König der Meere – Fünf

Das Kapitel mit dem Titel Reckenmut steht im Zeichen des letzten Kampfes des Blenders und seiner Ottajasko gegen Pardona und ihre irregeleiteten Schergen. In der Abenteuerkampagne für das Schwarze Auge findet diese Konfrontation außerhalb des Spielgeschehens statt. Klar ist nur, dass Beorn und seine Leute ab diesem Punkt verschwinden. Ihr Schickal bleibt (sehr lange Zeit) verborgen. Nun also haben die Autoren noch einmal Gelegenheit ein verzweifeltes letztes Gefecht zu inszenieren. Nur dass niemand erwartet, dass es hier so etwas wie einen heldenhaften Sieg geben könnte. Der einsame Kämpfer, der sich opfert um den Rückzug zu decken, besteht hier aus einer ganzen Ottajasko. Also heißt es abwarten bis die Armee der Finsternis aufmarschiert. Und so beginnt das Kapitel auch mit den Worten

Sie sind angekommen.
– Irulla in der Finsternis

Beorn flieht die morbiden Reden der Waldmenschenfrau, doch es nützt wenig, denn nun heißt es:

Tod und Ehre

Es sind einige Entscheidungen, die hier getroffen werden müssen. Zwar scheint es kaum Alternativen zu geben, im Angesicht des sicheren Todes, aber dennoch sehen wir hier mehr als nur den Kampf der Verzweifelten. Dolorita, die trotz ihres grässlichen Schicksals wieder auf den Beinen ist, möchte nicht mehr heilen, sondern ihre Wut gegen ihre Peiniger entfesseln. Beorn macht wie immer einen Schlachtplan und Galayne der-im-Schildwall-steht muss sich nun entscheiden. Hier wird unserem Feylamia Mut und Mitgefühl zugestanden. Er weigert sich den Befehl seiner Herrin auszuführen und die Norburger in den Kampf zu führen. Doch Pardona verzichtet überraschend darauf, ihn für diese Weigerung zu töten. Als der verfemte Elf sie darauf hinweist, dass es ihre Entscheidungen waren, welche die Hexe Dolorita zu schrecklicher Wut und Rachsucht anstachelten, will Pardona davon interessanterweise nichts wissen.

Die Verteidiger dürfen noch mal alles geben und der Tod kommt leicht in diesem Kampf. Nicht allen ist ein spektakulärer Abgang vergönnt. Manch ein Muskelberg wird trauriges Opfer der Norburger Armbrustbolzen. Noch einmal darf Eimnir ein Feuer anzünden und bringt das Kunststück fertig, Feuer an seine Feinde zu legen. Nach und nach fallen die Recken und Maiden und die Schar wird immer kleiner. Dolorita darf ein letztes Mal ihre Kräfte mobilisieren und erst Tiere und dann sogar Hagel herbeirufen. So gelingt es zunächst sogar Pardonas Dämonen zurückzuwerfen und die Norburger gelangen zu später Erkenntnis:

Wir hätten die Hexe verbrennen sollen und nicht den verdammten Gaul.
– N. R. Hauptfrau der Garde von Norburg

Doch am Ende hat Pardona die Faxen dicke. Sie ruft ihre Nachtalben und die Wächter Ometheons. Die gräßlichen Geschöpfe sind selbst für die erfahrenen Wettfahrer zu viel des Bösen. Am Ende muss Beorn einem schrecklichen Schicksal ins Auge sehen.

Gesang und Nebel

Während Beorn das letzte Kapitel seiner Saga schreibt, steht Asleif noch vor seinen Entscheidungen. Im Angesicht eines zweiten letzten Gefechts in diesem Kapitel versammeln sich unsere beiden Musterthorwaler Asleif Phileasson und Ohm Folker noch einmal um gemeinsam um die wichtigen Entscheidungen zu ringen. Angesichts eines Säuglings im Gepäck gibt Ohm noch einmal das ausgelagerte Gewissen des Drachenführers. Die Dialoge erinnern mich an einen anderen berühmten Schiffsführer und seinen Bordarzt. Der Blick schweift über die Besatzung und sucht nach dem passenden Spitzohr.

