40 Jahre DSA – Die Bibliographie Teil 2

Nachdem im Jubiläumsjahr 2024 der erste Band der umfangreichen Bibliographie des Schwarzen Auges erschienen war, wird die Reihe nun in rascher Folge fortgesetzt. Noch im Januar 2025 erschien der zweite Band für die Jahre 1994 bis 2003. Damit liegt der Fokus des Bandes auf der dritten Edition, auch wenn die Einführung von DSA4 bereits in diesen Zeitraum fällt. Ein weiterer Aspekt wurde mir ebenfalls klar, als ich die Vorankündigung des dritten Teils der Bibliographie las. Wurde anfangs noch über den hohen Preis von 40 Euro je Band (und damit 160 Euro für die gesamte Reihe) gemault, so ist diese Einschätzung so nicht mehr reel. Das zweite Jahrzehnt schlägt mit 50 Euro ins Kontor, das dritte begeistert seine Kunden umfangsbedingt mit 70 Euro. Die berühmten Komplett-DSA-Sammler müssen sich also demnächst entscheiden, ob sie Essen und Kleidung oder doch lieber Bücher fürs Hobby kaufen wollen.

Inhalte

Nachdem 1992 die Basis der dritten Edition auf den Markt gekommen war, beginnt nun in diesem Jahrzehnt die Zeit die Verbreitung der dritten Edition. Diese bringt nicht nur umfangreichere Regeln, sondern auch die Geschichten des lebendigen Aventuriens. Man darf wohl sagen, dass in dieser Zeit jene Entwicklungen begonnen haben, die aus heutiger Sicht stilprägend für Das Schwarze Auge sind. Auch irdisch musste das Schwarze Auge einige schwerwiegende Veränderungen verkraften. Somit ist dieser Teil auch in seiner Beschreibung der Historie jenseits von Publikationen sehr interessant.

Mit Regeleditionen ist es ja so ähnlich wie mit Fernsehserien. Auch wenn die Welt sich weiterdreht, so vergisst man doch nie den Erstkontakt. Die nostalgisch wohligen Gefühle, die ich mit Star Trek – The Next Generation verbinde, lassen diese Serie immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Egal wie viele neue Serien erscheinen und welche Qualitäten sie mitbringen. So ähnlich verhält es sich auch mit der dritten Edition des Schwarzen Auges. Auch wenn die Regeln aus einer heutigen Perspektive zahlreiche Schwächen aufweisen, sehne ich mich heute noch manchmal danach einen vernünftigen Waffenvergleichswert zu haben oder mal einen Sieben-Weh-Ignifaxius rauszuhauen.

  • Impressum
  • DSA3
  • DSA4
  • Sonderreihen
  • Der Aventurische Bote
  • Als das Rad zerbrach – Der Tod von Ulrich Kiesow
  • Fern der Seiten
  • Geschichten aller Art
  • Gesellschaftsspiele aller Art
  • Zubehör und Merchandise

Zweiter Streich 1994 bis 2003

Zu Beginn lesen wir wieder eine umfangreiche Beschreibung der Geschehnisse, die im Original von Mark Wachholz geschrieben worden war. Dies ist die Fortsetzung jenes Textes, der bereits im ersten Band der Bibliographie seinen Anfang nahm. Wie es sich gehört, finden wir danach die Chronologie aller Kernpublikationen der dritten und danach der vierten Edition. Für mich als ehemaligen Sammler sind natürlich besonders die kleinen Anmerkungen interessant, welche die Redaktion hier zu verschiedenen Publikationen zusammengetragen hat. In meiner Wahrnehmung sind diese Randbemerkungen auch zahlreicher, als in der vorherigen Bibliographie, was möglicherweise an der nun dichter werdenden Überlieferung aus jenen Tagen liegt.

Auch wenn ich mich sonst in erster Linie für die Abenteuer und damit die erlebbaren Geschichten in der Welt des Schwarzen Auges interessiere, so findet sich hier auch manch interessanter Punkt bei den Boxen (ja, in jener Zeit gab es noch Boxen) und sonstigen Publikationen. Eingeleitet mit dem sensationellen Cover der Borbarads Erben Box, beginnen wir die Publikationen mit der GMG – Götter, Magier und Geweihte. Jene unfassbar umfangreiche Magiebox, die ich schon als das beste DSA-Produkt aller Zeiten bezeichnete. Witzigerweise folgt direkt darauf das LHF- Lanze, Helm und Federkiel. Nicht nur für mich ist diese wohl die schlechteste DSA-Box aller Zeiten, war sie doch die einzige, von der keine zweite Auflage gedruckt wurde.

Weiters erfahren wir nicht nur wie das Compendium Salamandris erste Schritte in Richtung DSA4 ging und wieso Altaia unterging, sondern auch welche Besonderheiten die Gareth Box Stolze Schlösser Dunkle Gassen (Achtung keine drei Buchstaben mehr) auszeichneten.

Es ist unbekannt, wieso Ralf damals angesichts Tausender kleiner Häuser nicht wahnsinnig geworden ist.
– Anmerkung zum Stadtplan von Gareth aus der SSDG Box

In diesem Band finden wir auch immer häufiger Ausschnitte aus Rezensionen, meist Veröffentlichungen in der WunderWelten aus der Feder von Thomas P. Felder, Norbert Venzke oder Thomas Römer. Gerade Venzke bringt dabei oft auch kritische Töne an und zeigt, dass man auch in FanPros Hausmagazin kein Jubelperser sein muss, um Rezensionen zu schreiben. Ganz so entspannt scheint man es heute nicht mehr überall zu sehen. Immerhin hält es die Redaktion heute für nötig, sich von einer Aussage eines längst verstorbenen Autors in einer kaum bekannten Publikation zu distanzieren.

Die Borbarad-Kampagne

Das zweite Jahrzehnt des Schwarzen Auges ist nicht nur die Hochzeit der dritten Edition, sondern auch die Zeit der Borbarad-Kampagne. Jene epische, weltverändernde Kampagne ist ohne Zweifel die bedeutendste Ereignislinie in der Geschichte des Schwarzen Auges überhaupt. Auch über den Derenrand hinaus sucht diese Geschichte ihresgleichen unter Rollenspielabenteuern. Da bedarf es schon eines Krieges gegen die Theraner oder gleich des Untergangs der Welt der Dunkelheit, um hier auch nur annährend mithalten zu können.

Konsequenterweise stehen auch zahlreiche Publikationen, die wir in dieser Dekade finden, mehr oder weniger stark unter dem Einfluss der Rückkehr des Dämonenmeisters. Die Folgen der Invasion der Verdammten sollten schlussendlich auch noch die Zeit der vierten Edition prägen und so lange Zeit der Treibstoff für die Geschichten in der Welt des Schwarzen Auges sein. Dazu bietet die Bibliographie uns zahlreiche Ergänzungstexte zur Borbarad-Kampagne. Mal als Überblick, als Fokustext oder als Blitzlicht auf das Design der Dämonenarchen. Letztere werden nicht nur in einem eigenen Artikel auf Nandurion gewürdigt, sondern wurden damals auch in einem Wettbewerb gefeiert, der die „Belagerungstürme, die auf See wurzeln“, als Gelände für das Tabletop Armalion empfahl.

Miniaturen

Die Ulrich Kiesow Gedenkminiatur (hier mit kleinen Helden)

Als Meister der Miniaturen muss ich natürlich einen besonderen Blick auf die Bibliographie der aventurischen Miniaturen werfen, auch wenn Bibliographie hier vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist. Als Werner Fuchs und Ulrich Kiesow sich zusammentaten, um dem Rollenspiel in Deutschland den Weg zu ebnen, war es Kiesow, der das Hobby Miniaturen mit einbrachte. Auch wenn Rollenspiele grundsätzlich ohne Miniaturen auskommen, war es Kiesows Interesse zu verdanken, dass es bereits sehr früh Miniaturreihen für Aventurien gab. Hier können wir nachlesen, wie es dazu kam und welche Zufälle in jener Zeit den Weg ebneten. Auch ein Artikel von Chef-Miniaturist und ehemaligem GW-Mitarbeiter Christian Lonsing war für mich von besonderem Interesse. Auch wenn Lonsing dem Tabletop Armalion einige Verbesserungen mit auf den Weg gab, konnte er doch die Defizite in der Miniaturen-Reihe nicht ausgleichen und dieser Versuch reiht sich in die lange Liste der letztlich gescheiterten Initiativen ein.

Obschon es eine Auflistung aller Miniaturen aus den Reihen jener Zeit gibt, vermisse ich als Mini-Enthusiast natürlich Abbildungen der Miniaturen. Gleichwohl muss ich zugeben, dass der verfügbare Platz hier bestenfalls vignettenartige Abbildungen langweiliger kleiner Zinnklümpchen erlaubt hätte. Wer also mehr von den Miniaturen des Schwarzen Auges sehen möchte, der muss sich wohl meine Artikel dazu hier auf Nandurion ansehen. Immerhin gibt es Abbildungen der Grund- und Erweiterungsboxen, die mein zweitliebstes DSA-Cover aller Zeiten hervorgebracht haben, welches lange Jahre eine Tür in meiner WG zierte.

Bericht des Historikers

Auch wenn der Fokus der Bibliographie ganz klar auf den Produkten liegt, war die zweite Dekade des Schwarzen Auges auch irdisch sehr abenteuerlich. Nachdem man 1996 Borbarad auf Aventurien losgelassen hatte und die Spielerschaft mit dieser epischen Kampagne fesseln wollte, unterliefen Schmidt-Spiele im Jahresendgeschäft erhebliche Fehler. Aufgrund von Problemen mit einem neuen Logistikzentrum hatte der Spiele-Riese Lieferschwierigkeiten während des Weihnachtsgeschäftes. Das Jahr 1997 startete nicht nur mit finanziellen Schwierigkeiten für Schmidt-Spiele, die zur baldigen Insolvenz führten. Am 30. Januar starb Ulrich Kiesow im Alter von 47 Jahren. Dieser Doppelschlag führte zu großer Verunsicherung und viele Dinge mussten erst neu geordnet werden.

Auch die Produktpolitik erfuhr große Veränderungen. Nachdem die Anfangsjahre von wenigen Menschen und viel freier Mitarbeit getragen worden waren, musste sich die Arbeit auch im kreativen Bereich professionalisieren. Abgabetermine sollten nicht mehr bloßes Wunschdenken sein, neue Autoren mussten rekrutiert und spätestens mit der Borbarad-Kampagne auch koordiniert werden. 2000 brachte man mit Myranor den ersten Ableger auf den Weg, der aus DSA mehr als nur Aventurien machen sollte. Parallel dazu wurde auch mit der Entwicklung von DSA4 begonnen. Ein weiteres Mammutwerk, dass mit den vorhandenen Ressourcen (für einen Run-Betrieb) kaum zu bewältigen war.

Eine Besonderheit der irdischen Grenzen beschreibt Florian Don-Schauen in seinem Artikel über die Regionalbeschreibungen, die sogenannte Grüne Reihe der vierten Edition. Hier erfahren wir nicht nur, wie es überhaupt erst zu den Boxen und danach dann zu den Büchern kam. Florian lässt uns auch wissen, dass die Karteneinleger in den RSHn eine Maßnahme gegen Raubkopierer waren und das Rauhes Land im Hohen Norden wahrscheinlich unter dem Herstellungspreis an den Großhandel verkauft wurde. An diesem Punkt ging auch der Garagenfirma FanPro auf, dass eine Finanzfunktion im Unternehmen doch eine Existenzberechtigung hat. Für jemanden wie mich, der sich heute professionell mit Preiskalkulationen beschäftigt, eine doch sehr basale Erkenntnis.

Fazit

Der zweite Band führt die Bibliographie des Schwarzen Auges nahtlos weiter. Meines Erachtens sind die kontemporalen irdischen Bezüge diesmal weit interessanter als im ersten Teil. Das liegt sicher auch daran, dass die zweite Dekade mit dem Tod Kiesows und der Pleite von Schmidt-Spiele „interessante Zeiten“ waren. Auf der Produktseite nimmt natürlich die Borbarad-Kampagne großem Raum ein, die ganz sicher das Magnum Opus des DSA-Schaffens bleibt. Die hohe Qualität der Produktion wird gehalten und in meiner Wahrnehmung hat sich die Zahl der anekdotischen Anmerkungen zu den Produkten sogar noch erhöht.

Gleichzeitig wird an dieser Stelle schon deutlich, dass der Umfang der Bibliographien zunimmt, weil die Zahl der Produkte zunimmt. Während in der ersten Dekade fünf- bis sechsstellige Stückzahlen einzelner Produkte abgesetzt werden konnten, reduzierte sich dies nun deutlich. Mit dem Aufkommen der Sammelkartenspiele war ein erster wichtiger Konkurrent um Zeit und Geld der spielenden Gemeinde ins Sein getreten. Der Trend, die geringeren Stückzahlen durch eine breitere Palette von Produkten zu kompensieren und so das Potential der treuen Fans zu monetarisieren, wird weiter zunehmen.

Referenzen

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