlich bestenfalls ein Stapel eingelegte Zettel. Gerade vom Gedanken einer Limited Edition zu Weihnachten würde ich ausdrücklich abraten und lieber auf die zweite Auflage warten. Die erste würden sich wohl höchstens 4 von 9 Einhörnern ins Regal stellen, je nach Qualität der Errata können aber für das PDF und folgende Auflagen locker noch bis zu drei dazustoßen. Ja, das ist ein weiter Spielraum.
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Der wichtigste Satz fehlt.
Auch nach drei Bänden ist „Aventurische Magie“ noch immer nicht in Ansätzen „vollständig“.
Ich weiß, das ist auch nicht „geplant“, aber wenn man mit den Vorgängerpublikationen (Wege der Magie) vergleicht, ist sehr viel Text produziert worden, aber ganze Teile der auf Dere gelebten Magiespielarten komplett ausgelassen worden. Dafür hat man viel Füllmaterial produziert, um auf die Seitenzahlen zu kommen.
Ohne darauf deuten zu können (ich hab mir bisher nicht die Mühe gemacht, und das verglichen, liegt vor allem daran, dass I und II an einem anderen Standort sind als III und WDM), habe ich das Gefühl, dass mehrere (gerade) schwarzmagische Gilden-Akademien fehlen.
Hat das jemand mal übeprüft?
Al’Anfa AM1, Brabak AM3, Fasar AM1, Lowangen AM 2, Mirham AM3. Das sind die klassischen fünf. Dazu kommen noch die Akademien der Schattenlande, die aber nie in der Schwarzen Gilde drin waren: Yol-Ghurmak (AM3), Elburum (aufgelöst), Mendena (vermutlich aufgelöst), Warunk (aufgelöst). Wenn man also nicht in die Vergangenheit zurück geht, wie es DSA4 desöfteren getan hat, ist die Auflistung bei der linken und noch linkeren Hand einigermaßen komplett. Richtig ist, dass es noch ein paar ältere Lehrmeister gibt, aber letztlich kann man, wenn man von ihnen weiß, die meisten einfach per Baukasten zusammenstellen.
Was tatsächlich noch fehlt, sind Kristallomanten und Borbaradianer.
Eine Barlow- Referenz, ich bin entzückt 😀
Danke für eure Rezension. Nun fühle ich mich als Käufer der Erstauflage aber echt verschaukelt. Dass dann irgendwann vor Weihnachten (oder doch nicht?) eine massive Errata (liebevoll „Zusatzmaterial“ genannt) kommt, heisst für mich einfach frei übersetzt: „Wir haben den Band zu früh auf den Markt geschmissen“… Zuerst wollte ich noch die limitierte bestellen… was hätte ich mich aufgeregt, solch eine unfertige/unbrauchbare Version „in schön“
im Regal zu haben!
Noch zu den Limitierten: Warum bringt U. keine limitierte Version heraus, wenn die dritte (oder vierte etc.) fehlerbereinigte Auflage erscheint? DAs wäre doch mal was! (Gibts übrigens bei anderen Verlagen/RPGs)
Zum einen: Es ist irgendwie seltsam, eine „limitierte“ Version rauszubringen und dann doch noch mehr zu drucken.
Zum anderen: Das deutsche Rollenspiel arbeitet mit winzigen Auflagen. Je kleiner die Auflage, desto größer die Kosten pro Stück. Eine dritte oder vierte Auflage eines Werks, das nicht gerade das GRW ist, wird wahrscheinlich nicht gerade die größten Stückzahlen absetzen – und die Limited davon dann vermutlich auch nicht.
Bei welchen anderen Verlagen kennst du denn eine solche Praxis?
Da hast du mich wohl missverstanden. Ich dachte nicht an eine LE zu Beginn und dann später wieder eine.
Es ging mir darum, dass zuerst die (fehlerbehafteten) Erstauflagen in regulärer Edition erscheinen. Und erst bei korrigierten Zweit- oder Drittauflagen die Limitierte Version als fehlerminimierte Edel-Ausgabe erscheint. Dass das Vor- wie Nachteile hat, liegt auf
der Hand. Ich könnte mir aber schon vorstellen, dass das seine Käufer finden würde; notfalls als Vorbestell-Aktion oder Crowdfunding, damit der Verlag nicht auf seinen Sonderausgaben sitzen bleibt.
Was die Beispiele angeht: Schaut mal bei D&D auf Englisch. Dort gab es bei früheren Editionen auch Luxus-Ausgaben; wobei damals explizit geworben wurde, dass die aktuellste Auflage genommen wurde.
Das hat schon was und ist per se nicht unmöglich. Dass es Kleinstauflagen waren, versteht sich von selbst. Da muss der Verlag halt gescheit kalkulieren, dann lohnt sich sowas auch.
D&D ist das weltweit größte Rollenspiel (4e mal ausgenommen). Da steht ein massiv größerer Verlag als Ulisses und wesentlich größere Auflagenzahlen dahinter. Das mit DSA zu vergleichen wird eher wenig nutzbare Resultate erbringen, wenn dir nicht gerade einfällt, wie man mit „gescheit kalkulieren“ die Käuferzahlen verhundertfacht.
Ich meine mich noch an Gespräche zwischen deutschen und englischsprachigen Rollenspielmachern zu erinnern, wo rauskam, dass die Verkaufszahlen gut laufender Nicht-DSA-Rollenspiele im deutschen Raum ungefähr an dem Punkt sind, wo englischsprachige Verlage Serien wegen Unrentabilität einstampfen.
Seltsam, ich war immer der Meinung eine limitierte Edition sei ausschließlich dazu da, um im Regal zu stehen und damit anzugeben. Gibt es Leute, die diese Produkte tatsächlich zum Spielen nutzen? Das überrascht mich jetzt.
Von daher hätte ich bisher auch keinen Mehrwert in einer erratierten limited edition gesehen. Ich glaube verkaufstechnisch ist es evtl. relevanter das Produkt zeitgleich mit der normalen Version auf den Markt zu werfen. Das sichert vermutlich mehr Aufmerksamkeit, als eine erratierte Version anderthalb Jahre später rauszubringen. Aber ich bin kein Verleger und kenne natürlich die tatsächlichen Bedingungen nicht so exakt um das abschließend beurteilen zu können.
Aber auch, wenn Ulisses (wie ja gebetsmühlenartig angebracht) ein so kleiner und familiärer Verlag ist: Bei einem derartig fehlerbehafteten und offenbar komplett mangelhaft lektorierten Produkt, fühle ich mich als Käufer echt verschaukelt.
Ja das kann ich gut nachvollziehen. Gleichzeitig ist es aber schon nach meiner Wahrnehmung so, dass unsere Qualitätsansprüche steigen. Also wenn ich mich z.B. noch an die verwirrenden und broken Einzelregeln und diverse errata/änderungen aus 4.1. erinnere, oder wie früher so zu Zeiten von DSA 3 Layout und Bilder aussahen z.T. Oder solche Bände wie Elementare Gewalten usw.
Das wischt deine Enttäuschung nicht weg, aber es ist glaub ich gut das im Verhältnis zu sehen um nicht so verbittert zu werden wie manche Menschen in einigen Foren 🙂
Insgesamt würde ich sagen, dass man mit den Regeln aus Aventurische Magie 3 größtenteils sehr brauchbar Spielen kann.
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