Aventurische Namen

Aventurische Namen

von Eevie Demirtel

Seitenzahl: 98
Preis: 24,95 € (Print)
11,99 € (PDF)
Kategorie: Spezialbände

Ich mag ja aus der Provinz kommen, aber dass der Kaiser Dozman heißt, das weiß ich wohl!
– Aus einer Begegnung zweier verirrter Seelen zwischen Sphären

Das Buch der Namen. Das wäre wahrlich ein klangvollerer Titel für dieses Werk gewesen. Natürlich hätte dies auch Erwartungen geweckt, ist das Buch der Namen doch aventurisch gesehen ein mysteriöses und unheimliches Werk, in dem Amazeroth oder eine seiner Inkarnationen zahlreiche Wahre Namen niederhöllischer Entitäten niedergeschrieben hat.

Namen haben eine magische Wirkung. Das gilt umso mehr in magischen Welten, in denen Namen Kraft über andere verleihen, insbesondere über die Geister und andere magische Wesen. Diese alte Weisheit kennen wir nicht erst seit Rothfuss‘ Name of the Wind populär wurde. Das Schwarze Auge kennt für den Wahren Namen eines Wesens sogar einen eigenen Regelmechanismus. Die Erwartungen an ein Buch der Namen sind also groß.

Namen in der Phantastik

In den Reichen der phantastischen Welten gilt dies zentrale Bedeutung von Namen ganz besonders in Barsaive, der Welt des Rollenspiels Earthdawn (tatsächlich auch dies der Name eines Luftschiffes innerhalb der Spielwelt). Hier verleiht die Kenntnis des Namens dem Kundigen nicht nur Macht, sondern die höher entwickelten Rassen werden dort Namensgeber genannt. Namensgeber verfügen über diese phänomenale Fähigkeit, Personen, Orten oder Dingen Namen zu verleihen. Denn ein guter Name sagt mehr als tausend Worte.

Doch kehren wir zurück nach Aventurien und zu dem zumindest optisch opulent ausgestatteten Band der Aventurischen Namen. Auch wenn die Spezies höherer Ordnung hier Kulturschaffende genannt werden, sind auch sie diejenigen, die sich durch Namen und die Fähigkeit, Dinge mit einem Namen zu versehen, auszeichnen. Zielgruppe des Bandes sind jedoch in erster Linie die Meister und Spieler des Schwarzen Auges, die die Figuren ihres Aventuriens benennen müssen. Soll nicht jeder Bürger Alrik und jede Frau hinter der Theke einfach nur die Wirtin heißen, dann müssen Namen her.

Nachdem ich nun für eine neue Kampagne haufenweise Figuren Leben einhauchen und sie benennen muss, zog ich also das aventurische Namensbuch zu Rate. Und in der Tat verspricht der Klappentext nicht zu viel. Zu jedem denkbaren Kulturraum finden sich, nun ja, Namen eben. Von Al‘Anfa bis zu den Zyklopeninseln finden wir Vornamen, weiblich und männlich. Familiennamen, Herkunftsnamen, Adelsnamen, die Namen von Heiligen und Helden und andere Besonderheiten der Namensgebung. Das alles ist zweifelsohne nützlich. Sehr nützlich sogar, manch einer würde sogar behaupten ohne gut sortierte Namensliste sollte kein Meister ins Gefecht ziehen. So weit so gut, das Buch hat alle Erwartungen an einen kurzfristigen Nutzwert erfüllt. Allgemeiner Jubel, ausgelassene Stimmung, das Publikum ist begeistert.

Besondere Namen

Andererseits hätte ich von einem wunderschön gestalteten Hardcover für 25 Euro doch etwas mehr erwartet als einen analogen Namensgenerator für meine Meisterpersonen. Also schauen wir doch mal, was da noch versprochen wird. Der Klappentext kündet von den Namen nichtmenschlicher Spezies bis hin zu Trollen, Ogern und Achaz. Amüsant sind hier besonders die Namen der Grolme mit ihrer eigenartigen Funktionsbeschreibung, aber auch die Oger glänzen mit Namen wie Garrg, Krog und Urmpf. Bei den Achaz hingegen ist wohl eher eine robuste Kehle von Nutzen, die Feinheiten zwischen den ganzen Zisch- und Knacklauten entgehen dem gemeinen Aventurier vermutlich ohnehin.

Doch uns wurde noch mehr versprochen. Historische Namen finden sich ebenfalls im Buch der aventurischen Namen. Wie häufig man die Namen der Alhani oder Elemiter tatsächlich am Spieltisch gebrauchen kann, sei einmal dahingestellt. Soweit also der profane Teil. Doch immer noch liefert das hundertseitige Werk kaum mehr als simple Namenslisten. Aber es gibt ja noch die Exkurse. Leider etwas versteckt zwischen den diversen Kulturlisten finden wir eine Reihe interessanter Exkurse.

Alrik der Flaschengeist? Hoffentlich fällt uns da was besseres ein. (Bild von Karin Wittig)

Als da wären Anagramme, eine recht simple Erklärung mit ein paar Beispielen. Mit Alles über Alrik wird natürlich der wichtigste Name des Schwarzen Auges überhaupt angesprochen. Alles über den Namen findet man aber hier ganz gewiss nicht, auch wenn nun jeder nachlesen kann, was der tobrische Bauer meint, wenn er von den ‚Kalten Alriks‘ spricht. Die Künstlernamen kommen eher schwach daher und auch die Magiernamen erscheinen wenig spektakulär. Gerade beim Abschnitt zu den Sprechenden Namen hätte ich mir noch ein paar Hinweise für die Praxis gewünscht. Manche der Vorschläge klingen doch ein wenig sehr albern für den Spieltisch.

