Aventuria: Rovena aus dem Überwals

Aventuria Nanduria Rovenas Vater war ein leibeigener Waldhüter aus dem Bornland, ihre Mutter die Tochter des Bronnjaren, in dessen Diensten der Jäger stand. Ihre Liebe mussten sie geheim halten, da der Graf von Jerenow streng gegen die unstandesgemäße Verbindung war. Da die Grafentochter das Kind unmöglich behalten konnte, gab sie es an eine Einsiedlerin, die Rovena großzog. Graf Malik von Jerenow, der Bronnjar, erfuhr dennoch von dem Kind und dem Vater, ließ den Jäger hängen und steckte seine Tochter in ein Traviakloster, wo sie den Rest ihres Lebens über ihr Vergehen nachdenken sollte.

Was jedoch niemand ahnte: Die Frau, bei welcher Rovena in Obhut gebracht wurde, war eine Hexe, die eine magische Begabung bei dem Mädchens erkannte und sie deshalb annahm. Jahrelang lebte Rovena bei ihrer Ziehmutter und lernte bei ihr die Kunst der Magie.

Rovenas Deck ist thematisch schön ausgerichtet auf die Hexerei und ihre Katze Alwinja rundet diesen Eindruck effektvoll ab. Insbesondere im Abenteuermodus kann deren Fähigkeit Schaden zu vergelten öfter zum Einsatz kommen und ist sowohl flairmässig als auch regeltechnisch ein Muss.

Aventuria Rovena aus dem ÜberwalsZu teuer mit 3 Ausdauer für einen recht schwachen Zusatzeffekt fürs Ausweichen ist hingegen der Hexenbesen als leichte Nahkampfwaffe der deswegen leider zu oft in der Besenkammer stehen bleibt bzw. als Ausdauerkarte auf dem Tisch landet. Der unten nochmals erwähnte Unsichtbarkeitstrank ist hingegen mit Null Ausdauerkosten viel zu billig für den starken Effekt eine Runde nicht getroffen zu werden. Die Hexengalle ist mit ihrem Gifteffekt und dem extra SchiP-Einkommen gut balanciert, mehr braucht die Hexe als Fernkampfangriff eigentlich nicht. Die Sonnenwende als starke Heilkarte für alle Beteiligten ist ein möglicher Kandidat für Rovenas Sonderfertigkeit Schnipsen, die sie aber auch auf ihre Gefährten anwenden kann.
Als Belohnungskarten kommen unter anderem solche wie Zauberkugel zur Erhöhung des Magiewerts oder sogar Drachenschuppen zur Verbesserung der Robe in Frage, um Schwächen zu kompensieren.

Nandus Balken SchmalDer Grolm meint:

Rovena aus dem Überwals erlebte ihr Debüt mit dem Erscheinen der Erweiterung Heldenreigen. Ihr Deck ist als innovativ zu bezeichnen, da mit diesem Deck erstmalig eine wirkungsvolle Control Mechanik nach Aventuria gebracht wurde. So gibt es eine ganze Reihe von Karten, die darauf angelegt sind, den Spielaufbau des Gegners nachhaltig einzuschränken und zu behindern. Die Karte, die hier sicherlich am meisten „eingeschlagen“ hat, ist die Traumgestalt. Jede Runde kann man dem Gegner zum Preis von 1 Ausdauer eine zufällige Karte von der Hand entfernen. Sollte sich der Gegner versuchen dem zu entziehen, indem er besonders schnell seine Hand leerspielt oder Karten in Ausdauer „rettet“, hat man trotzdem immense taktische Vorteile gewonnen, da der Gegner hier tendenziell suboptimale Entscheidungen treffen musste. Die Traumgestalt wird übrigens – definitiv zurecht – ebenfalls durch Ulisses Spiele generft werden. Mit Erscheinen der Erweiterung Das Wirtshaus zum Schwarzen Keiler (enthalten im Grolmendeck) wird die Karte der neuen Regel unterliegen, dass die Traumgestalt abgelegt werden muss, sollte die von der Hand gezogene Karte 4 Ausdauer oder höher wert gewesen sein. In welchem Set oder Pack dann die aktualisierte Version der Traumgestalt enthalten sein wird, wird sicherlich dann noch kommuniziert werden. Wichtig: Im kürzlich erschienenen Ausbauset ist sie noch nicht enthalten. Das Ausbauset enthält wie angekündigt zunächst erst einmal nur die Aktualisierungen der Grundbox Helden.

Aventuria Erklärung
Kontrolle / Control

Kontrolldecks versuchen langfristig ein Ungleichgewicht auf mehreren Ebenen zu erzeugen. Mehr und schneller Karten als der Gegner zu ziehen und diesem gleichzeitig welche wegzunehmen, schneller zu heilen oder Aktionen des Gegners zu verteuern, wie z.B. bei Aventuria mit Große Gier oder dem Wurfnetz – im äußersten Fall sogar zu untersagen – und dadurch in Bezug auf Kosten einen Vorsprung zu erlangen. Atemnot zur Verringerung der gegnerischen Ausdauer und Aeolitus zur Behinderung sind ebenfalls Beispiele einer solchen Strategie aus dem Hexendeck.

Eine andere Karte, die einen massiven Effekt hat, ist der Unsichtbarkeitstrank. Eine Runde keinen Schaden durch Angriffe zu erhalten, ist schon mächtig genug. Doch genauso verheerend wirkt der subtile Control Anteil der Karte. Genauso wenig nämlich wie der Gegner gelungene Angriffe platzieren kann, hat er in der betreffenden Runde die Möglichkeit, über misslungene Angriffe Schicksalspunkte, und damit spielentscheidende Ressourcen zu generieren. Ein Fernkampf Angriff mit der eingebauten Möglichkeit, den Schicksalspunkte Vorrat des Gegners anzugreifen, ist die Hexengalle. Bei Kosten von 3 Ausdauer „opfert“ man also 1 Trefferpunkt (sie macht nämlich „nur“ 1W+2), um dem Gegner einen Schicksalspunkt stehlen zu können. Hier ist das Schöne: Auch wenn die Trefferwahrscheinlichkeit gar nicht so hoch ist, wird der Gegner möglicherwiese nur ungern Schicksalspunkte in die nächste Runde mitnehmen wollen, um nicht in die Gefahr des Verlusts zu geraten. Auch hier zwinge ich den Gegner also zu vielleicht suboptimalen Handlungsentscheidungen. Der einzige mittelbare – und erst einmal nicht offensichtliche – Nachteil an der Hexengalle ist vielleicht. Es ist keine 1W+3 Waffe zum Preis von 4 Ausdauer. Was ich damit sagen will: Wenn ich schon meinen Fernkampfangriff wertig ausstatte, habe ich im mittleren Waffenbereich in diesem Deck keine Alternative für 4 Ausdauer – was im mittleren Waffenbereich sonst so üblich ist. Natürlich ist das vor dem Hintergrund des Balancings völlig okay so. Weitere Control Karten sind – der Vollständigkeit halber genannt – die neue Große Gier oder alte Bekannte wie der Aeolitus und die Atemnot.

Als Alternative zur Hexengalle steht mit dem Wurfmesser eine charmante kleine Alternative zur Verfügung. Diese ist deswegen so gut, weil sie wie es der Hexe erlaubt, Aventuria Unsichtbarkeitstrankin der ersten Runde sogar zwei Angriffe durchführen und schon ordentlich Tempo ins Spiel bringen zu können. Im Bereich der magischen Angriffe verhält es sich wie bei der Magierin. Es gibt einen 1W+3 Angriff und einen ordentlich wuchtigen Angriff. Hier bei der Hexe ist es das mörderische Pandämonium. Dieses stellt aus meiner Perspektive den Ignisphaero von Mirhiban in den Schatten, denn das Pandämonium teilt für die gleichen Ausdauerkosten 1 TP mehr aus. Der Drawback kann schon mal unangenehm piksen, ist aber nur ein geringes Übel für die Macht von 1W+6 TP. Die Hexe hat gegenüber ihrer magisch begabten Kollegin Mirhiban in Bezug auf den Hauptangriff einen entscheidenden Vorteil und der liegt in der Karte Glücksgriff. Mit diesem kann ich nämlich zu nur geringen Kosten von 1 Ausdauer unkompliziert an eine Karte der eigenen Wahl kommen. Und sollte man das Pandämonium doch einmal früh auf der Hand haben, finden sich selten keine Anwendungsfälle für den Glücksgriff.

Aventuria Erklärung
Nachteil / Drawback

Balance von starken Effekten wird manchmal nicht nur über direkte (Ausdauer)Kosten, sondern auch über zusätzliche negative Wirkungen erreicht. In diesem Fall sieht man das direkt an der Karte Pandämonium, aber auch die neue Version der Traumgestalt hat nun ein Risko eingebaut, den man als Nachteil bezeichnen kann.

Wirft man einen Blick auf das Werteprofil von Rovena, sind es doch schon eine Reihe von Details, die einen merklichen Unterschied zu Mirhiban machen. Der Sprung von 14 auf 13 im Magiewert ist wie weiter oben angeführt absolut gesehen ein kleiner, aber in Bezug auf die Spielmechanik ein nicht unerheblicher. Dafür ist Rovena etwas besser im Ausweichen und hat einen Wert von 7 statt 6 in einem Attribut. Damit wird dieser Angriff – wenn auch rudimentär – ernsthafter einsetzbar. Die Sonderfertigkeit von Rovena ist eine hintersinnige und passt zum Charakter einer Hexe. Zum einen gibt es dem Spieler die Möglichkeit, eigene Karten wieder bereit machen zu können. Traumgestalt, Hexenkessel oder Sonnenwende sind solche Kandidaten, für die sich das mal lohnen kann. Sonnenwende ist – das sei hier nur eingeschoben – aus meiner Sicht die stärkste Heilkarte des gesamten Spiels. Aventuria HexenkesselJede Runde an 4 LP kommen zu können über nur eine Karte ist massiv. Insbesondere über die schöne Synergie mit der Hexengalle oder den eher unterdurchschnittlichen Attributwerten in Nahkampf und Fernkampf. Eher exotisch, aber auch möglich, ist der Anwendungsfall des Konters für Effekte, die eigene Angriffe (wie das Pandämonium) erschöpfen und damit unbrauchbar machen sollen. Über die Sonderfertigkeit habe ich sie doch wieder bereit (Achtung: Ansonsten sind Angriffe leider nicht sinnvoll wie bereitzumachen, da in jeder Angriffsart nur ein Angriff pro Runde ausgeführt werden kann). Der wahrscheinlich überwiegend bessere Anwendungsfall ist, beim Gegner räubern zu gehen und dort eine dauerhafte Karte zu erschöpfen. Das kann eine störende Aktionskarte sein, die man einmal lahmlegen möchte, oder eine Angriffskarte, mit der praktisch ein gegnerischer Angriff verhindert wird (da der Gegner eher selten eine potente Alternative ausliegen haben wird).

Nandus Balken Schmal

Mit der Analyse von Rovena endet die Revue über die sieben bislang erschienenen Helden Aventurias. Am Ende – und das ist eigentlich eine schöne Botschaft – kann ich keine Empfehlung aussprechen, welcher Charakter mehr Spaß zu spielen bereitet oder besser als die anderen wäre. Alle Helden haben ihren eigenen Reiz und bieten eine schöne Abwechslung. Sicherlich gibt es den ein oder anderen Favoriten in der Spielergemeinschaft, aber jeder der Helden hat definitiv seine Anhängerschaft. Das andere ist eben – und das ist fast das wichtigste – übertrumpft kein Charakter im Standarddeck den anderen. Insbesondere nicht vor dem Hintergrund der kleineren Überarbeitungen der 3. Auflage, die aus meiner Sicht die richtigen kleinen Stellschräubchen gesetzt hat. Es mag wohl so sein, dass man dezente Vorteile hier und da feststellen kann bei bestimmten Charakteren, doch sind diese eher subtil oder marginal – erst recht mit der neuen 3. Auflage denke ich. Es bleibt also festzuhalten, dass die bisherigen sieben Helden nicht nur eine spannende Mixtur darstellen, sondern auch untereinander enorm gut ausbalanciert sind. Das wirkt letzten Endes auch auf den Abenteuermodus hinüber, wo es wichtig ist, dass jeder Held einen gleich guten Spot zu bekommen in der Lage ist. Nun bleibt am Schluss nur noch die gespannte Erwartung im Hinblick auf die zukünftigen Helden Aventurias, besonders erst einmal auf die des Wirtshauses zum Schwarzen Keiler, wo uns erwarten: eine Amazone, ein Söldner, eine Maraskanerin und: ein Grolm.

Nandus Balken Schmal

Rovena entpuppt sich als ernstzunehmende Duellgegnerin, aber auch als die kompetente Heilerin in Aventuria und damit insbesondere auch mit ihrer Katze als willkommene Gefährtin im Abenteuermodus.

Was haltet ihr von der bornischen Katzenhexe Rovena aus dem Überwals und ein paar der erwähnten zu starken oder zu schwachen Karten?

Nach der Besprechung von Tjalva geben wir einen Überblick über den Abenteuermodus und die Szenarien in Aventuria. Was meint ihr: Sollen wir dann zunächst das Abenteuer Das Steinerne Schiff besprechen oder gleich im Wirtshaus zum Schwarzen Keiler absteigen?

Nottel

Über Nottel

Nottel heißt Michael und wohnt am Bodensee. Seit 93 stromert er als Spieler und Spielleiter mit Gleichgesinnten durch fantastische Gedankenwelten. Zunächst in Aventurien und dem Riesland, später in der Dark Future, der Welt der Dunkelheit, im Trinity Universum und dringt in Galaxien vor, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
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4 Antworten zu Aventuria: Rovena aus dem Überwals

  1. Pingback: Nandurion, Aventuria und Rovena aus dem Überwals – Nuntiovolo.de

  2. Faras Damion sagt:

    Vielen Dank für den schönen Artikel, Nottel. 🙂 Ich lese deine Aventuria-Beiträge sehr gerne!

    Btw: Es gibt im Scriptorium ein paar Fan-Abenteuer, die liebevoll erarbeitet wurden. Sie verdienen meiner Meinung nach Werbung und Aufmerksamkeit, denn ich hatte Spaß am Spielen, auch wenn sie teilweise nicht ganz so gut ausbalanciert sind, wie die Ulisses-Abenteuer. Vielleicht magst du mal etwas über sie schreiben.

    • Nottel sagt:

      Danke Faras, nicht zu vergessen auch an Hans Werner Grolm und Sirius. Die Fanabenteuer kenne ich natürlich, zwei davon sind von mir als Koautor. Ich nehme es als Vorschlag auf, über die anderen etwas zu schreiben. Meist kommentiere ich sonst nur kurz im Scriptorium für Änderungsvorschläge und Korrekturen.

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