Während Niamh ihren langwierigen Singsang beginnt, bleibt der Ottajasko der Klassiker „Beschützt das Ritual“. Noch einmal bildet die Mannschaft des Foggwulfs den Schildwall und bietet den Namenlosen Schrecken die Stirn. Zu allem entschlossen stürzen sie sich ins letzte Gefecht und diesmal darf auch Leomara das Messer gegen die Feinde der Götter führen. Erneut ruft Pardona ihre Feuerdämonen und hier ist es Abdul, der den Jenseitigen mit der Macht der Elemente Einhalt gebietet. Wer will mag auch hier eine Parallele zu einem anderen Fantasy-Epos erkennen, wenn Abdul auf seinen Wasserpferden, pardon Kamelen, vorbeirauscht und die gefährlichen Geister, ich meine Dämonen, davonspült.

Am intensivsten ist allerdings wohl der Kampf der beiden thorwalschen Recken gegen den bekannten Endgegner aus der Riege namenloser Schrecken. Nachdem Pardona den Grakvaloth gerufen hat, schenken die Götter dem Drachenführer ein Wunder und mit dem Blut der Ottajasko wird das Schwert mit dem Wolfsgriff geweiht. Doch auch wenn Phileasson das Schwert führt, hört seine Ottajasko in keinem Moment auf ihn zu untersützten. Ohm führt den Schildwall, Tylstyr schleudert Feuerlanzen und schließlich ist es wieder der Skalde, der sein Leben riskiert, damit der Foggwulf obsiegen kann. Doch selbst alle diese Heldentaten sind noch nicht genug. Was anderswo als formidables Finale gegolten hätte, ist hier nur der zweite Akt. Als der Drachenführer zurückkehrt, erfährt er, dass die hohen Elfen mit Lied und Traum die Realität aufgeweicht haben und der wahre Spaß jetzt erst richtig anfängt.

Ottajasko! In dieser Stunde blicken die Schildmaiden und Recken, die Swafnir bereits in seinem Schildwall versammelt hat, voller Neid auf uns! Sturmlauf!
– Asleif Phileasson im Angesicht der Namenlosen Angreifer

Kontrapunkt

In diesem an Tod und Verlust reichen Kapitel findet vieles, wenngleich noch nicht alles ein Ende. Doch wie wir es von der Saga vom König der Meere gewohnt sind, blitzt selbst in den dunkelsten Momenten hie und da Humor auf. Auch dies ist ein Markenzeichen der Reihe und so streife ich gerne auch noch einmal jene kurzen Eindrücke, die wie kleine glänzende Kieselsteine in diesem Bett aus Blut und Feuer liegen.

Unwillkürlich musste ich schmunzeln, als ich mir Beorn und seine kampferprobte Schar vorstelle, wie sie in den Ruinen sitzen und auf ein paar Steine und Stöckchen schauen um den Schlachtplan zu besprechen. Fast fehlt mir noch die Zeile: Was ist das da? Ein Stein, du Idiot. Und Steine werden hier auch geworfen, genaugenommen die Säulenstücke des Tempels durch die Gjalkser den Hang hinuntergerollt. Eine in ihrer Absurdität schon wieder komische Vorstellung. Die Krone setzt sich jedoch der Pyromane Eimnir in seinem letzten Auftritt auf, als er Pardonas Feuerdämonen mit voller Blase entgegentritt und den Dämon auspinkeln will.

Auf zum Finale

Gleich zwei Mal bieten die Autoren uns in diesem Kapitel einen heroischen Endkampf. Vermutlich ist auch dies ein Unikat in der Literatur. Während Beorns Ottajasko ihr Leben gibt, um Niamh mehr Zeit zu verschaffen, steht Asleifs Truppe am Ende noch da. Doch das Ende des Kapitels ist nicht das Ende des Konflikts.

Viele wichtige Entscheidungen wurden getroffen in diesem Kapitel. Etliche haben diese Entscheidungen mit dem Leben bezahlt. Manchen steht dieses Schicksal vielleicht noch bevor. Denn eines Mannes Schicksal wird sich in jedem Fall im nächsten Kapitel entscheiden. Denn dort geht es endlich um

Eines Königs Schicksal

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