Regeln und Anhänge

Ja, es gibt Regeln für Namen. Es handelt sich um ein paar Vorteile oder Nachteile, die auf einen besonders guten oder schlechten Namen zurückzuführen sein können. Die Kevins dieser Welt werden ein Lied davon singen können. Braucht es dafür Regeln? Gebe ich meinem Helden jetzt einen Lächerlichen Namen, weil er dafür 3 AP bekommt? Das muss ein jeder wohl selbst für sich entscheiden. Vielleicht wollte man auch einfach nur kein Buch ohne Regeln verkaufen. Immerhin ganz nett ist die eine Seite mit den Namen für Tierbegleiter. Schön, dass man auch daran gedacht hat. Die Seite mit den Waffennamen ist sicher ebenfalls nützlich, wenngleich mir persönlich die Waffen damit noch bei weitem zu kurz kommen. Die Namensgeneratoren für Mittelreich und Tulamidenlande sind mit Sicherheit ebenfalls nützlich. Ich gedenke zumindest den zweiten demnächst mal auszuprobieren.

Und was mir gefehlt hat

Hoffen wir mal, dass die AP ausreichen und er keinen Lächerlichen Namen braucht um über die Runden zu kommen. (Bild von Nathaniel Park)

Damit wären wir also am Ende. Das Ende des Bandes in der Tat. Doch wenn der größte deutsche Rollenspielverlag zum größten deutschen Rollenspiel schon ein Buch der Namen herausgibt, dann hätte ich doch ehrlich gesagt ein bisschen mehr erwartet. Fangen wir hinten an. Die Waffen der Helden verdienen doch mehr Beachtung als nur eine kleine Liste mit ein paar Haudraufnamen. Nachdem ich mich schon einmal so euphorisch über das riesländische Waffenbuch geäußert hatte, ist es doch ein wenig schmerzlich, dies hier so profan und unrühmlich abgehandelt zu sehen. Wenn eine Waffe einen Namen am Spieltisch (oder überhaupt in der Spielwelt) erhält, sollte dies etwas besonderes sein. Wenn Lutisana von Perricum die Helden zum letzten Gefecht mit den Worten „Dies ist Krieg. Ich bin sicher, ihr habt schon von ihm gehört“ begrüßt, dann wird damit weit mehr als nur ein profaner Name transportiert.

Mag man auch irrigerweise der Meinung sein, Waffennamen hätten in einem Namensbuch nichts verloren, sondern müssten in einem Waffenbuch abgehandelt werden, so kann dies keinesfalls für die Wahren Namen gelten. Kein Hinweis auf die Namen von Geistern, Dämonen, Feen und anderen Jenseitigen. Keine Ausführung oder Anregung zum Umgang mit dem Nachteil Wahrer Name. Wie gern hätte ich über die Namen von Dschinnen gelesen, oder erfahren was man mit Koboldsnamen so anstellen kann. Ein unverzeihliches Versäumnis.

Auch sonst hätte man sicher noch einiges erzählen können über Namen. Sind die Trolle etwa die einzigen mit interessanten Namenstraditionen wie dem generationenweisen Wechsel des Vor- und Nachnamens? Was ist mit den Namen von Drachen und wie stellt man sich die inneraventurische Genese von Namen wie Himmelsfünkchen vor? Und gerade für die Gestaltung einer Kampagne dürften Namen eine kaum zu überschätzende Bedeutung haben. Heißt der Liebling der Arena Axmann oder doch eher Haudraufundschluss? Wie entwerfe ich Namen so, dass die Spieler sich diese auch merken können? Ganz zu schweigen vom Meister selbst.

Fazit

Am Ende frage ich mich nun, ob Aventurische Namen hält, was es versprochen hat. Eindeutig ja, ist da wohl die klare Antwort. Hat es einen Nutzwert für das Spiel? Definitiv und deutlich! Macht es Spaß? Wer gerne nach Namen stöbert und durch die verschiedenen Kulturräume wandert wird an diesem optisch sehr ansprechenden Werk seine Freude haben.

Dennoch muss ich sagen, dass ich enttäuscht bin. Kaum mehr als Dutzende Seiten von Namenslisten findet man hier. Klar ist das gut und hilfreich, aber das haben andere auch schon hinbekommen und dafür keine 25 Euro verlangt. Zum Beispiel Stephanie von Ribbeck auf Chizuranjida. Das wirklich Außergewöhnliche vermisst man hier jedoch. Gerade die interessantesten Aspekte von Namen in einer phantastischen Welt voller Magie wurden ausgeblendet. So ist Aventurische Namen erschreckend profan.

Als Spaßbuch für den großen Geldbeutel wunderschön.

Als Namensliste zufriedenstellend, aber kaum besser als verschiedene kostenlose Online-Listen.

Als phantastisches Buch der Namen unzureichend.

Weitere Rezensionen im Limbusnetz

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
Dieser Beitrag wurde unter Aventurien, Das Schwarze Auge, DSA5, Rezension, Spielhilfe, W6 Einhörner abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert