Die Streitenden Königreiche

Die-Streitenden-Königreiche-Nostria-und-Andergast-CoverMögen die Eichen weichen, die Eulenhexe Derya fliegt durch Nostergast! Von Nostria über die Kalkklippen von Hallerû, den Ingval hinauf gen Andergast und am End noch zu Uhl und Einhorn in den Wald hinterm Wasserfall gleich links. Als Reiseführer dienen Die Streitenden Königreiche und als Vergleich immer mal wieder das nostergast’sche Teilstück des Vorgängers Unter dem Westwind. Und los geht der wilde Flug.

Überblick

Die Streitenden Königreiche gelten auf gewisse Weise ja als aventurische Einsteigerregion, weshalb sie damals auch die näher vorgestellte Region im DSA4.1-Basisregelwerk war. Insofern nur konsequent und passend, dass sie uns hiermit als erste DSA5-Region nähergebracht wird. Präsentiert wird uns der entsprechende Regionalband auf 192 Seiten. Der Kapitelaufbau gleicht dem vom Aventurischen Almanach, sieht man von einem zusätzlichen Kapitel über die Helden der Streitenden Königreiche ab. Dazu kommt eine separate Karte der Region. Zum Vergleich: In Unter dem Westwind waren es damals 37 Seiten, allerdings zugegebenermaßen auch in kleinerer Schrift, und drei separate Karten – die Region Thorwal/Andergast/Nostria und die Städte Andergast und Nostria.

Bleiben wir gleich bei den Karten: Ganz allgemein hat die Anzahl an Karten zugelegt, vor allem bei solchen mit der Darstellung von Regionsgrenzen und bei den Städtekarten. Bis auf eine separate Regionskarte sind diesmal allerdings alle in den Regionalband selbst integriert, was sowohl Vor- wie Nachteile hat. Gerade bei den Städterundgängen ist es richtig praktisch, die entsprechenden Karten direkt vor Augen zu haben. Liebt man es andererseits am Spieltisch oder aus anderweitigen Gründen die Karten auch separat zu nutzen, wird man sich den Erwerb des Landkartensets der Streitenden Königreiche zumindest mal durch den Kopf gehen lassen müssen. Aber trotz dieses kleinen Wermuttropfens können die Karten bei mir sowohl optisch wie auch mit ihrer Anzahl punkten. Endlich hat der fleißige Kartograph nicht nur die beiden Hauptstädte erfasst, sondern auch Joborn, Teshkal, Salza & Salzerhaven sowie ein gewisses Hollerdonk, auf das ich später noch näher eingehe. Besonders freue ich mich über die drei Karten zu regionalen Begrenzungen, sagt eine Karte doch mehr als 1000 Worte, und fiel zumindest mir es bisher schwer, diese Grenzen rein aus dem Text herauszulesen. In dem Zusammenhang ist es auch zu begrüßen, dass sich die separate Regionskarte am gewählten Ausschnitt der Nostergast-Karte aus dem DSA4.1-Basisregelwerk orientiert und sich zudem in einem größeren Maßstab präsentiert als diese.

Damit wechseln wir von den Karten zu den Illustrationen. Von denen bin ich diesmal eigentlich ziemlich begeistert und finde kaum was zu meckern. Farblich harmonieren sie durch ihre Farbgebung von vielen Grün-, Blau- und Brauntönen recht gut mit dem grünen Schuppenkleid des Coverrahmens. Auch ein paar zeichnerische Grüße aus dem Computerspiel Satinavs Ketten finden sich, die in mir schmunzelnde Erinnerung wachrufen und sich aus meiner Sicht auch in die anderen Bilder einfügen, aber gerade an ihnen könnten sich die Geister scheiden. Einer der wenigen Kritikpunkte bei den Illustrationen wäre gerade der zwei Schwerter schwingende Ritter aus Andergast vom Cover. Weshalb nur zwei Schwerter? Weil es gerade hip ist? Gerade für einen Andergaster wäre aus meiner Sicht ein Andergaster die Waffe der Wahl. Zumindest für ein Cover. Und etwas zu pompös gekleidet ist er mir auch. Das ist doch kein wahrer Andergaster Kerl, das ist in Wirklichkeit irgendein mittelreichisches Jüngelchen.

Die Texte legen mehrheitlich Wert auf eine atmosphärische Beschreibung der Region anstelle der nüchterneren Betrachtung früherer Tage und das vergrößerte Schriftbild mit seinen Auflockerungen durch Übersichtstabellen und Illustrationen kommt gerade beim längeren Lesen positiv zum Tragen. Schön sind auch die beim Inhaltsverzeichnis noch mal extra aufgeführten Seitenverzeichnisse für Regeln und Karten. Aber dies dürfte langsam inzwischen genauso wie die Buntheit als DSA5-typisch im Vergleich zu DSA4.1 abgehakt werden und man kann als Leser die eine oder andere Darstellungsweise bevorzugen.

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Fischkopp gegen Holzkopp, krawumms. (Bild von Malte Zirbel)

Wichtiger finde ich da für die Bewertung schon, dass ich den Eindruck habe, dass bei der Darstellung der Streitenden Königreiche zuerst auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten Nostrias und Andergasts eingegangen wurde und erst in zweiter Linie der Vergleich zu den anderen Ländern Aventuriens gezogen wurde. Beim Vorgänger habe ich dagegen eher den Eindruck, dass man dort zuerst die Unterschiede der Streitenden Königreiche zum Rest Aventuriens betonte und erst danach die der beiden Länder Andergast und Nostria untereinander. Dieser Unterschied in der Präsentation führt gemeinsam mit dem größeren verfügbaren Platz aus meiner Sicht zu einer sehr viel interessanteren und auch tieferen Ausgestaltung der beiden Länder.

Nostria & Andergast

Die unterschiedlichen regionalen Landschaften durchwandern wir von den Seenlanden im Efferd bis zu den Steppen im Rahja. Dabei wird die staatliche Zugehörigkeit, genauso wie bei den später folgenden Ortschaften, durch die Abbildung eines Fisches für Nostria bzw. einer Eichel für Andergast gekennzeichnet. Dieses Symbol ist meiner Meinung nach eine schöne Idee für eine Zuordnung auf den ersten Blick, was bei der textlichen Beschreibung des Vorgängers nicht so einfach gegeben war. Dennoch hätte man dessen Kurzinfo über die Grenzziehung bei Landschaftsgebieten, in denen beide Länder vertreten sind, der Übersichtlichkeit halber mit in die Infokästen übernehmen können.

Vollauf begrüße ich dafür die gemeinsame Aufführung aller Ortschaften in einem gesonderten Städtekapitel, während man bei Unter dem Westwind dort nur die fünf bedeutendsten Städte fand und die anderen Ortschaften innerhalb der Landschaftskapitel suchen durfte. Präsentiert werden sie uns in alphabetischer Sortierung, was die Übersichtlichkeit aus meiner Sicht gerade für Einsteiger erhöht, aber auch ich käme abseits der großen Städte mit der staatlichen Zuordnung so einiger Dörfer ins Straucheln. Auch hier punktet das Eichen-/Fisch-Symbol für die schnelle staatliche Einordnung der aufgeführten Ortschaften. Insgesamt finden sich 28 Städte und Dörfer (+ Hollerdonk) in diesem Kapitel, womit die meisten wichtigeren Ortschaften eine zumindest knappe oder aber ausführlicher gehaltene Beschreibung erhalten haben dürften. Die fünf Städte Andergast, Nostria, Salza & Salzerhaven, Joborn und Teshkal können zudem mit Karten und Wappenbildern punkten.

Kommen wir damit zu Hollerdonk, einem Dörfchen an der Grenze zwischen Nostria und Andergast, dass man somit für das Spiel in beiden Ländern verwenden kann. An sich kann ich solch einer Spielhilfe ja viel abgewinnen, nur leider stellt mich die Umsetzung derselben nicht so wirklich zufrieden. Die Ausarbeitung des Dorfes ist doch recht einzigartig, da wäre es mir lieber gewesen, die Beschreibung wäre generischer gewesen und der Bereich um die Nymphe um so einiges verschwommener. Zumindest im allgemeinen Teil, hinter der Meistermaske, hätte sich dafür gerne das ganze ausgearbeitete Nymphen-Szenario verbergen können. Auf diese Weise hätte ein Spielleiter immer noch damit arbeiten können und auch der lesende Spieler wäre nicht zwangsweise über diese Informationen gestolpert. Weiterer Kritikpunkt: Die wechselnden Dorfvorsteher, die beide je nach Land als Wirte gesetzt sind. Von ihrer Beschreibung her ist aber nur Helasine Visserad eine Wirtin, Jindrich Appelbrandter dagegen ein Großbauer. Da hätte ich es besser gefunden, würde Appelbrandter den Großbauern Ochsenbrecht ersetzen und somit beide Figuren beiderseits der Grenze verwendbar werden. Nur das Amt des Schulzen würde je nach Land wechseln und bei der magischen Begabung der Kinder müsste man sich was überlegen. Allerdings könnte man das jeweilige Nicht-Schultenkind davon vielleicht als Madakind aufgrund geringer Begabung oder schlicht Nichtbeachtung aufgrund des falschen Geschlechtes verkaufen. Blieben noch Hexe bzw. Druide, wo es vielleicht schön gewesen wäre, wenn der je nach Grenzverlauf nicht gebrauchte NPC irgendwo im Dorf ein Plätzchen als magieloses/r Großmütterchen/-väterchen hätte finden können.

Kultur & Wandel

Dies sind die beiden Kapitel, die, zusammen mit jenen über Glauben & Magie, am meisten vom gewonnen Platz gegenüber dem Vorgänger profitiert haben und unerlässlich für ein stimmungsvolles Eintauchen in die Gesellschaft und Spiel mit dieser sind. Hervorzuheben wäre hier vor allem die Spiegelung Nostria – Andergast bei den gesellschaftlichen Ständen und das vertiefte Eingehen auf das Ritterturnier, was ich aber aufgrund der kulturellen Begebenheiten und gerade auch in Hinblick auf solche Abenteuer wie den Weißen Berg 1 – Die Zuflucht mit doch großem Turnieranteil als passend erachte. Insgesamt zwei schöne Kapitel.

Salzarele & Steineiche

marwold

Baum schlägt Mensch statt umgekehrt (Bild von Djamila Knopf)

In diesem Kapitel findet sich eine regionale Ausweitung der Kreaturen und Pflanzen aus Almanach und Bestiarium, wobei man die meisten natürlich auch in anderen Regionen antreffen kann, sie aber wohl in den Streitenden Königreichen besonders häufig vorkommen. Gerade an dem sowohl im Bestiarium wie im Regionalband vorkommenden Kronenhirsch sieht man den Unterschied in der Präsentation in den verschiedenen Büchern, denn hier werden sie uns mit verkürzten Beschreibungstexten, oft ohne Bild und hintereinander weg dargestellt, so dass per Kreatur ungefähr ½-1 Seite zur Verfügung steht während es im Bestiarium bzw. Almanach 1-2 Seiten waren.

Bei der präsentierten Auswahl haben es mir vor allem die Marwolde, beseelte Bäume, angetan. Aber hat da noch jemand so gewisse Assoziationen? Wurden die eigentlich schon vorher irgendwo für Aventurien erwähnt? Oder sind die eine Neuentdeckung? Apropos Entdeckungen … als Einhorn und Eulenhexe freuen mich natürlich auch das enthaltene Einhorn und die Schädeleule. Verwirrt hat mich allerdings die enthaltene Einhorntradition. Einerseits schön, dass wir so erfahren, nach welchen Regeln wir unsere Leser bezaubern und hoffentlich auch neue hinzugewinnen können, aber weshalb jetzt hier und nicht auch schon für die ganzen anderen magischen Wesenheiten im Bestiarium?

Sumenglaube & Hexenwerk

Damit kommen wir zum Glauben und der Magie in den Streitenden Königreichen, wo sich mit Götter & Dämonen aus meiner Sicht eines der schönsten Kapitel des Bandes verbirgt und gerade auch aus seiner Gegenüberstellung von Andergast und Nostria viel Stimmung bezieht. Auch das Kapitel Zauberei & Hexenwerk liefert einen schönen Überblick über die magischen Hauptströmungen der beiden streitenden Länder und eröffnet mit den Zauberzeichen ein interessantes Forschungsfeld. Aber wieso, weshalb, warum wurden die Magiersiegel verändert? Und das gerade in diesen auf Tradition pochenden Ländern und wo man sie vor 5 Jahren in Horte magischen Wissens bildlich festgehalten hatte? Während man mir das Andergaster Siegel noch grummelnd als vereinfachte Darstellung verkaufen kann, ist dies spätestens beim nostrischen Siegel nicht mehr möglich: Die jetzigen Köpfe sehen doch anders aus als die vorherigen Schlangen.

Ritter & Bombasten

Zuerst einmal bleibt festzuhalten, dass sich hier mehr Volk tummelt als in Unter dem Westwind und im Almanach. Während die bedeutendsten Vertreter im Spiel um Macht und Bedeutung dieselbe Aufmachung erhalten haben wie im Almanach, werden uns andere nur kurz präsentiert. Wo ich gerade die Steckbriefe der Leute so durchgehe, muss ich zugeben: Mich wundert es ja nicht, dass niemand von der Jagd auf Dairon von Grywhick und seiner Geliebten zurückkehrt. Wer legt sich schon gerne mit einer 173-Schritt-Riesin an? Wobei, ich kenne da so ein paar Eulenschwestern im Bornischen, die hätten da wohl ihren Spaß daran. Vielleicht könnten sie Groß-Caldre ja ein Komma anhexen? Und das ewige Fräulein in Not findet sich auch. Weshalb nicht das hilflose Jüngelchen? Ach wir sind in Andergast, wo sich die Damen haben einreden lassen, sie wären hilfloser als die Herren? Ja, dann … schöne Referenz ans ‚Rettet die Prinzessin‘-Szenario alter Tage. Insgesamt sind so einige bekannte Gesichter dabei, aber auch etliche neue treten auf und ich bin schon gespannt darauf, auch weiterhin von ihnen zu hören.

Propaganda & Geschichten

Während uns der Rest der Streitenden Königreiche eher auf der atmosphärischen Schiene dargeboten wird, wechselt dieser Abschnitt in die sachliche Präsentation von geschichtlichen Fakten. Kurioserweise war es in Unter dem Westwind gerade andersherum. Mir gefällt die aktuell gewählte Variante besser und mit dem mehr an Platz ist auch so einiges mehr an ausführlicherer Information möglich. Insofern ein wirklich schöner Abschnitt, aber mit ein paar kleinen Kritikpunkten: Ein winziges Detail ist die jetzt fehlende frühe Besiedlung der Norbarden, wobei sie in anderen Kapiteln dafür immer wieder angedeutet wird.

Verwirrender ist da schon die Aussage, ein verschwundener Salza-Vorläufer von 811 v. BF hätte schnell in einen Krieg um 754 v. BF gegipfelt. Haben sie damals wirklich 57 Jahre gebraucht, bis sie wegen einem Ereignis zu Zeiten ihrer Eltern bzw. Großeltern aufeinander einprügelten? Nun ja, in den Streitenden Königreichen laufen die Vinsalter Eier wohl anders. Zudem behandelt der nächste Abschnitt laut Titelzeitangaben die Zeit von 800 v. BF bis zur Gegenwart, scheint aber mit der Zeit um 704 v. BF zu beginnen, während der vorige Abschnitt schon mit 754 v. BF abschloss.

Nützlich finde ich dafür die Tabellen über die verschiedenen Herrscher und die verschiedenen Kriege und die Informationen, die ein Charakter über Nostergast besitzen kann.

Streiter & Regeln

Kommen wir nun zum, im Vergleich mit dem Almanach neu hinzugekommenen Kapitel der Helden der Streitenden Königreiche, wo uns diverse Professionen und Regelelemente passend zur Region auf 32 Seiten erwarten. Die Akzeptanz dieses Abschnitt steht und fällt stark damit, ob man mit Regelelementen in Spielhilfen leben kann oder nicht. Auch DSA4 kannte solche Elemente zu Beginn und zum Ende seiner Ära, die zu Beginn später noch in den Regelwerken auftauchten, gegen Ende allerdings nur noch in den spezifischen Spielhilfen zu finden waren. Bei den DSA5-Regionalbänden kann ich persönlich erstmal mit aufgeführten Regelelementen leben, sofern sie wirklich in die Region passen und hintergrundübergreifende Dinge später auch in den Regelbänden zu finden sind.

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Einmal Segen des Landes bitte! (Bild von Annika Maar)

Aber werfen wir einen kurzen Blick auf die Helden und Regeln im Bereich Nostergast: Wie schon im Bestiariumsbereich werden sie uns hier kompakter hintereinander weg präsentiert als in den spezifischen Regel- bzw. Hintergrundbänden. Die Auswahl der vorgestellten Professionen weiß im Großen und Ganzen zu gefallen, nur mit Schlangenhexe und Mehrer der Macht tue ich mich persönlich etwas schwer, hätte ich sie doch nicht unbedingt als typisch für Andergast und Nostria angesehen, wobei ich der Darstellung der Schlangenhexen als Kern der nostrischen Gelehrtenschaft durchaus was abgewinnen kann. Bliebe noch der Mehrer der Macht. Aber vielleicht muss ich mich da einfach von DSA4.1-Vorstellungen als Zivilisationsdruide trennen und nur noch die reine Denkschule vor dem Wertepaket sehen. Denn dann passt es wieder recht gut.

Die aufgeführten Motivationen mögen als Inspiration dienen und hätte man sich aus meiner Sicht die Hintergrundereignisse eventuell auch sparen können, so habe ich doch auch Spieler mit Freude am Auswürfeln solcher Dinge erlebt. So mag es zumindest als Ideensteinbruch dienen. Die regionalen Waffen und die Turnierrüstung bekommen eine kurze Vorstellung und eine Wertetabelle nach der Art von Wege des Schwerts, was mir persönlich vollkommen ausreicht.

Die Wesenszüge gefallen mir irgendwie und ich würde sie gerade beim regionalen Spiel zur individuelleren Ausgestaltung von Charakteren wohl immer mal wieder nutzen. Auch die Ahnenzeichen finde ich eine schöne Idee, und endlich gibt es auch traditionsspezifische Zaubertricks. Erstaunt hat mich dagegen, dass es zwar anscheinend bei der Erdgebundenheit der Hexen eine Deckelung der Erschwernisse gibt, aber nicht bei der Metallunverträglichkeit der Druiden.

Und damit fängt die Hexe an zu meckern: Was bitte haben in einem Regionalband allgemeine Sonderfertigkeiten zu suchen, die weder regionstypisch noch für die vorgestellten Professionen typisch oder wichtig sind? Also was haben Konzentrationsstärke, Magische Regeneration I und die meisten anderen allgemeinen magischen Sonderfertigkeiten hier zu suchen? Den hier verschwendeten Platz hätte man doch eher für die viertelzauberischen Madakinder verwenden können, die nach Hintergrundteil in Nostergast häufig vorkommen, aber im Regelteil mit keinem Wort erwähnt werden. Schließlich könnte der ein oder andere Spieler nach dem Lesen des Bandes auf die Idee kommen, so ein Kind Madas zu spielen.

Auch bei den Herrschaftsritualen gibt es etwas zu meckern, erinnern Fluch der Pestilenz und Fluch der Schlaflosigkeit bis auf Details doch frappierend an die im Regelwerk aufgeführten Hexenflüche Pestilenz und Schlaf rauben. Aus meiner Sicht hätte man sie entweder mehr unterscheiden sollen oder aber man hätte gleich auf die entsprechenden Hexenflüche im Regelwerk als ebenso existierende Herrschaftsrituale verweisen sollen. Und wenn ich mir dann das Ritual Ausbruch unterdrückter Gefühle anschaue, dass dann doch ziemlich an den DSA4.1-Hexenfluch Ängste mehren erinnert, frage ich mich langsam, wo da die Reise hingehen mag.

Sagen & Legenden

Auch die hinter der Meistermaske verborgenen Informationen wissen im Großen und Ganzen zu gefallen. Allerdings stellen mich die Ausführungen zum nicht ganz unwichtigen Punkt über die Gründe des ewigen Streites zwischen Nostria und Andergast nicht wirklich zufrieden. Ich bin im Allgemeinen ja eher eine Freundin von gewissen Festsetzungen, die einem in den Zwischenbereichen noch genügend Raum für eigene Interpretationen und Setzungen lassen. Insofern freut es mich auf der einen Seite, dass die schwammige Andeutung aus DSA4-Tagen eine Ausführung erhalten hat, mit der ich arbeiten, sie umändern oder gar ignorieren könnte, leider stellt mich die rein übernatürliche Erklärung nicht wirklich zufrieden. Damit geht ein Gutteil der Tragik dieses nostergast’schen Streites verloren und wie man an unserer eigenen irdischen, ja europäischen Geschichte sieht, genügt eine rein profane Erklärung für so eine Erbfeindschaft vollauf. Aus meiner Sicht hätte es genügt, diese übernatürliche Setzung die Wurzel des Hasses sein zu lassen, die vielleicht sogar alle paar Jahrhunderte, eventuell auch aktuell wieder aufflackert, die allerdings schon lange in einer profanen Erbfeindschaft aufgegangen ist.

Fazit

Mit dem Wechsel der Regeledition und dem Voranschreiten des Metaplots rücken glücklicherweise mehr die Besonderheiten und Eigenheiten der Streitenden Königreiche in den Fokus von Beschreibungen und Geschichte. Allerdings werden den Spieler auch in Zukunft wohl keine weltbewegenden Abenteuer in den Streitenden Königreichen erwarten, sondern auch weiterhin die lokalen Begebenheiten mit all ihren Vor- und Nachteilen. Insgesamt gelingt es dieser Spielhilfe, mein Interesse an dieser Region wieder zu entfachen und den Spaß auf Abenteuer in oder an Charakteren aus der Region zu erwecken. Besonders Nostria hat in der Beziehung gewonnen, fiel es aus diversen Gründen in meiner Vorstellung doch gegenüber Andergast bisher recht blass aus.

Einsteiger können aus meiner Sicht bedenkenlos zugreifen. Bei Veteranen mit Zugriff auf ältere Hintergrundbände kommt viel auf persönliche Vorlieben und teilweise auch vorhandenes Material an. Wer davon eher die atmosphärische Beschreibung von DSA5 vorzieht, wird auch an diesem Band Freude haben. Wer dagegen eher die nüchterne Beschreibung früherer Regionalbände mag und dazu vielleicht noch weitere Hintergrundbeschreibungen über das ein oder andere Abenteuer sein eigen nennt, wird wohl weniger glücklich werden. Dazu kommt für beide Gruppen, wie sehr man mit den Regelerweiterungen leben kann, vor allem, wenn man den Band rein für den Hintergrund erwirbt, aber weiterhin eine andere Regeledition bespielt.

Am Ende verbleiben 7 von 9 Einhörner zum wilden Einhornreigen durch Nostergast, während unsere Einhörner Acht und Neun im wilden Streit darüber versunken sind, ob nun Andergast oder Nostria das Horn vorne hat. Hört ihr ihre Hufe donnern und ihre Hörner klingen? Oh je, am Ende wird das noch der erste Einhornkrieg von Nostergast…

Bewertung Einhorn 7

Weitere Rezensionen im Limbusnetz

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

Über Derya Eulenhexe

Derya wird auch über den Namen Milena gerufen und durchstreift seit dem Herbst 2010 Aventurien. Dabei war der nanduriatische Bote bisher ihr ständiger Begleiter und seit Anfang 2016 ist sie nun ebenfalls als Schreiberin dabei. Im wirklichen Leben verdient sie ihre Hartwurst als Bibliothekarin.
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5 Antworten zu Die Streitenden Königreiche

  1. ChaoGirDja sagt:

    Zu den Marwolden:
    Baumschrate sind in DSA eigentlich schon recht lange bekannt. Und in elementare Gewalten sind „lebende Bäume“ als Elementarwesen(Humus) verzeichnet.
    Im Weißberg-Zyklus tauchen sie übrigens auch auf (im Rahmen eines möglichen „Scenarios“).
    Das die Ents ihr Vorbild sind, ist wohl nicht zu leugnen. Aber eine generelle Neuerfindung für DSA sind sie jetzt nicht.
    Lediglich der Name scheint neu zu sein…

    • Derya Eulenhexe sagt:

      Dass es die Baumschrate schon länger gibt und diese von den Tolkien’schen Ents inspiriert sind, ist klar. Doch die Marwolde sind ja nochmal eine andere Wesenheit und scheinen ihr Vorbild bei den erwachten Bäumen des Fangornwaldes zu finden.

      Die baumähnlichen Wesen aus Elementare Gewalten, hmmh. Außer ich verwechsle oder übersehe da jetzt eins, aber waren die nicht alle Elementarwesen des Humus? Die Marwolde sind ja echte Bäume, die nur von Elementarwesen, Geistern, Dämonen etc. beseelt werden und dadurch zum Leben erwachen.

      Und die kommen mir so als Hintergrundsetzung noch nicht bekannt vor. Sind aber leicht einzufügen und finde ich auch ziemlich passend.

  2. VSP sagt:

    Sehr gelungene Rezension, wobei die geradezu exegetische Behandlung des Dorfes Hollerdonk mir persönlich ein bisschen zu viel ist. 🙂

    100%, ach was soll’s, 1000%ige Zustimmung hingegen, was die Aussagen zum Hintergrund des Zwistes der Streitenden Reiche angeht. In einer Fantasy-Welt mag das seltsam klingen – aber Weniger (Übernatürliches) wäre mehr gewesen.

  3. Pingback: Die Flusslande | Xeledons Spottgesang

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